(Nordkurier) Mit den Plädoyers wurde gestern die Hauptverhandlung vor dem Strafgericht in Prenzlau gegen Marco S. (23), Daniel S. (20), Daniel M. (17) und Nicole B. (16) bis
zur Urteilsverkündung fortgesetzt.Alle vier hatten sich für die Geschehnisse in der Nacht vom 16. zum 17. August zu verantworten, an denen sie mit unterschiedlicher Intensität beteiligt waren. Der
Zufall hatte sie am 17. August um 0.20 Uhr im Bereich des Neustädter Dammes in Prenzlau zusammengeführt. Daniel S. und der Nebenkläger Duweit N., die sich bis dato nicht kannten, befanden sich in einer
verbalen Auseinandersetzung über den geeigneten Weg zur Tankstelle,
wo beide gemeinsam ein Bier trinken wollten. Zuvor hatte Daniel S.
Duweit N. “angepöbelt”. Sie erregten die Aufmerksamkeit der drei
weiteren Angeklagten, die just in diesem Moment mit einem zuvor von
Marco S. und Daniel M. in Zichow entwendeten roten Pkw den Neustädter
Damm befuhren.Marco S. und Nicole B. verließen das Fahrzeug, um
sich “zielgerichtet einen Farbigen vorzunehmen”, führte der
Staatsanwalt aus. Sowohl er, als auch der Richter sahen es als
erwiesen an, dass sich die anderen beiden Angeklagten ebenfalls aus
niederen Beweggründen daran beteiligten, den Mann aus Sierra
Leone “durch Schläge und Tritte zu demütigen”, ohne von Duweit N.
provoziert worden zu sein. “Sie haben sich einen Menschen
vorgenommen, nur weil er ein andersfarbiges Gesicht, eine andere
Hautfarbe wie sie selbst haben”, führte der Richter aus. So sah er es
im Ergebnis der zweitägigen Verhandlung als erwiesen an, dass alle
vier Angeklagten auf den 34-jährigen Nebenkläger eingeschlagen und -
getreten haben, wobei sich Marco S. und Daniel S. “maßgeblich
hervortaten.” “Seine Seele verändert” Dass Duweit N. mit
vergleichsweise glimpflichen körperlichen Verletzungen davonkam, sei
dem Umstand geschuldet, dass ihm die Flucht gelang, betonte seine
Rechtsanwältin: “Ich habe selten so viel Ignoranz, Arroganz,
Dummheit, Menschenverachtung und Gleichgültigkeit erlebt wie bei den
Angeklagten. Das Wort Mitleid kennen sie nicht, höchstens
Selbstmitleid. Haben Sie einmal überlegt, was sie meinem Mandanten
angetan haben? Wie sie in nur zehn Minuten seine Seele verändert
haben?”, wandte sie sich direkt an die Angeklagten. Von diesen
nutzten Marco S., Daniel S. und Daniel M. ihr letztes Wort vor der
Urteilsverkündung, um sich bei dem Nebenkläger zu entschuldigen.
Nicole B. wollte nichts sagen. Sprachlos, nach vorn gebeugt und mit
hängenden Köpfen vernahmen dann alle vier den Urteilsspruch des
Richters. Wegen Raubes und gefährlicher Körperverletzung in zwei
Fällen, fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichen Fahrens
ohne Fahrerlaubnis verurteilte er Marco S. zu einer dreijährigen
Haftstrafe ohne Bewährung. Der Richter sah es gleichzeitig als
erwiesen an, dass die Umstände der Inbesitznahme des Pkw in Zichow
durch Marco S. und Daniel M. einen Raub in nicht minderschwerem Fall
darstellen. So legte er Daniel M. gemeinschaftlichen Raub,
gefährliche Körperverletzung und zweimaliges Fahren ohne
Fahrerlaubnis zur Last und sprach eine Jugendstrafe von einem Jahr
und sechs Monaten aus. Dass er diese zu einer zweijährigen
Bewährungszeit aussetzte, begründete der Richter unter anderem damit,
dass bei dem Angeklagten sich eine ausländerfeindliche Einstellung
noch nicht manifestiert habe. Durch sein Leben im elterlichen
Haushalt, den festen Ausbildungsplatz gebe es für Daniel M. eine
günstige Sozialprognose. Daniel S. wurde dagegen zu einer
Jugendhaftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, Nicole
B. zu einer zehnmonatigen Jugendhaft, in beiden Fällen ohne
Bewährung. Unter anderem sei es “das brutale Vorgehen”, das bei
Daniel S. ein Verbüßen der Jugendstrafe fordere, selbst wenn bei ihm,
wie der Verteidiger ausführte, eine “entwicklungsbedingte
Reifeverzögerung” vorhanden sei. Die “Schwere der Schuld”
rechtfertige ebenso eine Jugendhaftstrafe für die 16-jährige
Angeklagte. “Bis heute zeigt sich bei ihr kein Ansatz von Schuld oder
Reue, sie hat sich in keiner Weise von ihren Taten distanziert”, so
der Richter. Ob die Urteile rechtskräftig werden, bleibt abzuwarten.
Einige der Verteidiger stellten bereits in Aussicht, innerhalb der
vorgegebenen Wochenfrist Berufung einzulegen. Ural Memet, der als
Ausländerbeauftragter des Landkreises Uckermark den Prozess
verfolgte, kommentierte das Urteil so: “Es ist hart, aber gerecht.”
Afrikaner aus Hass geprügelt
Haftstrafen von zehn Monaten bis drei Jahre für vier junge Leute
(Schweriner Volkszeitung) Wegen eines brutalen Angriffs auf einen afrikanischen
Asylbewerber im August 2002 wurden vier Angehörige der rechten Szene
zu Haft verurteilt. Das Amtsgericht Prenzlau verhängte gestern
Haftstrafen zwischen zehn Monaten und drei Jahren. Die Angeklagten
wurden wegen gemeinschaftlich begangenen Raubes und gefährlicher
Körperverletzung an einem 34-jährigen Mann aus Sierra Leone
verurteilt. Bei einem 17-jährigen Jugendlichen wurde die Strafe von
anderthalb Jahren zur Bewährung ausgesetzt.
Die vier Täter im Alter von 16 bis 23 Jahren hatten das Opfer
beleidigt und brutal zusammengeschlagen. Dieser erlitt durch
Faustschläge und Tritte Verletzungen im Kopf- und Bauchbereich und
leidet noch heute unter den psychischen Folgen der Tat. Er trat als
Nebenkläger auf.
Die Staatsanwaltschaft sprach von einer massiven und brutalen Tat.
Die Angeklagten zeigten mit ihrer Haltung, ihrem Aussehen und ihren
Äußerungen, “wessen Geistes Kind” sie seien. “Das in der
polizeilichen Vernehmung Gesagte ist mit das Übelste, was ich je
gelesen habe”, sagte Staatsanwalt Kai Clement im Plädoyer und
forderte für alle Angeklagten Freiheitsstrafen ohne Bewährung von
zehn Monaten bis drei Jahren.
“Ich habe Angst, auf die Straße zu gehen und kann bis heute nicht
verstehen, warum ich angegriffen wurde”, hatte das Opfer als Zeuge
ausgesagt. “Ich rannte um mein Leben und keiner hat geholfen.”
Autofahrer hätten zwar angehalten, dann aber nur geguckt und seien
weitergefahren. Die Täter zeigten sich geständig, einer bestritt, das
Opfer geschlagen zu haben. Zeugen sagten dagegen aus, alle vier
hätten auf den Asylbewerber eingeschlagen. Passanten verständigten
die Polizei, die die flüchtigen Täter wenig später festnahm.