Kategorien
(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Wohnen & Stadt

Appell an die Landesregierung für Wohnungen statt Lager

Appell an die Landesregierung für Wohnungen statt Sammelunterkünfte für Geflüchtete

Mit dem Aufruf „Vom Unterge­bracht-Wer­den zum Wohnen” wen­det sich heute ein Bünd­nis aus Vertreter*innen von Vere­inen, Beratungsstellen, Ini­tia­tiv­en, Selb­stor­gan­i­sa­tio­nen, der Wis­senschaft, der Kom­mu­nalpoli­tik und der Zivilge­sellschaft an die Bran­den­burg­er Lan­desregierung. Die Unterze­ich­nen­den fordern eine langfristige Abkehr vom Prinzip der Masse­nun­ter­bringung von Men­schen und ein Beken­nt­nis zur Woh­nung­sun­ter­bringung. Auf sechs Seit­en macht das Bünd­nis, zu dem auch der Flüchtlingsrat Bran­den­burg gehört, konkrete Vorschläge, wie Geflüchtete in Bran­den­burg schneller in eigene Woh­nun­gen umziehen könnten. 

Das Bünd­nis lehnt die sys­tem­a­tis­che und langfristige Unter­bringung von Geflüchteten in Sam­melun­terkün­ften ab. Masse­nun­terkün­fte ver­hin­dern gesellschaftliche Teil­habe und wirken sich desin­te­gri­erend aus – die gesellschaftlichen und sozialen Fol­gen dieser Poli­tik sind seit langem ver­heerend. Sam­melun­terkün­fte sind zudem gewalt­fördernd und nicht erst seit der Coro­na-Pan­demie gesundheitsgefährdend. 

Vorschläge für konkrete Schritte auf dem Weg zur Woh­nung­sun­ter­bringung als Regelun­ter­bringung (vgl. Aufruf):

  • Schaf­fung eines Bran­den­burg­er Teil­habe- und Partizipationsgesetzes,
  • schnelle Verteilung aus der Erstauf­nahme, unab­hängig von “Bleibeprog­nosen”,
  • sofor­tige Woh­nung­sun­ter­bringung beson­ders schutzbedürftiger Personen, 
  • Umset­zung der im Koali­tionsver­trag fest­gelegten Begren­zung der Aufen­thalts­dauer von Fam­i­lien in Gemein­schaft­sun­terkün­ften auf 12 Monate,
  • Spiel­raum bei der Umset­zung der Wohn­sitza­u­flage nutzen,
  • Schließung von isoliert außer­halb von Städten und Dör­fern gele­ge­nen Unterkünften,
  • unangekündigte Kon­trollen der Stan­dards in Gemeinschaftsunterkünften, 
  • Ermöglichung eigen­er Wohnungsanmietung.

Das The­ma Wohnen ist ins­beson­dere vor dem Hin­ter­grund des Krieges in der Ukraine aktueller denn je: 

Jet­zt kurzfristig geschaf­fene Not- und Sam­melun­terkün­fte dür­fen keine Dauer­lö­sun­gen wer­den”, so Mara Hasen­jür­gen, Press­esprecherin des Flüchtlingsrats Bran­den­burg. „Neu ank­om­mende Geflüchtete brauchen eben­so eine Per­spek­tive auf eine eigene Woh­nung wie jene, die bere­its seit Jahren in Bran­den­burg­er Sam­melun­terkün­ften leben müssen. Die Lan­desregierung sollte sich jet­zt öffentlich für eine Unter­bringung in Woh­nun­gen anstatt von Masse­nun­terkün­ften aussprechen.”

Der Aufruf kann weit­er­hin unterze­ich­net wer­den (Mail an info@fluechtlingsrat-brandenburg.de). Auch bei Rück­fra­gen, Ideen oder weit­erem Inter­esse an der Strate­giegruppe Wohnen kön­nen Sie sich gern per E‑Mail bei uns melden.

Unterzeichnende des Aufrufs

  • Flüchtlings­ber­atung Kirchenkreis Oberes Havelland

  • Offenes MOL — Aktions­bünd­nis für Men­schlichkeit und Solidarität

  • Kom­m­Mit e.V.

  • Flüchtlingsrat Bran­den­burg

  • Women in Exile 

  • Jugendliche ohne Grenzen

  • See­brücke Potsdam

  • XENION psy­chosoziale Hil­fen für poli­tisch Ver­fol­gte e.V.

  • Opfer­per­spek­tive e.V.

  • Wir packen’s an e.V.

  • Aktions­bünd­nis “Bad Freien­walde ist bunt”

  • Prof. Dr. Bir­git Behrensen, Pro­fes­sorin für Sozi­olo­gie der Sozialen Arbeit

  • Burkhard Paet­zold, Frak­tion Bündnis90/Die Grü­nen — Pro Zukun­ft im Kreistag Märkisch-Oderland

  • Heike Krüger (Kreis- Kinder- und Jugen­dring Märkisch-Oder­land e.V.)

  • Fabi­an Brauns (Kreis- Kinder- und Jugen­dring Märkisch-Oder­land e.V.)

  • Dr. Johannes Blatt, Gemein­de­v­ertreter in Wiesenburg/Mark

  • Horst Nacht­sheim, Willkom­men­skreis Neuhardenberg

  • Hilde Nies-Nacht­sheim, Willkom­men­skreis Neuhardenberg
Kategorien
Law & Order Sonstiges Wohnen & Stadt

Skandal am Eichelkamp in Potsdam

Hast du schon ein­mal weggeschaut, obwohl du wusstest, dass irgen­det­was ganz falsch läuft?

Genau das passiert  ger­ade am Eichelkamp in Pots­dam. Die zehn Bewohner*innen haben eine einzelne Frau tyran­nisiert, sind mit schreck­lichen Lügengeschicht­en und nicht men­schen­gerechtem Ver­hal­ten gegen sie und ihre Kinder vorgegangen.

Wir, die Kinder der beschuldigten Frau und ihre Freund*innen, schreiben diese Gegen­darstel­lung, da wir über viele, viele Jahre mit dem Eichelkamp ver­bun­den waren und unser­er Empörung Aus­druck ver­lei­hen möcht­en und wie es uns ankotzt, dass ein “linkes” Wohn­pro­jekt so etwas abzieht.

Wie kann es sein, dass zehn Leute kein Halt und Stopp vor ein­er einzel­nen Per­son und ihren Kindern machen? Was brin­gen ihnen die stetig weit­erge­hen­den Anschuldigun­gen, die aus der Luft gegrif­f­en und somit offen­sichtlich erlogen sind?

Sie stellen sich als Opfer dar, um von ihrer Skru­pel­losigkeit abzu­lenken. Sehr schwach, wenn ihr uns fragt.

Die Höhe ist, dass durch die frist­lose Kündi­gung, die vom Eichelkamp aus­ging, nicht nur die betrof­fene Frau, son­dern auch ihre Kinder fast auf der Straße gelandet wären, da sie auf­grund von aus­gedacht­en Mietschulden in unre­al­is­tis­ch­er Höhe, keine neue Woh­nung bekom­men kon­nten. Und das von einem “linken”, “antifaschis­tis­chen” und “antikap­i­tal­is­tis­chen” Haus­pro­jekt. Da kann doch was nicht stimmen!

Außer­dem reicht es nicht, dass die Fam­i­lie trau­ma­tisiert, aus­ge­beutet (da die Direk­tkred­ite trotz Rück­forderung nicht zurück gezahlt wer­den) und unter höch­stem Zeit­druck schließlich aus­ge­zo­gen ist, es kam zusät­zlich auch zu ein­er Räu­mungsklage mit unglaublichen Anschuldigun­gen der betrof­fe­nen Frau gegenüber, obwohl sie den Auszug längst angekündigt hat­te. Diese Räu­mungsklage wird trotz bere­its erfol­gten Auszugs Anfang Okto­ber 2021 weit­er­hin aufrecht erhal­ten. Die Anschuldigun­gen gehen von Mietschulden über Haus­friedens­bruch bis zu Dieb­stahl, um nur einige Lügen zu nen­nen. Denn es geht um Geld, da das alleinige Ein­re­ichen der Räu­mungsklage bere­its mehrere Tausend Euro kostet, die die Eichelkämper*innen der Beschuldigten aufer­legen wollen, um sie nicht selb­st tra­gen zu müssen. Das Prob­lem ist, egal, was diese Leute sich aus­denken, es wird als wahre Münze gezählt, da die Aus­sagen ein­er einzel­nen Per­son kaum eine Bedeu­tung haben, im Gegen­satz zu ein­er zehnköp­fi­gen Gruppe. Somit sieht man von vorn­here­in, dass die Ver­hand­lung vor Gericht, nicht fair ablaufen kann.

Und jet­zt die Krö­nung: Der Eichelkamp hat urplöt­zlich ein riesen Herz für Men­schen in Not und nimmt, ach so großzügig, ukrainis­che Geflüchtete auf. Und siehe da, natür­lich wohnen sie genau dort, wo zuvor die Fam­i­lie ver­trieben wurde. Erzählen tun sie, dass sie extra Platz für die Men­schen geschaf­fen hät­ten, um zu helfen. Sehr toll, erst auf bru­tal­ste Weise Men­schen rauszwin­gen und dann den Ret­ter spie­len. Wie es uns scheint, wollen sie drin­gend ihr Image wieder auf­polieren, denn das, was zuvor passiert ist, kann man nur ver­tuschen, wenn man etwas Held*innenhaftes oben drauf packt.

Ver­logen, fällt uns da bloß ein!

Als wäre das nicht schon genug, kommt dazu, dass nicht nur die Angeschuldigte einen wertvollen Ort ver­loren hat, son­dern auch wir, die Kinder und deren Freund*innen. Wir haben dort einen Jugen­dort erschaf­fen, den wir mit viel handw­erk­lich­er Arbeit auf­baut­en: unser wun­der­bares Baumhaus. Wir haben dafür öffentliche Gelder und Mate­ri­al­spenden unab­hängig vom Eichelkamp bekom­men. Damit haben wir ein sehr schönes Holzhaus gebaut, in dem wir viel Zeit ver­bracht haben, da es in Pots­dam kaum Orte für Jugendliche gibt, wo man sich selb­st­bes­timmt tre­f­fen kann. All die Mühe umson­st, denn es wird nun vom Eichelkamp genutzt, von denen, die uns ver­trieben haben.

Auch das Garten­haus, in dem wir Kinder gewohnt haben und die Beschuldigte fast alle Mate­ri­alien von ihrem eige­nen Geld bezahlte, wurde von den Bewohner*innen beschlagnahmt, was eine Frech­heit ist. Kein einziger der dort leben­den Leute hat nur einen Fin­ger gerührt oder einen Cent gezahlt, beim Auf­bau des Häuschens. Die ganze Arbeit haben wir als Fam­i­lie mit Freund*innen geleis­tet. Nach Forderung, wenig­stens das Geld für das Garten­haus zurück zu bekom­men, da die Eichelkämper*innen, kaum dass wir aus­ge­zo­gen waren, es für sich selb­st zu nutzen began­nen, behaupteten sie ein­fach, es sei ihr Eigen­tum und ent­zo­gen uns die Rechte darauf.

Wir kön­nten noch etliche Seit­en über die Empörung und das Entset­zen unser­er Seite über das Ver­hal­ten dieses Wohn­pro­jek­tes schreiben, doch wir wollen auf den Punkt brin­gen, dass das, was dort passiert ist, nicht ignori­ert wer­den darf!

Da die Leute vom Eichelkamp ange­fan­gen haben, in der Öffentlichkeit Lügen über die Geschehnisse zu ver­bre­it­en und somit alleine ihre Per­spek­tive dargestellt wird, ist es wichtig, dass ihr euch auch die andere Seite anschaut und kapiert, dass die Eichelkämper*innen Schreck­lich­es getan haben und es noch immer nicht vor­bei ist, denn der Prozess zur Räu­mungsklage find­et erst im August 2022 statt!

Bitte helft uns, diesen Prozess zu ver­hin­dern, da sich der Kon­flikt so nicht klären lässt! 

Übt darum Druck auf den Eichelkamp aus, die Klage zurückzuziehen! 

Bitte helft uns, dass dieser Kon­flikt außerg­erichtlich gek­lärt wird, um die Werte link­er Sub- & Wohnkul­tur und die des Miet­shäuser­syn­dikats zu wahren! 

Für Nach­fra­gen & Kon­takt ste­hen wir unter fol­gen­der Emailadresse zur Verfügung:

freundinnenkreis-baumhaus@protonmail.com

Mit sol­i­darischen Grüßen,

Freund*innenkreis Baumhaus

Kategorien
Wohnen & Stadt

Offener Brief: Für mehr gemeinschaftliches Wohnen in Cottbus

Der offene Brief unter der Über­schrift „Für mehr gemein­schaftlich­es Wohnen in Cot­tbus“ wurde am Dien­stag, 26. April 2022 an den Ober­bürg­er­meis­ter und die stel­lvertre­tende Bürg­er­meis­terin der Stadt übergeben.

Offener Brief

Die Cot­tbusser Stad­ten­twick­lung ist auf eine inno­v­a­tive Zukun­ft aus­gelegt. Im Bere­ich Wohnen ist davon wenig zu merken, kri­tisieren Wohnge­mein­schaften, Haus­pro­jek­te und Bau­grup­pen, die in einem offe­nen Brief an die Stadt mehr Platz für gemein­schaftlich­es Wohnen in Cot­tbus fordern.

Der offene Brief unter der Über­schrift „Für mehr gemein­schaftlich­es Wohnen in Cot­tbus“ wurde am Dien­stag, 26. April 2022 an den Ober­bürg­er­meis­ter, Hol­ger Kelch (CDU), und die stel­lvertre­tende Bürg­er­meis­terin und Lei­t­erin des Geschäfts­bere­ich­es Stad­ten­twick­lung und Bauen, Mari­et­ta Tzschoppe, übergeben.
Anlass zu der Ini­tia­tive sind die online ein­se­hbaren Neubaupro­jek­te von GWC und eG Wohnen, die zeigen, dass aktuell Woh­nun­gen mit nur zwei bis vier Zim­mern neu geschaf­fen wer­den. Beson­ders häu­fig haben diese neuen Woh­nun­gen offene Grun­drisse und sind daher nicht gut für Wohnge­mein­schaften geeignet. Es ist also Woh­nungs­bau für Kern­fam­i­lien, Paare und Sin­gles. Dabei sei der Platz für Wohnge­mein­schaften schon jet­zt eng in der Stadt, kri­tisiert Lau­ra Doyé aus dem Haus­pro­jekt K29 in Schmell­witz: „Studierende wer­den in Cot­tbus vor­wiegend einzeln in zweck­ge­bun­de­nen Wohn­heimen unterge­bracht, was nach Ende des Studi­ums eher zum Wegzug als zum Bleiben ver­leit­et. Gle­ichzeit­ig wur­den eini­gen leg­endären WGs die Mietverträge gekündigt und die Stadt zeigt wenig Inter­esse, uns bei dem Auf­bau eines dauer­haften Wohn­pro­jek­tes zu unter­stützen. Hinzu kom­men die hor­rende gestiege­nen Miet- und Immo­bilien­preise, die das Entste­hen neuer WGs und Wohn­pro­jek­te deut­lich erschweren“.

Unter­stützung find­et die Ini­tia­tive vor­wiegend durch Wohnge­mein­schaften und stu­den­tis­che Wohn­pro­jek­te, aber auch z.B. durch das Mehrgen­er­a­tio­nen­haus Marie-Noack und durch die Bau­gruppe Hoch5.

Dass die Ini­tia­tive von einem bre­it­en gesellschaftlichen Spek­trum getra­gen wird, zeigt deut­lich, dass sich immer mehr Men­schen Wohn­mod­elle wün­schen, die mehr Leben­squal­ität auf begren­zter und bezahlbar­er Wohn­fläche bieten. Die Gründe dafür sind vielfältig und gehen weit über Zweck­ge­mein­schaften und Aus­bil­dungszeit­en hin­aus. Es brauche deshalb neue Konzepte des Zusam­men­lebens, neue Woh­nungsty­polo­gien und auch eine andere Pla­nungskul­tur, fordern die Autor:innen des offe­nen Briefes.

Die Ini­tia­tive zu dem offe­nen Brief ent­stand im Rah­men des europaweit­en Hous­ing Action Days im März, an dem zivilge­sellschaftliche Grup­pen ihre Per­spek­tiv­en auf woh­nungspoli­tis­che Fra­gen ver­han­deln. In Deutsch­land ist der bun­desweite Zusam­men­schluss von Mieter:innen-Initiativen und Recht auf Stadt-Grup­pen seit 2019 aktiv. Die wichtig­ste Forderung des Aktions­bünd­niss­es ist, dass Wohnen ein Grun­drecht ist und durch Mieten keine Gewinne erwirtschaftet werden.

Kategorien
(Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken Wohnen & Stadt

30 Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen in Cottbus

Ver­anstal­tungsrei­he, Ausstel­lung und öffentlich­es Gedenken 30 Jahre nach den ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen in Cottbus-Sachsendorf

30 Jahre nach den mehrtägi­gen ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen in
Cot­tbus-Sach­sendorf im Jahr 1992 hat es sich die Ini­tia­tive Cot­tbus ’92
zur Auf­gabe gemacht die Geschehnisse von damals zu recherchieren,
aufzuar­beit­en und – gemein­sam mit Betrof­fe­nen – zu erinnern.

Den Auf­takt bildet eine Ver­anstal­tungsrei­he (siehe unten), die am
morgi­gen 26. April um 18 Uhr im Stadt­mu­se­um Cot­tbus begin­nt. Drei
weit­ere Einzelver­anstal­tun­gen sind bis zum 10. Mai 2022 geplant. Die
Ver­anstal­tun­gen find­en in Koop­er­a­tion mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Bran­den­burg und dem Opfer­per­spek­tive e.V. — Sol­i­darisch gegen Rassismus,
Diskri­m­inierung und rechte Gewalt statt.

Klara Zeit von der Ini­tia­tive Cot­tbus ’92 sagt hierzu: „Wir wollen 30
Jahre nach den mehrtägi­gen ras­sis­tis­chen Angriffe in Sach­sendorf im Jahr
1992 – die wenige Tage nach dem Pogrom in Ros­tock Lichtenhagen
stat­tfan­den – den Auf­takt machen für ein Erin­nern in Cot­tbus. Bis heute
fand in der Cot­tbuser Stadt­ge­sellschaft kaum Aufar­beitung statt. So gab
es über die 1990er Jahre und gibt es bis heute ein mas­sives Prob­lem in
der Stadt mit Neon­azis, mil­i­tan­ten Recht­en und rechter Gewalt. Die
Stadt­ge­sellschaft Cot­tbus muss sich endlich dem Prob­lem stellen, die
Ver­gan­gen­heit aufar­beit­en und dafür sor­gen, dass in der Gegen­wart und in
der Zukun­ft die Betrof­fe­nen rechter und ras­sis­tis­ch­er Gewalt nicht
allein gelassen werden“.

Ende August 2022 plant die Ini­tia­tive ein öffentlich­es Gedenken in
Cot­tbus-Sach­sendorf, dessen genau Form derzeit disku­tiert wird. Zudem
ist ab Anfang Sep­tem­ber eine Ausstel­lung im Stadt­mu­se­um Cot­tbus geplant,
in der – aus­ge­hend von den Ereignis­sen 1992 in Sach­sendorf – ein Blick
auf die Jahre der Trans­for­ma­tion, das Erstarken rechter Grup­pen, sowie
der Zunah­men rechter und ras­sis­tis­ch­er Angriffe in der Stadt geworfen
wer­den soll. Die Per­spek­tiv­en der Betrof­fe­nen ste­hen dabei im Fokus.

Zur Ini­tia­tive:

Die Ini­tia­tive Cottbus’92 beste­ht aus Men­schen, die in Cot­tbus dauerhaft
leben und / oder arbeit­en und Anderen, die einen Blick von außen
ein­nehmen. Gemein­sam haben sie es sich zur Auf­gabe gemacht die
gesellschaftlichen Ver­hält­nisse der 1990er Jahre in Cot­tbus und Umgebung
sicht­bar zu machen.

Kon­takt: Klara Zeit // Mail: Cottbus1992@riseup.net
Weit­ere Infor­ma­tio­nen: twitter.com/cottbus1992

Ver­anstal­tungsrei­he Ini­tia­tive Cottbus‘92

Alle Ver­anstal­tun­gen find­en im Stadt­mu­se­um, Bahn­hof­s­traße 22, 03046
Cot­tbus statt. Voraus­set­zung zur Teil­nahme ist das Tra­gen einer
Mund-Nasen-Bedeckung.

1. Dien­stag, 26.04.2022, 18 Uhr

Ver­anstal­tung mit einem Vertreter der Gruppe Pogrom ’91 aus Hoyerswerda,
der die dor­ti­gen ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen 1991 kon­tex­tu­al­isiert und
vom Ver­such ein­er gesellschaftlichen Aufar­beitung berichtet. Zudem
stellt sich die Ini­tia­tive Cot­tbus ’92 vor und diskutiert
gedenk-poli­tis­che Per­spek­tiv­en in der Stadt Cottbus.

2. Dien­stag, 03.05.2022, 18 Uhr

Lucia Bruns (ASH Berlin) und Christin Jänicke (HWR Berlin) stellen
Ergeb­nisse aus dem wis­senschaftlichen Forschung­spro­jekt JUPORE –
Jugen­dar­beit, Polizei und rechte Jugendliche in den 1990er Jahren vor.
Ein Schw­er­punkt der Forschung liegt auf der Stadt Cottbus.

3.  Don­ner­stag, 05.05.2022, 17 Uhr

Albi­no Forquil­ha (AAMA, Vere­in der deutsch-mosam­bikanis­chen Freundschaft
und Koop­er­a­tion) und seine Mitstreiter:innen bericht­en über ihre
Erfahrun­gen als Vertragsarbeiter:innen und Studierende in der DDR. Zudem
bericht­en sie über ihre Erleb­nisse in den Jahren der Transformation
und ihren Kampf um Anerken­nung ihrer Rechte, der bis heute andauert.

Die Ver­anstal­tung wird per online Live-Schal­tung und auf deutsch und
por­tugiesisch stattfinden.

4. Fre­itag, 10.05.2022, 18 Uhr

Frances Kutsch­er wurde 1992 in Fin­ster­walde geboren. Ihr Vater, ein
mosam­bikanis­ch­er Ver­tragsar­beit­er, kehrte kurz vor ihrer Geburt nach
Mosam­bik zurück. Sie engagiert sich
im Net­zw­erk Soliba­bies und möchte andere ermuti­gen, sich auf die Suche
nach ihren Wurzeln zu machen. Bachir Alali vom Geflüchtetennetzwerk
Cot­tbus e.V. spricht über die Per­spek­tiv­en und Kämpfe von Geflüchteten
in Cottbus.

Mod­er­a­tion: Katha­ri­na War­da (Sozi­olo­gin & Autorin).

Kategorien
Wohnen & Stadt

20 Jahre Räumung der „Breiti“ in Potsdam-Babelsberg

Am 25. August jährt sich zum 20. Mal die Räu­mung der „Bre­iti“. Die „Bre­iti“ war ein im Jahr 1996 beset­ztes Haus in der Rudolf-Bre­itscheid-Straße 6 im Herzen von Babels­berg. Das dem Ober­lin­vere­in gehörende Haus wurde nicht nur zum Wohnen von jun­gen Men­schen genutzt, son­dern hat­te einen Prober­aum und eine Kneipe. Das Haus, bzw. die Kneipe, dient als wichtiger Tre­ff­punkt für junge Leute. Es gab regelmäßige Ver­anstal­tun­gen wie die soge­nan­nte „Volxküche“, Konz­erte und Raum für poli­tis­che Treffen.

Am 25. August 2001 kam es in Babels­berg zu einem DFB-Pokalspiel zwis­chen dem SV Babels­berg 03 und dem Bun­desligis­ten Hertha BSC. In Babels­berg entwick­elte sich eine aktive und engagierte Fan­szene, die sich klar gegen Ras­sis­mus und Faschis­mus engagierte. Die Babels­berg­er Fan­szene speiste sich aus Teilen der Haus­be­set­zer­szene und linksalter­na­tiv­en Leuten, aber auch aus jün­geren Per­so­n­en, die sich in der neu gegrün­de­ten Ultra­be­we­gung wieder­fan­den. Auch hier gab es eine klare Posi­tion­ierung gegen Nazis und Rassisten.

Im Vor­feld des Spiels gab es bere­its weitre­ichende Dro­hun­gen von Hertha-BSC-Hools, ein Großteil von ihnen aus Pots­dam und im Fan­club „Fanat­ics“ organ­isiert. Im Inter­net-Forum der „Fanat­ics“, aber auch in anderen Inter­net-Foren wie dem der Babels­berg­er Ultras „Filmstadtinferno´99“, wur­den Nazi­parolen und Gewal­tan­dro­hun­gen geschrieben. Man wollte eine Jagd gegen Schwule und Zeck­en ver­anstal­ten und die „Nord­kurve“, also den Babels­berg­er Fan­block, ein­nehmen. Ein Teil der „Fanat­ics“ wohnte in den südlichen Pots­damer Neubauge­bi­eten wie Schlaatz und Wald­stadt und ihre Gewaltaffinität und poli­tis­che Aus­rich­tung stadtweit bekannt.

Es ist also klar, dass sich Hools und Nazis expliz­it zu diesem Spiel verabre­de­ten, um Linke anzu­greifen und im Babels­berg­er Kiez für Stress zu sor­gen. Eine wichtige Rolle nimmt dabei die „Bre­iti“ ein, die auf dem Weg der „Auswärts­fans“ lag. Nach­dem es den Hools und Nazis von Hertha BSC während des Spiels nicht möglich war, Babels­berg­er Fans anzu­greifen, nutzten sie den Weg vom Sta­dion nach Hause aus, um die „Bre­iti“ anzu­greifen. Als Pots­damer wussten sie ja, dass dort ein beset­ztes Haus war.

Die Bewohner:innen der „Bre­iti“ ver­sucht­en sich gegen die Masse an Hools und Nazis zu vertei­di­gen. Doch statt das Haus zu schützen, ließ die Polizei, die bere­its im Vor­feld über die Ein­träge in den Inter­net-Foren und die poli­tis­che Brisanz des Aufeinan­dertr­e­f­fens informiert waren, die Hools und Nazis minuten­lang gewähren, Schot­ter aus dem Gleis­bett der Straßen­bahn auf die „Bre­iti“ und ihre Bewohner:innen zu wer­fen. Schlim­mer noch, der Angriff von Hools und Nazis wurde genutzt, um das Haus durch die Lan­de­sein­satzein­heit (LESE) stür­men zu lassen, die Innenein­rich­tung zu zer­stören und Bewohner:innen zu verletzen.

In der Presse berichtete die Polizei später, man habe bei der Haus­durch­suchung auch Waf­fen und Diebesgut gefun­den. Man wollte somit den äußerst bru­tal­en Polizeiein­satz in ihr richtiges Licht stellen und recht­fer­ti­gen. Es hieß, mehrere ver­mummte Per­so­n­en aus dem beset­zten Haus hät­ten die Fußbal­lan­hänger mit Steinen bewor­fen und als Nazis beschimpft. Keine Mel­dung gab es über die Dro­hun­gen im Vor­feld, die rund 200 Hools und Nazis, die sich vor dem Haus mit Hit­ler­gruß sam­melten und es schließlich angriffen.

Bei dem Polizeiein­satz gab es keine Fes­t­nah­men oder Per­son­alien­fest­stel­lun­gen durch die Polizei gegenüber den Hools und Nazis, son­dern stattdessen wur­den die Bewohner:innen vor­läu­fig festgenom­men. Der Polizeiein­satz sorgte auch Wochen danach für poli­tis­che Debat­ten und Unter­suchun­gen, selb­st parteiüber­greifend musste in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung fest­gestellt wer­den, dass die Polizei über­reagiert habe. In Gerichtsver­fahren zeigten Videos ein­deutig die Angriffe der Hools und Nazis und auch das Agieren der Polizei mit der Zer­störung des Mobil­iars, Dieb­stahls und sog­ar Urinierens in die Polstermöbel.

Die Babels­berg­er Fans und andere linke Ini­tia­tiv­en reagierten bere­its am 8. Sep­tem­ber mit ein­er Demon­stra­tion unter dem Mot­to „Gegen Ras­sis­mus und Polizei­willkür“. Hun­derte zogen durch den Babels­berg­er Kiez und macht­en ihren Unmut über das Agieren der Polizei deut­lich, aber auch ihren Kampf gegen Ras­sis­mus und Faschis­mus. 20 Jahre später ver­anstal­tete der Vere­in SV Babels­berg 03 im Juli 2021 erneut ein Spiel gegen Hertha BSC unter dem Mot­to „Ein Hauch von Bun­desli­ga-Luft weht durch das Kar­li“. Ein sen­si­bler Umgang mit der eige­nen Fan­szene sieht anders aus.

Wir wollen hier­mit an die Auseinan­der­set­zun­gen und die Räu­mung der „Bre­iti“ in Babels­berg erin­nern. Auch wenn im Zuge der Räu­mung, in Diskus­sio­nen mit dem Eigen­tümer des Ober­lin­vere­ins, aber auch auf­grund der poli­tis­chen Debat­te ein Auswe­i­chob­jekt für die Bewohner:innen gefun­den wurde, so darf das Agieren der Polizei und auch die Wichtigkeit nach Vertei­di­gung von linken Freiräu­men nicht vergessen wer­den — getreu dem Mot­to: Gegen Ras­sis­mus und Polizeiwillkür!

Kategorien
Antifaschismus Wohnen & Stadt

Nasse Wölfe marschieren inhaltlos durch Frankfurt (Oder)

Siegfried Pauly will anscheinend nichts unver­sucht lassen neue neon­azis­tis­che Struk­turen in Frank­furt (Oder) aufzubauen. Der gebür­tige Freiburg­er, der zwis­chen­zeitlich auch wieder in Baden-Würt­tem­berg lebte und seit 2017 wieder in der Oder­stadt ist, organ­isierte erst am 8. Mai eine Kundge­bung auf dem Bahn­hofsvor­platz um gegen „Kinder­schän­der“ zu demon­stri­eren. Erst Anfang April wurde der Ortsver­band der NPD reak­tiviert, nach­dem die neon­azis­tis­che Partei seit Jahren nicht mehr aufge­fall­en war. Teilgenom­men hat­ten damals neben zahlre­ichen bekan­nten Neon­azis aus der Stadt auch NPDler*innen aus Oder-Spree, darunter der Bun­des­geschäfts­führer Klaus Beier. Nun gibt es mit der Brud­er­schaft „Wolf­ss­char“ einen neues Label mit dem Pauly hofft Anhänger*innen unter mil­i­tan­ten Neon­azis zu gewinnen.

Noch ohne Regen und mit Led­er­west­en: Neon­azis der Brud­er­schaft Wolf­ss­char. (Foto: presse­di­enst ffo)

Neon­azis ste­hen im Regen

Zum 17. Juli kündigte die erst im Juni gegrün­dete extrem rechte Brud­er­schaft „Wolf­ss­char“ einen Auf­marsch gegen „Link­sex­trem­is­mus & Kindesmiss­brauch“ in der Oder­stadt an. Anstatt direkt auf den Bahn­hofsvor­platz mussten die Neon­azis dies­mal auf einen Park­platz am Rand des Platzes auswe­ichen, da das Bünd­nis „Kein Ort für Nazis“ bere­its vorher ihre Kundge­bung anmeldet hat­te. Die Ver­samm­lung sollte um 13 Uhr begin­nen. Angereist mit Zug und PKWs trafen nach und nach Teilnehmer*innen aus Berlin, Sach­sen-Anhalt, Süd­bran­den­burg und Sach­sen ein. Auf­fal­l­end waren neben Anhänger*innen der „Wolf­ss­char“ aus Magde­burg und Berlin auch JN-Struk­turen aus der Nieder­lausitz sowie Neon­azis aus dem Umfeld des „Bünd­nis Deutsch­er Hools“ um den Marzah­n­er Enri­co Schottstädt, der bekan­nt ist als Ini­tia­tor asylfeindlich­er Aufmärsche in der Haupt­stadt. Unter den Südbrandenburger*innen befand sich Alexan­der Bode. Der mil­i­tante Neon­azis war 1999 beteiligt an der „Het­z­jagd von Guben“, in deren Folge der algerische Asyl­suchende Farid Guen­doul starb. Bode musste daraufhin für zwei Jahre in Haft.

Ziem­lich nass ging es für die begosse­nen Pudel in Rich­tung Innen­stadt. Ganz vorne dabei die JN. (Foto: presse­di­enst ffo)

Aus Frank­furt (Oder) nah­men dies­mal nur wenige Rechte teil. Bekan­nte Neon­azis wie Sven Lemke und Romano Gos­da wur­den zwar vorher im Stadt­ge­bi­et gesichtet, bevorzugten es jedoch sich lieber im Trock­e­nen aufzuhal­ten. Denn bere­its kurz nach Ver­samm­lungs­be­ginn set­zte heftiger Regen ein, der über eine Stunde anhielt. Neben dem schlecht­en Wet­ter, mussten einige Teilnehmer*innen wegen des Uni­formierungsver­bots ihre Kut­ten, Erken­nungsze­ichen von Rock­er- und Brud­er­schaftsstruk­turen, able­gen. Hinzu kamen Tech­nikprob­leme. Ohne große Begrüßungsworte bewegte sich der Zug gegen 13.30 Uhr in Rich­tung Innen­stadt, wo eine kurze Kundge­bung am Einkauf­szen­trum „Lenné-Pas­sagen“ abge­hal­ten wurde. Hier sollte das The­ma Kindesmiss­brauch aufge­grif­f­en wer­den. Neben einem Vertreter der JN Nieder­lausitz sprach wie am 8. Mai eine Mut­ter über den Miss­brauch ihres Kindes und die Unter­stützung durch die extreme Rechte, für die sie sehr dankbar sei. Die recht­en Zuhörer*innen wirk­ten dabei jedoch eher gelang­weilt und hat­ten anscheinend wenig Inter­esse den Aus­führun­gen der jun­gen Frau zu folgen.

Siegfried Pauly und …
(Foto: presse­di­enst ffo)
… ein JN-Sprech­er samt Nieder­schle­sien- und Reich­skriegs­fah­nen vor den Lenné-Pas­sagen. (Foto: presse­di­enst ffo)

Anschließend richtete Siegfried Pauly das Wort an seine Kamerad*innen und beschw­erte sich über die Berichter­stat­tung zu sein­er Per­son. In Paulys Augen sollte sich die Presse und die Polizei lieber mit den Tat­en der „Kinder­schän­der“ beschäfti­gen als “unbescholtene Bürg­er” zu drangsalieren.

Danach zog der Auf­marsch weit­er über die Karl-Marx- und Rosa-Lux­em­burg-Straße zurück zum Haupt­bahn­hof, wo der Aufzug endete. Inhaltlich wurde sich im Übri­gen nicht näher mit dem Link­sex­trem­is­mus auseinan­der geset­zt. Klas­sis­che neon­azis­tis­che Parolen, die die  Zuwanderer*innen und Antifaschist*innen ver­höh­n­ten schienen stattdessen der Höhep­unkt der Demon­stra­tion zu sein, die teil­weise wirk­te wie ein Auf­marsch aus den 1990er Jahren. Ein JN-Vertreter ver­suchte die Teil­nehmenden des Aufzugs mit inhaltlichen Sprüchen zu begeis­tern, wirk­te aber zunehmend gen­ervt, dass in seine Rufe nicht einges­timmt wurde.

Passant*innen standen dem Treiben größ­ten­teils ablehnend gegenüber. Rufe, wie „Hal­tet die Klappe“ waren am Straßen­rand zu vernehmen.

Brud­er­schaft Wolf­ss­char als neue Neon­azistruk­tur in der Region?

Wie in einem Dossier das Aktions­bünd­nis Bran­den­burg beschrieben, han­delt es sich bei der Brud­er­schaft Wolf­ss­char um eine neu gegrün­dete Neon­azi­grup­pierung, der unge­fähr 20 Per­so­n­en ange­hören und die Ableger in Berlin und Sach­sen-Anhalt besitzt. Mit­glieder wie Pauly haben dabei auch Verbindun­gen zur NPD. Mit ihren Kut­ten und Abze­ichen erin­nern sie in ihrem Auftreten stark an Rock­er­clubs. Durch die Ein­heitlichkeit wollen die Ange­höri­gen aus­drück­en Teil ein­er elitären Struk­tur zu sein, die ein­er fes­ten Hier­ar­chie fol­gt, aber auch Geschlossen­heit sig­nal­isiert. Das fällt auf Aufmärschen auf. Seit ihrem Beste­hen nahm die „Wolf­ss­char“ bere­its an Ver­samm­lun­gen in Dessau-Roßlau (am 12. Juni) und Berlin (03. Juli) teil. In Frank­furt (Oder) wollte die Brud­er­schaft mit ihrem ersten eige­nen Auf­marsch ihren Führungsanspruch inner­halb der Neon­azi-Szene in der Region unter­stre­ichen. Ob dies mit der rel­a­tiv gerin­gen Teil­nehmenden­zahl und den wenig greif­baren Inhal­ten gelun­gen ist, darf indes bezweifelt werden.

Antifaschist*innen “begrüßten” am Haupt­bahn­hof laut­stark die ank­om­menden Neon­azis. (Foto: presse­di­enst ffo)

Laut­stark­er und bunter Protest von Antifaschist*innen

Während die Neon­azis auf­grund des schlecht­en Wet­ters und der gerin­gen Zahl der Teilnehmer*innen eher ein trau­riger Anblick waren, organ­isierte das antifaschis­tis­che Bünd­nis „Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder)“ einen laut­en und bun­ten Protest. Auf dem großen Platz vor dem Bahn­hof­s­ge­bäude gab es mehrere Rede­beiträge, die auf die Gefahren von Rechts hin­wiesen und auch im Hin­blick auf die bevorste­hen­den Bun­destagswahlen vor einem weit­eren Recht­sruck in der Gesellschaft warn­ten. Die Straus­berg­er HipHop-Com­bo „PC Toys“ heizten der Menge auch musikalisch ein, so dass auch der Regen die Stim­mung nicht ver­miesen kon­nte. Nach­dem der Auf­marsch der Neon­azis sich in Bewe­gung set­zte, fol­gten Ihnen die etwa 300 Teilnehmer*innen des Gegen­protest mit ein­er eige­nen Demon­stra­tion, die zur Oder­brücke führte. Zum Abschluss der Ver­samm­lung zeigte sich dann auch wieder die Sonne.

An der ehe­ma­li­gen Grenzbrücke über die Oder been­dete das Bünd­nis “Kein Ort für Nazis” seine Demon­stra­tion. (Foto: presse­di­enst ffo)

Laut Polizei ver­liefen alle Ver­samm­lun­gen an dem Tag störungs­frei. Den­noch zogen Neon­azis nach Ende ihres Auf­marsches noch in Rich­tung Guben­er Vorstadt und bedro­ht­en dabei Passant*innen und zeigten teil­weise den Hit­ler­gruß, wie Augenzeug*innen auf Twit­ter berichteten.

Kategorien
Arbeit & Soziales Inklusion & Ableism Wohnen & Stadt

Solidarische Zukunft statt Kapitalismus“ geht weiter

Demo „Sol­i­darische Zukun­ft statt Kap­i­tal­is­mus”: Auswer­tung und weit­er machen

Wir sind eine Gruppe Link­er aus Pots­dam, die als „Patient:innen gegen die kap­i­tal­is­tis­che Lei­d­kul­tur” am 24. April in Pots­dam eine Demon­stra­tion unter dem Mot­to „Sol­i­darische Zukun­ft statt Kap­i­tal­is­mus” durchge­führt haben.

Wir wollen im Fol­gen­den eine kleine Auswer­tung ver­suchen und rufen dazu auf, bei den Pla­nun­gen unser­er näch­sten Aktio­nen mitzu­machen. Wir wollen kein Zurück mehr in die ver­meintliche Nor­mal­ität, die auch schon vor Coro­na krank war! Wir wollen nicht, dass die linke Bewe­gung den beste­hen­den und anste­hen­den Krisen taten­los zuschaut. Also raus aus der Bub­ble und get active! Schreibt an patientinnen.potsdam [ät] gmail.com , wenn ihr in Pots­dam aktiv wer­den oder wenn ihr euch mit uns ver­net­zen wollt.

Mit unser­er Demon­stra­tion ver­fol­gten wir mehrere Anliegen. Ein­mal woll­ten wir den Protest gegen die Ungerechtigkeit­en der staatlichen Coro­na-Poli­tik, die forcierte Aus­beu­tung der Beschäftigten im Gesund­heitswe­sen, die Ver­nach­läs­si­gung des Schutzes von Angestell­ten und Arbeiter_innen bei gle­ichzeit­iger Unter­stützung großer Unternehmen, Ver­ar­mung prekär Beschäftigter etc. auf die Straße brin­gen. Wir woll­ten diesen Protest aber mit ein­er grundle­gen­den Analyse verbinden, die auf den Kap­i­tal­is­mus als Ursache und Grund­lage dieser Prob­leme hin­weist. Und wir woll­ten mit der Demo zumin­d­est in unser­er Region die Lethargie weit­er Teile der Linken auf­brechen, die sich in der Pan­demie ins Home­of­fice zurück­ge­zo­gen haben und zunehmend hil­f­los die Entwick­lun­gen ver­fol­gten und ver­fol­gen. In den fol­gen­den Zeilen wollen wir zurück­blick­en, was haben wir geschafft, wo sind wir gescheit­ert und was für Fra­gen ergeben sich nun. Damit wollen wir einen Beitrag dazu leis­ten, linke Kri­tik am Beste­hen­den neu zu organ­isieren. Aus unser­er Sicht ist dies drin­gend notwendig, denn die Pan­demie mag enden, der Kampf darum, wer deren Fol­gen zu tra­gen hat, wird sich jedoch in näch­ster Zeit noch ver­schär­fen. Wir möcht­en im Fol­gen­den unsere Erfahrun­gen weit­ergeben, in der Hoff­nung, dass sie von anderen aufge­grif­f­en werden.

Als erstes ist festzustellen: Wir haben es geschafft, wir sind am 24. April mit 500 Leuten durch Pots­dam gezo­gen. Das mag nicht groß und über­wälti­gend klin­gen. Angesichts zu diesem Zeit­punkt gel­tender rechtlich­er Regelun­gen, die die Demon­stra­tions­frei­heit umfassend ein­schränk­ten, ist dies jedoch ein Erfolg. Wir haben gezeigt, dass wir in der Lage sind, der­ar­tige Ver­anstal­tun­gen mit einem größt­möglichen Schutz der Teilnehmer_innen durchzuführen und unseren Protest zurück auf die Straße zu bringen.

Tech­nisch war unsere Demon­stra­tion ein Exper­i­ment. Wir sind in drei Demon­stra­tionszü­gen hin­tere­inan­der gezo­gen, jed­er dieser Demon­stra­tionszüge begleit­et von einem Laut­sprech­er-Las­ten­fahrrad, von denen syn­chron die gle­ichen Rede­beiträge abge­spielt wur­den. Das hat im Großen und Ganzen gut geklappt (ok, zwis­chen­durch war auch mal kurz n Akku alle). Anstren­gend war nicht das Aufrechter­hal­ten dieser tech­nis­chen Infra­struk­tur, son­dern die Vertei­di­gung unseres Demokonzeptes gegen eine Polizei, die unter dem Deck­man­tel der Pan­demiebekämp­fung unser­er Demon­stra­tion den kraftvollen Charak­ter und die Außen­wirkung nehmen wollte, indem absprachewidrig ver­sucht wurde, die Demoblöcke möglichst weit voneinan­der zu tren­nen. Tat­säch­lich schlägt es auf die Laune, wenn man den Rest der Demo 500 m vor einem laufen sieht. Um das aufz­u­fan­gen braucht es mehr Kom­mu­nika­tion zwis­chen den Demoblöck­en und in den Blöck­en jew­eils Leute, die sich aktiv um die Stim­mung bemühen.

Wir hat­ten ein gutes Hygien­konzept, achteten auf Abstände, tru­gen Masken und viele Teilnehmer:innen haben sich vorher testen lassen. Wir hat­ten uns im Vorhinein gut über­legt, wie wir damit umge­hen sollen, wenn Leute zu unser­er Kundge­bung kom­men, die man auch schon auf Schwur­bler-Demos gese­hen hat oder die eso­ter­ische oder ver­schwörungs­the­o­retis­che Ideen propagieren. Unsere Idee war: Nazis fliegen raus, auch Leute, die mit Shoa-Ver­gle­ichen u.ä. hantieren. Leute, die schon­mal auf ein­er Schwur­bler-Demo waren – und ja, wir ken­nen Leute, die zu unserem sozialen Umfeld, unser­er Szene etc. gehörten oder gehören, die zu diesem Demos gegan­gen sind – kön­nen dabeibleiben, solange sie keine Schwurbe­lin­halte ver­bre­it­en. Allerd­ings hat unser Ange­bot ein­er naz­ifreien Coro­na-Demo in diese Rich­tung wohl nicht gefruchtet. Leute, die sich als Linke ver­ste­hen und die in den let­zten Monat­en der Mei­n­ung waren, mit durch­drehen­den Klein- und Bildungsbürger:innen, Esos und Recht­en zusam­men gegen staatliche Maß­nah­men demon­stri­eren zu müssen, haben wir auf unser­er Demo nicht registriert.

Inhaltlich und organ­isatorisch soll hier an erster Stelle eine Nieder­lage einge­s­tanden wer­den. Es ist uns nicht gelun­gen, die Vor­bere­itung der Demo zu einem Prozess zu machen, der unter den Bedin­gun­gen der Pan­demie eine Ver­net­zung, Zusam­me­nar­beit und Diskus­sion in weit­en Teilen der Pots­damer Linken bewirk­te, auch wenn dies angestrebt war. Tat­säch­lich war es ein über­schaubar­er Kreis von Leuten, der dieses Vorhaben gewup­pt hat. Dies scheint jedoch nicht an Desin­ter­esse gele­gen zu haben. Denn als klar war, dass die Demon­stra­tion stat­tfind­et, kon­nten wir uns vor Rede­beiträ­gen nicht ret­ten. Nahezu alle linken Organ­i­sa­tio­nen, Grup­pen und Ini­tia­tiv­en dieser Stadt woll­ten ihre The­men in Form von Rede­beiträ­gen darstellen. Teil­weise dro­hte die Demo fast den Charak­ter ein­er wan­dern­den Vor­lesungsrei­he anzunehmen. Diese Redebedürf­nis scheint Aus­druck davon zu sein, dass es ein Bedürf­nis nach Aus­tausch, Diskus­sion und inhaltlich­er Klärung gibt, dass in den näch­sten Monat­en unbe­d­ingt Raum und Zeit find­en sollte. Hier sehen wir eine Gren­ze des For­mats “Demon­stra­tion”, das zwar Anstoß oder Aus­druck für gesellschaftliche Prozesse sein kann, selb­st aber nur die Momen­tauf­nahme vorherrschen­der Stim­mung ist. Auch wenn die meis­ten Spek­tren der Pots­damer Linken auf unser­er Demo vertreten waren, so haben uns doch viele Gesichter gefehlt. Ob es die fehlende Kraft nach Monat­en der Pan­demie oder die Sorge vor Men­schenansamm­lun­gen war, die viele Men­schen, von denen wir wis­sen, dass sie lei­den und frus­tri­ert sind, von ein­er Teil­nahme abhielt, kön­nen wir nur mut­maßen. Eine wichtige Rolle dürfte spie­len, dass die sozialen Räume, in denen sich Leute zur Teil­nahme an Demon­stra­tio­nen und zu poli­tis­chen Aktiv­itäten verabre­den, z.B. Kneipen, Par­ties, Ver­anstal­tun­gen, ger­ade nicht existieren bzw. nicht existierten. Dig­i­tale Wer­be­for­mate fan­gen diesen Ver­lust nicht auf. Wir sehen hier wieder, wie sehr unsere Mobil­isierungs­fähigkeit von der Exis­tenz sozialer Zusam­men­hänge abhängt.

Dafür haben wir aber auch viele Leute gese­hen, die nicht zum üblichen Demop­ub­likum gehören. Wie wir sie weit­er erre­ichen, wie sie vielle­icht in zukün­ftige Aktiv­itäten einge­bun­den wer­den kön­nen, ist eine wichtige Frage.

Dass wir mit unser­er Demo einen Nerv getrof­fen haben, haben wir nicht nur auf der Demo und danach gese­hen, als uns von ver­schieden­er Seite mit­geteilt wurde, dass sich Leute über die Demo gefreut haben und sich dadurch ermutigt gefühlt haben. Wir wur­den auch zu Demon­stra­tio­nen in andere Städte ein­ge­laden, um dort promi­nent unsere Ini­tia­tive vorzustellen. Darüber haben wir uns natür­lich gefreut. Es ist aber auch ein Indiz dafür, dass es ger­ade nicht allzu viele Ini­tia­tiv­en gibt, die die prak­tis­che Auseinan­der­set­zung darum, wie es mit und nach COVID19 weit­erge­hen wird, aus ein­er emanzi­pa­torischen Per­spek­tive aufgenom­men haben.

Wir hof­fen einen Beitrag dazu geleis­tet zu haben, dass sich das ändert.

Kategorien
Antifaschismus Bildung & Kultur Wohnen & Stadt

Club.Kultur.Leben — Endlich wieder tanzen!

Wir – der Spar­ta­cus Pots­dam — laden zu dieser Demon­stra­tion ein, um auf die nach wie vor missliche Lage von Clubs und anderen kul­turellen Orten aufmerk­sam zu machen sowie Forderun­gen an Poli­tik und Ver­wal­tung zu for­mulieren, durch trans­par­ente, konkrete und umsichtige Regelun­gen eine zügige Wieder­eröff­nun­gen von Dance­floors, Musik- und The­ater­büh­nen zu ermöglichen.
In den let­zten 10 Jahren war es nie so ruhig um den Spar­ta­cus Club und das frei­Land Pots­dam wie in den ver­gan­genen 15 Monat­en. Die Pan­demie kappte von einem auf den anderen Tag Kun­st, Kul­tur, Lebenslust und Leichtigkeit. Wir alle ver­mis­sen laute Bässe auf dem Dance­floor, wir ver­mis­sen Konz­ert- und The­ater­erleb­nisse, wir ver­mis­sen das ungezwun­gene men­schliche Beisam­men­sein in unseren Soziokul­turzen­tren und DIY-Läden.
Fal­l­ende Inzi­den­zen führen zu vor­sichti­gen Öff­nun­gen. Das ist gut. Ein Licht­blick am Ende des Tun­nels. Doch bis Orte wie der Spar­ta­cus wieder Indoor Konz­erte und Par­tys ver­anstal­ten kön­nen, wird es noch eine ganze Weile dauern. Das liegt zum einen an der andauern­den Pan­demie, zum anderen aber auch an ein­er ver­fehlten Poli­tik, die es wed­er schafft, die Impf­s­trate­gie zügig und zuver­läs­sig umzuset­zen, noch konkrete und verbindliche Per­spek­tiv­en für den Kul­turbere­ich zu for­mulieren. Unser gemein­sames Ziel ist es mit angemessen­er Vor­sicht und Hygien­ekonzepten möglichst bald wieder in ein schillern­des Kul­tur­pot­pour­rie ein­tauchen zu können.
Wir fordern:
- ein Recht auf Kul­tur im Grundgesetz
- eine bre­it­ere Förderung zum Erhalt aller Kulturorte
- mehr Gehör für die Inter­essen­vertre­tun­gen der freien Szene
- den Erhalt beste­hen­der Kulturorte
- die Unter­stützung bei der Wieder­eröff­nung von Kul­tur­orten sowie bei der Durch­führung von Open-Air-Ver­anstal­tun­gen, z.B. durch Bürokratieab­bau, einen trans­par­enten Umgang mit Hygien­ekonzepten, durch Unter­stützung von Poli­tik und Ver­wal­tung für Outdoor-Events
- die Schaf­fung von mehr dauer­haften Ver­anstal­tungs­flächen im Freien
- eine offene Kom­mu­nika­tion und Ver­ant­wor­tungsüber­nahme durch Land und Kommunen
Mit diesen Anliegen wer­den am Sam­stag, d. 19.06. Men­schen bun­desweit unter dem Mot­to „Kul­turnot – wie kul­tur­rel­e­vant ist das Sys­tem?” auf die Straße gehen, u.a. in Leipzig, München, Erfurt, Ham­burg, Frank­furt Main und Mannheim.
Der Spar­ta­cus Pots­dam lädt alle, denen eine reflek­tierte Par­tykul­tur am Herzen liegt und die sich nach unbeschw­ertem Kul­tur­genuss sehnen, ein, sich an der Demo zu beteiligen.
Mit dabei:
Galax­au­ra (Spar­ta­cus, Galaxunity)
Jami­da (Spar­ta­cus, Valian Kollektiv)
Syn­drolin
Bran­den­burg Mur­der Boys (Ein­stürzende Altbauten)
Wann & Wo: 19.06.2021 um 14 Uhr am Lustgarten
Bringt Masken und genug zu trinken mit!
Achtet auf Abstände!
Kategorien
Wohnen & Stadt

Kramp-Witz statt Krampnitz

Seit Monat­en kri­tisieren DIE aNDERE, der BUND, Stadt-für-alle, einige Orts­beiräte und nun auch Fri­days-For-Future die Fehlen­twick­lun­gen beim größten Bau­vorhaben der Stadt. Aufge­führt wer­den: man­gel­hafte Trassen­frei­hal­tung für die Straßen­bahn, Stück­w­erk bei der Energie- und Wärmev­er­sorgung, kein kon­tinuier­lich­er Zuwachs an preis­ge­bun­de­nen Woh­nun­gen, unehrliche Kom­mu­nika­tion und Intrans­parenz der Stadt sowie die Beteili­gung der Deutschen Wohnen am Projekt.

Unlängst im Haup­tauss­chuss haben sich alle Frak­tio­nen gegen den Antrag von DIE aNDERE aus­ge­sprochen, der ein Innehal­ten und Über­denken der aktuellen Entwick­lung forderte, um die hohen sozialen und ökol­o­gis­chen Ziele über­haupt noch zu erre­ichen. Die Grü­nen sprachen sich sog­ar gegen eine kli­ma­neu­trale Entwick­lung aus. Die SPD-geführte Rathausko­op­er­a­tion hat­te schon zuvor sich gegen eine Fes­tle­gung aus­ge­sprochen, die auch die Deutsche Wohnen verpflichtet hätte preis­ge­bun­de­nen Wohn­raum zu schaf­fen. Die Stadtver­wal­tung unter Bauamtschef Götz­mann hat­te es in den Jahren zuvor ver­säumt, die notwendi­gen Trassen für die Tram freizuhal­ten. Durch zahlre­iche Bau­genehmi­gun­gen wur­den hinge­gen zusät­zliche Kon­flik­te für den ÖPNV geschaffen.

Angesichts der all­ge­gen­wär­ti­gen Kri­tik spricht sich nun der OBM Schu­bert die umstrit­te­nen Pläne für das Quarti­er von exter­nen Experten prüfen zu lassen. Genau dass, was DIE aNDERE und andere Kri­tik­erIn­nen schon lange forderten: ein Reset! Nun kön­nte das Vorhaben noch ein­mal auf den Kopf gestellt bzw. auf den Boden der Real­ität zurück­ge­führt wer­den: max. 5000 Ein­wohner­In­nen; fasst alles in Hand der Deutschen Wohnen mit hoch­preisi­gen Mieten; eine Energiev­er­sorgung die weit von einem CO2-freien Pro­jekt ent­fer­nt ist, denn die ökol­o­gis­chen Bestandteile lohnen sich wirtschaftlich nur, wenn die ursprüngliche Pla­nung mit 10.000 EW umge­set­zt wer­den kann. An dieser Ein­wohn­erzahl hielt OBM Schu­bert noch am 10.06.21 (vor nicht mal ein­er Woche!) im Haup­tauss­chuss fest (Woh­nungs­bau: Pots­dam hält am Ziel 10.000 Ein­wohn­er in Kramp­nitz fest (maz-online.de).

Baus­tad­trat Rubelt beze­ich­nete lt. MAZ die einst­weilige Beschränkung auf 5000 Ein­wohn­er als „Zwis­chen­schritt“. Ein Ver­har­ren in dieser Größenord­nung wäre für die Stadt „mit einem hohen Defiz­it ver­bun­den“.

Die Gefahr, dass mit bish­eri­gen und weit­eren vor­eili­gen Einze­lentschei­dun­gen vol­len­dete Tat­sachen geschaf­fen und Spiel­räume der kom­mu­nalen Pla­nung­shoheit ver­baut wer­den bleibt. Auch das hohe wirtschaftliche Risiko für die Stadt. Das ist kein Witz!

Kategorien
Wohnen & Stadt

Immer wieder die ProPotsdam

In Pots­dam startet im Juni 2021 ein Bürg­er­begehren „Pots­damer Mietendeck­el“, dass zum Ziel hat, die regelmäßi­gen Mieter­höhun­gen der kom­mu­nalen Woh­nungs­ge­sellschaft ProPots­dam auf 1 % in 5 Jahren zu begrenzen.
Dazu hat sich eine Ini­tia­tiv­gruppe „Bürg­er­begehren Mietendeck­el im
städtis­chen Woh­nungs­be­stand“ gegrün­det, die damit einen ersten Schritt zu ein­er neuen, mieter*innen – und gemein­wohlo­ri­en­tierten Woh­nungspoli­tik in Pots­dam gehen will.

Das die kom­mu­nale Gesellschaft ProPots­dam das erste Ziel der Ini­tia­tive ist, ist kein Wun­der. Selb­st in Coro­n­azeit­en hat diese ihre Mieten bis an die rechtlich möglichen Gren­zen erhöht, seit Jahren verkauft die ProPots­dam Grund­stücke und Häuser trotz gegen­teiliger Beschlüsse im „Woh­nungspoli­tis­chen Konzept“. Beim barock­en Umbau der Stadt­mitte, beim Abriss der Fach­hochschule, jet­zt beim Beschluss zum Abriss des Stau­den­hofs – immer ist die ProPots­dam mit dabei. Mieter*innen auf dem Brauhaus­berg und ander­swo haben erfahren müssen, wie wenig die ProPots­dam davon hält, die Inter­essen und Sor­gen der Mieter*innen zu beachten.

Jet­zt hat die ProPots­dam ein weit­eres „Meis­ter­stück“ ihrer Poli­tik abgeliefert. Für das Bürg­er­begehren sollte sie eine Kosten­schätzung über die Fol­gekosten ein­er Begren­zung der Mieter­höhun­gen erstellen.

Hier doku­men­tieren wir sie:

Kosten­schätzung-Mietendeck­el

Die Stadt Pots­dam hat die Zahlen der ProPots­dam natür­lich mal wieder ungeprüft und ohne Nach­fra­gen über­nom­men, obwohl die gerun­de­ten und teil­weise vol­lkom­men willkür­lichen Zahlen zum Teil skur­ril, min­de­tens aber oft völ­lig zusam­men­hangs­los sind.

Im Grunde geht es ja nur um die Ein­nah­meaus­fälle durch die Ein­schränkung, die Mieten um nicht mehr als 1 % in 5 Jahren zu erhöhen.
Wie die 30 Mio. bis 2030 zus­tande kom­men sollen ist eben­sowenig begrün­det wie die Hor­rorzahlen bis 2050. Zu Erin­nerung: Das Begehren/Bürgerentscheid ist zwei Jahre bindend. Danach kann es durch Beschluß aufge­hoben oder verän­dert werden.
Die 30 Mio. € bedeuten aber auch, dass die ProPots­dam ganz real plant, für ihre rund 18.000 Woh­nun­gen die Miete bis 2030 regelmäßig um 4 – 5 %/ Jahr zu erhöhen!

Was in ein­er Kosten­schätzung zu einem Bürg­er­begehren speku­la­tive Zahlen zu fehlen­den För­der­mit­teln zu suchen haben ist eine weit­ere Frage. Solche Eigen­mit­tel kön­nen natür­lich auf ganz ver­schiede­nen Wegen einge­bracht wer­den. Und warum sollen aus­gerech­net die Bestandsmieter*innen den Neubau finanzieren?

Am Ende macht die ProPots­dam ihre Mieter*innen sog­ar noch dafür ver­ant­wortlich, das der „Mas­ter­plan 100 % Kli­maschutz“ nicht ver­wirk­licht wer­den kann und über­haupt, der Ausverkauf der Stadt weit­er gehen soll.

Was für ein billiges, durchschaubares Manöver!

Deshalb wird es auch aus unser­er Sicht Zeit, das pri­vatwirtschaftlich und gewin­nori­en­tiert betriebene kom­mu­nale Unternehmen ProPots­dam endlich an die Leine zu nehmen, sie zu zwin­gen eine soziale Mieten­poli­tik zu betreiben und damit einen Ein­stieg in eine gemein­wohlo­ri­en­tierte Woh­nungspoli­tik in Pots­dam zu schaffen!

Inforiot