Durchsuchungen in Brandenburg und Sachsen / Schlag gegen Anbieter rechtsextremer Lieder im Internet
(LR, 25.03.) Gestern klingelten Polizisten mit einem richterlichen Durchsuchungsbeschluss
in der Hand an einer Wohnungstür in Cottbus-Schmellwitz. Ihr Interesse galt
der Computeranlage samt Zubehör und Disketten.
Von hier aus, so der Verdacht, ist über die vor allem bei jungen Leuten
bekannte Internet-Tauschbörse «KaZaA» rechtsextremistische Musik
heruntergeladen und verbreitet worden. Bei «KaZaA» handelt es sich um eine
Plattform, die den Austausch von Musikdateien ermöglicht. Analog einer
Suchmaschine haben Nutzer zeitweise Zugriff auf bis zu einer Milliarde
Dateien in unterschiedlichen Formaten.
Die Kriminalisten beschlagnahmten bei der Razzia in Cottbus drei PC, eine
Festplatte und eine CD. Ob sich das Ehepaar oder der Sohn über «KaZaA»
möglicherweise Musik mit fremdenfeindlichen Texten besorgte, werden weitere
Ermittlungen ergeben.
Wie in Cottbus waren auch Wohnungen in Finsterwalde und Haida im
Elbe-Elster-Kreis sowie Lübben und Friedersdorf im Dahme-Spreewald-Kreis
Ziele einer Razzia in 15 Bundesländern. Auch dort wurden Computeranlagen,
Zubehör und Datenträger sichergestellt.
Insgesamt gab es bundesweit 333 Durchsuchungen. In Brandenburg und Sachsen
waren jeweils zehn Objekte im Visier der Ermittler. Bei einem 14-Jährigen
aus Pirna fand die Kripo 200 Musikdisketten mit Liedern von Gruppen wie
«Zillertaler Türkenjäger» oder «Landser» . Außerdem nahm die Polizei bei ihm
einen Laptop und einen PC mit.
Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) sollen 342 Beschuldigte die Musik
deutscher Skinhead-Bands mit «menschenverachtenden, rassistischen und zum
Teil nationalistischen Inhalten» über das Internet anderen zugänglich
gemacht haben. Ihnen wird Volksverhetzung und möglicherweise das Verwenden
von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen. Für beide
Straftaten drohen jeweils bis zu drei Jahre Haft oder Geldstrafen.
BKA-Präsident Jörg Ziercke betonte, dass das Verbreiten von Liedern mit
rassistischen Texten alles andere als ein Bagatelldelikt sei.
«Skinhead-Musikgruppen transportieren politische Feindbilder» , erklärte er.
«Diese Gruppen und deren Musik sind Wegbereiter für rechtsextremistisches
Gedankengut. Gezielt werden junge Leute angesprochen und in den Dunstkreis
von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit einbezogen» , so der BKA-Chef.
Die gestrige Razzia ging auf Ermittlungen im Oktober 2003 zurück. Beamte des
BKA und des Landeskriminalamtes Brandenburg hatten innerhalb weniger Tage
mit Hilfe eines speziellen Programms 360 Datenverbindungen zu Anbietern
rechtsextremistischer Musiktitel festgestellt. Daraufhin leitete die
Staatsanwaltschaft Bonn Ermittlungsverfahren gegen 342 Beschuldigte ein.
Diese werden jetzt in den einzelnen Ländern bearbeitet. Für Brandenburg ist
die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für den Kampf gegen die
Internet-Kriminalität in Cottbus zuständig.
Bereits vor knapp drei Jahren war die Polizei gegen Anbieter verbotener
Musik im Internet vorgegangen. Die Fahnder durchsuchten in der ersten
Aprilwoche des Jahres 2001 die Wohnungen von über 100 Beschuldigten in 15
Bundesländern. «Die Erfolgsmeldungen häufen sich beim Kampf gegen die
Internet-Kriminalität. Die Polizei ist dafür immer besser gerüstet und macht
deutlich, dass das weltweite Netz kein rechtsfreier Raum ist» , erklärte der
sächsische LKA-Sprecher, Lothar Hofner, zur gestrigen Aktion.
LKA ermittelt in Zehdenick
(MAZ, 25.3.) ZEHDENICK — Zwei Computer, Datenträger und Zubehör haben Beamte des
Landeskriminalamtes (LKA) gestern im Rahmen einer bundesweit durchgeführten
Aktion in der Wohnung eines 30-jährigen Zehdenickers sichergestellt. Nach
Aussage der LKA-Pressestelle besteht der Verdacht, dass der Mann Musiktitel
mit rechtsextremem Inhalt im Internet angeboten oder selbst Titel
heruntergeladen, diese auf CD gebrannt und an Dritte weitergegeben hat. Bei
der verwendeten Software handelt es sich um die Tauschbörse “KaZaA”. Diese
ermöglicht es Internetnutzern, auf die Dateien eines Fremdcomputers
zuzugreifen, sofern dessen Nutzer seine Dateien freigegeben hat. In welchem
Umfang der Zehdenicker mit verbotenen Musiktiteln “gehandelt” hat, werden
die Untersuchungsergebnisse zeigen. Nach Auskunft der LKA-Pressestelle wird
mit handfesten Beweisen in der nächsten Woche gerechnet. Computerdateien und
gebrannte CDs sollen gezielt nach menschenverachtenden, rassistischen
Inhalten untersucht werden. Die auf dem Index stehenden Musiktitel stammen
zum großen Teil von deutschen Skinhead-Bands.
Im Vorfeld der gestrigen Wohnungsdurchsuchung haben Bundes- und
Landeskriminalamt die Tauschbörse überwacht und auf Basis von
Datenerhebungen 341 Beschuldigte identifiziert.