Frankfurt (Oder) — Seit Sommer 2006 versuchten Agenten des Verfassungsschutzes eine Person aus der linken Szene der Stadt Frankfurt (Oder) für Informantendienste anzuwerben. Der junge Aktivist wurde am 23.06.2006, einem Freitagnachmittag, auf offener Straße in der Nähe seines Arbeitsplatzes von einem sich als Journalisten ausgebenden und unter dem Namen „Björn Kloppstock“ auftretenden Mann (siehe Bild) angesprochen. Im Verlauf von sechs Monaten kam es zu drei Treffen mit dem VS´ler. Es stellte sich heraus, daß der Aktivist nach dem Willen der Beamten in unterschiedlichen Bereichen tätig werden sollte. Informationen sollten nicht nur über die Autonome Antifa Frankfurt (Oder) und die Verbindungen dieser in andere Städte gesammelt werden. Auch das die G8-Gipfelproteste vorbereitende Dissent-Netzwerk sollte ausspioniert werden. Dazu sollte die Person an Plena und Vorbereitungstreffen der Gruppen teilnehmen und in Mailverteiler gelangen, um die Passwörter dann an den VS weiterzugeben. Sein Einsatz sollte sich nicht auf die Region Brandenburg beschränken. Die Teilnahme an Veranstaltungen in anderen Bundesländern war ausdrücklich vorgesehen. Als Gegenleistung winkten bis zu 500 Euro monatlich. Der Kontakt wurde am 13.12.2006 abgebrochen. An diesem Tag sollte ein viertes Treffen stattfinden, bei dem der Aktivist erste konkrete Informationen über die Autonome Antifa Frankfurt (Oder) liefern sollte.
Bereits am 22. September wurde in Bernau bei Berlin ein junger Antifaschist von dem selben VS-Beamten angesprochen. Auch hier sprach Kloppstock den Aktivisten mit seinem vollen Namen an und gab vor aus Berlin zu sein und sich gegen Rechtsextremismus zu engagieren. Er stellte sich jedoch mit dem Namen „Jörn“, und nicht wie in Frankfurt (Oder) als „Björn“, vor. Wahrscheinlich aus Unachtsamkeit unterschrieb der Beamte zwei Mails an den Aktivisten aus Frankfurt (Oder) dann auch mit „Jörn“, anstatt sich wie üblich gegenüber ihm als „Björn“ auszugeben.
Der relativ lange Zeitraum von knapp sechs Monaten, über den der Kontakt zu den VS-Beamten bestand, mag zunächst verwundern, ist es doch empfohlen und ratsam, Anwerbeversuche sofort öffentlich zu machen und damit erfolglos zu beenden. Die Entscheidung, zunächst Interesse an einer Mitarbeit zu bekunden und dadurch einen längeren Kontakt einzugehen, wurde bewusst in Abstimmung mehrerer Personen getroffen und hat seine Ursache in den derzeitigen Repressionen gegen die radikale Linke in Frankfurt (Oder). Vom Tag der ersten Begegnung an bis zum Tag dieser Veröffentlichung war jedes zwischen der Person und dem VS gewechselte Wort transparent. Jedes Treffen wurde intensiv vor- und nachbereitet sowie dokumentiert.
Eine detaillierte chronologische Dokumentation des Anwerbeversuchs, die einen Einblick in die Arbeitsweise des VS bei Informantenanwerbungen gibt, ist unter www.soligruppe-frankfurt.de oder hier.