POTSDAM. Die “gesetzestreue jüdische Landesgemeinde” erhält auch nach
gewonnenem Prozess noch immer keine staatliche Unterstützung. Auch die im
Frühjahr im Staatsvertrag zwischen Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) und
der großen Jüdischen Gemeinde festgelegte Regelung, die kleine, orthodox
ausgerichtete Gruppierung mit mehr als hundert Mitgliedern angemessen an den
Staatsfinanzen zu beteiligen, scheint das Land Brandenburg nicht umsetzen zu
wollen. “Wir prüfen noch das weitere Vorgehen”, sagte Wankas Sprecher Holger
Drews.
Dabei stehen die Zeichen für das Kulturministerium äußerst schlecht. Schon
Mitte Juni hatte das Potsdamer Verwaltungsgericht Wankas Behörde unter
Berufung auf das bereits Anfang Mai gefällte Urteil aufgefordert, die
bisherige Ablehnung einer finanziellen Unterstützung zu überprüfen. “Damit
würden sich die anhängigen Verfahren erledigen”, schrieb das Gericht. Eine
Stellungnahme sollte eigentlich innerhalb von vier Wochen vorliegen.
Hintergrund ist, dass die Justiz in zweiter Instanz festgelegt hatte, neben
der fast zehn Mal größeren Jüdischen Gemeinde Brandenburg die
“Gesetzestreuen” zumindest angemessen zu fördern — aber bezogen auf das Jahr
2000. Im Herbst stehen weitere Klagen der Gemeinde für die Jahre 2001 bis
2004 an, vermutlich mit ähnlichen Ergebnissen.
Das Ministerium widersetzt sich zudem der im neuen Staatsvertrag eindeutig
vorgeschriebenen Förderung der “Gesetzestreuen” ab 2005. In einem Brief an
die Gemeinde teilte das Ministerium mit, dass weder für die Gewährung des
jährlichen Zuschusses noch für die Errichtung des Gemeindezentrums
Haushaltsmittel zur Verfügung stünden. Die geplanten 200 000 Euro an
Zuschüssen für jüdische Kultusgemeinden würden vollständig “zur Erfüllung
des Vertrages zwischen dem Land und der Jüdischen Gemeinde” benötigt. “Es
bleibt kein Spielraum für darüber hinaus gehende Zuwendungen”, heißt es in
dem Schreiben. Um überhaupt Leistungen zu erhalten, müssten sich die
“Gesetzestreuen” an die große Jüdische Gemeinde wenden.
“Die bisherige Förderpraxis ist aber durch das Gerichtsurteil für
rechtswidrig erklärt worden”, sagte Alexander-Simon Nebrat von den
“Gesetzestreuen”. Das Land verstoße gegen das Gleichbehandlungsprinzip sowie
gegen das staatskirchliche Gebot der Neutralität und Parität. Nebrat warf
Wanka erneut Antisemitismus vor. Selbst den Staatsvertrag bezeichnete Nebrat
als rechtswidrig. Er schloss eine Verfassungsbeschwerde nicht aus. “Wenn es
ansteht”, sagte Nebrat.
“Wir müssen eine Lösung finden”, räumte Wankas Sprecher ein. Die Lage sei
und bleibe schwierig. Einer Einigung würden vor allem überzogene Forderungen
der “Gesetzestreuen” entgegenstehen.