(FR) Das rechtsextreme Potenzial in der Bevölkerung Berlins ist mit sechs Prozent
nur halb so hoch wie im brandenburgischen Umland. Das haben Politologen
mehrerer Universitäten mit einer neuen Untersuchungsmethode herausgefunden.
Berlin · 23. März · In Ost- und Westteil Berlins sind rechtsextreme
Einstellungen gleich häufig: Das werten die Forscher als Beleg für das
Zusammenwachsen der Stadt. In Brandenburg sind solche Ansichten im
“Speckgürtel” um Berlin etwa um die Hälfte höher als in der Hauptstadt; in
von Berlin entfernter gelegenen Teilen Brandenburgs mit hoher
Arbeitslosigkeit sehen die Wissenschaftler das Potenzial bei 13 Prozent.
Richard Stöss und Oskar Niedermayer von der FU Berlin haben zusammen mit
Forschern aus Erlangen, Jena, Leipzig und Mainz einen Katalog zur Messung
rechtsextremer Einstellungen entwickelt. Er enthält Äußerungen zur
Befürwortung von Diktaturen, Ausländerfeindlichkeit, Chauvinismus,
Antisemitismus, Sozialdarwinismus (“unwertes Leben”) und zur Verharmlosung
des Nationalsozialismus. Auf die Antworten gibt es Punkte: drei für
Zustimmung, zwei für eher Zustimmung, einen für eher Ablehnung, keinen für
Ablehnung.
Zum rechtsextremen Potenzial wird gezählt, wer mindestens neun der 18
möglichen Punkte erreicht. Die Wissenschaftler hoffen, dass ihr Maßstab bei
Umfragen zum Rechtsextremismus Standard wird; Ergebnisse wären so über Jahre
vergleichbar.
Nicht alle Rechten wählen auch Parteien wie NPD oder DVU: Aus den zum
rechtsextremen Potenzial Zählenden würden sich 30 Prozent für die SPD, 26
Prozent für die CDU und sieben Prozent sogar für die PDS entscheiden. In
Brandenburg würden 31 Prozent, in Berlin 26 Prozent der zum rechten
Potenzial Zählenden rechtsextreme Parteien wählen. Die Grünen finden nur bei
einem Prozent Anklang.
In Berlin und Brandenburg zusammen finden sich rechtsextreme Einstellungen
besonders bei über 65-Jährigen (12,1 Prozent) und bei Menschen über 75
Jahren (10,5 Prozent). Für die 68er-Generation der heute zwischen 55- und
64-Jährigen und der folgenden Jahrgänge (35 bis 54 Jahre) ermittelten die
Forscher Anteile von 8,3 und 6,5 Prozent. Bei den unter 35-Jährigen liegt
der Anteil bei 9,7, bei 18 bis 24 bei 5,5 Prozent.
In Ost wie West: Sechs Prozent denken rechtsextrem
Die Paul-Lazarsfeld-Gesellschaft stellt eine neue Umfrage zur Situation in Berlin und Brandenburg vor
(Berliner Zeitung) Sechs Prozent der Berliner haben ein mehr oder weniger rechtsextremes
Weltbild. In Brandenburg sind es mit zwölf Prozent doppelt so viele. Das
ist das Ergebnis einer neuen Studie über Rechtsextremismus, die das
Meinungsforschungsinstitut Forsa, die Deutsche Paul-
Lazarsfeld-Gesellschaft und die Freie Universität Berlin am Mittwoch
vorgestellt haben. Innerhalb von Berlin gibt es keinen Unterschied in
der Verteilung des braunen Gedankengutes, wie der Berliner Professor für
Politik- und Sozialwissenschaften Richard Stöss, einer der beiden
Autoren der Studie, erläuterte: “Kurz nach der Wende gab es
Unterschiede, aber die Identitäten in Ost- und West ‑Berlin wachsen
schneller zusammen als etwa Berlin und Brandenburg.”
Neue Methodik
Bisherige Studien zum Thema hatten Quoten von fünf bis 20 Prozent
gefunden, “aber die hatten unterschiedliche Messkonzepte”, wie Stöss
erläuterte. Ob die Zahlen der aktuellen Studie einen Zuwachs oder ein
Abflauen der rechtsextremen Tendenzen beschreiben, können die Autoren
nicht sagen. “Wir fangen hier mit einer neuen Messmethode an”, erklärte
Oskar Niedermayer, Co-Autor und wie Stöss Professor am
Otto-Suhr-Institut der FU. Der Hintergrund der neuen Methodik ist die
Tatsache, dass rechtsextremes Verhalten “ziemlich überschaubar ist”
anhand von Mitgliederzahlen rechter Parteien und Organisationen, dem
Wahlverhalten und etwa rechten Gewalttaten, sagte Stöss: “Aber die
Einstellung zu messen ist schwierig.”
Für diese Aufgabe entwickelten die beiden Berliner Wissenschaftler
zusammen mit Kollegen aus ganz Deutschland eine “DIN-Norm” für
Rechtsextremismus. Dieser sei zusammengesetzt aus sechs Dimensionen, so
die Grundannahme: der Befürwortung rechtsautoritärer Diktaturen,
Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus
und zuletzt der Verharmlosung des Nationalsozialismus. Für jeden dieser
Teilbereiche suchten sie typische Aussagen, denen die Befragten mehr
oder weniger zustimmen sollten.
Nach einigen Proberunden filterten die Forscher die stärkste Aussage pro
Gebiet heraus, zum Beispiel für das Verhältnis zu Diktaturen: “Wir
sollten einen Führer haben, der Deutschland zum Wohle aller mit starker
Hand regiert.” Dass das auch Menschen bejahen, die etwa eine
kommunistische Diktatur wollen, schließt Niedermayer aus: “Das Wort
‚Führer ist ein starker Stimulus und eindeutig rechts besetzt, genauso
wie die ‚starke Hand .” Zum Thema Chauvinismus musste die Befragten
hierauf reagieren: “Andere Völker mögen Wichtiges vollbracht haben, an
die deutschen Leistungen reicht das aber nicht heran.” Zum Punkt
Sozialdarwinismus: “Es gibt wertvolles und unwertes Leben.” Zuletzt zur
Verharmlosung der NS-Zeit: “Der Nationalsozialismus hatte auch seine
guten Seiten.” Je nach Antwort — “stimme völlig zu” bis “lehne völlig
ab” — vergaben die Forscher Punkte, ab der Hälfte der möglichen Punkte
galt der Befragte als rechtsextrem.
“Die Brandenburger stimmten den Aussagen über alle Kategorien hinweg
häufiger zu als Berliner”, erläutert Niedermayer die Ergebnisse. Im
Gegenzug lehnten in Berlin 23 Prozent der Befragten alle Aussagen ab, in
Brandenburg nur 13 Prozent. Besonders groß war der
Stadt-Land-Unterschied bei der Diktaturbefürwortung: Während sich nur
zwölf Prozent der Berliner nach einem neuen Führer sehnen, waren es in
Brandenburg 24 Prozent der Befragten. Zudem scheint die Regel zu gelten:
Je weiter weg von der Stadt desto größer das rechtsextreme Potenzial -
was durchaus dem Klischee entspricht.
Überraschendes fanden die Forscher jedoch etwa beim Abgleich mit anderen
Untersuchungen, denen zufolge die Mitglieder und Wähler rechter Parteien
und rechte Gewalttäter vorwiegend jung und männlich sind. Niedermayer
und Stöss befragten zwar nur Wahlberechtigte ab 18 Jahren, können also
über rechte Jugendkultur nichts aussagen. Doch Männer und Frauen
scheinen statistisch gleich anfällig für braunes Gedankengut zu sein.
Und der Anteil von Menschen mit einem rechtsextremen Weltbild war bei
den 65–74-Jährigen in Berlin und Brandenburg mit 12,1 Prozent am
höchsten. Bei den 18–24-Jährigen fanden die Forscher nur 5,5 Prozent.
Stöss: “Es gibt den Rückhalt der Älteren, die nicht mehr selbst handeln
können, für die Jungen, die aktiv werden.”
Rechtsradikale vor allem in der Provinz
Regionale Studie belegt, dass braunes Gedankengut auf dem Land stärker verbreitet ist als in der Stadt
(Tagesspiegel)Rechtsextremistische Ansichten sind in Brandenburg deutlich stärker
verbreitet als in Berlin. Während rund zwölf Prozent der Brandenburger
ein rechtsradikales Weltbild vertreten, sind es in Berlin etwa sechs
Prozent. Dies ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie der Deutschen
Lazarsfeld-Gesellschaft, der Freien Universität und des
Meinungsforschungsinstituts Forsa. “Die Berliner sind weit weniger
anfällig für den Rechtsextremismus als die Brandenburger”, sagt
Sozialwissenschaftler Richard Stöss.
Für die Studie haben die Forscher 2000 Menschen befragt: in West- und
Ost-Berlin, dem so genannten S
peckgürtel und der brandenburgischen
Provinz. Gefragt war ihre Meinung zu unterschiedlichen Thesen, zum
Beispiel: “Wir sollten einen Führer haben, der Deutschland zum Wohle
aller mit starker Hand regiert.” Oder: “Wenn Arbeitsplätze knapp werden,
sollte man die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken.” Und: “Es
gibt wertvolles und unwertes Leben.”
Zu den Ergebnissen: Danach sind im Ost- und Westteil Berlins keine
Unterschiede auszumachen. Deutliche Differenzen gibt es aber zwischen
dem Umland und der brandenburgischen Provinz: Während um Berlin herum
nur neun Prozent eine rechtsextreme Gesinnung vertreten, sind es in den
entfernt gelegenen Regionen rund 13 Prozent. Bei rechtsradikalen
Übergriffen sind die Täter zumeist junge Männer, das radikale
Gedankengut ist aber in Berlin und Brandenburg vor allem in der älteren
Generation verbreitet: Während 5,5 Prozent der 18- bis 24-Jährigen
rechtsextreme Thesen befürworten, sind es bei den über 65-Jährigen knapp
23 Prozent. Auf eine kurze Formel gebracht heißt dies: “Die Jungen
tun s, die Alten dulden s”, sagt Stöss.
Offenbar ist es vor allem eine Frage der Bildung: Während unter den
Befragten mit Abitur oder Studium nur zwei Prozent rechtsextrem denken,
sind es unter den Hauptschulabgängern zwölf Prozent.
Zu Entwicklungen und Tendenzen kann Stöss nichts sagen: Für die Studie
hat er gemeinsam mit anderen Forschern eine neue, vereinheitlichte Skala
entwickelt. Sie mache es möglich, künftig deutschlandweit
Vergleichszahlen zu erhalten. Denn bislang habe nahezu jede Studie ein
anderes Ergebnis zutage gebracht. Mal bewegte sich die Zahl der
Rechtsextremisten bei fünf, mal bei zwanzig Prozent — je nach
Messungsmethode.
Sechs Prozent sind rechtsextrem
In Brandenburg hegen zwölf Prozent rechtsextremes Gedankengut, in Berlin ist es die Hälfte. Kaum Unterschiede im Ost- und Westteil der Stadt. Das zeigt eine neue Studie.
(TAZ)“Es gibt wertvolles und unwertes Leben.” Wer dieser und fünf ähnlichen
Aussagen voll zustimmt, der hat eine eindeutige rechtsextreme
Einstellung. Das besagt eine neue Studie des Meinungsforschungsinstituts
Forsa in Kooperation mit der Freien Universität, die gestern vorgestellt
wurde. Die Kernaussage der Befragungen im Oktober und November 2004:
Sechs Prozent der wahlberechtigten Berliner hegen eindeutig
rechtsextremes Gedankengut. Zahlenmäßige Unterschiede zwischen Ost- und
Westberlin gibt es dabei nicht.
In Brandenburg sind es mit zwölf Prozent doppelt so viele, das ist jeder
achte Wahlberechtigte. Dabei gibt es starke Unterschiede zwischen
ländlichen und städtischen Gebieten. Im so genannten Speckgürtel rund um
die Hauptstadt fallen laut Studie unterdurchschnittliche neun Prozent
unter die Rechtsextremen-Definition. In den weiter entfernten Regionen
sind es 13 Prozent.
Überrascht hat dieses Ergebnis die Macher der Untersuchung nicht. “Wir
wussten aus früheren Studien, dass ungefähr ein solches Potenzial
besteht”, sagte Oskar Niedermayer, Politologe an der FU. Die neue
Analysemethode bestätige vielmehr eine Faustregel früherer
Untersuchungen, fügte sein Kollege Richard Stöss hinzu. Und die lautet:
Das rechte Potenzial ist in Brandenburg doppelt so groß wie in Berlin.
Je höher die Schulbildung der Befragten, desto geringer ist ihre Neigung
zu rechtem Gedankengut. Doch dieser Eindruck kann trügen, gibt
Niedermayer zu: “Hoch gebildete Befragte haben bei den Fragen eher den
Braten gerochen.” Und daher bei ihren Antworten auch eher gelogen.
Die Studienergebnisse lassen aus Sicht der FU-Professoren nicht auf ein
Erstarken rechter Parteien in Berlin schließen. “Leute mit
rechtsextremen Einstellungen wählen noch lange nicht rechtsextreme
Parteien”, sagt Politologe Stöss. Den Rechtsextremen mangele es an
Organisation, Geld sowie einem Spitzenkandidaten, der auch auf
konservative Schichten wirkt. Außerdem brauche es ein Thema, das auch so
genannte Protestwähler anziehe.
Ist also in Berlin alles im grünen Bereich, was die Braunen angeht? Bei
weitem nicht. Auf den zweiten Blick zeigt sich: Viele Hauptstädter
denken chauvinistisch, ausländerfeindlich, sozialdarwinistisch und
antisemitisch. So stimmt jeder fünfte Berliner (21 Prozent) folgender
Aussage voll und ganz zu: “Andere Völker mögen Wichtiges vollbracht
haben, an deutsche Leistungen reicht das aber nicht heran.” Und 20
Prozent finden: “Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die
Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken.” Immerhin 13 Prozent
Zustimmung gibt es unter Berlinern für den Satz: “Auch heute noch ist
der Einfluss der Juden zu groß.” Matthias Lohre
Rechtsextremes Gedankengut in ländlichen Regionen verbreitet
Studie belegt deutlichen Unterschied zu Berlin
(LR)Rechtsextremes Gedankengut ist in Berlin und Brandenburg laut einer
Forsa-Studie am stärksten in ländlichen Regionen und weniger gebildeten
Schichten verbreitet. Zwölf Prozent der 2,5 Millionen Brandenburger haben
ein rechtsextremes Weltbild.
Unter den 3,4 Millionen Berlinern sind es nur sechs Prozent. Das geht aus
der repräsentativen Studie der Freien Universität Berlin und des
Meinungsforschungsinstituts Forsa hervor, die gestern in Berlin vorgestellt
wurde. Dabei sind von Mitte Oktober bis Anfang November des Vorjahres 2000
Menschen in Berlin-Brandenburg befragt worden.
Am stärksten sind rechtsex tremistische Einstellungen mit 13 Prozent in der
brandenburgischen Peripherie ausgeprägt. Im Raum um Berlin sind es neun
Prozent der Menschen. Dagegen gibt es zwischen dem Ost- und Westteil der
Hauptstadt nach Angaben der Forscher keine Unterschiede mehr. Von der
Verbreitung rechtsextremistischer Einstellungen sei aber nicht direkt auf
das Wahlverhalten zu schließen. Viele dieser Menschen wählten demokratische
Parteien.
Oskar Niedermayer von der Freien Universität Berlin sagte, er gehe davon
aus, dass die rechtsextreme NPD bei der Bundestagswahl einen Stimmenzuwachs
erreiche, aber an der Fünf-Prozent-Hürde scheitere.
Die Befragten hatten bei der Studie Aussagen zu bewerten wie: “Wir sollten
einen Führer haben, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand
regiert.” Andere Sätze lauteten: “Es gibt wertvolles und unwertes Leben” und
“Der Nationalsozialismus hatte auch seine gute Seiten.” Ferner wurde nach
chauvinistischen, ausländerfeindlichen und antisemitischen Einstellungen
gefragt.