Hasan K. wurde am 19. August 2007 vor dem Musikzelt in Bernau brutal zusammengeschlagen. Davor und dabei fielen rassistische Beschimpfungen wie „Scheiß Kanake“, „Scheiß Ausländer“. Mehr als zwei Jahre nach der Tat wurde nun, am 8. Oktober 2009, ein Urteil gegen die Angeklagten René L. und René S. verkündet. Die Bernauer Kontakt- und Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, die den Prozess beobachtet hat und den Geschädigten seit 2007 betreut, ist enttäuscht über die Länge, den Verlauf und das Ergebnis des Prozesses.
Die Tat
In der Nacht des 19. August 2007 war Hasan K. im Musikzelt, einer Bernauer Disko, um gemeinsam mit Freund_innen zu feiern. Als er kurz nach draußen ging, wurde er durch René S. rassistisch beschimpft. Nach einem Wortgefecht schlugen S. und mindestens ein weiterer Täter auf Hasan ein. Die Schläge und Tritte verletzten ihn schwer. Auch als Hasan bewusstlos am Boden lag, traten die Täter weiter auf ihn ein. Ein Freund Hasans brachte ihn schließlich ins Krankenhaus. Kieferhöhlenbruch, Prellungen, Hämatome und ein heraus gebrochener Zahn wurden dort diagnostiziert. Mehrere Tage musste er im Krankenhaus behandelt werden, noch lange danach war er auf Grund der Verletzungen in ärztlicher Behandlung.
Der Prozess
Über zwei Jahre hinweg dauerte der Prozess. In fünf Verhandlungstagen hatte das Gericht versucht, den Tathergang und die Täterschaft der beiden Angeklagten zu klären.
Viele Zeug_innen, darunter Gäste des Musikszeltes, der Türsteher der Disko sowie Polizeibeamte, wurden vernommen. Auffällig war dabei, dass sich Gäste und Türsteher kaum an die Tat und die Täter erinnern konnten oder wollten. Nach der langen Verfahrensdauer war die Erinnerung bei Vielen sehr lückenhaft. Andere wollten sich offensichtlich nicht erinnern. Auch Äußerungen fielen, wonach Zeug_innen Angst vor einer Aussage hätten, so seien die Angeklagten als Schläger in der Stadt bekannt.
Niemand schritt ein
Besonderes erschreckend: Sowohl Gäste als auch Türsteher sahen wie auf Hasan eingeschlagen wurde, griffen jedoch nicht ein und riefen auch nicht die Polizei. Die Täter wollen die meisten auch nicht erkannt haben. Der Türsteher des Musikzeltes, dessen Aufgabe es ist, in solchen Situationen einzuschreiten, tat nichts. Trotz seiner schlechten Erinnerung, schloss er sogar die Beteiligung der Angeklagten aus. Die Angeklagten, mit denen er befreundet ist, seien zwar häufiger im Musikzelt, doch ausgerechnet am Tatabend seien sie nicht dort gewesen. Die mutmaßliche Falschaussage und womöglich unterlassene Hilfeleistung des Türstehers wurde durch das Gericht nicht weiter verfolgt. Als Türsteher arbeitet er nicht mehr und auch das Musikzelt gibt es heute nicht mehr.
Fehlverhalten der Polizei
Nicht nur die lückenhafte Erinnerung der Zeug_innen, auch das Fehlverhalten der Polizei und die Passivität des Gerichts verhinderten eine umfassende Aufklärung. Allein die Anwältin der Nebenklage sorgte für tiefere Auseinandersetzung um die Tat aufzuklären.
Der Angeklagte René L. hat einen Zwillingsbruder, der ebenso wie René der Polizei bekannt ist. Doch trotz des Wissens der Polizei um beide Brüder, prüften sie die Täterschaft nicht ausreichend. Und so wurde nur einer der Beiden in Gewahrsam genommen. Am Tatabend sollen jedoch beide anwesend gewesen sein, davon geht das Gericht nun aus.
Während der Gewahrsamnahme gestand René L. am Abend in eine Schlägerei mit Hasan K. und René S. verwickelt gewesen zu sein. Vor Gericht zog er dieses Geständnis jedoch zurück. Er sei unter Druck gesetzt worden und ihm sei ein Anwalt verwehrt worden. Der Anwalt war vor der Polizeiwache abgewiesen worden, so stellte es sich am Ende der Verhandlung heraus. Ein weiterer Fehler, der den Freispruch von L. begünstigte.
Das Urteil
René S. betonte in seinem Schlusswort am 8.Oktober, dass er sich nicht erklären kann, warum er angeklagt sei und hier sitze. Das sah der Richter anders und verurteilte René S. zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen á 40 € und zur Übernahme der Verfahrenskosten.
René L. hatte am Ende Glück. Er musste freigesprochen werden, weil ihm die Tatbeteiligung nicht zweifelsfrei zugeordnet werden konnte. Denn auch sein Zwillingsbruder Rico war zur Tatzeit im Musikzelt. Wer zugeschlagen hatte, konnte nicht eindeutig geklärt werden.
Die Bernauer Kontakt- und Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt ist enttäuscht über das Urteil. Hasan K., der durch die Tat schwer verletzt wurde, hatte in der Folge des Angriffs nicht nur mit den körperlichen Beeinträchtigungen die zu Arbeits- und Verdienstausfall führten, sondern auch mit einem Berg von Papieren zu kämpfen. Dass nun die beiden Täter ohne (große) Strafe, davon gekommen sind, trägt nicht dazu bei, Vertrauen in den Rechtsstaat zu stärken.
Ein falsches Signal für Opfer rassistischer Gewalt!
Leser_innen-Brief zum Artikel der Märkischen Oderzeitung vom 9.Oktober