Reisen gegen Rechts — nach Birmingham
Zwölf Jugendliche starteten Tour zu Gewaltopfer Martin
MAHLOW. Zum ersten Mal hat eine rechte Gewalttat in Brandenburg konkrete positive Folgen: Am Donnerstag brachen zwölf Jugendliche aus Mahlow und Umgebung — kleinen Vororten im Süden von Berlin — in die englische Millionenstadt Birmingham auf, um den schwarzen Briten Noel Martin zu besuchen. Der heute 42-jährige gebürtige Jamaikaner war 1996 in Mahlow nach dem Angriff zweier Neonazis schwer verletzt worden. Sie hatten ihm bei voller Fahrt einen Stein ins Auto geworfen, das daraufhin gegen einen Baum raste. Noel Martin, der seitdem vom Hals abwärts gelähmt ist, regte bei einem viel beachteten Besuch in Mahlow im vorigen Jahr einen regelmäßigen Jugendaustausch mit Birmingham an — der jetzt begonnen hat.
Die zwölf Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 16 Jahren sollen allerdings künftige Fahrten erst einmal vorbereiten. Sie werden auf ihrer einwöchigen Tour unter anderen von der Sozialarbeiterin Dörthe Shead vom Mahlower Jugendklub “Oase” begleitet. Zweck der Reise, finanziert mit knapp 8 000 Euro aus Lottomitteln, ist es zunächst, die vielfältige Zuwandererkultur Birminghams kennen zu lernen: In der Industriemetropole in den Midlands leben seit Jahrzehnten Zigtausende vor allem karibischer und indischer Immigranten. Über diese multikulturelle Normalität will Noel Martin den Jugendlichen erzählen, um Vorurteile und Missverständnisse gegenüber Ausländern auch in Deutschland abbauen zu helfen.
So stehen neben Geprächen mit Martin auch Treffen mit gleichaltrigen Jugendlichen aus Birmingham auf dem Programm, dazu Stadterkundungen, ein Musik-Workshop mit dem Reggae-Star Pato Banton und gemeinsame Nachmittage in englischen Familien. Auch Brandenburgs Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) will Noel Martin und die deutsche Gruppe am Montag treffen. Mit Vertretern der Stadt Birmingham sind zudem Gespräche über eine Schulpartnerschaft geplant.
Der vom Land mit gut 25 000 Euro ausgestattete “Noel-and-Jacqueline-Martin-Fonds” soll noch in diesem Jahr eine zweite Jugendfahrt nach Birmingham ermöglichen. Noel Martin selbst hatte sich ausdrücklich gewünscht, dass rechtsorientierte Jugendliche daran teilnehmen. Das ist bei diesem ersten Besuch noch nicht der Fall.