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Prozess: Rechter Angriff auf einen 17-Jährigen

NEURUPPIN Gestern wur­den am Neu­rup­pin­er Amts­gericht zwei junge Män­ner im Alter von 17 und 20 Jahren, Flo­ri­an M. und Mike D., wegen eines tätlichen Angriffs auf einen 17-Jähri­gen angeklagt. Die Täter gehören ver­mut­lich der recht­sex­tremen Szene Neu­rup­pins an. 

 

Flo­ri­an M. und Mike D. sollen den Schüler, der am Abend des 3. März 03 einen Fre­und besuchen wollte, in der Junck­er­straße ange­grif­f­en haben. Ein Aus­lös­er dafür war offen­bar sein Ausse­hen, das die Zuge­hörigkeit zur linken Szene anzeigte. „Ver­mut­lich waren lange Haare und die Klei­dung Anlass genug, den Schüler zu attack­ieren und zu beschimpfen“, Dominique John von der Opfer­per­spek­tive, ein­er Beratungsstelle für Opfer recht­sex­tremer Gewalt in Potsdam. 

 

Die Angeklagten ver­fol­gten den flüch­t­en­den Schüler, zogen ihn hin­ter ein Auto und trak­tierten ihn mit geziel­ten Trit­ten und Schlä­gen gegen Kopf und Oberkör­p­er. Das Opfer gibt an, dass die Mis­shand­lung zehn Minuten gedauert haben soll. Die Täter beschimpften den Betrof­fe­nen als „Scheiß-Zecke“ und sollen ihm auch ange­dro­ht haben, ihn umzubrin­gen. Der Schüler musste später mit Ver­let­zun­gen wie Blutergüssen und Abschür­fun­gen das Kranken­haus auf­suchen. Bleibende kör­per­liche Schä­den hat er nicht davonge­tra­gen. Der 17-Jährige stellte Anzeige wegen Körperverletzung. 

 

Siehe dazu auch den auf Infori­ot erschienen Bericht Naz­iüber­griff auf 17-Jähri­gen in Neu­rup­pin — Anwohn­er sahen minuten­lang taten­los zu vom 9. März)

 

Der jün­gere der bei­den Angeklagten, Flo­ri­an M., stellte sich am näch­sten Tag der Polizei. Bei anschließen­den Haus­durch­suchun­gen der bei­den Täter fan­den die Beamten CDs mit ver­boten­er recht­sex­trem­istis­ch­er Musik. Bei­de Täter sind außer­dem angeklagt, zu einem früheren Zeit­punkt nation­al­sozial­is­tis­che Sym­bole gezeigt zu haben. 

 

Am gestri­gen ersten Ver­hand­lungstag hat­te Richter Ger­hard Pries 15 Zeu­gen geladen, die jedoch nicht alle ver­nom­men wer­den mussten. Bei­de Täter ließen sich vor Gericht umfassend ein. Am zweit­en Prozesstag, der am Mittwoch, 25.Juni, um 9.15 Uhr im Amts­gericht stat­tfind­et, wird noch ein weit­er­er Zeuge ver­nom­men. Auch ein psy­chi­a­trisches Gutacht­en soll erstat­tet werden. 

 

Beim Angeklagten Mike D. wer­den außer­dem noch weit­ere Tatvor­würfe ver­han­delt: Er ist noch Delik­ten der Kör­per­ver­let­zung und Sachbeschädi­gung angeklagt. Unter anderem soll er einen Stein in ein Neu­rup­pin­er Aussiedler­heim gewor­fen haben. 

 


MAZ

 

Auf offen­er Straße zusammengeschlagen
17-jähriger Schüler von zwei Jugendlichen über­fall­en – wegen des Aussehens

 


NEURUPPIN So schnell kann es passieren: Ein Jugendlich­er mit lan­gen Haaren, Kapuzen­shirt und schwarzen, nicht zuge­bun­de­nen Schnürsenkeln geht an einem März­abend durch die Neu­rup­pin­er Junck­er­straße. Das gefällt offen­sichtlich zwei anderen Jugendlichen nicht. Sie schla­gen den Schüler mal kurz zusam­men. Das ganze dauert nur etwa zehn Minuten. Doch die haben bei dem 17-jähri­gen Stef­fen einen nach­halti­gen Ein­druck hinterlassen.

 

Das ist nicht die einzige Tat, für seit gestern der 20-jährige Mike D. und der 17-jährige Flo­ri­an M. vor dem Neu­rup­pin­er Amts­gericht ste­hen und über die sie freimütig bericht­en. „Nach seinem Ausse­hen zu urteilen, war das ein Link­er“, sagte Mike D. – Grund genug für ihn zuzuschla­gen. Doch eigentlich habe er nichts gegen Linke. Und auch die ein­tä­towierten Hak­enkreuze und Arme und Brust, Sieg-Heil-Rufe und Hit­ler­gruß ließen nicht auf seine poli­tis­che Gesin­nung schließen, beteuerte der ehe­ma­lige Förder­schule. Mike D. ste­ht unter Betreu­ung und ist seit April diesen Jahres in den Rup­pin­er Kliniken unterge­bracht. „Rechts war ich noch nie so richtig“, meinte auch Flo­ri­an M. Doch das Ausse­hen der bei­den an jen­em 3. März ließ Stef­fen schon nichts Gutes ahnen: „Die zwei kamen mir komisch vor.“ Bomber­jacke, kurze Haare, hoch gezo­gene Hosen. Er wollte schnell an ihnen vor­bei, sagte der Schüler gestern vor Gericht. Da wurde er auch schon von ihnen angemacht: „Bist wohl eine Scheißzecke?“ Ein­er hätte schon aus­ge­holt. Da war ihm klar, dass es ernst wurde. Stef­fen ran­nte weg. Flo­ri­an M. hin­ter­her, holte den Flüch­t­en­den ein, stellte ihm ein Bein. Auf den am Boden Liegen­den schlu­gen und trat­en Mike D. und Flo­ri­an M. dann abwech­sel­nd ein. „Scheißzecke, wir brin­gen dich um“, wurde gerufen. Er habe sich so zusam­mengekrümmt, dass sein Gesicht verdeckt war, sagte Stef­fen. Dann sei er an der Kapuze vom Bürg­er­steig auf die Straße herunter zwis­chen zwei park­ende Autos gezo­gen wor­den. „Damit man uns nicht sehen kon­nte“, erk­lärte Flo­ri­an M. diese Aktion dem Gericht. Als ein Anwohn­er aus dem Fen­ster rief, ließen die zwei von ihrem Opfer ab. Flo­ri­an M hat sich zwei Tage später gestellt. Seit April lebt er in einem Jugendheim.

 

Stef­fen musste einen Tag im Kranken­haus bleiben. Die äußer­lichen Ver­let­zun­gen sind inzwis­chen ver­heilt, die blauen Flecke ver­schwun­den. Was geblieben ist, ist die Angst. Damals habe er Tode­sangst gehabt, sagt der Schüler mit leis­er Stimme. Und „heute habe ich mehr Angst als früher.“

 

Die Ver­hand­lung wird am Mittwoch (25.Juni 03) fortgesetzt.

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