5. Juli 2005 · Quelle: Tagesspiegel

Riesen unter der Hurra-Tüte

Königs Wuster­hausen — So sparsam der preußis­che König Friedrich Wil­helm I., auch war – er pflegte eine teure Marotte. Der „Sol­datenkönig“ delek­tierte sich an beson­ders hochgewach­se­nen und gut ausse­hen­den Grenadieren, die er zu seinem Pläsi­er erst in Königs Wuster­hausen, dann in Pots­dam als Palast­garde unter­hielt. Zwar gab es dabei auch einen prak­tis­chen Vorteil, denn große Män­ner kamen bess­er mit den lan­gen Flinten zurecht. Vor allem aber kon­nte, wer min­destens sechs Fuß groß war – 1,88 Meter –, sich der per­sön­lichen Zuwen­dung des Monar­chen sich­er sein. 

Der König, der Preußen von 1713 bis 1740 regierte, finanzierte Fam­i­lien­zusam­men­führun­gen, über­nahm Paten­schaften für Sol­datenkinder oder gab Zuschüsse für den Haus­bau. Wer sich aber dem bru­tal­en Drill zu entziehen ver­suchte und desertierte, musste mit dem Gal­gen rech­nen. Manch­mal wurde die Strafe auch zum Spießruten­laufen „abgemildert“ – was meist eben­so tödlich endete, wie eine neue Ausstel­lung in Schloss Königs Wuster­hausen zeigt. 

Die Schau, die von der Stiftung Preußis­che Schlöss­er und Gärten und dem Geheimen Staat­sarchiv ver­anstal­tet wird, will erk­lärter­maßen mit Leg­en­den über die blau und rot gek­lei­dete Truppe aufräu­men. Eine wird gle­ich ein­gangs ange­sprochen: die Art und Weise näm­lich, wie der Sol­datenkönig zu seinen Lan­gen Kerls kam. „Die wenig­sten wur­den gewalt­sam gepresst, die meis­ten kamen frei­willig, weil ein stat­tlich­es Handgeld lock­te und der Dienst auch gewisse Sicher­heit­en bot“, sagt Jür­gen Kloost­er­huis vom Staat­sarchiv. Es sei aber auch ein Märchen, wonach sich der König aus „Liebe“ zu seinen Lan­gen Kerls scheute, sie dem Kugel­hagel ein­er Schlacht auszusetzen. 

Schwungvoll geschriebene Akten sind in den milde beleuchteten Schloss­räu­men aus­gelegt, daneben geistliche Erbau­ungslit­er­atur. Denn der König befahl seinen Sol­dat­en auch den Kirch­gang und religiöse Lek­türe. Gemälde zeigen die riesen­haften Sol­dat­en mit der charak­ter­is­tis­chen Grenadier­münze auf dem Kopf, auch Hur­ra-Tüte genan­nt. Das in einem Glass­chrank aufgestellte Skelett eines Unbekan­nten von 2,23 Metern erin­nert daran, dass der König beson­ders große Leichen aus seinem Gardereg­i­ment der Char­ité für medi­zinis­che Stu­di­en übergab. 

Als der König 1740 starb, löste sein Nach­fol­ger Friedrich II. die Garde auf und gliederte sie in die reg­uläre Armee ein. Auf den Schlacht­feldern der Schle­sis­chen Kriege wur­den die Sol­dat­en – hoher Wuchs hin, schönes Gesicht her – erbar­mungs­los ver­heizt. Hel­mut Caspar

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