INFORIOT Am vergangenen Samstag beteiligten sich rund 250 Menschen in Bad Freienwalde an Protesten gegen einen Aufmarsch der Nazi-Kameradschaft Märkisch Oder Barnim (KMOB).
Das Bündnis Brandenburg Nazifrei, die Stadt Bad Freienwalde und viele Vereine und Initiativen hatten zu einem “Fest der Vielfalt” und zur antifaschistischen Demonstration mit 100 Teilnehmenden nach Bad Freienwalde geladen. Sowohl die Demonstration als auch das Fest wurden durch die Polizei gestört.
Antifa-Lautsprecherwagen von der Polizei gestürmt
Bereits vor dem 12. Juni signalisierte der Polizei-Einsatzleiter, was er von friedlichem Protest gegen Nazis hält. Er ließ im Vorfeld verlauten, er werde „dreckige Blockaden“ sofort gewaltsam unterbinden. Eine Kundgebung des Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit Brandenburg wurde am Bahnhof nicht gestattet.
Am Samstag war die Polizei mit einem riesigen Aufgebot in der Stadt: Das friedliche Fest am Marktplatz wurde massiv durch Polizeiabsperrungen eingekesselt und mit mehreren Kameras abgefilmt. Die Polizei sprach all jenen, die den Bereich verlassen wollten, ohne Begründung Platzverweise aus.
Höhepunkt der Polizeiwillkür: Die Moderatorin der Antifa-Demo wurde aus dem Lautsprecherwagen gezogen, da diese an friedliche Blockaden, wie zwei Wochen zuvor in Bernau, erinnerte. Die Polizei sah darin anscheinend einen Aufruf zu Straftaten. Nur durch das Einschreiten mehrerer AnwältInnen wurde die Ingewahrsamnahme der Frau verhindert. Insgesamt gab es an diesem Tag nach Polizeiangaben 60 Platzverweise und 27 „Identitätsfeststellungen“.
70 bei Neonazi-Demo
An den beiden vorherigen Wochenenden wurden im Barnim zwei Naziaufmärsche der KMOB verhindert. In Bad Freienwalde entschied man sich für ein Fest auf dem Marktplatz, um den Nazis den Weg in die Innenstadt zu verwehren. Der Aufmarsch der Nazis musste somit durch weniger prestigeträchtige Gebiete geschickt werden. Demonstrieren wollten sie für ein „freies Jugendzentrum“, statt der 150 angekündigten, kamen jedoch gerade einmal 70 Mitglieder und SympathisantInnen der KMOB.
Darunter waren wie immer Aktivisten der verbotenen Kameradschaft „Frontbann 24“ aus Berlin, Aktivisten der NPD Märkisch Oderland sowie weitere vereinzelte Nazis aus Berlin, den Landkreisen Barnim, Uckermark, Märkisch Oderland und Oder-Spree. Gerufen wurden Parolen wie „Nie wieder Israel“, „Juden raus aus Palästina“ oder auch „Nationaler Sozialismus — Jetzt!“
Nach Angaben der Neonazis und auf gegenrede.info habe eine Person mit einem Luftgewehr einen Schuss auf die Demonstration abgegeben und einen Rechten verletzt. (Update: Auf gegenrede.info heißt es inzwischen in einem ergänzenden Kommentar: Weder Polizei noch Staatsanwaltschaft gehen zum jetzigen Zeitpunkt von einer politisch motivierten Tat aus. Es war ein Anwohner, der genervt gewesen sein und aus dem Keller heraus geschossen haben soll.)
Offi-Mitarbeiter lädt Nazis ein
Bei einer Zwischenkundgebung hetzte ein Redner der Neonazis gegen das Jugendzentrum „Offi“ in Bad Freienwalde. Daraufhin trat ein Mitarbeiter des Offi an das Mikrofon der rechten Demonstration und hielt eine skandalöse Rede. Er wies darauf hin, dass die Neonazis seiner Ansicht nach im Offi willkommen seien.
Viele Ziele würden sowohl Offi als auch die Neonazis teilen. Letztere sollten sich lediglich etwas weniger völkisch und radikal inszenieren, da sie sonst viele „Bürger“ verschrecken würden.
Der Mitarbeiter, der sich als Lehrer vorstellte, hat offenbar eigenmächtig und spontan agiert. Andere Mitarbeiter und engagierte Jugendliche des Offi waren schockiert, als sie von der Aktion erfuhren. Das Offi selbst war maßgeblich an der Organisation der Proteste gegen den Naziaufmarsch beteiligt.
Hintergründe: Aufmarsch zum Jahrestag des Nazi-Brandanschlags
Für die alternative Jugendszene in Bad Freienwalde ist der 12. Juni nicht irgendein Tag: In der Nacht vom 12. zum 13. Juni 2008 steckte der Nazi Marcel Stechert das alternative Jugendzentrum „Maquis“ in Brand. Im Jahr darauf organisierte die KMOB eine Mahnwache „gegen linke Gewalt“.
In diesem Jahr demonstrierten sie „für ein freies Jugendzentrum“ — beide Themen bezogen sich auf den Jahrestag der Brandstiftung und zeigen, mit welcher Dreistigkeit Nazis versuchen die Realität mit populistischen Parolen zu verdrehen.
Noch zwei weitere Demonstrationen hat die KMOB angekündigt. Am 19. Juni will sie in Strausberg und am 10. Juli in Manschnow (Küstriner Vorland) marschieren. Am 19. Juni soll in der Region außerdem das Sommerfest der DVU stattfinden.