Potsdam — Am gestrigen 16. Februar fand im Bürgerhaus am Schlaatz eine Bürger_innenversammlung statt. Diese thematisierte den Umzug des Asylsuchendenheims vom Lerchensteig in ein Wohnhaus am Schlaatz. In den völlig überfüllten Räumen herrschte von Anfang an eine sehr aufgeheizte Stimmung. Noch bevor die Umzugspläne des Wohnheims von einem Mitarbeiter der Diakonie vorgestellt werden konnte, hagelte es massive Kritik seitens anwesender Bürger_innen. Diese war, wie ein nicht geringer Teil der Redebeiträge an diesem Abend rassistisch aufgeladen. Flankiert durch ein Konzept des “offenen Mikrofons” und einer jedem Anwesenden zugestandenen Redezeit von anderthalb Minuten wurde da allerlei rassistischer Unsinn von sich gegeben. Der anwesende DVU-Vertreter Marcel Guse sprach sich vom Herz, was ihn schon lange bewegt. Das Boot sei voll und neben den Asylbewerbern wolle nuneinmal niemand leben, das sei verständlich. Aber auch die anwesenden Schlaatzer_innen kannten keine Zurückhaltung, auch wenn viele der Statements mit einem “Ich habe ja nichts gegen Ausländer” begannen, allerdings folgte darauf zumeist das allseits bekannte “aber”.
So wurde von einer um einhundert Prozent gestiegenen Ausländer_innenquote am Schlaatz gesprochen. 56 Nationalitäten die der Schlaatz bisher beherberge seien schließlich genug. Ausserdem habe man Angst vor Autodiebstahl, sorge sich um die Kinder und habe allgemein Sorge um die Ruhe vor Ort. Mehrfach bezogen sich die Anwesenden auf den offenen Brief der Potsdamer Wohnungsbaugenossenschaft, die von einem zu erwartenden höheren Leerstand sprach und ankündigte ihre Investitionspläne in der Gegend überdenken zu wollen. Höhepunkt der Argumentation war jedoch die immer wiederkehrende Argumentation mit einer Gefährdung des Wohnhauses durch Neonazis. Von einem enstehenden “Brandherd” wurde da gesprochen unter Bezugnahme auf Hakenkreuzsprühereien an dem ehemaligen Lehrlingswohnheim.
Die Stimmung wandelte sich nach und nach. Dies wurde auch am Ende von der Sozialbeigeordneten Elona Müller festgestellt. Die am Ende deutlich ruhigere Stimmung ist jedoch kein argumentativer Sieg der besseren Argumente, sondern darauf zurückzuführen, dass nach und nach vor allem die Personen die Bürger_innenversammlung verließen, die zuvor durch massive rassistische Pöbeleien auffielen.
Als eindeutigen Tiefpunkt des Abends lässt sich aber eine Gesprächsaufforderung der Moderatorin festhalten. Diese sprach einen anwesenden Schwarzen an mit den Worten, ob dieser nicht etwas für die Asylberweber_innen sagen wolle, da er der einzige sei, den sie unter Umständen als einen ebensolchen indentifizieren würde.
Vor sieben Jahren gab es im Potsdamer Stadteil Bornstedt genau die gleiche Situation, die Statements damals waren die gleichen, wenn nicht gar noch einen Zacken schärfer. Damals fielen es auf der einberufenen Bürger_innenversammlung Sätze wie: “Egal, ob Juden, Neger oder Obdachlose — die wollen wir hier nicht.” Das zeigt, dass Rassismus kein Problem der Schlaatzer_innen ist, es ist kein Problem das nur in Vierteln auftritt, in dem Geringverdiener_innen leben.
Dazu Alissa Müller vom ak_antifa_potsdam: “Dieser Abend war eine Lehrstunde für die verschiedensten Spielarten in denen Rassismus zu Tage treten kann, dabei sollte nicht vergessen werden, dass Rassismus ein gesamtgesellschaftliches Problem ist und nur bekämpft werden, wenn es als ebensolches begriffen wird.”