RATHENOW Nach der bereits erfolgten Verschärfung des Bußgeldkataloges will die Stadt Rathenow jetzt auch mit Videotechnik gegen die Graffiti-Schmierer vorgehen. Wie Rathenows Pressesprecher Jörg Zietemann bestätigte, erwäge die Stadtverwaltung ausgewählte Objekte per Video überwachen zu lassen. Bürgermeister Ronald Seeger (CDU) habe bereits eine Anfrage an das Brandenburgische Innenministerium gerichtet, ob das Vorhaben von dort unterstützt werden könnte.
Auslöser für Seegers Vorstoß waren die Schmierereien an der Laga-Mühle. Unbekannte hatten dort vor wenigen Wochen mehrere Quadratmeter der frisch gereinigten Fassade besprüht. Erwogen wird Zietemann zufolge die Videoüberwachung aber nicht nur für die Laga-Mühle, sondern auch für den Bismarckturm auf dem Weinberg und für das neue Sportfunktionsgebäude am Rathenower Schwedendamm. Während der finanzielle und logistische Aufwand beherrschbar sein dürfte, scheint allerdings fraglich, ob die Videoüberwachung überhaupt zulässig ist. Zietemann räumte ein, dass es sich aus Datenschutzgründen um ein “heikles Thema” handle. Im Kern gehe es um schützenswerte Interessen unbeteiligter Personen und um das Recht am eigenen Bild. Denn anders als bei Videoüberwachung in Warenhäusern oder Banken, würde bei einer Außenüberwachung der Mühle öffentlicher Raum überwacht. Rechtliche Grundlage für eine Überwachung sei neben dem Bundesdatenschutzgesetz das Brandenburgische Datenschutzgesetz. Vom Grundsatz her dürften laut Zietemann im Land Brandenburg “öffentliche Stellen mit optisch-elektronischen Einrichtungen öffentlich zugängliche Räume überwachen”. Ein entsprechendes Pilotprojekt läuft derzeit im Land Brandenburg, ist aber vom Landtag auf fünf Jahre begrenzt worden. In dem Projekt werden in Potsdam, Bernau und Erkner öffentliche Plätze videoüberwacht. Auch Rathenow ist mit der Ende 2001 im Betrieb gegangenen Videoüberwachung einer Großdisco an der Berliner Straße an dem Pilotprojekt beteiligt, das bis Ende 2006 läuft. Ziel ist es, durch den Einsatz der Videoüberwachung Kriminalität zurückzudrängen und schwere Straftaten zu verhindern. Nach Ende des Pilotprojektes wird die Videoüberwachung erneut den Landtag beschäftigen.
Ein Hinweis darauf, dass möglicherweise eine erweiterte Videoüberwachung im öffentlichen Räumen schwierig wird, ergibt sich aus Aussagen der früheren Polizeischutzbereichsleiterin Silke Sielaff. Zur Halbzeit des Pilotprojektes hatte die Beamtin darauf hingewiesen, dass es sich bei den überwachten öffentlichen Räumen um Bereiche handle, in denen Straftaten stattgefunden haben. Als Beispiele nannte sie Körperverletzungen, Diebstähle oder Drogendelikte. Wie Sielaff damals weiter erläuterte, sei eine Häufung von Ordnungswidrigkeiten allein nicht ausreichend für eine polizeiliche Videoüberwachung.
Hilfreich könnte allerdings für das Rathenower Vorhaben sein, dass ein Gesetz zur Graffiti-Bekämpfung in der letzten Woche den Bundesrat passiert hat. Sprayer machten sich bislang nur strafbar, wenn Gegenstände durch das Sprayen beschädigt oder zerstört wurden. Da dies in aller Regel aber nicht der Fall ist, handelte es sich auch bei den Schmierereien am Bismarckturm und an der Laga-Mühle nicht um eine Straftat, sondern um eine Ordnungswidrigkeit. Die Neuregelung geht jetzt davon aus, dass schon das Auftragen der Farbe eine Sachbeschädigung darstellt.
Sollte der Einsatz von Videoüberwachung rechtlich zulässig sein, werde die Stadtverwaltung dies aber nicht allein entscheiden. Die Stadtverordneten würden in den Entscheidungsprozess mit eingebunden, versicherte Zietemann abschließend.