berliner morgenpost:
Prozess um Mord an Obdachlosem: Alle Angeklagten geständig
dpa Potsdam — Im Prozess um den Mord an einem Obdachlosen haben gestern alle fünf Angeklagten vor dem Potsdamer Landgericht Geständnisse abgelegt. Sie räumten ein, das 61 Jahre alte Opfer geschlagen und getreten zu haben. Als Motiv gaben die Männer im Alter von 17 bis 22 Jahren an, dass der Obdachlose eine Lektion erhalten und verjagt werden sollte. Ihre eigene Tatbeteiligung schwächten die Angeklagten jeweils ab. Das Opfer war kurze Zeit nach dem Überfall im August vergangenen Jahres an seinen Verletzungen gestorben.
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft wollten die Angeklagten «grundlos Penner verprügeln, weil sie deren Lebensweise missachten». Dazu waren sie in den Bungalow eingedrungen, in dem sich der Obdachlose am Tatabend aufhielt. Vier der Männer sind wegen Mordes aus niederen Beweggründen angeklagt. Dem Jüngsten wird nur Totschlag zur Last gelegt, weil er laut Staatsanwaltschaft erst später dazu stieß und nichts von den Motiven der Anderen wusste.
Einer der Angeklagten — ein 21-Jähriger — räumte ein, das Opfer habe sich «irgendwann in die Hose gemacht». Daraufhin habe einer der Anderen gesagt: «Das machen Leute kurz vor dem Sterben.» Dennoch riefen sie nach Worten des 21-Jährigen nicht den Notarzt. Nachdem sie den Obdachlosen kontinuierlich geschlagen und getreten hätten, habe er geröchelt und geblutet, sei aber weiter geprügelt worden. Später, als der Angeklagte an den Tatort zurückkehrte, lag das Opfer noch immer reglos im Gebüsch. «Da wusste ich, wir sind zu weit gegangen», sagte der 21-Jährige.
Der 17-jährige Angeklagte gab an, sich mit den Anderen nach dem Überfall in der Wohnung des 22-Jährigen getroffen zu haben. Dabei habe dieser die Tat mit einem Lied der «Böhsen Onkelz» in Verbindung gebracht — «Du kannst 1000 Tode sterben» — und gesagt: «Den ersten Tod ist der Typ gestorben, als wir in den Bungalow kamen.» Nach Darstellung des jüngsten Angeklagten freute sich der 22-Jährige über die Einzelheiten der Tat und wie der Obdachlose geblutet habe.
Drei der Männer behaupten, vor dem Angriff jeweils zwischen 12 und 18 Flaschen Bier getrunken zu haben. Ein 21-Jähriger hatte nach der Festnahme erklärt: «Im Wesentlichen ging es nur darum, dass wir unseren Spaß haben wollten.»
berliner zeitung:
“Wir wollten doch nur unseren Spaß”
Angeklagte gestehen Tötung eines Obdachlosen
POTSDAM. Folgte man den Aussagen der Angeklagten vor dem Potsdamer Landgericht, dann dürfte der 61-jährige Dieter Manzke gar nicht tot sein. Denn die fünf jungen Männer, die sich wegen Mordes und Totschlags an dem obdachlosen Dahlewitzer verantworten müssen, räumen nur stückchenweise ihren Anteil an der Tat vom August vorigen Jahres ein. Doch Dieter Manzke starb einen qualvollen Tod: Bei dem Überfall, den sie alle gestanden haben, brachen die fünf ihm mehrere Rippen, das Schlüsselbein und die Augenhöhlen. Das Rippenfell riss, Magen und Darm waren verletzt. Manzke erstickte schließlich an seinem eigenen Blut.
Ronny R. dagegen, einer der vier wegen Mordes Angeklagten, sagt, er habe Manzke nur “leicht gegen den Oberschenkel” getreten. Vorgeworfen werden ihm weit schwerere Tritte mit Stahlkappen-Schuhen. Auch soll er versucht haben, das wehrlose, betrunkene Opfer mit einem Stock im Anus traktiert zu haben, was der 19-Jährige bestreitet. Statt dessen sitzt er im Gerichtssaal mit einer Bibel in den Händen, spricht von psychologischer Betreuung, Suizidgedanken und dass ihm “die Sache sehr, sehr Leid” tue. Er erinnert sich dabei an wenige Details. Nur wie viel Bier er getrunken habe, das weiß er noch genau: “So vierzehn bis fünfzehn Nulldreier.”
Kaum anders die anderen: Ralf W., 21 Jahre alt, erinnert sich nur noch daran, “so zwei- oder dreimal zugeschlagen” zu haben. Den Rest der Fragen von Richter und Staatsanwalt beantwortet er meist mit “Kann sein”. Kann sein, dass er “so in der Richtung betrunken” gewesen sei. Kann sein, dass Dieter Manzke noch geröchelt habe, als sie ihn weiter schlugen und auf ihn eintraten. Nur dass er versucht habe, die anderen an weiteren Brutalitäten zu hindern, dass fällt Ralf W. wieder ein. Er sei ja auch “nachdenklich” gewesen nach der Tat, nachdem sie Manzke in einem Gebüsch hatten liegen lassen. In derselben Nacht kehrten Ralf W. und Ronny R. sogar noch mal zurück zum Tatort, um nachzuschauen, was mit ihrem Opfer sei. “Und als Sie feststellten, dass er tot ist?”, fragt Richter Klaus Przybilla. “Da hab ich gedacht: Scheiße!”, sagt Ralf W.
Selbst Dirk B., neben dem 21-jährigen Dirk R. einer der mutmaßlichen Haupttäter, weiß nur noch von zwei bis drei Schlägen ins Gesicht und auf Manzkes Brust. “Blutige Hände” habe er danach gehabt. Und dass er Manzke einen Jogurt ins Gesicht gekippt habe, weiß er noch. “Aber nicht geschmiert, wie hier gesagt wurde”, darauf legt der 22-Jährige Wert. Dirk R. sei der Haupttäter — mit Schlägen und Tritten an den Kopf, auf den Arm, in die Genitalien des Opfers. Das sagen auch die anderen vier, während Dirk R. bei jedem Vorwurf nur den Kopf schüttelt oder sich von seinem Anwalt die betreffende Stelle in den Akten zeigen lässt. Kurz nach der Tat hatte er der Polizei gesagt, sie alle hätten an dem Abend doch nur “ihren Spaß” haben wollen.