Potsdam (dpa/bb) — Der genetische Fingerabdruck von Straftätern sollte nach Ansicht der brandenburgischen Justizministerin Barbara Richstein (CDU) dem
normalen Fingerabdruck gleichgestellt werden. Die DNA-Erfassung wäre nach einer entsprechenden Änderung der Bundesgesetzen bei bestimmten Verdächtigen durch Polizisten erkennungsdienstlich vorzunehmen, ohne dass ein Richter
hinzugezogen werden müsste, sagte die Ministerin am Dienstag in Potsdam vor Journalisten. Sie unterstützte damit eine Forderung der CDU-Bundestagsfraktion nach Änderung der Strafprozessordnung.
Auch der Katalog der Straftaten, bei denen DNA-Material per Speichelprobe entnommen werden darf, müsse ausgeweitet werden, forderte Richstein. So sollte dies künftig etwa auch für banden- oder gewerbsmäßig agierende Täter
gelten. Ob das Land eine dahingehende Bundesratsinitiative von Bayern und Hessen unterstütze, müsse das Kabinett entscheiden.
Durch die Staatsanwaltschaften in Brandenburg wurden vom Jahr 2000 an nach Richsteins Angaben von insgesamt 31 269 verurteilten Straftätern 30 638 geprüft. Dabei seien die genetischen Fingerabdrücke von 5904 Tätern und 1372
so genannte Spuren — etwa mit Sekreten verschmutzte Wäsche — in die DNA-Datei des Bundeskriminalamtes aufgenommen worden. Vorgegangen wird nach vier Dringlichkeitsstufen, bei denen Sexualdelikte, Gewaltverbrechen und
Brandstiftung an erster Stelle stehen.
Die DNA-Analyse sei eines der effektivsten Mittel zur
Kriminalitätsbekämpfung — zum Schutz der Bürger vor Gewalttaten und von Kindern vor Sexualstraftätern, begründete die Ministerin ihren Vorstoß. Die Gefahr eines Missbrauchs dieses Instruments sei nach den jetzt vorliegenden Erkenntnissen nicht sehr groß. Zudem werde nur ein Teil des Genmaterials erfasst. Rückschlüsse auf das Erbgut oder auf Krankheiten des Betroffenen
könnten nicht gezogen werden, ergänzte der Direktor des Landeskriminalamtes, Axel Lüdders.
In Brandenburg gilt nach Angaben Richsteins ab sofort die so genannte Freiwilligkeitslösung. Danach kann der genetische Fingerabdruck eines Täters künftig auch ohne richterliche Entscheidung ausgewertet werden, wenn der
Betroffene seine Zustimmung gibt. Richstein bedauerte, dass der genetische Fingerabdruck derzeit nur entnommen werden darf, wenn bereits eine schwere Straftat geschehen ist. “Diese Einschränkung ist zu restriktiv”, betonte
sie. Sie wolle mit der DNA-Analyse Täter erreichen, die zwar bislang noch keine schwere Straftat begangen hätten, bei denen aber eine Kriminellenkarriere zu erwarten sei.