(Olaf Präger)Vor einigen Monaten begann die Belziger Linkspartei, Bücher und Dokumente für eine antifaschistisch orientierte Bibliothek zu sammeln. Sie soll für alle Bürger, die sich für Geschichte und Politik interessieren, offen stehen, für Erwachsene ebenso wie für Jugendliche. Nun beginnt am heutigen Sonnabend die Ausleihe in der Geschäftsstelle der Linkspartei.
Noch ist der Bestand klein, füllt lediglich ein Bücherregal. Aber es finden sich schon einige interessante und viel gelesene Titel, die sich mit der Zeit des Faschismus befassen, etwa die Romane »Das siebte Kreuz« von Anna Seghers, »Nackt unter Wölfen« von Bruno Apitz oder »Die Abenteuer des Werner Holt« von Dieter Noll. Geschenkt bekam die Bibliothek auch Materialien aus dem Untergrund, zum Beispiel eine als Einladung zu einem Konzert getarnte Schrift, die tatsächlich ein Aktionsprogramm der illegal arbeitenden KPD enthält. Hinzu kommen Bücher und Skripte über die heutige Situation, über Strategien und Strukturen der rechtsextremen Szene und über Möglichkeiten, gegen Neonazis vorzugehen.
Den Kauf aktueller Literatur ermöglichten nicht zuletzt die Einnahmen aus einer Lotterie, die die Sozialisten während des vergangenen Altstadtsommers veranstalteten. Gern werden weitere Bücher und Geldspenden entgegen genommen.
Zur Eröffnung der Bibliothek gibt es eine Lesung aus »Helen Ernst – ein zerbrechliches Menschenkind«. Die Zeichnerin Helen Ernst engagierte sich Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre für die KPD, gestaltete unter anderen gemeinsam mit Lea und Hans Grundig sowie John Heartfield Plakate für Wahlkämpfe. Nach 1933 wurde sie mehrfach von den Faschisten verhaftet. Im April 1941 wurde Ernst ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück verschleppt. Sie überlebte den Zweiten Weltkrieg und ging zunächst nach Schweden. Mit Zeichnungen versuchte sie, ihre traumatischen Erlebnisse in Ravensbrück zu verarbeiten und künstlerisch neu zu beginnen.
Der Berliner Hans Hübner, der in Belzig aufwuchs, schrieb vor Jahren eine Biografie von Helen Ernst. Hübner und die Redakteurin Carmen Bärwaldt werden am heutigen Sonnabend um 15 Uhr aus dem Buch lesen und die Ausstellung »Helen Ernst, 1904 bis 1948, eine Zeichnerin im Widerstand« eröffnen. Die Ausstellung, die auch Ravensbrück-Arbeiten enthält, ist bis Ende Februar 2007 zu sehen.
Antifaschistische Bibliothek, geöffnet Di. und Do. von 8 bis 16 Uhr, Geschäftsstelle der Linkspartei, Straße der Einheit 53 in Belzig, Tel.: (03 38 41) 325 47