„Im rechten Spektrum gibt es offenbar eine neue Strategie, den Marsch durch
die Institutionen.“ So lautet der Kommentar des Berliner
Politikwissenschaftlers Richard Stöss zu einer umstrittenen
Führungspersonalie im Brandenburger Journalistenverband, der seit kurzem
einen schillernden Vize-Landesvorsitzenden hat: Torsten Witt. Er gehörte in
Berlin dem nationalkonservativen Flügel der FDP an, war dann
Landesvorsitzender, später sogar nach eigenen Angaben kurz
Vize-Bundesvorsitzender des rechtskonservativen „Bundes Freier Bürger“, der
wegen enger Kontakte zur rechtsextremen Szene im Verfassungsschutzbericht
Nordrhein-Westfalen 1999 erwähnt war. Das rechtsextreme Blatt „Nation und
Europa“ schrieb 1999: „Mit beachtlichem Engagement kämpft der Berliner
Landesverband des Bundes Freier Bürger unter Führung seines Vorsitzenden
Torsten Witt gegen den Bau des Holocaust-Denkmals.“ Im Internet
veröffentlichte Fotos zeigen ihn 1999 auf einer Demonstration gegen die
doppelte Staatsbürgerschaft – gemeinsam mit dem späteren NPD-Aktivisten
Horst Mahler. Noch ungewöhnlicher aber sind die Begleitumstände der Wahl,
die frühere Vorstandsmitglieder wie der Fotograf Matthias Littwin eine
„feindliche Übernahme“ nennen: Kurz vor der Wahl traten dem Brandenburger
DJV 45 neue Mitglieder bei. Das böse Erwachen folgte auf dem traditionell
gering besuchten Verbandstag, auf dem die Neuen plötzlich die Mehrheit
hatten. Sie kamen vom Verband junger Journalisten (VJJ) aus Berlin, wo Witt
früher Vorsitzender war. Aus dem VJJ-Kuratorium war 1993 der damalige
Berliner Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) ausgetreten. Er begründete dies
mit ihm vorliegenden Informationen, wonach Witt „in der Vergangenheit über
Jahre hinweg zumindest Kontakte zu der neuen rechtsextremen Szene in
Deutschland gepflegt“ habe.
Witt selbst bestreitet, die Wahl-Strippen gezogen zu haben. Auch den Vorwurf
rechtsextremer Tendenzen weist er zurück. „Ich bin sicher kein Sozialist.
Ich bin ein Nationalliberaler.“ Mit der NPD oder den Republikanern habe er
nichts zu tun. Er bekommt Rückendeckung vom neuen DJV-Landesvorsitzenden
Bernd Martin. „Jeder hat das Recht auf einen geistigen Irrtum“, sagt Martin.
Die Vita von Witt sei ihm bekannt gewesen. „Gegen das Holocaust-Mahnmal
waren auch andere.“ Ungeachtet dessen wächst die Empörung im Brandenburger
DJV, wo der frühere Vorstand über ein Mitgliederbegehren vorzeitige
Neuwahlen erzwingen will. Für den Vorsitzenden der Brandenburger
Landespressekonferenz, Peter Kranz, zeigt der Fall eins: „Solche
zweifelhaften Köpfe schaffen es nur, wenn Mehrheiten ihnen erst solche
Lücken bieten.“