Am 19.10.2019 wurde die Feuerbachstraße 36 in Potsdam für einige Stunden besetzt. Die Besetzer*innen nehmen im Folgenden zur Besetzung selbst, zu Rückmeldungen aus der Nachbarschaft, der Presse und vom Besitzer des Hauses sowie zum Vorgehen der Polizei Stellung. Vielen Dank für die Unterstützung!
Die Aktion wurde von anderen Aktivist*innen, Politiker*innen aus Potsdam und dem Bundestag unterstützt. Besonders wertvoll und ermutigend waren jedoch die Gespräche mit Passant*innen und Nachbar*innen, die am Geschehen interessiert waren. Viele freuten sich, dass endlich etwas mit dem seit langem leerstehenden Haus passiert und waren uns und unseren Motiven wohlwollend eingestellt.
Vielen Dank an alle Unterstützer*innen, die die Feuerbachstraße, wenn auch für wenige Stunden, mit Gesprächen, Essen und Musik tatsächlich zu einem lebendigen Kiez verwandelten.
Verständnis des Besitzers für den Kampf um bezahlbare Mieten. Bezeichnend ist, dass der Besitzer des Hauses Verständnis für die Motive der Besetzer*innen zeigt. Ihm sei der Zustand des Hauses fast peinlich. Schade, dass die Verhandlungen und Gespräche zwischen Besetzer*innen und Besitzer, die während der Aktion immer wieder eingefordert wurden, bis jetzt nicht zu Stande gekommen sind. Es ist erfreulich, dass theoretisch Wohnungen in der Feuerbachstraße 36 eingerichtet werden sollen. De facto standen Wohnungen und der Garten seit Jahren leer. Der Besitzer verweist an die Stadt und das Bauamt, diese würden die Schaffung von Wohnraum verlangsamen.
Die Stadt und Institutionen müssen handeln
Wer auch immer in diesem konkreten Fall mehr oder weniger Verantwortung für den Leerstand trägt: Wir fordern alle Besitzer*innen von Immobilien in Potsdam, die Stadt Potsdam sowie alle
Institutionen wie z.B. das Bauamt erneut dazu auf, sich ehrlich und aktiv für Wohnraum einzusetzen, der tatsächlich für alle verfügbar ist. Es geht auch um die Schaffung von Wohnungen
im alten Bestand, ‑trotz und im Hinblick auf Denkmalschutz, Kulturerbe und die bestehende Struktur eines Viertels. Niemand hat je behauptet, dass es einfach wird, ‑also handelt.
Wir wollen mehr!
Aber um ehrlich zu sein: Wir wollten und wollen mehr als „bezahlbaren“ Wohnraum: das schöne Leben für alle, fürstliche Räume für alle, Räume für antikapitalistische und gelebte tatsächlich
demokratische Utopien und Praxis. Das sind die Ziele, die hinter dem Häuserkampf stehen und für die wir weiter aktiv sein werden.
Das Vorgehen der Polizei war der Situation unangemessen und politisch repressiv Das massive Aufgebot der Polizei auf der Straße war der friedlichen Versammlungen von Menschen nicht angemessen. Der Einsatz vom SEK, Gewalt, unkoordinierte Absprachen und fehlende oder widersprüchliche Ansagen, erniedrigende Witze der Polizei während der Räumung vor und im Haus, Schikane während der
Untersuchungen wie komplettes Entkleiden, Verweigerung von Telefonaten, der Transport von einigen Besetzer*innen bis nach Brandenburg an der Havel mitten in der Nacht, die umfangreichen erkennungsdienstlichen Untersuchungen – all dies werten wir von der Polizei als politisch motiviert und bewusst repressiv. Sie sind der Anzeige des Besitzers, der darüber nachdenkt, diese zurückzuziehen, nicht angemessen. In manchen Dokumenten, die uns die Polizei aushändigt, werden einige als linksextremistisch bezeichnet und weitere Straftaten haltlos unterstellt. Zur Erinnerung: Wir fordern Raum für demokratische Praxis und Wohnraum.
Es ist schwierig zu verarbeiten, dass wir in einem Staat leben, in dem das deutliche Aktionen für wirkliche Demokratie schon als extremistisch bezeichnet werden und Repressionen nach sich ziehen.
Die Besetzung der Feuerbachstraße 36 war trotz allem ein Erfolg. Handelt, jetzt!
Wir können auch anders – mit ein bisschen guten Willen lassen sich viele fürstliche Gebäude in Potsdam ohne Sorge als leerstehend und damit als potenzieller Wohn- un Demokratieraum bezeichnen.