Königs Wusterhausen — So sparsam der preußische König Friedrich Wilhelm I., auch war – er pflegte eine teure Marotte. Der „Soldatenkönig“ delektierte sich an besonders hochgewachsenen und gut aussehenden Grenadieren, die er zu seinem Pläsier erst in Königs Wusterhausen, dann in Potsdam als Palastgarde unterhielt. Zwar gab es dabei auch einen praktischen Vorteil, denn große Männer kamen besser mit den langen Flinten zurecht. Vor allem aber konnte, wer mindestens sechs Fuß groß war – 1,88 Meter –, sich der persönlichen Zuwendung des Monarchen sicher sein.
Der König, der Preußen von 1713 bis 1740 regierte, finanzierte Familienzusammenführungen, übernahm Patenschaften für Soldatenkinder oder gab Zuschüsse für den Hausbau. Wer sich aber dem brutalen Drill zu entziehen versuchte und desertierte, musste mit dem Galgen rechnen. Manchmal wurde die Strafe auch zum Spießrutenlaufen „abgemildert“ – was meist ebenso tödlich endete, wie eine neue Ausstellung in Schloss Königs Wusterhausen zeigt.
Die Schau, die von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und dem Geheimen Staatsarchiv veranstaltet wird, will erklärtermaßen mit Legenden über die blau und rot gekleidete Truppe aufräumen. Eine wird gleich eingangs angesprochen: die Art und Weise nämlich, wie der Soldatenkönig zu seinen Langen Kerls kam. „Die wenigsten wurden gewaltsam gepresst, die meisten kamen freiwillig, weil ein stattliches Handgeld lockte und der Dienst auch gewisse Sicherheiten bot“, sagt Jürgen Kloosterhuis vom Staatsarchiv. Es sei aber auch ein Märchen, wonach sich der König aus „Liebe“ zu seinen Langen Kerls scheute, sie dem Kugelhagel einer Schlacht auszusetzen.
Schwungvoll geschriebene Akten sind in den milde beleuchteten Schlossräumen ausgelegt, daneben geistliche Erbauungsliteratur. Denn der König befahl seinen Soldaten auch den Kirchgang und religiöse Lektüre. Gemälde zeigen die riesenhaften Soldaten mit der charakteristischen Grenadiermünze auf dem Kopf, auch Hurra-Tüte genannt. Das in einem Glasschrank aufgestellte Skelett eines Unbekannten von 2,23 Metern erinnert daran, dass der König besonders große Leichen aus seinem Garderegiment der Charité für medizinische Studien übergab.
Als der König 1740 starb, löste sein Nachfolger Friedrich II. die Garde auf und gliederte sie in die reguläre Armee ein. Auf den Schlachtfeldern der Schlesischen Kriege wurden die Soldaten – hoher Wuchs hin, schönes Gesicht her – erbarmungslos verheizt. Helmut Caspar