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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Solidarität kennt keine Nationalität!

Flüchtlingsräte und PRO ASYL fordern Abschaffung des AsylbLG, freie Wohnortwahl und dezentrale Unterbringung für alle Geflüchteten

Bei ihrer gemein­samen Kon­ferenz haben die Lan­des­flüchtlingsräte und PRO ASYL sich inten­siv mit den aktuellen Bedin­gun­gen geflüchteter Men­schen in Deutsch­land auseinan­derge­set­zt. Ins­beson­dere der bru­tale Angriff­skrieg Rus­s­lands auf die Ukraine zwingt mehrere Mil­lio­nen Men­schen zur Flucht.

Wir begrüßen, dass Men­schen, die aus der Ukraine fliehen, jet­zt visums­frei in Deutsch­land ein­reisen dür­fen und hier großzügig aufgenom­men wer­den. Mit dem „vorüberge­hen­den Schutz” nach §24 erhal­ten sie unkom­pliziert ein Bleiberecht, kön­nen ihren Wohnort frei wählen und unter­liegen keinem Arbeitsver­bot. Dies wäre unter den Bedin­gun­gen des Asyl­sys­tems, das auf Kon­trolle und Abschreck­ung basiert, nicht möglich gewesen.

Aktuell sieht man den poli­tis­chen Willen, Auf­nah­mebe­din­gun­gen für Geflüchtete zu verbessern. Das sollte nun für alle Schutz­suchen­den gel­ten: „Das diskri­m­inierende Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz, die Zuweisung in Kom­munen gegen den Wun­sch der Betrof­fe­nen und die langfristige Unter­bringung in Lagern sind nie­man­dem zuzu­muten. Solche Gän­gelun­gen müssen endlich für alle Geflüchteten abgeschafft wer­den!”, erk­lärt Mara Hasen­jür­gen vom Flüchtlingsrat Brandenburg.

Die Unter­bringung in Masse­nun­terkün­ften darf nur vorüberge­hend sein. Län­der und Land­kreise müssen sich jet­zt ver­mehrt um dezen­trale Unter­bringung bemühen, um gesellschaftliche Teil­habe für alle Geflüchteten von Beginn an zu ermöglichen.

Flüchtlingsräte und PRO ASYL ste­hen an der Seite divers­er migrantis­ch­er Selb­stor­gan­i­sa­tio­nen, die die ungle­iche Behand­lung Schutz­suchen­der scharf kri­tisieren. Racial Pro­fil­ing durch die Polizei, die Medi­en­berichter­stat­tung und die gel­tende Rechts- und Verord­nungslage zeigen die ras­sis­tis­che Unter­schei­dung auf, die Men­schen auf der Flucht erfahren müssen. Zen­tral ist jet­zt, dass die Bun­desregierung ihre Spiel­räume in der Umset­zung des EU-Rats­beschlusses nutzt. Alle Meschen, die aus der Ukraine fliehen, müssen die Aufen­thalt­ser­laub­nis nach §24 Aufen­thalts­ge­setz erhal­ten, auch wenn sie nicht expliz­it in der EU-Richtlin­ie 2001/55/EG genan­nt sind.

Selek­tive Sol­i­dar­ität ist keine. Es spielt keine Rolle, welche Nation­al­ität oder Haut­farbe Men­schen haben, die hier Schutz suchen. Wir sind verpflichtet, allen Schutz­suchen­den unsere volle Unter­stützung zukom­men zu lassen. Ob Men­schen vor Bomben oder Hunger fliehen, darf keinen Ein­fluss auf unsere Auf­nah­me­bere­itschaft haben”, stellt Dave Schmidtke vom Säch­sis­chen Flüchtlingsrat klar.

Selb­stor­gan­isierte Kämpfe von Migrant*innen, beson­ders seit dem lan­gen Som­mer der Migra­tion 2015/16, aber auch die unzäh­li­gen Vere­ine und Organ­i­sa­tio­nen, die Geflüchtete seit Jahren unter­stützen, haben die ele­mentare Arbeit geleis­tet, auf der aktuelle For­men der Sol­i­dar­ität auf­bauen kön­nen. Trotz der Katas­tro­phe in der Ukraine darf die Not der Men­schen in Län­dern wie Libyen, Belarus, Jemen, Syrien, Äthiopi­en, Nige­ria oder Afghanistan nicht vergessen werden.

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Für Frieden und Gerechtigkeit!

Women in Exile & Friends Demonstration in Rathenow

Wir kämpfen für den Frieden“ am 8.3. 2022 von 12 – 15h auf dem Platz der Freiheit, 14712 Rathenow

Angesichts des Krieges in der Ukraine sprechen die europäis­chen Län­der von human­itären Aktio­nen und auf der anderen Seite spal­ten sie die Men­schen und sortieren sie dann in kleine Kästchen. Es ist ent­muti­gend und erschüt­ternd, in den sozialen Medi­en zu sehen, wie Flüchtlin­gen die Ein­reise in Züge und sichere Län­der ver­weigert wird, nur, weil sie eine andere Haut­farbe haben.

Madeleine Mawam­ba: „Wir wer­den mit dieser Spal­tung der Men­schen nicht mit­machen. Women in Exile und andere wer­den ihre Sol­i­dar­ität mit allen Kriegs­flüchtlin­gen zeigen. Wir demon­stri­eren am Inter­na­tionalen Frauen­tag in Rathenow, weil unsere Schwarzen Schwest­ern von struk­turellem Ras­sis­mus im Rathenow­er Standesamt bezüglich der Geburt­surkun­den berichtet haben. Frauen mit Kindern von deutschen und afrikanis­chen Vätern müssen lange darum kämpfen, eine zu bekom­men. Wir fordern das Standesamt auf, seinen Ras­sis­mus aufzuar­beit­en und die Geburt­surkun­den für diese Kinder auszustellen!

Women in Exile & Friends demon­stri­ert gegen das Lager­sys­tem im Land­kreis Havel­land und ander­swo. Frauen und Kinder wer­den von dem ras­sis­tis­chen Sys­tem der Europäis­chen Union im Stich gelassen, in kaput­ten Heimen isoliert und immer wieder trau­ma­tisiert. Täglich erleben Flüchtlings­frauen per­sön­lichen Ras­sis­mus und Sex­is­mus auf der Straße und struk­turellen Ras­sis­mus in Ämtern, Standesämtern, Rathäusern, Schulen, auf dem Wohnungsmarkt.

Deshalb fordern wir Teil­habe, repro­duk­tive Gerechtigkeit, sichere Lebens­be­din­gun­gen und die Achtung der Frauenrechte.

Wir sind sol­i­darisch mit den Flüchtlin­gen aus der Ukraine und verurteilen den Ras­sis­mus, den Flüchtlinge of Colour auf der Flucht aus der Ukraine erleben. Für alle Flüchtlinge fordern wir faire Ver­fahren, die die Men­schen­würde achten!

Madeleine Mawam­ba: „Das Mot­to der Demos ist „Wir kämpfen für den Frieden“. Es gibt keinen Frieden ohne Gerechtigkeit! Und Gerechtigkeit gibt es in diesem Land nicht! Also lasst uns gemein­sam für den Frieden kämpfen. Wir sind geflüchtete und nicht geflüchtete Fre­unde, wir sind Schwarze Frauen, Frauen of Col­or und Weiße, wir sind Les­ben, Inter*, Trans*, nicht-binäre Men­schen. Wir nehmen den Inter­na­tionalen Frauen­tag zum Anlass, gemein­sam auf die Straße zu gehen und für unsere Rechte gegen alle Arten von Diskri­m­inierung und Gewalt zu kämpfen.

Gemein­sam mit sol­i­darischen Grup­pen und Einzelper­so­n­en ste­hen wir für die Kräfte des heil­samen Wan­dels. Und auch wenn es reak­tionäre, harte Zeit­en sind: Gemein­sam wer­den wir den Lauf der Geschichte verän­dern! Und einen neuen inklu­siv­en und inter­sek­tionalen Fem­i­nis­mus leben, der eine Ära ein­läutet, die allen staatlichen Gewal­ten ein Ende set­zt. Wir sehen soziale Gerechtigkeit und Frieden kom­men, wenn diese auf basis­demokratis­ch­er Selb­stor­gan­i­sa­tion und radikaler Demokratie – auch im wirtschaftlichen Bere­ich – beruhen! Wir unter­stützen dies, indem wir geflüchtete Frauen* befähi­gen, ihre Rechte zu ver­ste­hen und ihre Inter­essen zu vertei­di­gen. Als Frauen haben wir kein Land und wir wollen auch kein Land, denn unser Zuhause ist die ganze Welt.

Keine Lager für Frauen und Kinder! Schafft alle Lager ab!

Für das RECHT ZU KOMMEN, RECHT ZU GEHEN, RECHT ZU BLEIBEN!!!!

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Arbeit & Soziales Verschwörungsideologie

Gemeinsam für ein solidarisches Potsdam!

Neues Jahr — neue Schwurbelei…

Gegen­protest darf nicht fehlen: Wir machen eine eigene Demo!
Los geht’s am Mon­tag, 03.01.22 um 16:30 Uhr Vor­platz Bran­den­burg­er Tor!

Am let­zten Mon­tag haben wir den Impfgegner*innen und Coronaleugner*innen in Pots­dam nicht die Straßen über­lassen! 5 x 💯 Antifaschist*innen und Men­schen aus der ganzen Stadt­ge­sellschaft haben laut­stark protestiert und eine Schwurbel-Demo in der Innen­stadt erfol­gre­ich blockiert.
Damit bekam Pots­dam eine über­re­gionale Bedeu­tung in den Nachricht­en. Während es in vie­len Städten zu immer mehr und oft auch gewalt­tätigeren Protesten von Schwurbler*innen kommt, zeigt unsere Stadt­ge­sellschaft, dass es auch anders geht!

Deshalb wer­den wir weit­er machen. In ein­er gemein­samen Onlinekon­ferenz haben die 20 im Bünd­nis „Gemein­sam für ein sol­i­darisches Pots­dam“ zusam­mengeschlosse­nen Ini­tia­tiv­en entsch­ieden, sich den recht­sof­fe­nen Schwurbel-Demos auch am näch­sten Mon­tag ent­ge­gen zu stellen.

Natür­lich gibt es auch bei uns Diskus­sio­nen und Fra­gen dazu, wer eigentlich die Leute in Pots­dam sind, denen ihre indi­vidu­elle, ego­is­tis­che Frei­heit wichtiger ist als die Gesund­heit und das Über­leben ihrer Mitmenschen.
Wir wis­sen von der Teil­nahme von Coronaleugner*innen, Verschwörungserzähler*innen, AfD und Nazis — im Netz und auf der Straße.
Natür­lich wis­sen wir auch, dass hier Men­schen dabei sind, die von ein­er wis­senschaftlich nicht begründ­baren Angst vor ein­er Imp­fung auf die Straße getrieben wer­den. Ger­ade für die gilt aber: Demon­stri­ert nicht mit Nazis und anti­semi­tisch motivierten Verschwörungserzähler*innen!

Unser Wider­stand richtet sich gegen eine Bewe­gung, die zunehmend die Demokratie bedro­ht, deren ide­ol­o­gis­che Basis immer stärk­er rechte Nar­ra­tive enthält und die das gesellschaftliche Kli­ma zerstört.

Unsere Kri­tik richtet sich auch gegen eine Coro­n­apoli­tik, welche Konz­erne schützt und die Las­ten der Pan­demie den Men­schen auf­bürdet. Wir fordern eine Gesund­heit­spoli­tik, welche den Beschäftigten in den Kranken­häusern und Pflegeein­rich­tun­gen eine gesicherte finanzielle Per­spek­tive gibt und den vorhan­de­nen Impf­stoff gerecht in der ganzen Welt verteilt.

Dies wer­den wir am Mon­tag, den 3. Jan­u­ar 2022 wieder auf die Straße tragen.
📢Wir rufen auf, ab 16:30 Uhr zu ein­er gemein­samen Demon­stra­tion zu kom­men. Sie startet am Bran­den­burg­er Tor und wird durch die Innen­stadt zum Nauen­er Tor führen. Damit block­ieren wir die Innen­stadt für die Coronaleugner*innen und wer­den sie nicht laufen lassen.

Bitte organ­isiert Euch auch bei dieser Aktions­form in Kle­in­grup­pen, seid mobil, tragt Masken und hal­tet Abstand.

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Antifaschismus Verschwörungsideologie

Radikaler Einfluss auf Corona-Proteste in Rathenow

In Rathenow (Land­kreis Havelland/Brandenburg) wird seit Wochen gegen die Coro­na-Schutz­maß­nah­men der Bun­desregierung demon­stri­ert. Die Demon­stra­tio­nen scheinen bürg­er­lich. Doch extrem Rechte fachen die Proteste an. Ihr selb­sterk­lärtes Ziel: „Die BRD muss weg“.

Feind­bild Bundesrepublik

Coro­na-Proteste in Rathenow: „Kein­er herrscht, wenn kein­er gehorcht“

Eine größere Gruppe Men­schen: Män­ner, Frauen und Kinder, bürg­er­lich gek­lei­det, vere­inzelt mit Kerzen in der Hand, ver­sam­meln sich am frühen Abend, im Schutze der Dunkel­heit auf dem Märkischen Platz in Rathenow. Aus einem eben noch andächti­gen Tre­f­fen entwick­elt sich dann aber plöt­zlich ein Demon­stra­tionszug, aus dem laut­stark: „Frieden, Frei­heit, keine Dik­tatur“ skandiert wird und der auch recht schnell hand­grei­flich gegen jeden wird, der ver­sucht sich ihm in den Weg zu stellen, auch gegen Polizeibeamte. Trans­par­ente und Plakate gibt es kaum, Reden wer­den keine gehal­ten. Doch Allen ist klar worum es geht: Auflehnen gegen die Coro­na-Schutz­maß­nah­men der Bun­desregierung. Denn die Aktion auf der Straße ist eigentlich nur noch der let­zte Schritt im Pro­tokoll der  medi­al stark bee­in­flussten Protestkul­tur der Pan­demie-Ver­harm­losenden. Der entschei­dende Prozess des gegen­seit­i­gen Gedanke­naus­tausches find­et im Social­me­dia statt: oft bei Face­book, jedoch immer öfter bei Telegram. „ Freie Bran­den­burg­er“ nen­nt sich dort beispiel­weise ein bran­den­burg­weites Net­zw­erk von Pan­demiev­er­harm­losern. Die für das havel­ländis­che Rathenow zuständi­ge Net­zw­erk-Unter­sek­tion trägt das Kürzel „HVL“ und hat momen­tan 318 Mit­glieder (Stand: 28.12.2021, 9:30 Uhr). Hier wird – im Gegen­satz zu den Demon­stra­tio­nen auf der der Straße – Klar­text gesprochen, Strate­gien aus­ge­tauscht und Aktio­nen vor­ab geplant. Ein­er der dort aktiv­en Wort­führen­den aus Rathenow ist Chris­t­ian Kaiser. Er bringt es auf den Punkt: „Die BRD muss weg“. Und: „Die Proteste müssen von uns ange­facht wer­den“. Sich sel­ber sieht er dabei als „poli­tisch geschul­ten Deutschen“, dessen Auf­gabe es sei „so viele Land­sleute wie möglich“ in seine Rich­tung zu ziehen.

Chris­t­ian Kaiser fordert in einem Telegram-Kanal, dass die „BRD“ weg müsse.

Der „Dritte Weg“ stellt die Systemfrage

Chris­t­ian Kaiser mit „III. Weg“ Hut (links)

Doch Chris­t­ian Kaiser ist nicht irgendw­er. Der Rathenow­er beken­nt sich seit Monat­en offen zur neon­azis­tis­chen Kader­partei „Der Dritte Weg“. Am 3. Juli 2021 marschierte Kaiser beispiel­sweise, mit einem T‑Shirt der Partei gek­lei­det, beim „Tag der Heimat­treue“ in Olpe (Nor­drhein-West­falen) mit. Bei ein­er Coro­na-Mah­nwache am 26. Novem­ber 2021 in Rathenow trug er außer­dem ein Base­cap des Drit­ten Wegs.  Am 20. Dezem­ber  2021 filmte Kaiser die Coro­na-Proteste in Rathenow mit seinem Handy und veröf­fentlichte das Video unter seinem Namen bei „HVL – Freie Bran­den­burg­er“. Wenige Minuten später veröf­fentlichte „Der dritte Weg“ das­selbe Video inklu­sive Parteil­o­go in seinem Telegram-Kanal für Berlin und Brandenburg.

Kaiser (oben) erstellt uA Pro­pa­gan­davideos für den III. Weg

Die Neon­azi-Partei hat momen­tan ein starkes Inter­esse an die Coro­na-Proteste anzu­dock­en, sieht sie doch darin die Chance einen Wan­del des poli­tis­chen Sys­tems her­beiführen zu kön­nen. Offen wurde bei einem größeren Parteiaufzug am 15. Dezem­ber 2021 in Witt­stock (Dosse) die Sys­tem­frage gestellt. Und auch bei ähn­lich großen Aufzug der Partei am 23. Dezem­ber 2021 in Wit­ten­berge  lautete die Kern­pa­role: „Das Sys­tem ist gefährlich­er als Corona“.

Für die bei­den Aufzüge in Nord­bran­den­burg wur­den übri­gens zeitweise inak­tive extrem rechte Struk­turen wieder zum Leben erweckt. Ähn­lich erscheint dies auch in Rathenow.

Ein Vor­bild für die Coro­na-Proteste in Rathenow: Das Bürg­er­bünd­nis Havelland

Ehe­ma­lige Akteure des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ während der Coro­na-Proteste im Dezem­ber 2021 in Rathenow: Ralf Maasch, Chris­t­ian Kaiser, Wolf­gang H

Chris­t­ian Kaisers poli­tis­che Lauf­bahn begann näm­lich bere­its 2015. Damals war er der Anführer des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“, ein­er ver­meintlich bürg­er­lich aus­gerichteten Ini­tia­tive mit klar flüchtlings­feindlichen Posi­tio­nen, welche sich an den Aufzü­gen der PEGIDA in Dres­den ori­en­tierte und sich wie diese wöchentlich ver­sam­melte. Die regelmäßi­gen Ver­samm­lun­gen in Rathenow zogen damals bis zu 600 Men­schen in ihrer Spitzen­zeit. Ihr Tre­ff­punkt war der Märkische Platz, wo bere­its im Novem­ber 1989 die wöchentlichen Demon­stra­tion des Neuen Forums für Refor­men in der DDR, Proteste gegen Ras­sis­mus im März 2000 oder gegen die Agen­da 2010 im August 2004 stat­tfan­den. „Wir erhoben uns – Gestalt zu sein“ wird der ehe­ma­lige DDR Kul­tur­min­is­ter Johannes R. Bech­er auf dem markan­testen Gebäude am Platz – dem Kul­turhaus – zitiert. Ein Zitat, unter welchem sich viele Protest­be­we­gun­gen gerne zeigen. Doch keine Bewe­gung hat sich dort länger öffentlich präsen­tiert als das „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“. Vier Jahre lang, von 2015 bis 2019, wurde sich dort wöchentlich ver­sam­melt und große Teile der Stadt mit dumpfen Ras­sis­mus, Ver­schwörungserzäh­lun­gen und Reichs­bürg­er-The­sen laut­stark beschallt. In dieser Zeit entwick­elte sich das „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ von ein­er losen Ini­tia­tive zu einem fes­ten, einge­tra­ge­nen Vere­in. Ab 2017 ord­nete der Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg den Vere­in in den Phänomen­bere­ich „Recht­sex­trem­is­mus“ ein. Chris­t­ian Kaiser führte das „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ bis zur offiziellen Vere­in­sauflö­sung im Jahr 2019 als Vere­insvor­sitzen­der. Im Pro­tokoll der Grün­dungsver­samm­lung des Vere­ines vom 1. Mai 2016 find­en sich neben Kaisers Namen aber auch noch zwei weit­ere Akteure, welche heute bei den Protesten gegen die Coro­na-Schutz­maß­nah­men aktiv sind : Wolf­gang H und Ralf Maasch. Während H meist nur zweitrangige Vor­stand­sämter aus­führte und in der Regel nur als ein Art Adju­dant des Vor­sitzen­den wahrnehm­bar war, machte Maasch, der inner­halb des Vere­ins unter anderem für dessen Face­book-Seite (2017) ver­ant­wortlich war, eine nicht unbe­deu­tende Parteikarriere.

Die Rolle der lokalen AfD

Ralf Maasch nahm näm­lich seit spätestens 2016 an Ver­samm­lun­gen der AfD teil. Im Rah­men der Kom­mu­nal­wahlen im Mai 2019 wurde er auf ein­er Wahlliste dieser Partei in die Rathenow­er Stadtverord­neten­ver­samm­lung (SVV) gewählt. Daraufhin wurde Maasch Vor­sitzen­der des Auss­chuss­es für Kli­maschutz, Umwelt, Ord­nung, Sicher­heit und Brand­schutz. Im Okto­ber 2019 avancierte er sog­ar zum Vor­sitzen­den des AfD Ortsver­ban­des Rathenow.

Doch auch in diesen Ämtern blieb Maasch vor allem eines: ein Straße­nak­tivist. Bere­its bei den ersten Protesten gegen die Coro­na-Schutz­maß­nah­men im Mai und Juni 2020 in Rathenow ver­suchte er gemein­sam mit seinem alten Wegge­fährten Chris­t­ian Kaiser  Ein­fluss zu gewin­nen. Die zügi­gen Lockerun­gen der Bun­desregierung ließen die Fre­quen­tierung der lokalen Ver­samm­lun­gen jedoch schnell abebben und bedeu­tungs­los werden.

Erst ab dem 26. Novem­ber 2021 fan­den in Rathenow wieder Proteste gegen die Coro­na-Schutz­maß­nah­men statt. Neben Chris­t­ian Kaiser gehörte auch Ralf Maasch zu den ersten Poli­tak­tivis­ten, welche sich in die Ver­anstal­tun­gen ein­rei­ht­en. In den fol­gen­den Wochen mobil­isierte Maasch von seinem pri­vat­en Face­book-Pro­fil aus mehrfach für die stets unangemelde­ten Aufzüge, eben­so wie auch seine  Frak­tion­skol­le­gen  aus der SVV, Dirk Przed­wo­jew­s­ki und Ingo Willimzig. Vere­inzelt flossen in diese zum Teil geteil­ten Aufrufe auch tak­tis­che Über­legun­gen mit ein, wie beispiel­sweise „Polizeikräfte der BRD bun­desweit an so vie­len Punk­ten wie irgend möglich zu binden“. Ein deut­lich­er Hin­weis, dass die lokale AfD bewusst ver­sucht  die öffentliche Ord­nung zu desta­bil­isieren und damit auch radikaleren Kräften, wie dem „Drit­ten Weg“, in die Hände spielt.

Tat­säch­lich nah­men dann auch einige AfD Funk­tionäre an den zuvor bewor­be­nen Ver­anstal­tun­gen teil. Neben Maasch, Przed­wo­jew­s­ki und Willimzig, beteiligten sich unter Anderem auch Dr Uwe Hen­drich (Vor­sitzen­der der AfD Frak­tion in der SVV Rathenow), Ger­ald Hüb­n­er (Vor­sitzen­der der AfD Frak­tion im Kreistag Havel­land), Daniel Dege (Abge­ord­neter der SVV Nauen), Torsten Fis­ch­er (Vor­sitzen­der des AfD Ortsver­ban­des Nauen) sowie Felix Nie­der­mey­er (Beisitzer im Lan­desvor­stand der „Jun­gen Alter­na­tive“) an den unangemelde­ten Demon­stra­tio­nen in Rathenow.

Funk­tionäre der AfD Havel­land bei den Coro­na-Protesten in Rathenow

Proteste gegen Coro­na-Poli­tik der Bun­desregierung seit­ens der AfD oder ihrer Akteure sind übri­gens auch kein lokales Phänomen. Der Lan­desvor­stand der AfD Bran­den­burg führt seit Monat­en beispiel­sweise eine eigene Kam­pagne gegen Corona-Schutzmaßnahmen.

Ein­flussnahme von „Bran­den­burg ste­ht auf“

Über­re­gionale Unter­stützung erfahren die Rathenow­er Proteste gegen die Coro­na-Poli­tik übri­gens auch durch die Ini­tia­tive „Bran­den­burg ste­ht auf“. Die informelle Vere­ini­gung  ist im Novem­ber 2020 aus dem lokalen Quer­denken-Ableger „Quer­denken 338 BRB“ ent­standen und führt vor allem im Stadt­ge­bi­et von Bran­den­burg an der Hav­el regelmäßige Aufzüge gegen die Coro­na-Schutz­maß­nah­men durch. Auch Chris­t­ian Kaiser nahm mehrfach an diesen Ver­samm­lun­gen teil.

Akteure von „Bran­den­burg ste­ht auf“ während der Coro­na-Proteste in Rathenow

Bei den Aufzü­gen von „Bran­den­burg ste­ht auf“ kommt es regelmäßig zu Ver­stößen gegen das Ver­samm­lungs­ge­setz sowie gegen die Coro­na-Aufla­gen. Vere­inzelt wur­den bei Spon­tan­märschen auch schon Polizeiket­ten durch­brochen. Wirk­liche Kon­se­quen­zen hat­te dies bish­er jedoch für die beteiligten Akteure noch nicht.

Der Ini­tia­tive ste­ht die AfD de fac­to als Schutz­macht zur Seite. Partei­funk­tionäre, vere­inzelt auch Land­tagsab­ge­ord­nete laufen bei „Bran­den­burg ste­ht auf“ mit. Akteure von „Bran­den­burg ste­ht auf“ find­en sich umkehrt dann auch bei Ver­anstal­tun­gen der AfD in Bran­den­burg an der Hav­el ein.

Im Land­kreis Havel­land ist „Bran­den­burg ste­ht auf“ vor allem durch einzelne Akteure, wie zB durch Mar­tin, Maik und Markus W aus Milow­er Land OT Milow präsent. In dem kleinen Ort bei Rathenow fand am 25. Novem­ber 2021 auch eine kleine Mah­nwache von „Bran­den­burg ste­ht auf“ statt.

In den fol­gen­den Wochen konzen­tri­erte sich die Gruppe aber vor allem aber auf die Proteste in der havel­ländis­chen  Kreis­stadt Rathenow. Neben Mar­tin, Maik und Markus W aus Milow, reis­ten dor­thin auch die Köpfe von „Bran­den­burg ste­ht auf“ aus Bran­den­burg an der Hav­el: Torsten Veit, Jan T sowie Den­nis A und nah­men Ein­fluss auf den Ver­lauf der Proteste. Auf Fotos vom 3. Dezem­ber  2021 sind Jan T und  Den­nis A beispiel­sweise der Spitze ein­er Spon­tandemon­stra­tion zu sehen. Auf einem Video vom sel­ben Tag ist weit­er­hin Markus W zu erken­nen, wie er Teil­nehmende der unangemelde­ten Coro­na-Mah­nwache in Rathenow auf­fordert, sich der Spon­tande­mo anzuschließen und zwar durch eine Polizeikette hin­durch. Sein Han­deln erscheint dabei dur­chaus zielsteuernd.

In der Telegram-Chat­gruppe „HVL – Freie Bran­den­burg­er“ schreibt er später zB in Bezug auf den Umgang mit der Polizei: „Wir müssen jet­zt zeigen das wir viele sind u das wir stärk­er sind“.

Neon­azis­tis­ches Kam­er­ad­schaftsm­i­lieu und NPD eben­falls präsent

In die informelle Allianz radikaler und extrem rechter Grup­pen rei­ht sich darüber hin­aus auch das tra­di­tionelle neon­azis­tis­che Kam­er­ad­schaftsm­i­lieu aus dem Havel­land. Dieses hat­te sich Anfang der 2000er Jahre in den Kam­er­ad­schaften „Hauptvolk“ und „Sturm 27“ zusam­men gefun­den. Bei­de Vere­ini­gun­gen wur­den im April 2005 ver­boten. Die Bestre­bun­gen der Kam­er­ad­schaften richteten sich, laut Ver­botsver­fü­gung, gegen die ver­fas­sungsmäßige Ord­nung. In den Vere­in­spub­lika­tio­nen wur­den der Nation­al­sozial­is­mus und dessen Vertreter glo­ri­fiziert sowie ras­sis­tis­che und anti­semi­tis­che Inhalte ver­bre­it­et. Darüber hin­aus waren Mit­glieder der Kam­er­ad­schaften an diversen Gewalt­tat­en beteiligt.

Trotz des Ver­botes blieben die ehe­ma­li­gen Mit­glieder der aufgelösten Vere­ine als Fre­un­deskreis ver­bun­den. Auch nach 2005 beteiligten sich Akteure der ver­bote­nen Kam­er­ad­schaften immer wieder an  Aufzü­gen der NPD oder bei Chris­t­ian Kaisers „Bürg­er­bünd­nis Havelland“.

An den Mah­nwachen gegen die Coro­na-Schutz­maß­nah­men ab dem 26. Novem­ber 2021 in Rathenow beteiligten sich unter anderem fol­gende, von den Ver­bots­maß­nah­men 2005 betrof­fene Ex-Kam­er­ad­schaftsmit­glieder: Clau­dia M, Frank Peter F, André K, Mau­rice K,  Jens R, Andreas S,  Mar­i­an S  und Michel Müller.

Akteure der ver­bote­nen Kam­er­ad­schaften „Hauptvolk“ und „Sturm 27“ während der Coro­na-Proteste in Rathenow

Von diesen hat aktuell aber nur noch Müller ein poli­tis­ches Amt inne. Er zog 2014 über eine NPD Liste in die Rathenow­er Stadtverord­neten­ver­samm­lung ein und wurde 2019 wiedergewählt. Allerd­ings war Müller nicht der Einzige mit ein­er NPD Biogra­phie bei den Coro­na Mah­nwachen in Rathenow. An den Ver­anstal­tun­gen nah­men auch Mar­cel H  (2005 Vor­sitzen­der des NPD Ortsver­ban­des Rathenow) und Sab­ri­na B (2011 Vor­sitzende des NPD Ortsver­ban­des Rathenow)  teil. Fern­er beteiligten sich weit­er­hin auch  Dave Trick (Ex-Stad­trat der SVV Neu­rup­pin) sowie Partei­funk­tionär Pierre B aus Nauen an den Versammlungen.

Akteure mit NPD Biogra­phie während der Coro­na-Proteste in Rathenow

Die NPD Jugen­dor­gan­i­sa­tion „Junge Nation­al­is­ten“ (JN) zeigte sich Anfang Dezem­ber erfreut, dass „immer mehr Bürg­er den Mut find­en sich gegen das herrschende Sys­tem zur Wehr zu set­zen“. Unter Ver­wen­dung eines Fotos von den Coro­na-Protesten in Rathenow wurde außer­dem erk­lärt, dass sich auch in Zukun­ft in das bun­desweite Geschehen ein­gerei­ht werde.

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Inklusion & Ableism Verschwörungsideologie

Gedenken an Corona-Tote in Cottbus

Gedenken an Coro­na-Tote und Dank für Unter­stützende in Cottbus/Chóśebuz am 02. Januar
In Gedenken an die Coro­na-Toten und als stillen Dank für die Unter­stützen­den, möchte das Bünd­nis Unteil­bar Süd­bran­den­burg, gemein­sam mit vie­len Men­schen am 02. Jan­u­ar um 18.00 Uhr auf dem Alt­markt Kerzen entzün­den. Allein in Cottbus/Chóśebuz star­ben während der Pan­demie bis heute 252 Men­schen und viele mehr in Süd­bran­den­burg. Durch den Ein­satz von Ärzt*innen und Pflegkräften sowie den gel­tenden Schutz­maß­nah­men und Imp­fun­gen wur­den Men­schen­leben gerettet. 
“Wir wollen wieder etwas Ruhe in die Debat­te brin­gen und auf den Kern aller Maß­nah­men hin­deuten: die Ret­tung von Men­schen­leben!” erk­lärt Bar­bara Domke für das Bünd­nis. „Viele Men­schen sind sol­i­darisch mit den Schwäch­sten der Gesellschaft, ihnen gebührt der wieder­holte Dank. Aus gegeben­em Anlass kön­nen wir uns alle und die Unter­stützen­den nicht in ein­er Par­ty feiern, son­dern gedenken im Stillen den­jeni­gen, die es nicht geschafft haben.”
Die Organ­isieren­den bit­ten deshalb, eine Kerze zu entzün­den und eine stille Minute lang den Men­schen zu gedenken, die an Covid-19 erkrankt oder ver­stor­ben sind, deren Ange­hörige und den großar­ti­gen Men­schen im Kranken- und Pflege­bere­ich, die seit Monat­en um die Leben der erkrank­ten Men­schen kämpfen.
Um die Infek­tion­s­ge­fahr möglichst ger­ing zu hal­ten, ist es geset­zlich vorgeschrieben, eine Maske zu tra­gen und den Min­destab­stand von 1,50m  einzuhal­ten. Zusät­zlich wird darum gebeten, nur geimpft oder gene­sen und zusät­zlich getestet an der Ver­samm­lung teilzunehmen.
Im Vor­feld der Aktion am 02.01.2022 wer­den alle Men­schen in Süd­bran­den­burg aufgerufen, mit Beiträ­gen auf allen Social Media-Kanälen (Face­book, Twit­ter, Insta­gram) unter dem Hash­tag #Cot­tbus­Cares für das #Lichterge­denken zu wer­ben. Postet ab dem 27.12.2021, Mon­tag, 18 Uhr, ein Video mit den Hash­tags #Cot­tbus­Cares #Unteil­bar #yeswe­care. Das Bünd­nis freut sich auf unter­stützende Gedanken zu den Hash­tags und dem Aufruf zum #Lichterge­denken am 02.01.2022.
Ähn­liche Aktio­nen gab es auch in anderen Städten zum Beispiel in Wien oder eben­falls in unser­er Region wie am 27.12. ab 18.00 Uhr in Forst/Baršć.
Das Bünd­nis Unteil­bar Süd­bran­den­burg ist ein regionaler Zusam­men­schluss des deutsch­landweit­en über­parteilichen Unteil­bar Bünd­nis. Das Bünd­nis ste­ht für eine sol­i­darische, gerechte und offene Gesellschaft. Bere­its vor der Bun­destagswahl wur­den einige Aktio­nen, so z.B. die Nacht­tanzde­mo in Cottbus/Chóśebuz organisiert.
Kon­takt
Mobil­tele­fon: 0159–05661163
Aufruf #cot­tbus­cares
Wir danken allen Men­schen, die das gesellschaftliche Leben mit ihrem täglichen Ein­satz aufrecht erhalten.
Wir sind sol­i­darisch mit allen, die im Gesund­heitssys­tem für das Leben unser­er Nachbar:innen und Lieb­sten kämpfen. Wir sind sol­i­darisch mit allen, die durch die Pan­demie und die Maß­nah­men zu ihrer Eindäm­mung am Rand ihrer Exis­tenz ste­hen. Es ist unser gemein­sames Ziel, diese Pan­demie so schnell als möglich zu been­den und zu einem lebendi­gen und sol­i­darischen All­t­ag zurück zu kehren.
Wir trauern um die vie­len Men­schen, die weltweit auf­grund des Virus ver­stor­ben sind, aktuell trauern wir um mehr als 250 Cottbuser:innen. Wir ste­hen an der Seite der Ange­höri­gen. Wir wollen in ein­er Stadt leben, in der wir aufeinan­der auf­passen und uns umeinan­der sor­gen. Wir wollen nicht in ein­er Stadt leben, in der Impfgeg­n­er gewaltvoll die Straßen dominieren und ver­suchen, unser demokratis­ches Sys­tem zu sabotieren.
Cottbuser:innen, die sich selb­st der bürg­er­lichen Mitte zuord­nen, haben kein Prob­lem mehr damit, an Demos teilzunehmen, die von Recht­sex­tremen organ­isiert wer­den. Wir wider­sprechen dem Anti­semitismus, Umsturzphan­tasien, Sozial­dar­win­is­mus und anderen For­men der Men­schen­ver­ach­tung. Das ist keine berechtigte Kri­tik an der Coro­n­apoli­tik! Die Demonstrant:innen sind laut und sie prä­gen aktuell lei­der wieder das Bild von Cot­tbus. Das schadet unser­er Stadt bei den großen Zukun­ft­sauf­gaben massiv.
Mit Ver­schwörungserzäh­lun­gen, Fake-News, Diskri­m­inierung und Gewalt wird ver­sucht, unser Miteinan­der in der Stadt sys­tem­a­tisch zu zer­stören. Wir ver­trauen kri­tis­ch­er Wis­senschaft und prak­tis­ch­er Sol­i­dar­ität. Egal ob Pflege, Geflüchteten­hil­fe, Umweltschutz oder andere For­men der Sorge: was uns verbindet, ist die Lei­den­schaft für das gute Leben und die Menschlichkeit.
Dafür brauchen wir deine Unterstützung:
LICHTERGEDENKEN: Am 02. Jan­u­ar wer­den wir, unter Beach­tung der dann gel­tenden Vorschriften, um 18 Uhr auf dem Alt­markt zusam­menkom­men. Mit ein­er Kerze/Licht in der Hand gedenken wir eine Minute lang den Ver­stor­be­nen der Pandemie.
Postet ab dem 27.12. ‚Mon­tag, 18 Uhr, ein Video oder Foto mit den Hash­tags #cot­tbus­cares #unteil­bar #yeswe­care. Wir freuen uns auf eure Gedanken zu den Hash­tags und dem Aufruf zum Lichterge­denken am 02. Jan­u­ar! Ver­linkt dabei gerne eure Freund*innen und die Kanäle von #unteil­bar-sued­bran­den­burg, damit wir euch reposten können.
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Antifaschismus Verschwörungsideologie

Das hier ist kein Spaß mehr“

In der bran­den­bur­gis­chen Kreis­stadt Eber­swalde rufen QAnon-Aktivist:innen zum Wider­stand und Kampf gegen das Sys­tem auf. Auf der Straße fol­gen dem recht­sex­tremen Net­zw­erk, das neben anony­men Mes­sen­ger­di­en­sten auch mit Fly­ern aber vor allem über eine öffentliche Face­book-Gruppe mobil­isiert, bere­its gut 1.500 Men­schen. Mar­cel Dit­trich alias Timo Tanzt ist Admin dieser recht­sex­tremen und ver­schwörungside­ol­o­gis­chen Face­book-Gruppe “Eber­swalder Wider­stand für DemQkratie und Frei­heit” und auch der Ver­anstal­ter der ver­schwörungside­ol­o­gis­chen und wis­senschaftleug­nen­den Demon­stra­tio­nen in Eber­swalde, vorge­blich gegen die Coro­na­maß­nah­men. Jet­zt fordert er Wider­stand gegen das Sys­tem — bis zum Schluss. Denn da ist viel Hass zwis­chen all den Herzchen…

Der recht­sex­treme Ver­schwörungside­ologe Mar­cel Dit­trich mobil­isiert seit Anfang Dezem­ber 2021 in Eber­swalde zu Demon­stra­tio­nen vorge­blich gegen die Coro­na­maß­nah­men, maßge­blich über seine Face­book-Gruppe „Eber­swalder Wider­stand für DemQkratie und Frei­heit“, für deren Inhalte er als Admin­is­tra­tor unter dem Pseu­do­nym „Timo Tanzt“ ver­ant­wortlich zeich­net. Bere­its der Vor­läufer dieser Face­book-Gruppe „Eber­swalder Ini­tia­tive für DemQkratie und Frei­heit“ find­et im Ver­fas­sungss­chutzbericht des Lan­des Bran­den­burg 2020 Erwäh­nung (Vgl. Presse­fas­sung S. 25f). Nach­dem die alte Face­book-Gruppe mit 670 Mit­gliedern gelöscht wurde, wächst die neue in aller Öffentlichkeit stetig weit­er und hat bere­its wieder über 1.500 Mit­glieder. Neben der Mobil­isierung für die eige­nen regionalen Demon­stra­tio­nen, der bun­desweit­en Ver­net­zung und dem mit­tel­fristi­gen Ziel die Haupt­stadt Berlin mit bun­desweit­en Mobil­isierun­gen wieder stärk­er in den Fokus zu nehmen, wer­den hier wis­senschaft­sleug­nende, ver­schwörungside­ol­o­gis­che und recht­sex­treme Inhalte bzw. Inhalte von eben­solchen Drit­ten geteilt. Demokratis­che Insti­tu­tio­nen, Prozesse und Akteur:innen wer­den eben­so wie die muti­gen antifaschis­tis­chen Inter­ven­tio­nen vor Ort verächtlich gemacht. Es gibt dort auch Tipps zum Ver­hal­ten bei 2‑G-Kon­trollen und was zu tun ist bei Polizeikon­takt auf nicht angemelde­ten Demos. Und alle kön­nen mit­machen beim Fly­er verteilen in der Stadt. Gemein­sam wird sich am social-medi­al insze­nierten bun­desweit­en Quer­denken-Demo-Geschehen berauscht. Die Rede ist vom Great Reset, der NWO und ein­er Dik­tatur gegen die man sich im Wider­stand befinde. Zwis­chen Herzchen und Smi­lies wer­den die gewalt­täti­gen Angriffe der extrem recht­en Querdenker:innen auf die Polizei und der darin zum Aus­druck kom­mende Rück­zug des demokratis­chen Rechtsstaates abge­feiert. Für die Mit­glieder der Face­book-Gruppe „Eber­swalder Wider­stand für DemQkratie und Frei­heit“ liegt völkische Rev­o­lu­tion in der Luft.

Mit dem Bekan­ntwer­den des Lock­down Light in Bran­den­burg ab dem 27.12.2021, ruft der anti­demokratis­che QAnon-Het­zer Mar­cel Dit­trich jet­zt in sein­er Face­book-Gruppe die Eber­swalder „Wider­stand­skämpfer“ zum finalen Kampf gegen das Sys­tem „BIS ZUM SCHLUSS“.

Fatal­is­tisch heißt es in seinem Aufruf: „Wenn wir Jet­zt nach­lassen… Wenn wir uns jet­zt einsper­ren lassen.… Dann ist es vor­bei!!!!!!!!!!!! Dann haben wir ver­loren!!!!!!! Dann war alles umson­st!!!!! WACHT JETZT AUF UND KOMMT RAUS!!! (…) DAS IST DER MOMENT.… JETZT KÖNNEN WIR ES KIPPEN.… JETZT ODER NIE!!!! WENN WIR ES JETZT NICHT TUN, DANN IST ES VORBEI FÜR UNS UND UNSERE KINDER!!!! Ich würde gerne ein­fach so weit­er­ma­chen wie bish­er.… Tolle Stim­mung… Tolle Gespräche.… Aber das reicht nicht mehr!!!!! (…) Das hier ist kein Spaß mehr.… (…) Alles andere ist kein Wider­stand, son­dern gewollt… Vom gle­ichen Sys­tem, welch­es wir bekämpfen!!!!!!!!“ (Mar­cel Dit­trich alias Timo Tanzt)

Cir­ca 1.500 „Wider­stand­skämpfer“ waren am 20.12.2021 in Eber­swalde auf der Straße, zusam­men mit Mar­cel Dit­trich, dem regelmäßi­gen Ver­anstal­ter der mon­täglichen Demo, die angemeldet und behördlich genehmigt wurde und trotz sein­er Vorankündi­gung die Aufla­gen nicht einzuhal­ten quer durch Eber­swalde spazieren durfte, ohne Abstände, ohne Masken, mit wenig Polizei, zu wenig um die Coro­naschutzverord­nung des Lan­des Bran­den­burg durchzuset­zen. Die völkische Quer­front in Eber­swalde reicht dabei von Bürger:innen der soge­nan­nten Mitte über gewal­ter­fahrene Mittvierziger und ‑fün­fziger der Base­ballschläger­jahre, das Café Klein­schmidt, das Glüh­wein an die Quer­front verteilt und demokratis­chen Repräsentant:innen ein Hausver­bot erteilt, bis hin zur recht­sex­tremen AfD, die fleißig mit mobil­isiert und „spaziert“. Nach PEGIDA wit­tert der par­la­men­tarische Arm des Recht­ster­ror­is­mus in Deutsch­land auch in Eber­swalde eine weit­ere Chance, seinen reak­tionären Bürg­erkriegsap­pa­rat gegen die offene und plu­ral­is­tis­che Gesellschaft und die par­la­men­tarische Demokratie in Stel­lung zu bringen.

Und Abgren­zung nach Rechts, daran ist gar­nicht zu denken. Für den mit­laufend­en Teil der Eber­swalder Stadt­ge­sellschaft ist das gemein­same Ziel — die Diskus­sion um eine Ein­führung ein­er all­ge­meinen Impf­pflicht zu ihren Gun­sten zu entschei­den — zumin­d­est eine strate­gis­che Gemein­samkeit, die ein Zweck­bünd­nis mit der organ­isierten extremen Recht­en recht­fer­tigt. Da haben sie alle von PEGIDA gel­ernt: der demokratis­che Staat ist mit völkisch­er Straßenge­walt erpress­bar (gewor­den). Wie in vie­len kleineren und größeren Städten sind Polizei und Innen­min­is­teri­um nicht bere­it die Coro­naschutzverord­nun­gen durchzuset­zen. Ver­hält­nis­mäßigkeit heißt es dann oft, wo der poli­tis­che Wille zur wehrhaften Demokratie bei den Repräsentant:innen ebendieser ver­loren gegan­gen ist. Und wenn dies der Grund für die Arbeitsver­weigerung von Innenminister:innen und Polizeiführer:innen ist und die Zivilge­sellschaft im Lock­down weit­er­hin so ver­s­tummt bleibt, dann sind wir wirk­lich wieder back to the 90s. Dann bleibt als Antwort auf den völkischen Mob nur noch antifaschis­tis­che Mobac­tion. Schade eigentlich. Ich dachte wir wären als Gesellschaft weit­er. Sind wir auch, aber es bleibt sehr zäh.

Darum unter­stützt die pro­gres­siv­en antifaschis­tis­chen Akteur:innen in Eber­swalde und der Prov­inz, ob auf der Straße oder online. Kein Fußbre­it der völkischen Quer­front — Nicht in Eber­swalde, nicht in Bran­den­burg, nicht im Inter­net und auch nicht in unseren Familien!

Zum Hin­ter­grund von QAnon in Deutsch­land: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/wp-content/uploads/2020/11/01-dehate-report-QAnon.pdf

Mar­cel Dit­trich het­zt im RBB (ab Minute 2:19): https://www.ardmediathek.de/video/brandenburg-aktuell/radikalisierte-corona-demos/rbb-fernsehen/Y3JpZDovL3JiYi1vbmxpbmUuZGUvYnJhbmRlbmJ1cmdha3R1ZWxsLzIwMjEtMTItMjBUMTk6MzA6MDBfYTVmYWEzOTItZDE3NC00NmU1LWFjNjEtMzVlYzViZDM3ZmU5L2Nvcm9uYS1kZW1vcw/

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Bericht zur Demo “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)”

Ver­bale Über­griffe und ras­sis­tis­che Belei­di­gun­gen sowie Bedro­hun­gen nach
der Demon­stra­tion

Rund 300 Men­schen haben am Sam­stag, dem 17. Juli 2021, an den breiten
und bun­ten Protesten des Bünd­niss­es „Kein Ort für Nazis in Frankfurt
(Oder)“ gegen einen Neon­azi­auf­marsch in der Oder­stadt teilgenommen.
Trotz zwis­chen­zeit­igem Starkre­gen, der sich über 40 Minuten hinzog,
zeigten Frankfurter*innen bei­der Kundge­bung auf dem Bahnhofsvorplatz
Gesicht gegen Recht­sex­trem­is­mus und die recht­sex­treme „Brud­er­schaft
Wolf­ss­char“. Es gab Rede­beiträge von der Universitätspräsidentin,
Frank­furts Bürg­er­meis­ter, Vertreter*innen  demokratis­ch­er Parteien und
Weit­eren. Mit der Kundge­bung und einem anschließen­den Demonstrationszug
vom Bahn­hof zur Stadt­brücke, macht­en die Teil­nehmenden deut­lich, dass
sie es nicht wider­spruch­s­los hin­nehmen, wenn sich in Frank­furt (Oder)
erneut recht­sex­treme Struk­turen bilden.

Im Nach­gang der Demon­stra­tion blieb es jedoch lei­der nicht so friedlich.
Am Abend kam es zu mehreren ver­balen Über­grif­f­en und rassistischen
Belei­di­gun­gen durch Neon­azis in der Frank­furter Innen­stadt; unter
anderem auf augen­schein­liche Gegendemonstrant*innen, sowie auf die
Elyx-Bar am Bahn­hof. Gegen 18:05 Uhr wollte dort eine Gruppe von etwa 20
Teilnehmer*innen der Neon­azi-Demon­stra­tion einkehren. Nach­dem ihnen
schon vor Betreten der Bar das Hausver­bot aus­ge­sprochen wurde, wurde der
Betreiber der Bar von der Gruppe bedro­ht und sub­til rassistisch
belei­digt. Die Neon­azi-Gruppe verblieb einige Minuten in dieser Stimmung
und ent­fer­nte sich erst danach. Der Betreiber kon­nte sich in die Bar in
Sicher­heit brin­gen um dort mit seinem Kol­le­gen umge­hend den Notruf
ver­ständi­gen und die began­genen Straftat­en zu melden.Nach Angaben des
Betreibers dauerte es allerd­ings fast eine halbe Stunde, bis die Polizei
auf dem Bahn­hofsvor­platz ein­traf. Die Beamt*innen zeigten sich dann aber
sehr hil­fs­bere­it und ver­ständ­nisvoll; später nahm auch die
Krim­i­nalpolizei umfassende Aus­sagen auf und begann ihre Ermittlungen.

Das Bünd­nis „Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder)“ find­et es
unver­ant­wortlich, dass größere Grup­pen von Teil­nehmenden der
ras­sis­tis­chen Demon­stra­tion trotz mas­sivem Polizeiaufge­bot in der
gesamten Innen­stadt noch bis zum Abend unbe­merkt durch die Straßen
ziehen und Peo­ple of Colour oder ver­meintliche Gegendemonstrant*innen
belei­di­gen und bedro­hen kon­nten. Es war nur Glück, dass es in der
Zwis­chen­zeit nicht zu ein­er weit­eren Eskala­tion gekom­men ist.

Die Polizei hätte bere­its während der Demon­stra­tion das offene Tragen
der Losung “Blut und Ehre” und stil­isierte Hak­enkreuze mit
SS-Totenköpfen unterbinden müssen. Es bleibt auch unklar warum der
Mörder von Farid Guen­doul an dem Tag offen ein T‑Shirt mit der
Auf­schrift „Nur dein Tod schützt meine Kinder“ tra­gen kon­nte ohne, dass
die Polizei eingriff.^1

Das Bünd­nis sol­i­darisiert sich mit den Per­so­n­en, die von den Neonazis
ange­fein­det wur­den und macht ein­deutig klar: Frank­furt (Oder) ist und
bleibt kein Ort für Nazis. Es bleibt an uns, an allen Tagen die Stimme
zu erheben und unseren bre­it­en Wider­spruch gegenüber Neonazis,
Rassist*innen und recht­sex­tremen Ide­olo­gien deut­lich zu machen.

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(Anti-)Rassismus (Anti)militarismus Flucht & Migration

Zwei Jubiläen und kein Grund zum Feiern

Welt­flüchtlingstag und Gen­fer Flüchtlingskon­ven­tion: Zwei Jubiläen, aber nicht ein Grund zum Feiern

Am 20. Juni jährt sich der Welt­flüchtlingstag – der inter­na­tionale Gedenk­tag für die Schick­sale aller Asyl­suchen­den, Flüchtlinge, Bin­nen­ver­triebe­nen und staaten­losen Men­schen weltweit – zum zwanzig­sten Mal. Gle­ichzeit­ig feiert die Gen­fer Flüchtlingskon­ven­tion in diesem Jahr 70-jähriges Jubiläum. Grund zum Feiern sieht der Flüchtlingsrat Bran­den­burg aber nicht.

Mehr als 80 Mil­lio­nen Men­schen sind aktuell, an diesem Tag, in diesem Moment auf der Flucht. Das sind so viele wie noch nie. Allein im ver­gan­genen Jahr ist die Zahl der Flüch­t­en­den laut UN-Flüchtling­shil­fe weltweit um fast 15 Prozent gestiegen. Doch statt sich entschlossen für einen besseren Schutz dieser Men­schen einzuset­zen, wer­den alle Anstren­gun­gen unter­nom­men, die eige­nen Gren­zen zu schützen und möglichst viele der Men­schen, die bei uns Zuflucht suchen und sich hier ein neues Leben auf­bauen wollen, wieder loszuw­er­den”, kom­men­tiert Lot­ta Schwedler vom Flüchtlingsrat Bran­den­burg die gegen­wär­ti­gen Entwick­lun­gen. Die Grund­sätze der Gen­fer Flüchtlingskon­ven­tion, einst zurecht als ein völk­er­rechtlich­er Meilen­stein der Nachkriegs­geschichte gefeiert, sieht sie zunehmend aus­ge­höhlt – auch in Bran­den­burg: Immer weniger Geflüchtete erhal­ten einen Schutzs­ta­tus, Bleiberechtsmöglichkeit­en wer­den nicht aus­geschöpft, Ermessensspiel­räume ignori­ert und Abschiebun­gen um jeden Preis und nicht sel­ten unter Anwen­dung von Gewalt durchgesetzt.

Die forcierten Abschiebun­gen aus Bran­den­burg sieht der Flüchtlingsrat ger­ade vor dem Hin­ter­grund der Covid-19-Pan­demie, die im let­zten Jahr beina­he sämtliche Lebens­bere­iche lah­mgelegt hat, beson­ders kri­tisch: Während das Auswär­tige Amt auf­grund der weltweit­en Pan­demie seit über einem Jahr zurecht von Urlaub­sreisen ins Aus­land abrät, wur­den Abschiebun­gen mit Aus­nahme ein­er kurzen Atem­pause im Früh­jahr let­zten Jahres weit­er­hin rig­oros durchge­zo­gen. So beteiligte sich Bran­den­burg an mehr als 20 bun­desweit organ­isierten Sam­me­lab­schiebun­gen in rund 10 Län­der. Hauptziel­län­der der Sam­melchar­ter, an denen Bran­den­burg sich 2020 beteiligte, waren Georgien, Ser­bi­en, Tune­sien und Afghanistan. Hinzu kom­men diverse Abschiebun­gen von Einzelper­so­n­en, unter anderem in andere europäis­che Staat­en auf der Grund­lage der Dublin-Verordnung.

Um die kom­pro­miss­lose Härte zu verdeut­lichen, mit der aus Bran­den­burg abgeschoben wird, ver­weist der Flüchtlingsrat auf jüng­ste Abschiebun­gen nach Afghanistan und Nigeria.

Ende Mai wur­den in ein­er Char­ter­mas­chine ab Düs­sel­dorf auch vier Men­schen aus Bran­den­burg nach Nige­ria abgeschoben. Beson­ders erschreck­end ist dabei, wie lange die Per­so­n­en hier lebten, bevor sie jäh aus ihrem Leben­sum­feld geris­sen und aus Deutsch­land aus­ge­flo­gen wur­den: Zwei von ihnen lebten bere­its seit über 20 Jahren hier, ein­er neun und ein­er sieben Jahre. Drei von ihnen hat­ten deutsche Kinder. Obwohl Bran­den­burg seit vie­len Jahren ihre Heimat war, wur­den wed­er Bleiberechtsmöglichkeit­en noch Härte­fall­regelun­gen aus­geschöpft. Dem Flüchtlingsrat liegen außer­dem Infor­ma­tio­nen vor, dass min­destens eine der Per­so­n­en psy­chisch schw­er belastet war – selb­st dies wurde offen­bar nicht als Hin­derungs­grund gewertet.

Auch bei Ahmad A., der am 9. Feb­ru­ar nach Afghanistan abgeschobe­nen wurde, fuhr die Zen­trale Aus­län­der­be­hörde in Bran­den­burg lieber eine harte Lin­ie, statt Spiel­räume auszuschöpfen: Er war aus­ge­bilde­ter San­itäter und hat­te sich um Arbeit und einen Aus­bil­dungsplatz bemüht. Er unter­lag jedoch einem Beschäf­ti­gungsver­bot, weil er in der Erstauf­nahme lebte. Die Entschei­dung fiel auch bei ihm auf Abschiebung. In Kab­ul angekom­men berichtete er von Gewal­tan­wen­dung während sein­er Abschiebung – und von sein­er auswe­glosen Sit­u­a­tion vor Ort: „Wir haben ein biss­chen Geld bekom­men, davon kon­nten wir ein Hotel für eine Woche mieten. Heute ist der let­zte Tag. Ab mor­gen weiß ich nicht, was ich machen soll, denn ich habe hier keine Fam­i­lie und kenne niemanden.”

Wed­er der Welt­flüchtlingstag noch der 70-jährige Geburt­stag der Gen­fer Flüchtlingskon­ven­tion geben uns in diesem Jahr Grund zum Feiern. Die Flüchtlingskon­ven­tion wollte auch eine Antwort auf das Schick­sal viel­er Jüdin­nen und Juden sein, die von den Nazis ver­fol­gt keine Staat­en fan­den, in denen sie Zuflucht find­en kon­nten. Umso schw­er­er wiegt es, wenn Deutsch­land – und Bran­den­burg – siebzig Jahre später Abschiebun­gen in den Fokus ihrer Flüchtlingspoli­tik rück­en, anstatt Auf­nahme, Asyl und Bleiberechte.

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(Anti-)Rassismus (Anti)militarismus Antifaschismus Bildung & Kultur Flucht & Migration

Frontex wegbassen!

FRONTEX WEGBASSEN!
Stoppt die Beteili­gung der Bun­de­spolizei an der tödlichen  EU-Abschottungspolitik!

Im Rah­men der bun­desweit­en Aktion­stage der See­brücke „Wir kla­gen an! —  Men­schen­rechte sind #Unver­han­del­bar“ machen wir Krach gegen Fron­tex  und die Bun­de­spolizei. Wir wollen gle­ichzeit­ig Spenden für  medi­zinis­che Ver­sorgung der Flüch­t­ende auf der Balkan-Route einsammeln.

Kommt zur Kundge­bung mit Konz­ert am Sam­stag, den 19. Juni ab 17 Uhr  zum Bass­in­platz in Pots­dam. Euch erwarten Rede­beiträge, Musik  handgemacht und aus der Dose und viel Aus­tausch darüber, was Pots­dam  mit dem Ster­ben im Mit­telmeer und an den EU-Gren­zen zu tun hat, und  was wir dage­gen machen kön­nen. Bringt eure Sparschweine mit, wir  sam­meln vor Ort Spenden!

An den europäis­chen Außen­gren­zen herrscht Chaos: Brände, Stürme,  Über­schwem­mungen und Polizeige­walt sind All­t­ag für die Men­schen in den  griechis­chen Lagern. Auch neun Monate nach dem Brand in Moria leben  zehn­tausende Men­schen unter unwürdi­gen und lebens­bedrohlichen  Bedin­gun­gen. Hun­derte Geflüchtete sind allein in diesem Jahr bere­its  im Mit­telmeer gestor­ben. Tausende wur­den ille­gal zurück­gewiesen,  sys­tem­a­tisch wird der Zugang zum Ter­ri­to­ri­um der EU und zum Recht auf  Asyl blockiert.

Pots­dam – Mit­ten­drin im Krieg gegen flüch­t­ende Menschen
Mit dem Bun­de­spolizeiprä­sid­i­um der Bun­de­spolizei in Pots­dam, in der  Hein­rich-Mann-Allee 103 und bald mit einem riesi­gen Neubau im  „Horst“weg (sic!), ist Pots­dam ein­er der Aus­gangspunk­te für die  organ­isierte Men­schen­ver­ach­tung an den Gren­zen Europas. Die  Bun­de­spolizei stellt mit 1.200 Polizist*innen den Großteil des  Fron­tex-Per­son­als von momen­tan 6.500 Per­so­n­en¹. Dabei soll Fron­tex  trotz aller Kri­tik weit­er­hin stark wach­sen. Auch reich­lich Aus­rüs­tung  und organ­isatorische Hil­fe für die Fron­tex-Ein­heit­en wer­den von  Schreibtischtäter*innen in der Pots­damer Hauptzen­trale der  Bun­de­spolizei abgewick­elt². Darüber­hin­aus gehören Abschiebun­gen zum  Tages­geschäft der Bundespolizei.

Fron­tex, Bun­de­spolizei und Bun­desregierung: An euren Hän­den klebt Blut!
Erst kür­zlich wur­den Unter­suchun­gen öffentlich³, dass min­destens 2.000  Tote auf ille­gale Push­backs durch EU-Ein­heit­en und Fron­tex  zurück­zuführen sind. Die europäis­chen Mis­sio­nen Fron­tex und IRINI  unter­stützen die soge­nan­nte libysche Küstenwache bei ihren  men­schen­rechtswidri­gen Push­backs, ver­weigern die Ret­tung aus Seenot  und lassen schutz­suchende Men­schen ertrinken. Men­schen­rechte wer­den  mis­sachtet und von europäis­chen und deutschen Politiker*innen als  Ver­hand­lungs­ge­gen­stand missbraucht.
Das nehmen wir nicht länger hin — wir kla­gen diese  Men­schen­rechtsver­let­zun­gen an!

Wir fordern von den Pots­damer Spitzenkandidat*innen Baer­bock und  Scholz klare Unter­stützung für:
•    Schließung der Fron­tex- und Abschiebe­abteilun­gen des  Bun­de­sprä­sid­i­ums der Bun­de­spolizei – Fron­tex raus aus dem Sicheren  Hafen Potsdams!
•    Die sofor­tige Evakuierung aller Lager an den EU-Außen­gren­zen und die  selb­st­bes­timmte Auf­nahme der Men­schen in auf­nah­me­bere­ite Län­der und  Kommunen
•    Das Ende deutsch­er Beteili­gung an allen Fron­tex– und EUNAVFOR MED-Einsätzen
•    Staatlich organ­isierte Seenotret­tung und ein Ende der  Krim­i­nal­isierung zivil­er Seenotrettung
•    Sichere und legale Fluchtwege und die Gewährleis­tung des  indi­vidu­ellen Rechts auf Asyl

Gemein­sam zeigen wir der aktuellen sowie der neuen Bun­desregierung,  dass Menschenrechte
#unver­han­del­bar sind. Komm am 19. Juni zum Bassi! Starte Aktio­nen  gegen Fron­tex , Bun­de­spolizei & Co und gehe der*n (zukün­fti­gen)  Kanzler*in auf die Nerven!

¹  https://www.deutschlandfunk.de/eu-grenzsicherung-und-menschenrechte-frontex-und-die.724.de.html?dram:article_id=491339
²  https://www.bundespolizei.de/Web/DE/03Unsere-Aufgaben/04Internationale-Aufgaben/Frontex.html?nn=6475536
³  https://www.theguardian.com/global-development/2021/may/05/revealed-2000-refugee-deaths-linked-to-eu-pushbacks

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Solidarität mit den Geflüchteten in Kunersdorf in MOL

Am Welt­flüchtlingstag sprechen die Auf­nah­melän­der über ihre Errun­gen­schaften, was sie für ihre neuen Bürger*innen getan haben. Unsere Gedanken und unsere Sol­i­dar­ität an diesem Tag gel­ten jedoch den Geflüchteten in Bran­den­burg, ins­beson­dere denen in Kuners­dorf, denen seit vie­len Jahren grundle­gende Men­schen­rechte voren­thal­ten wer­den, wie z.B. der Zugang zu Kom­mu­nika­tion. Es ist nicht möglich, dort, wo sie leben, einen Anruf zu emp­fan­gen oder zu täti­gen. Sie haben kein Inter­net­zu­gang! Um einen ein­fachen Anruf zu täti­gen, sind sie gezwun­gen, sich viele Kilo­me­ter zu bewegen.
Das ist nicht nur ein Erschw­er­nis eines sehr wichti­gen Kom­mu­nika­tion­di­en­stes, den jed­er Men­sch nutzt, son­dern eine Grun­drechtsver­let­zung! In einem demokratis­chen und soge­nan­nten Erste-Welt-Land wie Deutsch­land wird Men­schen auf­grund ihrer Herkun­ft der ein­fache Zugang zur Kom­mu­nika­tion ver­wehrt! Kuners­dorf ist nur ein Beispiel von vie­len anderen Flüchtlingslagern in Brandenburg.

Keine Möglichkeit­en der Integration
Abge­se­hen von den oben genan­nten Prob­le­men haben die Schutz­suchen­den noch andere schw­er­wiegende Prob­leme: kein Recht auf Arbeit, schwierige Gesund­heitssi­t­u­a­tion, viele Bewohner*innen von Sam­melun­terkün­ften sind in Mehrbettz­im­mer zusam­mengepfer­cht, sog­ar während der Coro­na-Pan­demie. Sie sind gezwun­gen, mehrere Jahre so zu leben, weil viele Aus­län­derämter sich weigern, ihre Ermessensspiel­räume zu nutzen, um ihnen einen legalen Aufen­thalt zu gewähren und ihnen so den Auszug aus den Lagern zu ermöglichen.
Bei unserem let­zten Besuch im Lager Kun­ser­dorf haben wir fest­gestellt, dass die meis­ten von ihnen an psy­chis­chen Prob­le­men lei­den. Die Unter­bringung von Men­schen in Sam­melun­terkün­ften ist in der jet­zi­gen Sit­u­a­tion der Camps ein Ver­stoß gegen die Grun­drechte und macht Men­schen psy­chisch und physisch krank. In sehr vie­len Fällen ver­stößt der von der Poli­tik verord­nete Zwang, in Sam­melun­terkün­ften zu leben, gegen den Infek­tion­ss­chutz während der Coronapandemie.
Deshalb fordern wir die SCHLIESSUNG der derzeit­i­gen Lager!

Wir fordern Woh­nun­gen für alle!
Wir fordern ein Umdenken bei der Woh­nun­ter­bringung und die Erar­beitung neuer Unter­bringungskonzepte unter Beteili­gung der Betrof­fe­nen und der bre­it­en Gesellschaft.
Jedoch um schnell­st­möglich die jet­zige Sit­u­a­tion in Kuners­dorf erträglich­er zu machen, fordern wir als Sofort­maß­nahme einen Inter­ne­tan­schluss für die Sam­melun­terkun­ft. Ohne­hin wird nach unseren Infor­ma­tio­nen ein Glas­faserk­a­belan­schluss in Kuners­dorf ver­legt. Dieser Anschluss muss auch in die Sam­melun­terkun­ft gelegt wer­den! Wir als selb­stor­gan­isiert­er Vere­in aus geflüchteten Men­schen ste­hen bere­it, mit den Bewohner*innen vor Ort ein Inter­net­café aufzubauen – wie wir es schon vielfach in anderen Sam­melun­terkün­ften in Bran­den­burg gemacht haben!

Gemein­sam kön­nen wir eine bessere Gesellschaft in Bran­den­burg aufbauen!

Refugees Eman­ci­pa­tion Team.
Unter­stützt von We’ll Come Unit­ed Berlin/Brandenburg, FEM e.V.

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