NEURUPPIN Die rechtsextreme Szene in Brandenburg wird offensichtlich immer dreister. Der 18-jährige Marco S. hatte auf seinem T‑Shirt den Schriftzug “NSDAP” im Neuruppiner Amtsgericht so provokativ zur Schau gestellt, dass der Staatsanwalt den Prozessbesucher noch während der Verhandlung vorläufig festnehmen ließ. Die etwa 25 Gesinnungsgenossen, die zu dem Prozess gegen fünf Angeklagte aus der Wittstocker Neonazi-Szene angereist waren, reagierten schweigend auf die Festnahme. “Die waren wohl geschockt, dass ein Staatsanwalt so durchgreift”, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt von Neuruppin, Gerd Schnittcher, gestern. Seine Behörde habe keinen Haftbefehl beantragt, weil Marco S. wegen dieses Vorfalls und anderer Delikte im Zusammenhang angeklagt werden soll.
Der Prozess selbst endete am Montag mit der Verurteilung des Wittstockers Dennis St. Nach Auskunft des Neuruppiner Amtsgerichtes wurde der 18-Jährige wegen gemeinschaftlich begangener Körperverletzung und zahlreichen anderen Delikten zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Verfahren gegen die vier anderen Angeklagten wurde abgetrennt. Es wird zu einem späteren Zeitpunkt verhandelt. Laut Anklage sollen sie, wie der verurteilte 18-Jährige, im Mai dieses Jahres in die Wohnung eines Schwarzafrikaners in Wittstock eingedrungen sein. Dabei hätten sie “Wo ist der Neger?” gerufen.
Der 23-jährige Manuel G. sei aus Furcht vor seinen Verfolgern zunächst auf den Balkon seiner Wohnung geflüchtet und dann auf einen Nachbarbalkon geklettert. Von dort sei er abgerutscht, so Neuruppins Chefankläger Schnittcher. Bei seinem Sturz aus dem dritten Stockwerk habe G. sich schwer verletzt.
Laut Oberstaatsanwalt Schnittcher ist in jüngster Zeit “in bedenklich kurzen Abständen” eine Zunahme rechtsextremer Gewalt in Wittstock zu beobachten. “Das bereitet uns erhebliche Sorge”, sagte er. Seine Behörde habe das Problem bereits mit der Polizei erörtert und über geeignete Gegenmaßnahmen beraten.
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