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Antifaschismus

Das Jahr 2008 bei der NPD BUM

Mit dem Ver­schwinden des NPD Weblogs “Nationales Net­z­tage­buch­es” und der Entsorgung des gesamten Archivs geht der Webge­meinde eine Quelle ständi­ger Heit­erkeit ver­loren. Unter dem Kom­mafehler behafteten Mot­to: “Wenn Lüge Wahrheit ist wird Aufk­lärung …” lieferte das Weblog neben mas­siv­en anti­semi­tis­chen Tiraden und Nazi-Stan­dard­the­men wie Aus­län­derkrim­i­nal­ität immer wieder neue Aspek­te über die Entwick­lung der NPD im Barn­im und der Uckermark.

Teil 1

Der Kreisver­band der NPD Barn­im-Uck­er­mark (BUM) bestand laut Bran­den­bur­gis­chem Ver­fas­sungss­chutzbericht 2007 aus etwas 20 Per­so­n­en. Um so wichtiger war es für die Parteim­it­glieder ein pos­i­tives Ver­hält­nis zu den soge­nan­nten Freien Kräften und den Kam­er­ad­schaften aufzubauen. Man brauchte sie im let­zten und braucht sie in diesem Jahr schließlich als Unter­stützer und Hil­f­skolonne für den Wahlkampf.

Am 27. Jan­u­ar 2008 — dem Inter­na­tionalen Holo­caust­tag – feierte die NPD BUM den Geburt­stag des let­zten deutschen Kaisers in Biesen­thal und legt 300 Meter vom Stadtzen­trum ent­fer­nt am Kriegerdenkmal für die Gefal­l­enen von 1870/71 einen Kranz nieder. Gle­ichzeit­ig behauptete man, dass man dies gemein­sam mit der just wieder­belebten Bernauer Kam­er­ad­schaft „Nationales Bünd­nis Preußen“ getan habe. Biesen­thal ist der Wohnort des dama­li­gen Kreisvor­sitzen­den der NPD, Mike Sandow.

Der 36-jährige Fliesen­leger war seit Grün­dung des Kreisver­ban­des im Dezem­ber 2006 dessen Vor­sitzen­der. Mike Sandow ist ver­heiratet, hat zwei Kinder und ver­di­ent sein Geld in Bernau beim ehe­ma­li­gen Schill-Parteigänger Weßlau.

Ein Bericht zur Kranznieder­legung fand sich im „Nationalen Net­z­tage­buch“. Der Schreiber des Berichts, Julius Fär­ber, legte dann noch eins drauf. Er propagierte die Dolch­stoßle­gende: „Kom­mu­nis­ten und Sozialdemokrat­en haben dem dama­li­gen Führer des “Reich­es” den “Dolch­stoß” gegeben“, bil­ligt die Ermor­dung von Karl Liebknecht und Rosa Lux­em­burg: „Solche von der Art die eben halt mal in den “Landwehrkanal” gefall­en sind.“ Und ver­wies auf Adolf Hitler als Ret­ter, ohne ihn zu nen­nen: „…der Beginn des Chaos und des linken Raubrit­ter­tums … bis zur Befreiung davon…“ Zum Schluss polemisierte er noch gegen das Holo­caustge­denken: „Und so wer­den wir jedes Jahr am 27. Jan­u­ar feiern…sollen doch die anderen ruhig rumheulen….die undeutschen Verlierer.“

Ob diese Kranznieder­legung im geschilderten Rah­men wirk­lich stattge­fun­den hat, kann man nicht so recht klären. Wir befind­en uns im virtuellen Raum des Inter­net. Ein Foto, das im „Nationalen Net­z­tage­buch“ online gestellt wurde, zeigte lediglich den Kranz nicht aber die Leute, die den Kranz niedergelegt haben. Es kann sich also dur­chaus um einen Pro­pa­gandafake handeln.

Has­spredi­ger

Das „Nationale Net­z­tage­buch“ zeich­nete sich durch einen aggres­siv­en Anti­semitismus aus. Der Hauptschreiber nan­nte sich Julius Fär­ber, offen­sichtlich spielt das Pseu­do­nym auf den Her­aus­ge­ber des nation­al-sozial­is­tis­chen Ein­peitscherblattes „Der Stürmer“, Julius Stre­ich­er (1885–1946), an. Immer wieder spielte der NPD Has­spredi­ger mit Ver­satzstück­en aus der Deutschen Nazivergangenheit.

Da war es nicht der Linke son­dern der „Kom­mu­nist und Jude“ Gre­gor Gysi, der bekämpft wer­den musste. Da sah der Autor Zustände “wie in Zeit­en der Weimar­er Repub­lik”, als ein schwach­er Staat Ver­bote gegen die “nationale Oppo­si­tion” erlassen habe.

Seine Hoff­nung for­mulierte Julius Fär­ber gern mit einem leicht abge­wan­del­ten Zitat­en aus der Sport­palast-Rede von Josef Goebbels: “Und das Volk stand auf und der Sturm brach los”.

Ein­mal hat­te das “Nationale Net­z­tage­buch” vorüberge­hend schließen müssen, nach­dem in einem von Frem­den­hass und Anti­semitismus triefen­d­em Text Bun­deskan­z­lerin Merkel als “Sklave der Juden” beze­ich­net wurde. Nach­dem der Het­zartikel drei Tage lang auf der Web­site ges­tanden hat­te, dis­tanzierte sich der NPD-Kreisver­band Barn­im-Uck­er­mark als Betreiber des “Nationalen Net­z­tage­buchs” von dem Text “aus­drück­lich und in schärf­ster Form”. Hack­er hät­ten den Text eingeschmuggelt, so die Ausrede der Rechtsextremen.

Stammkneipen und andere Orte

Am 15. März fand in Schönow, einem Ort­steil des am Nor­drand von Berlin gele­ge­nen Städtchens Bernau, ein Tre­f­fen von weit über hun­dert NPDlern und soge­nan­nten „Freien Kräften“ statt. Das Tre­f­fen diente dem Ken­nen­ler­nen und der Vor­bere­itung des Wahlkampfes. Forciert durch die NPD wurde ver­sucht eine Anti-Antifa ins Leben zu rufen. Fün­fzehn entsprechende T‑Shirts wur­den verteilt. Das Pro­jekt lief ins Leere. Sowohl in Pren­zlau als auch in Tem­plin taucht­en zwar im Mai Leute mit diesen T‑Shirts auf. Aber wo es keine Antifa gibt, bleibt eine Anti-Antifa ohne Rei­bungs­fläche. Unter den Gästen bei dieser Ver­anstal­tung soll sich auch die 72-jährige NPD-Mit­glied Irm­gard Hack aus Uhlen­hof im Nord­west­en der Uck­er­mark befun­den haben.

Mit dem „Alten Dor­fkrug“ in Schönow hat die NPD einen Ver­anstal­tung­sort gefun­den auf den sie jed­erzeit zurück­greifen kann. Die Wirt­sleute haben sich auch nicht durch Proteste von Anwohn­ern von der Saalver­mi­etung an die NPD abbrin­gen lassen. Ein weit­er­er Ort für Feiern der beson­deren Art ist das Grund­stück von Irm­gard Hack, ein­er ehe­ma­li­gen Kranken­schwest­er, die bere­its seit 1993 Mit­glied der Partei ist. Im April 2008 trafen sich dort Ange­hörige des „Nationalen Bünd­nis Preußen“, des „Heimatschutz Ger­ma­nia“, Freier Kräfte und der NPD und feierten gemein­sam das „Ostara-Fest“. Brauch­tum, das in der Nach­barschaft dur­chaus wohlwol­lend aufgenom­men wurde. Die Besuch­er kamen aus Bernau, Schwedt, Pren­zlau, Greif­swald und Stral­sund. Bei diesem Fest muss es zu einem Zwis­chen­fall mit der Polizei gekom­men sein, denn Roy Grass­mann aus Bernau wurde einige Monate später vor dem Amts­gericht Pren­zlau deswe­gen mit ein­er Geld­buße belegt. Mit Christoph Ziese war ein junger Ver­wal­tungswis­senschaftsstu­dent aus Pots­dam anwe­send, der sich vorgenom­men hat­te, die zer­faserte Kam­er­ad­schaftsszene der Uck­er­mark neu zu organ­isieren und die Kam­eradin­nen und Kam­er­aden ide­ol­o­gisch zu schulen. Christoph Ziese kommt aus dem kleinen Wollin, einem Ort­steil der Uck­er­märkischen Gemeinde Randowtal.

Zwei Tage vor dem Finale der Fußball-Europameis­ter­schaft am 27. Juni traf sich fast der­selbe Per­so­n­enkreis zur Som­mer­son­nen­wend­feier eben­falls auf dem Grund­stück von Frau Hack.

Endlich ein The­ma, das ins Konzept passt

Die Freilas­sung des Sex­u­al­straftäters Wern­er K., der seit sein­er Ent­las­sung in Joachim­sthal (Barn­im) bei Ver­wandten wohnt, bescherte der NPD BUM endlich ein The­ma. Es gelang ihr allerd­ings nicht, Ein­fluss auf eine Bürg­erini­tia­tive von Anwohn­ern zu erlan­gen, die sich für das Ver­schwinden des Sex­u­al­straftäters aus dem Ort aussprach. Immer­hin mobil­isierte die NPD BUM zu ein­er Demon­stra­tion in Joachim­sthal. Tat­säch­lich marschierten dann auch am 21. Juni 2008 knapp 100 Teil­nehmer unter dem Mot­to “Sicher­heit, Recht und Ord­nung — keine Gnade für die Täter”durch die Stadt begleit­et von einem starken Polizeiaufgebot.

Anfang Sep­tem­ber feierte sich dann die NPD BUM im „Nationalen Net­z­tage­buch“ und set­zte sich an die Spitze der ver­meintlichen Bewe­gung: „In Wirk­lichkeit haben die CDU-SPD-Behör­den von Bran­den­burg dem Druck der Bürg­er­be­we­gung von Joachim­sthal und den NPD-Aktiv­itäten nachgeben müssen. Die Zus­tim­mung in der Bevölkerung bei Aktio­nen gegen Kinder­schän­der ist überwältigend.“

Nach­dem Wern­er K. dank jour­nal­is­tis­ch­er Aufmerk­samkeit seinen Ther­a­piev­er­such abbrechen musste, kehrte er nach Joachim­sthal zurück. Während auf der einen Seite die Bürg­erini­tia­tive Mah­nwachen vor dem Wohn­haus des Sex­u­al­straftäters abhielt, ver­sucht­en Recht­sex­trem­is­ten die Sit­u­a­tion zu eskalieren. Etwa 20 NPD-Anhänger mit Fack­eln waren im Okto­ber zu ein­er unangemelde­ten Demon­stra­tion vor dem Haus von Wern­er K. auf­marschiert. Sie hät­ten “grölend zu Straftat­en gegen Wern­er K. aufgerufen”, hieß es damals bei der Polizei. Solche Demon­stra­tio­nen soll es öfters gegeben haben. Chris­t­ian Banask­iewicz, früher ein führen­des Mit­glied der 2005 aufgelösten Kam­er­ad­schaft „Märkisch­er Heimatschutz“, zeich­nete ver­ant­wortlich für ein Flug­blatt, das bei dieser Gele­gen­heit verteilt wurde. Die NPD feierte das im “Nationalen Net­z­tage­buch” als Bürg­er­ak­tion gegen Kinderschänder.

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