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Lohmann im Interview: Das Denken in den Köpfen verändern

Desig­niert­er Aktions­bünd­nis-Chef Lohmann: Nachwach­sen der Recht­sex­tremen Szene muss ver­hin­dert werden

Heinz-Joachim Lohmann (41) ist evan­ge­lis­ch­er Super­in­ten­dent in Witt­stock. Am 20. Jan­u­ar will der in Rhein­land-Pfalz Geborene lan­despoli­tis­ches Ter­rain betreten und zum Vor­sitzen­den des Aktions­bünd­niss­es gegen Gewalt,
Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit gewählt wer­den. Er soll die Nach­folge des erkrank­ten Cot­tbuser Gen­er­al­su­per­in­ten­den­ten Rolf Wis­chnath antreten. Über sein neues Ehre­namt sprach mit Lohmann MAZ-Redak­teur Frank
Schauka. 

Herr Lohmann, warum wollen Sie Vor­sitzen­der des Aktions­bünd­niss­es werden?

Lohmann: Für mich ist die Zurück­drän­gung des Recht­sex­trem­is­mus eine wichtige Frage der Leben­squal­ität in Bran­den­burg. Ich selb­st habe vier Kinder und möchte nicht, dass sie mor­gen entwed­er recht­sex­trem oder Opfer
recht­sex­tremer Gewalt wer­den. Darüber hin­aus halte ich es für bere­ich­ernd, wenn Men­schen ver­schieden­er Kul­turen nebeneinan­der leben. Das bringt eine Gesellschaft und ein Land weit­er, als wenn dort Hass regiert. 

Es gibt das Aktions­bünd­nis seit fast sieben Jahren, und den­noch hat die frem­den­feindliche Gewalt nicht abgenom­men: Wur­den Fehler gemacht, oder muss man sich mit einem starken recht­sex­tremen Boden­satz abfinden?

Lohmann: Der Zweck des Aktions­bünd­niss­es ist es zu zeigen, dass die Mehrheit der Bran­den­burg­er gegen recht­sex­tremes Denken protestiert und keine Angst vor dieser Gewalt hat. In den ver­gan­genen sieben Jahren hat das Aktions­bünd­nis in vie­len Städten und Dör­fern eine bre­ite Mobil­isierung der
Bevölkerung gegen Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit erre­icht. Es hat sich aber auch erwiesen, dass diese Zeit für einen Sieg über den
Recht­sex­trem­is­mus nicht aus­re­icht. Die Gewalt wird von ein­er kleinen Per­so­n­en­gruppe aus­geübt, und es ist fraglich, inwieweit deren men­schen­ver­ach­t­ende Weltan­schau­ung über­haupt heil­bar ist. 

Also trägt die Hoff­nung auf gesellschaftliche Verän­derung nicht sehr weit. Sollte man den Recht­sex­trem­is­mus in Bran­den­burg statt dessen mit ver­stärk­ter staatlich­er Repres­sion bekämpfen?

Lohmann: Bei­des ist wichtig: In Witt­stock ist die Polizei der kreativste, phan­tasievoll­ste und aktivste Part­ner im Aktions­bünd­nis. Durch die mas­sive Polizeipräsenz ist es in den ver­gan­genen Jahren tat­säch­lich gelun­gen, die
Zahl der recht­sex­tremen Gewalt­tat­en zu reduzieren. Um die Gewalt voll­ständig zu beseit­i­gen, muss man aber wohl das Denken in den Köpfen verän­dern, wie es das Aktions­bünd­nis anstrebt. Damit erscheint es mir auf jeden Fall möglich,
ein Nachwach­sen der recht­sex­tremen Szene zu verhindern. 

Wo wür­den Sie ansetzen?

Lohmann: Notwendig ist ein inten­sives Ein­wirken auf Schulen und Jugend­kul­tur. Ich kann im Moment zwar nur für meinen Bere­ich sprechen, aber dort zeigt sich, dass es funk­tion­iert: Die Witt­stock­er Schulen haben in den
ver­gan­genen Jahren viel getan, um Pro­gramme zu entwick­eln, die recht­sex­tremes, frem­den­feindlich­es Ver­hal­ten zurück­drän­gen. Die recht­sex­treme Jugend­kul­tur ist für viele wohl auch deshalb attrak­tiv, weil sie geeignet ist, Erwach­sene zu schock­ieren. Also muss man auf den
Recht­sex­trem­is­mus auch mit Furcht­losigkeit antworten. 

Nehmen die poli­tis­chen Parteien und Ver­ant­wortlichen in Bran­den­burg das Prob­lem des Recht­sex­trem­is­mus aus­re­ichend ernst?

Lohmann: Das kann man nicht ohne Ein­schränkung sagen. Auf die Parteien würde ich ein­wirken, um deut­lich­er zu machen, dass die Bekämp­fung von Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit eine Auf­gabe für uns alle ist.
Das The­ma sollte auch im kom­menden Land­tagswahlkampf eine Rolle spie­len. Die Parteien soll­ten es nicht wieder stillschweigend überge­hen kön­nen wie bei der ger­ade zurück­liegen­den Kom­mu­nal­wahl. Außer­dem beste­ht die Gefahr, dass es Poli­tik­ern angesichts der Finanznot der öffentlichen Haushalte zunehmend schw­er fällt, Lösungskonzepte zu entwick­eln und umzuset­zen. Es ist zu
befürcht­en, dass dies die Stunde der Pop­ulis­ten und großen Vere­in­fach­er wer­den kann, die es in allen Parteien geben kann. 

Wie nüt­zlich sind die Amt­sträger? Deren Entschei­dun­gen kri­tisch zu begleit­en ist eine selb­st­ge­set­zte Auf­gabe des Aktions­bünd­niss­es — gibt es Hand­lun­gen der poli­tisch Ver­ant­wortlichen, die von Frem­den­fein­den als stillschweigende Bestä­ti­gung ihrer Ide­olo­gie miss­deutet wer­den können?

Lohmann: Ein ganz schwieriger Fall in dem Zusam­men­hang ist der Umgang mit Asyl­be­wer­bern. Klar ist, dass nicht jed­er, der Asyl sucht, es bekom­men kann, aber einen fre­undlichen Umgang mit Asyl­be­wer­bern halte ich den­noch für
notwendig. Meine Kri­tik zielt auf die Abschiebeprax­is, die Unter­bringung sowie die Behand­lung durch die Behör­den. Diese Kri­tik richtet sich an Land­kreise wie an das Innenministerium. 

Heißt das, dass Sie als Vor­sitzen­der des Aktions­bünd­niss­es das Gespräch mit Innen­min­is­ter Schön­bohm in der Erwartung suchen, dass sich das Ver­hal­ten der
Behör­den gegenüber Asyl­be­wer­bern anschließend verbessert?

Lohmann: Ja.

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