Am 6. Dezember 2008 jährt sich der 18. Todestag von Amadeu Antonio. Aus diesem Anlass veranstaltet die Barnimer Kampagne „Light me Amadeu“ zum zweiten mal eine antirassistische Demonstration in Eberswalde. Zum einen um an Amadeu zu erinnern, zum anderen um Forderungen wie „Residenzpflicht und Gutscheinsystem abschaffen“ in die Öffentlichkeit zu tragen. Im letzten Jahr beteiligten sich etwa 230 Menschen aller Altersgruppen an der Demonstration. Auch wir, die Antifaschistische Aktion Bernau, unterstützen in diesem Jahr die Aktion und wollen auf die Missstände in der Gesellschaft aufmerksam machen.
Wer war Amadeu Antonio?
Amadeu Antonio lebte als Vertragsarbeiter in Eberswalde. In der Nacht vom 24. auf den 25. November 1990 zog eine Gruppe von etwa 50 Rechtsextremisten mit Baseballschlägern durch die Stadt, um Jagd auf „Schwarze“ zu machen. In einer Gaststätte trafen sie auf drei Menschen mit dunkler Hautfarbe, die sie brutal verprügelten. Während zwei der Opfer teils schwer verletzt flüchten konnten, erwachte der 28-jährige Amadeu nicht mehr aus dem Koma. Er starb zwei Wochen später an den Folgen des rassistischen Überfalls.
Nach der Wiedervereinigung war er eines der ersten Todesopfer rassistischer Gewalt. Fünf der rechtextremen Täter wurden im September 1992 vom Bezirksgericht Frankfurt/Oder zu Bewährungs- und maximal vierjährigen Haftstrafen verurteilt. Wer genau die tödlichen Schläge ausführte, war nicht nachzuweisen.
Zur Erinnerung an diese Tat und zum Kampf gegen Rechtsextremismus wurde 1998 die Amadeu Antonio Stiftung gegründet.
Rassismus eine Erfindung von der extremen Rechten?
Dass Rassismus ein gesamtgesellschaftliches Problem ist und es sich nicht in die rechte Ecke abschieben lässt, sollte jedem und jeder klar sein. Gerade am Beispiel Brandenburg wird das sichtbar.
Das Land Brandenburg ist nicht nur unter den ersten fünf wenn es um rechte Gewalttaten geht. In Sachen Rassismus führt das Land Brandenburg die Tabelle an. 49,7 % der Bevölkerung ab 14 Jahren befürworten Aussagen wie „Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer_innen in einem gefährlichen Maß überfremdet.“ oder „Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die Ausländer_innen wieder in ihre Heimat zurückschicken.“ (Decker/Brähler: Vom Rand zur Mitte, 2006).
Doch bei einem „Ausländer_innenanteil“ von durchschnittlich 1,9 % in Brandenburg klingen solche Aussagen absurd. Gerade in ländlichen Regionen des Bundeslandes ist der Anteil noch viel geringer, doch die rassistischen Vorurteile viel ausgeprägter.
Grenzen auf für alle – auch innerhalb der BRD
Immer dann wenn Flüchtlinge z.B. Freund_innen und Verwandte außerhalb „ihres Landkreises“ besuchen sowie zu Ärzten oder Rechtsanwälten fahren wollen, kann ihnen das zum Verhängnis werden. Seit 1982 unterliegen Asylsuchende, deren Anträge noch bearbeitet werden, einer Aufenthaltsbeschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz §56 – der sogenannte Residenzpflicht.
Sie dürfen den Bezirk/Landkreis der Ausländerbehörde, in dem sie gemeldet sind, nicht verlassen. Unter Umständen kann sich ein Asylverfahren über einen sehr langen Zeitraum erstrecken, was im Extremfall dazu führt, dass ein Flüchtling bis zu zehn Jahren an diesem Gesetz gebunden bleibt.
Eine sogenannte „Verlassenserlaubnis“ für eine kleine Reise zu erhalten ist oft sehr aufwändig, und die Genehmigung hängt vom Wohlwollen der Ausländerbehörde ab. Wird man dann ohne eine Genehmigung außerhalb seines gemeldeten Gebietes polizeilich kontrolliert, so landet man als Flüchtling im Wiederholungsfall vor Gericht. Zur Folge hat dies eine hohe Geldbuße oder einen Gefängnisaufenthalt bis zu 2 Jahren.
Zu guter Letzt wird man als „vorbestraft“ im polizeilichem Führungszeugnis geführt. Damit ist die Anerkennung als Asylsuchende/r fast automatisch verhindert worden. Besonders Menschen mit vermuteter afrikanischer, asiatischer oder lateinamerikanischer Herkunft werden viel öfter kontrolliert.
Die speziellen Gesetze für Flüchtlinge führen dazu, dass Jurist_innen oder Polizist_innen, oft am Sinn dieser Gesetze zweifeln. „Über deren Sinn oder Unsinn habe ich nicht zu befinden, aber ich muss Sie (leider) bestrafen / kontrollieren / anders behandeln.“
Die offizielle Begründung für die Residenzpflicht: Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, bessere erteilung der öffentlichen Lasten und schnellere Erreichbarkeit im Asylverfahren.
Und nu?
Uns ist bewusst dass sich an den rassistischen Verhältnissen von heute auf morgen nicht viel ändern wird, erst recht nicht durch eine einzelne Demonstration. Doch dabei soll es auch nicht bleiben. Es gilt sich weiterhin gegen Rassismus stark zu machen. Sei es in der Schule, auf der Arbeit, in der S‑Bahn oder bei behördlichen Einrichtungen. Immer dort wo Rassismus auftaucht ist es wichtig ihm was entgegen zusetzten. Solidarisiert euch mit Flüchtlingen und macht auf die Problematik in eurem Umfeld aufmerksam.
In diesem Sinne: Für eine solidarische und grenzenlose Gesellschaft.
Antirassistische Demo der Kampagne “Light me Amadeu”
6.Dezember 08 // 14 Uhr // Kreishaus Eberswalde (Am Markt)
Infos zur Kampagne unter: www.light-me-amadeu.de