Von Frank Brendle
Die brandenburgische Polizei wird jetzt in ehemaligen SS-Kasernen ausgebildet: Am vorigen Wochenende haben die ersten Polizeianwärter ihren Diensteid auf dem Gelände der neu eingerichteten Polizeifachhochschule in Oranienburg geleistet. Auf dem Areal, das direkt neben der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen liegt, befand sich während der Nazidiktatur ein SS-Truppenlager. Hier waren auch die Wachmannschaften des Konzentrationslagers untergebracht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren auf dem Gelände zunächst Angehörige der Sowjetarmee stationiert, später Soldaten der NVA und danach der Bundeswehr. Von 1991 bis 2002 wurden die Kasernen vom Polizeipräsidium Oranienburg genutzt.
Danach standen die Gebäude leer und drohten zu verfallen. Letzteres wollte die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, die auch Betreiberin der Gedenkstätte KZ Sachsenhausen ist, unbedingt verhindern. Bei dem Komplex handle es sich um die bundesweit einzige KZ-Anlage, die noch als komplettes »Ensemble« erhalten sei, betonte der Pressesprecher der Gedenkstätte, Horst Seferens, gegenüber jW. Die Stiftung hat sich deswegen dafür eingesetzt, daß die Polizeischule dort in die alten Kasernen einzieht, damit die Gebäude erhalten bleiben.
Karl Stenzel, der als KPD-Mitglied während der Naziherrschaft im KZ Sachsenhausen gefangen war, zeigte sich im jW-Gespräch empört darüber, daß die Überlebenden des KZ in die Planungen nicht eingebunden worden seien: »So etwas müssen wir aus der Zeitung erfahren.« Stenzel zufolge grenzt der Sportplatz der Polizeischule unmittelbar an das Krematorium und die Hinrichtungsstätte des ehemaligen KZ. Das sei ein Ort, an dem der ermordeten Häftlinge gedacht werde. »Lautes Hurrageschrei vom Sportplatz könnte dieses Gedenken stören«, befürchtet Stenzel.
Ausgelegt ist die Hochschule für 800 Studierende und jährlich mehrere tausend Fortbildungsteilnehmer. Zum Ausbildungsprogramm gehören mehrtägige Seminare über die Rolle der Polizei im Nazistaat. Die Seminare werden von der Gedenkstätte veranstaltet. Der Fachhochschulpräsident Rainer Grieger kommentierte das bei Eröffnung der Hochschule folgendermaßen: »Wenn man einige hundert Meter weiter zur Gedenkstätte geht, ist zu sehen, was passiert, wenn sich staatliche Gewalt nicht an Grund- und Menschenrechte hält.«
Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) klammerte bei der Eröffnung den historischen Hintergrund des Gebäudekomplexes aus. Er schwärmte vielmehr von der Investition in einen »professionellen und motivierten Polizeinachwuchs«. Wer sich auf dem Gelände umschaue, der »muß ganz einfach von diesem attraktiven Campus überzeugt sein«.