(Ruppiner Anzeiger) NEURUPPIN Der 26-Jährige Danilo L. aus Perleberg muss sich seit gestern wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor dem Neuruppiner Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem sich zu seiner rechtsextremen Weltanschauung bekennenden Angeklagten vor, seine Tat am 2. August 2003 auf einem Dorffest in Quitzöbel (Prignitz) aus niedrigen Beweggründen heraus verübt und den Tod seines Opfers billigend in Kauf genommen zu haben.
In einem von seinem Anwalt verlesenen Schriftstück zeigt sich der Angeklagte geständig, dass er mehrere male mit seinen Springerstiefeln auf das 23 jährige Opfer eingetreten habe. Er habe aber nicht die Absicht gehabt, sein Opfer zu ermorden. Viele Zeugen wichen in ihren gestrigen Aussagen massiv von dem Inhalt ihrer polizeilichen Vernehmung ab. Einige räumten ein, in der Tatnacht von einem Mitglied der rechten Szene für den Fall einer Aussage mit dem Tod bedroht worden zu sein. Dieser Mann soll gestern im Gerichtsaal gesessen haben.
Die Erinnerungslücken von Quitzöbel
Weil ihm die Techno-Begeisterung seines Opfers nicht passte, soll ein 26-Jährige mit Springerstiefeln zugetreten haben
NEURUPPIN Danilo L. könnte heute Straßenbauer sein. Doch seine Gesinnung war ihm wichtiger. Die war und ist rechts, und führte dazu, dass er 1995 seine Lehre nach einem Monat abbrach. Sein Meister hatte ihn vor die Alternative gestellt: Ausbildung oder seine rechte Einstellung. „Da habe ich mich für meine Gesinnung entschieden“, berichtete der 26-Jährige gestern.
Als Danilo L. am 2. August 2003 mit Kumpeln das dorffest von Quitzöbel (Prignitz) besuchte, konnten sich mehrere Festbesucher ein Bild davon machen, dass dieser seine rechtsextreme Einstellung nicht abgelegt hat: In seine haut seinen mehrer Hakenkreuze eintätowiert. Auch die Tat, zu der es auf diesem dörflichen Vergnügen kam, soll laut Staatsanwaltschaft ihre Ursache in der rechtsextremen, menschenverachtenden Einstellung des Angeklagten begründet liegt. Nur weil Michael A. Techno-Musik mag, soll er Opfer von Danilo L. geworden sein. „Auch wegen seiner rechten Gesinnung und weil er Techno-Musik für verabscheuungswürdig hält“, habe er den Entschluss gefasst, den 23-Jährigen zu misshandeln, heißt es in der Anklageschrift. Während das Opfer die Vision des Staatsanwalts bestätigt, streitet der Angeklagte dieses Tatmotiv ab. Über seinen Anwalt ließ der mehrfach Vorbestrafte verlautbaren, dass er Michael A. wegen einer früheren Prügelei, von der er gehört hatte, angesprochen habe. Weil dieser aber nicht reagierte, sei er wütend geworden und habe sein Opfer erst zwei bis vier mal getreten, später nochmals mehrfach getreten.
Richter Gert Wegner sah sich vor allem mit erinnerungsschwachen Zeugen konfrontiert. „Daran kann ich mich nicht mehr erinnern, das ist schon so lange her“, war wohl der im Saal des Neuruppiner Landgerichts gestern am häufigsten zu hörende Satz. „In der Prignitz scheinen viele an Erinnerungsverlust zu leiden. Ist das typisch für die Gegend?“, fragte der etwas entnervt wirkende Richter. Immerhin, durch die Konfrontation mit ihren polizeilichen Aussagen vom August 2003 kam einigen Zeugen doch etliches bekannt vor – auch bezüglich des Tatmotivs. So etwa bei dem 18-Jährigen Schüler Kevin B. aus Havelberg. Wollte dieser sich anfangs nicht daran erinnern können, das der Täter mit Springerstiefeln zugetreten habe, so räumte er nach den Vorhalten aus dem Polizeiprotokoll ein: „Die Erinnerung kommt wieder.“ 15–20 Tritte mit voller Wucht habe das Opfer abbekommen. Auch die Hakenkreuz- Tattoos kamen dem Zeugen wieder halbwegs in den Sinn: „Kann sein.“ Auf Nachfrage des Richters erklärte Kevin B., nicht rechts zu sein, sondern „keine Meinung“ zu haben. Allerdings störe es ihn nicht, wenn jemand rechtsextreme Ansichten hat und das mit einem Hakenkreuz Tattoo unterstreicht.
Das Schweigen der Zeugen könnte eine Ursache sein in der Drohung eines jungen Mannes haben, der noch in der Tatnacht nach dem Abzug der Polizei gedroht habe: „Wer aussagt, ist Tod!“ Der Angeklagte selbst war es, der den Richter darauf aufmerksam machte, dass sich eben jener Mann, an dessen Bomberjacke ein Aufnäher „White Power“ prangte, im Zuschauerraum befinde. Dessen 14-Jähriger Bruder wiederum belastete den Angeklagten. Die Springerstiefel, mit denen Danilo L. bis zu 15 mal zugetreten habe, hätten Stahlkappen gehabt. Da der Zeuge jedoch versehentlich keine Belehrung erhielt, bleiben seine Aussagen wertlos. Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.
Brutaler Angriff auf Techno-Fan
Prozess gegen rechten Schläger
(Tagesspiegel) Neuruppin. Im Prozess um die brutale Attacke gegen einen Techno-Fan in
Quitzöbel (Prignitz) hat der Angeklagte ein Geständnis abgelegt. Er habe in
angetrunkenem Zustand mehrfach auf das 23-jährige Opfer eingetreten,
bedauere den Vorfall aber, ließ der Angeklagte zum Prozessauftakt am
Dienstag von seinem Verteidiger verlesen. Dem 26-Jährigen aus Perleberg, der
sich selbst der rechten Szene zurechnet, wird versuchter Mord vorgeworfen.
Er soll das Opfer mehrfach mit Springerstiefeln gegen Oberkörper und Gesicht
getreten haben. Der Angegriffene erlitt unter anderem ein Schädelhirntrauma.
Der Übergriff hatte am Rande eines Dorffestes Anfang August 2003
stattgefunden, auf das der Angeklagte mit einer Gruppe Gleichgesinnter
gegangen war. Laut Staatsanwaltschaft griff er den jungen Mann an, weil
dieser sich als Fan der bei Rechtsradikalen verpönten Techno-Musik zu
erkennen gab. Der Täter habe den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen.
Mehrere Zeugen bestätigten vor Gericht diese Version. Der Angeklagte selbst
wies das zurück und erklärte, dass sein Angriff ein Racheakt gewesen sei.
Der Schläger war noch am Tatort festgenommen worden. Der Prozess wird am 27.
Januar fortgesetzt. Mit dem Urteil wird für den 29. Januar gerechnet.