Berlin (ND-Gernhardt). In Westdeutschland nehmen antisemitische Tendenzen deutlich zu, während diese Einstellung im Osten kaum verbreitet ist. Das ist eines der Ergebnisse einer gemeinsamen Studie der Freien Universität Berlin und der Universität Leipzig, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.
Der Aussage: »Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß«, stimmten 33 Prozent der Westdeutschen ohne Abitur und 17 Prozent derjenigen mit Abitur zu.Dem stehen 15 bzw. 10 Prozent im Osten gegenüber. Damit hat sich die Zahl der antisemitisch geprägten Westdeutschen seit 1998 verdoppelt, während sie im Osten etwa gleich blieb. Statistisch belegte Gründe für die alarmierende Entwicklung in den alten Bundesländern konnten jedoch weder der Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer noch Elmar Brähler von der Uni Leipzig nennen. Sie vermuten jedoch einen Zusammenhang mit den Ereignissen des 11. September und dem Nahost-Konflikt.
Die Studie bestätigt zugleich, dass Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern nicht weniger verbreitet ist als in den alten. Er äußere sich jedoch in anderer Form: So sei Fremdenfeindlichkeit bei 30 Prozent der Ostdeutschen zu konstatieren, gegenüber 25 Prozent im Westen. Die Zustimmung zu diktatorischen Regierungsformen sei geringfügig stärker im Osten Deutschlands zu finden (9 Prozent; West: 7 Prozent), ermittelten die Autoren.
Insgesamt wird deutlich, dass der Bildungsgrad Einstellungen offenbar beeinflusst. Für die Studie, die einen Beitrag zu einer einheitlichen Definition des Rechtsextremismus leisten soll, waren 1001 Ost- und 1050 Westdeutsche zu Themen wie Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Sozialdarwinismus befragt worden. Rechtsextremistische Tendenzen ließen sich häufiger bei weniger gebildeten Personen ausmachen.