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Potsdam: Freispruch nach Konflikt mit Bundespolizei

Pots­dam: Freis­pruch nach Kon­flikt mit der Bundespolizei
Das Amts­gericht Pots­dam hat am 6. März einen Berlin­er Dok­toran­den freige­sprochen, der wegen Wider­standes gegen Voll­streck­ungs­beamte angeklagt war. Der Afrikan­er war im Juli 2004 von Fußball­fans am Pots­damer Haupt­bahn­hof ras­sis­tisch beschimpft und geschla­gen wor­den. Anschließend war es zu einem Kon­flikt mit den ein­tr­e­f­fend­en Beamten der
Bun­de­spolizei gekom­men. Die Opfer­per­spek­tive ver­mutet ras­sis­tis­che Ein­stel­lun­gen als Ursache dafür, dass die Beamten die Sit­u­a­tion falsch
einschätzten. 

Die Strafanzeige gegen den aus Kamerun stam­menden Sozialwissenschaftler
Christo­pher N. (38) ist datiert auf den 17. Juli 2004. Ein
Dien­st­stel­len­leit­er der Bun­de­spolizei hat­te sie nach einem Ein­satz von
drei sein­er Beamten am Pots­damer Haupt­bahn­hof gestellt.

Ein­er der Beamten, Knut B. (38), erin­nerte sich in sein­er Aus­sage vor
dem Amts­gericht Pots­dam daran, dass er mit zwei weit­eren Beamten am
Abend des 17. Juli 2004 auf­grund eines Notrufs zum Gleis 4 des
Haupt­bahn­hofs gerufen wor­den sei. Dort angekom­men, habe sich eine
Auseinan­der­set­zung zwis­chen etwa 30 BFC-Anhängern und 12 Afrikanern
abge­spielt. Die Afrikan­er hät­ten beim Ein­tr­e­f­fen der Beamten begonnen,
die Fußball­fans zu provozieren, schilderte der Polizist. Die »Men­tal­ität
der Schwarzafrikan­er« habe für einen hohen Geräusch­pegel und eine
aufge­heizte Stim­mung gesorgt, gab Knut B. seine Wahrnehmung zu
Pro­tokoll. Christo­pher N. habe sich dabei als »Rädels­führer« hervorgetan
und die Deutschen ver­bal attack­iert. Zudem habe der Angeklagte versucht,
sich an Knut B. vor­bei zu drän­gen, um zu den BFC-Fans zu gelan­gen. Der
Beamte habe einen Platzver­weis aus­ge­sprochen, dem der Angeklagte aber
nicht nachgekom­men sei. Weit­er berichtete der Beamte, dass Christopher
N. ver­sucht habe, sich ein­er Per­son­alien­fest­stel­lung zu entziehen. 

Der zweite Polizeizeuge, Ste­fan A. (30), äußerte die Ver­mu­tung, dass der
Angeklagte ver­sucht habe, seinem Kol­le­gen »etwas beizubrin­gen«. Der
Afrikan­er habe dabei »wild gestikuliert« und vehe­ment ver­sucht, zu dem
Pulk der Fußbal­lan­hänger vorzu­drin­gen. Die dritte Polizeizeu­g­in, Nicole
B. (31), kon­nte sich nur noch all­ge­mein daran erin­nern, dass geschubst
und gedrän­gelt wor­den sei. 

Ein ganz anderes Bild der Sit­u­a­tion hat­ten zuvor der Angeklagte sowie
zwei weit­ere Zeu­gen in umfan­gre­ichen Aus­sagen geze­ich­net. Christo­pher N.
berichtete, dass er vor dem Ein­tr­e­f­fen der Beamten Opfer einer
ras­sis­tisch motivierten Kör­per­ver­let­zung gewor­den sei: Beim Einsteigen
in den Wag­on eines Zuges sei ihm ein Bein gestellt wor­den, so dass er
stolperte. Auf seine Frage hin, was das solle, habe eine Person
geant­wortet: »Nig­ger haben in Deutsch­land nichts zu suchen«.
Gle­ichzeit­ig skandierte, so Christo­pher N., eine Gruppe von im Abteil
befind­lichen BFC-Fans »White Pow­er!« und zeigte den Hit­ler­gruß. In
dieser Sit­u­a­tion habe er von ein­er Per­son aus dieser Gruppe einen Schlag
gegen den Hals erhal­ten. Nach dem Ein­greifen eines Zug­be­gleit­ers sei
Christo­pher N. in einen anderen Wag­on gegan­gen, den er erst verlassen
habe, als drei Polizeibeamte auf dem Bahn­steig erschienen. Er erläuterte
vor Gericht, dass er den Beamten die Sit­u­a­tion habe erk­lären wollen. Als
die Fußball­fans, darunter auch die Angreifer, sich anschick­ten, in einen
anderen Zug am gegenüber liegen­den Gleis zu gelan­gen, habe er die
Polizis­ten darauf aufmerk­sam gemacht. Warum er und seine Begleiter
später auf die Wache mitgenom­men wur­den, sei ihm nicht klar gewesen.

Nach umfan­gre­ich­er Zeu­gen­vernehmung sprach das Gericht den Angeklagten
vom Vor­wurf ein­er Wider­stand­shand­lung gegen Beamte frei. Zu dem von den
Polizeizeu­gen wiedergegebe­nen Ein­druck, Christo­pher N. habe versucht,
sich in den Pulk der BFC-Fans zu drän­gen, betonte die Vorsitzende
Rich­terin: »Sich frei­willig als Schwarzafrikan­er alleine unter BFC-Fans
zu mis­chen – das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.« 

Aus Sicht der Opfer­per­spek­tive, die den Angeklagten auch in dem noch
anste­hen­den Ver­fahren gegen die Täter begleit­en wird, haben die Beamten
die Sit­u­a­tion vor Ort falsch eingeschätzt. Auf­grund ihrer Aussagen
drängt sich die Ver­mu­tung auf, dass ras­sis­tis­che Zuschreibungen
gegenüber Afrikan­ern dabei eine wesentliche Rolle spiel­ten. Ein
angemessen­er Umgang mit Opfern ras­sis­tis­ch­er Gewalt wurde dadurch
ver­hin­dert und ist von Beamten mit solchen Dis­po­si­tio­nen auch kaum zu
erwarten.

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