(Tagesspiegel, Frank Jansen) Frankfurt (Oder). Der Staatsanwalt spricht hastig, als wollte er dieses
Plädoyer möglichst schnell hinter sich bringen. “Es war eine Gewaltorgie ohne Beispiel”, sagt Anklagevertreter Christoph Schüler zu Beginn seines Plädoyers. Er blickt auf die drei kurz- bis kahl geschorenen Angeklagten und
schildert dann mit mechanischer Stimme vor der Großen Strafkammer des Frankfurter Landgerichts, was sich in der Nacht zum 29. März in einer Frankfurter Plattenbauwohnung abgespielt hat. Wie Stephan B. (20) und die Brüder Marco (29) und Daniel S. (21) in die Räume eindrangen und auf den
zufällig dort anwesenden Enrico S. trafen. Wie die drei mit Fäusten, Schuhen, Bierflaschen, einer Kaffeekanne und zuletzt einer Metallstange das wehrlose, betrunkene Opfer malträtierten. Und nebenbei den in seinem Blut
liegenden, 25 Jahre alten Enrico S. ausraubten und die Wohnung plünderten.
Mit den grausigen Details begründet der Staatsanwalt die Notwendigkeit harter Strafen. Für Marco S. fordert er lebenslange Haft. Daniel S. soll neun Jahre und drei Monate hinter Gitter, Stephan B. neun Jahre. Im Fall von
Stephan B., der mit seinen 110 Kilo Körpergewicht auf dem Gesicht des Opfers herumsprang und mit zwei Messern mehrmals zustach, zählt Schüler gleich vier Mordmerkmale auf: Habgier, Grausamkeit, Verdeckungsabsicht — gemeint ist die Angst, der den Angeklagten schon vorher bekannte Enrico S. könnte sich an die Polizei wenden — und Mordlust. Der Angeklagte habe “Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens” empfunden, sagt Schüler. Bei den Brüdern
S. sind es “nur” die drei erstgenannten Merkmale. Der Staatsanwalt betont, obwohl das neben dem Mordvorwurf beinahe nebensächlich erscheint, alle drei Angeklagten hätten sich auch des schweren Raubes mit Todesfolge schuldig
gemacht. Und B. solle für immer die Fahrerlaubnis verweigert werden: Der Angeklagte war Tage nach dem Mord mit mehr als drei Promille von der Polizei am Steuer eines Autos erwischt worden.
Die Mutter des Opfers sitzt den Tätern gegenüber. Eine kleine, einfache Frau, die mit den Tränen kämpft. Ihre Anwältin spricht nach dem Anklagevertreter — und trägt vor, was sie in dessen Plädoyer vermisste: Dass die Angeklagten bewusst “einen Punk fertig gemacht haben”, ein Feindbild der
rechten Skinheadszene. Mehrere Zeugen sagten im Prozess aus, sie hätten von den Tätern Sätze gehört wie: “Es war ja nur ein Punk”. Die Anwältin fordert, das Gericht müsse auch das Mordmerkmal der niederen Beweggründe berücksichtigen. Und Daniel S., der inzwischen 21 Jahre alt ist, solle wie
ein Erwachsener bestraft werden: mit lebenslanger Haft.
Am Nachmittag plädieren die Verteidiger. Sie werten die Tat nicht als Mord, sondern als gefährliche Körperverletzung. Enrico S. sollte nicht getötet werden, sondern sei möglicherweise Stunden später wegen Behandlungsfehlern
in der Klinik gestorben. Tatsächlich geht die Staatsanwaltschaft diesem Verdacht nach. Doch Ankläger Schüler sagt, dass die Ermittlungen wohl eingestellt würden, weil sich der Verdacht nicht bestätigt habe.
Das Urteil gegen die drei Männer soll am 18. Dezember verkündet werden.
Hohe Strafen für Mord an Punker gefordert
Für einen gemeinschaftlichen Mord an einem 25-jährigen Punker in Frankfurt (Oder) hat die Staatsanwaltschaft langjährige Haftstrafen für die drei Täter
gefordert.
(MOZ) Vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) beantragte sie gestern lebenslange Haft
für einen 29-jährigen Mann. Für zwei 20 und 21 Jahre alte Täter wurden nach
dem Jugendstrafrecht neun Jahre sowie neun Jahre und drei Monate
Freiheitsentzug beantragt.
Die Anwälte des Trios wiesen den Mordvorwurf einhellig zurück. Niemand habe
das Opfer töten wollen, argumentierten sie. Alle drei Verteidiger forderten
aber kein konkretes Strafmaß. Es habe sich bei der Tat aber um
gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung gehandelt, betonten sie. Das
Opfer war wenige Stunden nach der Tat im Krankenhaus verblutet. Ermittelt
wird, ob der Mann dort seinen schweren Verletzungen entsprechend behandelt
wurde.
Das Trio gehöre der rechten Szene an und sei mehrfach einschlägig
vorbestraft. Die Tat sei aber nicht rechtsextremistisch motiviert gewesen,
sagte der Staatsanwalt.
Drei Frankfurtern drohen hohe Haftstrafen für gemeinschaftlichen Mord
(LR) Frankfurt (Oder) (dpa) Für den gemeinschaftlichen Mord an einem 25-Jährigen
im März in Frankfurt (Oder) hat die Anklage langjährige Haftstrafen
gefordert. Die drei Täter hätten ihr Opfer grausam zu Tode gequält, sagte
Staatsanwalt Christoph Schüler am Dienstag vor dem Landgericht Frankfurt
(Oder). Ein 29-jähriger Mann soll lebenslang hinter Gitter. Für zwei 20 und
21 Jahre alte Täter wurden nach dem Jugendstrafrecht neun Jahren
beziehungsweise neun Jahren und drei Monaten Freiheitsentzug gefordert.
“Es sieht so aus, als sollte hier mit allen Mitteln ein Mensch erledigt
werden”, sagte Schüler. Das Trio gehöre der rechten Szene an und sei
mehrfach einschlägig vorbestraft. Die Tat sei aber nicht rechtsextremistisch
motiviert gewesen, sagte der Staatsanwalt. Die Angeklagten wollten
eigentlich einen Mann überfallen, der die Freundin des 21-Jährigen belästigt
haben sollte. Ausgerüstet mit Wurfmessern hätten sie stattdessen ihr
schlafendes Opfer vorgefunden.