Die Fraktion Die Andere fordert den ehemaligen Potsdamer Oberbürgermeister Matthias
Platzeck und die SPD-Landtagsfraktion auf, schnellstmöglich für die Entlassung des
Innenministers Jörg Schönbohm zu sorgen.
In den letzten Monaten hat Jörg Schönbohm gesellschaftliches Engagement gegen rechte Gewalt mehrfach unterlaufen. Der unter Kontrolle Herrn Schönbohms agierende Verfassungsschutz war selbst in rechte Straftaten verstrickt und finanzierte rechtsextremistische CDs, die sogar Mordaufrufe enthielten.
Daß dies kein Betriebsunfall war, beweist das neuerliche Interview Schönbohms in der vom Verfassungsschutz in NRW beobachteten und im Bundesverfassungsschutzbericht 2001
als Forum für rechtsextreme Autoren eingeschätzten Jungen Freiheit. Allein die Tatsache, daß ein für die Überwachung rechtsextremer Zeitschriften zuständiger Minister diesen selbst Interviews gibt und damit aktiv zur Schaffung von
Akzeptanz für rechte Publikationen beiträgt, macht diesen als Minister untragbar.
Aber Jörg Schönbohm geht noch weiter. Er nutzt das Interview in der rechtsextremen Jungen Freiheit dazu, bürgerliches Engagement gegen rechte Gewalttaten lächerlich zu
machen und grenzt sich sogar von einer Teilnahme an Veranstaltungen gegen Rechts ausdrücklich ab.
Schönbohm unterläuft nicht nur das anerkennenswerte Engagement der Stadt Potsdam gegen rechtsextremistische Strukturen und Gewalt, sondern offenbart in dem Interview
mit der JF eigene rechtsextremistische Denkmuster. So sorgt sich Schönbohm in völkischer Tradition angesichts niedriger Geburtenraten: „Es ist richtig, daß wir in diesem Land eigentlich ernsthaft die Frage diskutieren müßten, ob wir wirklich das deutsche Volk schrittweise reduzieren wollen. … Wir würden sozusagen in den Staub
der Geschichte fallen.“ Ausgerechnet in dem nicht gerade progressiven
Zuwanderungsgesetz sieht Schönbohm in Anlehnung an Überfremdungsängste „eine
Verschränkung aus 68er-Ideologie und der linken Irrlehre des Multikulturalismus“.
Obwohl inzwischen der Bundestag den 2. Weltkrieg einstimmig als
„völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ bewertet hat, teilt Schönbohm der JF mit, daß
er „die Leistungen unserer Soldaten am Ende des Zweiten Weltkrieges“ „im höchsten
Maße achte“ und identifiziert sich damit mit den faschistischen Kriegszielen der
Wehrmacht. Ob an den Schulen oder in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften,
überall vermutet Schönbohm in weltverschwörungstheoretisch motivierten
Horrorszenarien das Ende der Nation und das Aufgehen der Saat der 68er.
Die Behauptung, daß durch die repressiven Maßnahmen des Innenministeriums die Zahl
rechter Straftaten in Brandenburg zurückgegangen sei, ist nicht nur falsch, sondern
verharmlost auch die weiter verfestigten rechtsextremen Strukturen. Erst vor wenigen
Tagen stellte der Konfliktforscher Wilhelm Heitmeyer fest, daß Rassismus in der
Bundesrepublik zunehme. Die Ausländerbeauftragte der Stadt Potsdam stellte in ihrem
Jahresbericht in der letzten Stadtverordnetenversammlung einen deutlichen Anstieg
rechter Übergriffe in Potsdam fest. In der Kriminologie ist seit langem anerkannt,
daß Kriminalstatistiken mehr über die Erfassung und Verfolgung als über die Begehung
von Straftaten aussagen. Ganz offensichtlich gilt dies auch für die von
Innenminister Schönbohm präsentierten Erfolgsberichte.
Die Fraktion Die Andere fordert den Ministerpräsidenten Platzeck auf, Innenminister
Schönbohm umgehend zu entlassen. Wenn Matthias Platzeck und die SPD glaubhaft gegen
Rechtsextremismus vorgehen wollen, können sie Polizei und Verfassungsschutz nicht
ausgerechnet einem Rechtsextremisten überlassen.
Axel Kruschat