Flüchtlingsräte und PROASYL fordern Abschaffung des AsylbLG, freie Wohnortwahl und dezentrale Unterbringung für alle Geflüchteten
Bei ihrer gemeinsamen Konferenz haben die Landesflüchtlingsräte und PROASYL sich intensiv mit den aktuellen Bedingungen geflüchteter Menschen in Deutschland auseinandergesetzt. Insbesondere der brutale Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zwingt mehrere Millionen Menschen zur Flucht.
Wir begrüßen, dass Menschen, die aus der Ukraine fliehen, jetzt visumsfrei in Deutschland einreisen dürfen und hier großzügig aufgenommen werden. Mit dem „vorübergehenden Schutz” nach §24 erhalten sie unkompliziert ein Bleiberecht, können ihren Wohnort frei wählen und unterliegen keinem Arbeitsverbot. Dies wäre unter den Bedingungen des Asylsystems, das auf Kontrolle und Abschreckung basiert, nicht möglich gewesen.
Aktuell sieht man den politischen Willen, Aufnahmebedingungen für Geflüchtete zu verbessern. Das sollte nun für alle Schutzsuchenden gelten: „Das diskriminierende Asylbewerberleistungsgesetz, die Zuweisung in Kommunen gegen den Wunsch der Betroffenen und die langfristige Unterbringung in Lagern sind niemandem zuzumuten. Solche Gängelungen müssen endlich für alle Geflüchteten abgeschafft werden!”, erklärt Mara Hasenjürgen vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
Die Unterbringung in Massenunterkünften darf nur vorübergehend sein. Länder und Landkreise müssen sich jetzt vermehrt um dezentrale Unterbringung bemühen, um gesellschaftliche Teilhabe für alle Geflüchteten von Beginn an zu ermöglichen.
Flüchtlingsräte und PROASYL stehen an der Seite diverser migrantischer Selbstorganisationen, die die ungleiche Behandlung Schutzsuchender scharf kritisieren. Racial Profiling durch die Polizei, die Medienberichterstattung und die geltende Rechts- und Verordnungslage zeigen die rassistische Unterscheidung auf, die Menschen auf der Flucht erfahren müssen. Zentral ist jetzt, dass die Bundesregierung ihre Spielräume in der Umsetzung des EU-Ratsbeschlusses nutzt. Alle Meschen, die aus der Ukraine fliehen, müssen die Aufenthaltserlaubnis nach §24 Aufenthaltsgesetz erhalten, auch wenn sie nicht explizit in der EU-Richtlinie 2001/55/EG genannt sind.
„Selektive Solidarität ist keine. Es spielt keine Rolle, welche Nationalität oder Hautfarbe Menschen haben, die hier Schutz suchen. Wir sind verpflichtet, allen Schutzsuchenden unsere volle Unterstützung zukommen zu lassen. Ob Menschen vor Bomben oder Hunger fliehen, darf keinen Einfluss auf unsere Aufnahmebereitschaft haben”, stellt Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat klar.
Selbstorganisierte Kämpfe von Migrant*innen, besonders seit dem langen Sommer der Migration 2015/16, aber auch die unzähligen Vereine und Organisationen, die Geflüchtete seit Jahren unterstützen, haben die elementare Arbeit geleistet, auf der aktuelle Formen der Solidarität aufbauen können. Trotz der Katastrophe in der Ukraine darf die Not der Menschen in Ländern wie Libyen, Belarus, Jemen, Syrien, Äthiopien, Nigeria oder Afghanistan nicht vergessen werden.
Women in Exile & Friends Demonstration in Rathenow
„Wir kämpfen für den Frieden“ am 8.3. 2022 von 12 – 15h auf dem Platz der Freiheit, 14712 Rathenow
Angesichts des Krieges in der Ukraine sprechen die europäischen Länder von humanitären Aktionen und auf der anderen Seite spalten sie die Menschen und sortieren sie dann in kleine Kästchen. Es ist entmutigend und erschütternd, in den sozialen Medien zu sehen, wie Flüchtlingen die Einreise in Züge und sichere Länder verweigert wird, nur, weil sie eine andere Hautfarbe haben.
Madeleine Mawamba: „Wir werden mit dieser Spaltung der Menschen nicht mitmachen. Women in Exile und andere werden ihre Solidarität mit allen Kriegsflüchtlingen zeigen. Wir demonstrieren am Internationalen Frauentag in Rathenow, weil unsere Schwarzen Schwestern von strukturellem Rassismus im Rathenower Standesamt bezüglich der Geburtsurkunden berichtet haben. Frauen mit Kindern von deutschen und afrikanischen Vätern müssen lange darum kämpfen, eine zu bekommen. Wir fordern das Standesamt auf, seinen Rassismus aufzuarbeiten und die Geburtsurkunden für diese Kinder auszustellen!„
Women in Exile & Friends demonstriert gegen das Lagersystem im Landkreis Havelland und anderswo. Frauen und Kinder werden von dem rassistischen System der Europäischen Union im Stich gelassen, in kaputten Heimen isoliert und immer wieder traumatisiert. Täglich erleben Flüchtlingsfrauen persönlichen Rassismus und Sexismus auf der Straße und strukturellen Rassismus in Ämtern, Standesämtern, Rathäusern, Schulen, auf dem Wohnungsmarkt.
Deshalb fordern wir Teilhabe, reproduktive Gerechtigkeit, sichere Lebensbedingungen und die Achtung der Frauenrechte.
Wir sind solidarisch mit den Flüchtlingen aus der Ukraine und verurteilen den Rassismus, den Flüchtlinge of Colour auf der Flucht aus der Ukraine erleben. Für alle Flüchtlinge fordern wir faire Verfahren, die die Menschenwürde achten!
Madeleine Mawamba: „Das Motto der Demos ist „Wir kämpfen für den Frieden“. Es gibt keinen Frieden ohne Gerechtigkeit! Und Gerechtigkeit gibt es in diesem Land nicht! Also lasst uns gemeinsam für den Frieden kämpfen. Wir sind geflüchtete und nicht geflüchtete Freunde, wir sind Schwarze Frauen, Frauen of Color und Weiße, wir sind Lesben, Inter*, Trans*, nicht-binäre Menschen. Wir nehmen den Internationalen Frauentag zum Anlass, gemeinsam auf die Straße zu gehen und für unsere Rechte gegen alle Arten von Diskriminierung und Gewalt zu kämpfen.
Gemeinsam mit solidarischen Gruppen und Einzelpersonen stehen wir für die Kräfte des heilsamen Wandels. Und auch wenn es reaktionäre, harte Zeiten sind: Gemeinsam werden wir den Lauf der Geschichte verändern! Und einen neuen inklusiven und intersektionalen Feminismus leben, der eine Ära einläutet, die allen staatlichen Gewalten ein Ende setzt. Wir sehen soziale Gerechtigkeit und Frieden kommen, wenn diese auf basisdemokratischer Selbstorganisation und radikaler Demokratie – auch im wirtschaftlichen Bereich – beruhen! Wir unterstützen dies, indem wir geflüchtete Frauen* befähigen, ihre Rechte zu verstehen und ihre Interessen zu verteidigen. Als Frauen haben wir kein Land und wir wollen auch kein Land, denn unser Zuhause ist die ganze Welt.„
Keine Lager für Frauen und Kinder! Schafft alle Lager ab!
Für das RECHTZUKOMMEN, RECHTZUGEHEN, RECHTZUBLEIBEN!!!!
Gegenprotest darf nicht fehlen: Wir machen eine eigene Demo!
Los geht’s am Montag, 03.01.22 um 16:30 Uhr Vorplatz Brandenburger Tor!
Am letzten Montag haben wir den Impfgegner*innen und Coronaleugner*innen in Potsdam nicht die Straßen überlassen! 5 x 💯 Antifaschist*innen und Menschen aus der ganzen Stadtgesellschaft haben lautstark protestiert und eine Schwurbel-Demo in der Innenstadt erfolgreich blockiert.
Damit bekam Potsdam eine überregionale Bedeutung in den Nachrichten. Während es in vielen Städten zu immer mehr und oft auch gewalttätigeren Protesten von Schwurbler*innen kommt, zeigt unsere Stadtgesellschaft, dass es auch anders geht!
Deshalb werden wir weiter machen. In einer gemeinsamen Onlinekonferenz haben die 20 im Bündnis „Gemeinsam für ein solidarisches Potsdam“ zusammengeschlossenen Initiativen entschieden, sich den rechtsoffenen Schwurbel-Demos auch am nächsten Montag entgegen zu stellen.
Natürlich gibt es auch bei uns Diskussionen und Fragen dazu, wer eigentlich die Leute in Potsdam sind, denen ihre individuelle, egoistische Freiheit wichtiger ist als die Gesundheit und das Überleben ihrer Mitmenschen.
Wir wissen von der Teilnahme von Coronaleugner*innen, Verschwörungserzähler*innen, AfD und Nazis — im Netz und auf der Straße.
Natürlich wissen wir auch, dass hier Menschen dabei sind, die von einer wissenschaftlich nicht begründbaren Angst vor einer Impfung auf die Straße getrieben werden. Gerade für die gilt aber: Demonstriert nicht mit Nazis und antisemitisch motivierten Verschwörungserzähler*innen!
Unser Widerstand richtet sich gegen eine Bewegung, die zunehmend die Demokratie bedroht, deren ideologische Basis immer stärker rechte Narrative enthält und die das gesellschaftliche Klima zerstört.
Unsere Kritik richtet sich auch gegen eine Coronapolitik, welche Konzerne schützt und die Lasten der Pandemie den Menschen aufbürdet. Wir fordern eine Gesundheitspolitik, welche den Beschäftigten in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen eine gesicherte finanzielle Perspektive gibt und den vorhandenen Impfstoff gerecht in der ganzen Welt verteilt.
Dies werden wir am Montag, den 3. Januar 2022 wieder auf die Straße tragen.
📢Wir rufen auf, ab 16:30 Uhr zu einer gemeinsamen Demonstration zu kommen. Sie startet am Brandenburger Tor und wird durch die Innenstadt zum Nauener Tor führen. Damit blockieren wir die Innenstadt für die Coronaleugner*innen und werden sie nicht laufen lassen.
Bitte organisiert Euch auch bei dieser Aktionsform in Kleingruppen, seid mobil, tragt Masken und haltet Abstand.
In Rathenow (Landkreis Havelland/Brandenburg) wird seit Wochen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung demonstriert. Die Demonstrationen scheinen bürgerlich. Doch extrem Rechte fachen die Proteste an. Ihr selbsterklärtes Ziel: „Die BRD muss weg“.
Feindbild Bundesrepublik
Eine größere Gruppe Menschen: Männer, Frauen und Kinder, bürgerlich gekleidet, vereinzelt mit Kerzen in der Hand, versammeln sich am frühen Abend, im Schutze der Dunkelheit auf dem Märkischen Platz in Rathenow. Aus einem eben noch andächtigen Treffen entwickelt sich dann aber plötzlich ein Demonstrationszug, aus dem lautstark: „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“ skandiert wird und der auch recht schnell handgreiflich gegen jeden wird, der versucht sich ihm in den Weg zu stellen, auch gegen Polizeibeamte. Transparente und Plakate gibt es kaum, Reden werden keine gehalten. Doch Allen ist klar worum es geht: Auflehnen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung. Denn die Aktion auf der Straße ist eigentlich nur noch der letzte Schritt im Protokoll der medial stark beeinflussten Protestkultur der Pandemie-Verharmlosenden. Der entscheidende Prozess des gegenseitigen Gedankenaustausches findet im Socialmedia statt: oft bei Facebook, jedoch immer öfter bei Telegram. „ Freie Brandenburger“ nennt sich dort beispielweise ein brandenburgweites Netzwerk von Pandemieverharmlosern. Die für das havelländische Rathenow zuständige Netzwerk-Untersektion trägt das Kürzel „HVL“ und hat momentan 318 Mitglieder (Stand: 28.12.2021, 9:30 Uhr). Hier wird – im Gegensatz zu den Demonstrationen auf der der Straße – Klartext gesprochen, Strategien ausgetauscht und Aktionen vorab geplant. Einer der dort aktiven Wortführenden aus Rathenow ist Christian Kaiser. Er bringt es auf den Punkt: „Die BRD muss weg“. Und: „Die Proteste müssen von uns angefacht werden“. Sich selber sieht er dabei als „politisch geschulten Deutschen“, dessen Aufgabe es sei „so viele Landsleute wie möglich“ in seine Richtung zu ziehen.
Der „Dritte Weg“ stellt die Systemfrage
Doch Christian Kaiser ist nicht irgendwer. Der Rathenower bekennt sich seit Monaten offen zur neonazistischen Kaderpartei „Der Dritte Weg“. Am 3. Juli 2021 marschierte Kaiser beispielsweise, mit einem T‑Shirt der Partei gekleidet, beim „Tag der Heimattreue“ in Olpe (Nordrhein-Westfalen) mit. Bei einer Corona-Mahnwache am 26. November 2021 in Rathenow trug er außerdem ein Basecap des Dritten Wegs. Am 20. Dezember 2021 filmte Kaiser die Corona-Proteste in Rathenow mit seinem Handy und veröffentlichte das Video unter seinem Namen bei „HVL – Freie Brandenburger“. Wenige Minuten später veröffentlichte „Der dritte Weg“ dasselbe Video inklusive Parteilogo in seinem Telegram-Kanal für Berlin und Brandenburg.
Die Neonazi-Partei hat momentan ein starkes Interesse an die Corona-Proteste anzudocken, sieht sie doch darin die Chance einen Wandel des politischen Systems herbeiführen zu können. Offen wurde bei einem größeren Parteiaufzug am 15. Dezember 2021 in Wittstock (Dosse) die Systemfrage gestellt. Und auch bei ähnlich großen Aufzug der Partei am 23. Dezember 2021 in Wittenberge lautete die Kernparole: „Das System ist gefährlicher als Corona“.
Für die beiden Aufzüge in Nordbrandenburg wurden übrigens zeitweise inaktive extrem rechte Strukturen wieder zum Leben erweckt. Ähnlich erscheint dies auch in Rathenow.
Ein Vorbild für die Corona-Proteste in Rathenow: Das Bürgerbündnis Havelland
Christian Kaisers politische Laufbahn begann nämlich bereits 2015. Damals war er der Anführer des „Bürgerbündnisses Havelland“, einer vermeintlich bürgerlich ausgerichteten Initiative mit klar flüchtlingsfeindlichen Positionen, welche sich an den Aufzügen der PEGIDA in Dresden orientierte und sich wie diese wöchentlich versammelte. Die regelmäßigen Versammlungen in Rathenow zogen damals bis zu 600 Menschen in ihrer Spitzenzeit. Ihr Treffpunkt war der Märkische Platz, wo bereits im November 1989 die wöchentlichen Demonstration des Neuen Forums für Reformen in der DDR, Proteste gegen Rassismus im März 2000 oder gegen die Agenda 2010 im August 2004 stattfanden. „Wir erhoben uns – Gestalt zu sein“ wird der ehemalige DDR Kulturminister Johannes R. Becher auf dem markantesten Gebäude am Platz – dem Kulturhaus – zitiert. Ein Zitat, unter welchem sich viele Protestbewegungen gerne zeigen. Doch keine Bewegung hat sich dort länger öffentlich präsentiert als das „Bürgerbündnis Havelland“. Vier Jahre lang, von 2015 bis 2019, wurde sich dort wöchentlich versammelt und große Teile der Stadt mit dumpfen Rassismus, Verschwörungserzählungen und Reichsbürger-Thesen lautstark beschallt. In dieser Zeit entwickelte sich das „Bürgerbündnis Havelland“ von einer losen Initiative zu einem festen, eingetragenen Verein. Ab 2017 ordnete der Verfassungsschutz Brandenburg den Verein in den Phänomenbereich „Rechtsextremismus“ ein. Christian Kaiser führte das „Bürgerbündnis Havelland“ bis zur offiziellen Vereinsauflösung im Jahr 2019 als Vereinsvorsitzender. Im Protokoll der Gründungsversammlung des Vereines vom 1. Mai 2016 finden sich neben Kaisers Namen aber auch noch zwei weitere Akteure, welche heute bei den Protesten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen aktiv sind : Wolfgang H und Ralf Maasch. Während H meist nur zweitrangige Vorstandsämter ausführte und in der Regel nur als ein Art Adjudant des Vorsitzenden wahrnehmbar war, machte Maasch, der innerhalb des Vereins unter anderem für dessen Facebook-Seite (2017) verantwortlich war, eine nicht unbedeutende Parteikarriere.
Die Rolle der lokalen AfD
Ralf Maasch nahm nämlich seit spätestens 2016 an Versammlungen der AfD teil. Im Rahmen der Kommunalwahlen im Mai 2019 wurde er auf einer Wahlliste dieser Partei in die Rathenower Stadtverordnetenversammlung (SVV) gewählt. Daraufhin wurde Maasch Vorsitzender des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Ordnung, Sicherheit und Brandschutz. Im Oktober 2019 avancierte er sogar zum Vorsitzenden des AfD Ortsverbandes Rathenow.
Doch auch in diesen Ämtern blieb Maasch vor allem eines: ein Straßenaktivist. Bereits bei den ersten Protesten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen im Mai und Juni 2020 in Rathenow versuchte er gemeinsam mit seinem alten Weggefährten Christian Kaiser Einfluss zu gewinnen. Die zügigen Lockerungen der Bundesregierung ließen die Frequentierung der lokalen Versammlungen jedoch schnell abebben und bedeutungslos werden.
Erst ab dem 26. November 2021 fanden in Rathenow wieder Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen statt. Neben Christian Kaiser gehörte auch Ralf Maasch zu den ersten Politaktivisten, welche sich in die Veranstaltungen einreihten. In den folgenden Wochen mobilisierte Maasch von seinem privaten Facebook-Profil aus mehrfach für die stets unangemeldeten Aufzüge, ebenso wie auch seine Fraktionskollegen aus der SVV, Dirk Przedwojewski und Ingo Willimzig. Vereinzelt flossen in diese zum Teil geteilten Aufrufe auch taktische Überlegungen mit ein, wie beispielsweise „Polizeikräfte der BRD bundesweit an so vielen Punkten wie irgend möglich zu binden“. Ein deutlicher Hinweis, dass die lokale AfD bewusst versucht die öffentliche Ordnung zu destabilisieren und damit auch radikaleren Kräften, wie dem „Dritten Weg“, in die Hände spielt.
Tatsächlich nahmen dann auch einige AfD Funktionäre an den zuvor beworbenen Veranstaltungen teil. Neben Maasch, Przedwojewski und Willimzig, beteiligten sich unter Anderem auch Dr Uwe Hendrich (Vorsitzender der AfD Fraktion in der SVV Rathenow), Gerald Hübner (Vorsitzender der AfD Fraktion im Kreistag Havelland), Daniel Dege (Abgeordneter der SVV Nauen), Torsten Fischer (Vorsitzender des AfD Ortsverbandes Nauen) sowie Felix Niedermeyer (Beisitzer im Landesvorstand der „Jungen Alternative“) an den unangemeldeten Demonstrationen in Rathenow.
Proteste gegen Corona-Politik der Bundesregierung seitens der AfD oder ihrer Akteure sind übrigens auch kein lokales Phänomen. Der Landesvorstand der AfD Brandenburg führt seit Monaten beispielsweise eine eigene Kampagne gegen Corona-Schutzmaßnahmen.
Einflussnahme von „Brandenburg steht auf“
Überregionale Unterstützung erfahren die Rathenower Proteste gegen die Corona-Politik übrigens auch durch die Initiative „Brandenburg steht auf“. Die informelle Vereinigung ist im November 2020 aus dem lokalen Querdenken-Ableger „Querdenken 338 BRB“ entstanden und führt vor allem im Stadtgebiet von Brandenburg an der Havel regelmäßige Aufzüge gegen die Corona-Schutzmaßnahmen durch. Auch Christian Kaiser nahm mehrfach an diesen Versammlungen teil.
Bei den Aufzügen von „Brandenburg steht auf“ kommt es regelmäßig zu Verstößen gegen das Versammlungsgesetz sowie gegen die Corona-Auflagen. Vereinzelt wurden bei Spontanmärschen auch schon Polizeiketten durchbrochen. Wirkliche Konsequenzen hatte dies bisher jedoch für die beteiligten Akteure noch nicht.
Der Initiative steht die AfD de facto als Schutzmacht zur Seite. Parteifunktionäre, vereinzelt auch Landtagsabgeordnete laufen bei „Brandenburg steht auf“ mit. Akteure von „Brandenburg steht auf“ finden sich umkehrt dann auch bei Veranstaltungen der AfD in Brandenburg an der Havel ein.
Im Landkreis Havelland ist „Brandenburg steht auf“ vor allem durch einzelne Akteure, wie zB durch Martin, Maik und Markus W aus Milower Land OT Milow präsent. In dem kleinen Ort bei Rathenow fand am 25. November 2021 auch eine kleine Mahnwache von „Brandenburg steht auf“ statt.
In den folgenden Wochen konzentrierte sich die Gruppe aber vor allem aber auf die Proteste in der havelländischen Kreisstadt Rathenow. Neben Martin, Maik und Markus W aus Milow, reisten dorthin auch die Köpfe von „Brandenburg steht auf“ aus Brandenburg an der Havel: Torsten Veit, Jan T sowie Dennis A und nahmen Einfluss auf den Verlauf der Proteste. Auf Fotos vom 3. Dezember 2021 sind Jan T und Dennis A beispielsweise der Spitze einer Spontandemonstration zu sehen. Auf einem Video vom selben Tag ist weiterhin Markus W zu erkennen, wie er Teilnehmende der unangemeldeten Corona-Mahnwache in Rathenow auffordert, sich der Spontandemo anzuschließen und zwar durch eine Polizeikette hindurch. Sein Handeln erscheint dabei durchaus zielsteuernd.
In der Telegram-Chatgruppe „HVL – Freie Brandenburger“ schreibt er später zB in Bezug auf den Umgang mit der Polizei: „Wir müssen jetzt zeigen das wir viele sind u das wir stärker sind“.
Neonazistisches Kameradschaftsmilieu und NPD ebenfalls präsent
In die informelle Allianz radikaler und extrem rechter Gruppen reiht sich darüber hinaus auch das traditionelle neonazistische Kameradschaftsmilieu aus dem Havelland. Dieses hatte sich Anfang der 2000er Jahre in den Kameradschaften „Hauptvolk“ und „Sturm 27“ zusammen gefunden. Beide Vereinigungen wurden im April 2005 verboten. Die Bestrebungen der Kameradschaften richteten sich, laut Verbotsverfügung, gegen die verfassungsmäßige Ordnung. In den Vereinspublikationen wurden der Nationalsozialismus und dessen Vertreter glorifiziert sowie rassistische und antisemitische Inhalte verbreitet. Darüber hinaus waren Mitglieder der Kameradschaften an diversen Gewalttaten beteiligt.
Trotz des Verbotes blieben die ehemaligen Mitglieder der aufgelösten Vereine als Freundeskreis verbunden. Auch nach 2005 beteiligten sich Akteure der verbotenen Kameradschaften immer wieder an Aufzügen der NPD oder bei Christian Kaisers „Bürgerbündnis Havelland“.
An den Mahnwachen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen ab dem 26. November 2021 in Rathenow beteiligten sich unter anderem folgende, von den Verbotsmaßnahmen 2005 betroffene Ex-Kameradschaftsmitglieder: Claudia M, Frank Peter F, André K, Maurice K, Jens R, Andreas S, Marian S und Michel Müller.
Von diesen hat aktuell aber nur noch Müller ein politisches Amt inne. Er zog 2014 über eine NPD Liste in die Rathenower Stadtverordnetenversammlung ein und wurde 2019 wiedergewählt. Allerdings war Müller nicht der Einzige mit einer NPD Biographie bei den Corona Mahnwachen in Rathenow. An den Veranstaltungen nahmen auch Marcel H (2005 Vorsitzender des NPD Ortsverbandes Rathenow) und Sabrina B (2011 Vorsitzende des NPD Ortsverbandes Rathenow) teil. Ferner beteiligten sich weiterhin auch Dave Trick (Ex-Stadtrat der SVV Neuruppin) sowie Parteifunktionär Pierre B aus Nauen an den Versammlungen.
Die NPD Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ (JN) zeigte sich Anfang Dezember erfreut, dass „immer mehr Bürger den Mut finden sich gegen das herrschende System zur Wehr zu setzen“. Unter Verwendung eines Fotos von den Corona-Protesten in Rathenow wurde außerdem erklärt, dass sich auch in Zukunft in das bundesweite Geschehen eingereiht werde.
Gedenken an Corona-Tote und Dank für Unterstützende in Cottbus/Chóśebuz am 02. Januar
In Gedenken an die Corona-Toten und als stillen Dank für die Unterstützenden, möchte das Bündnis Unteilbar Südbrandenburg, gemeinsam mit vielen Menschen am 02. Januar um 18.00 Uhr auf dem Altmarkt Kerzen entzünden. Allein in Cottbus/Chóśebuz starben während der Pandemie bis heute 252 Menschen und viele mehr in Südbrandenburg. Durch den Einsatz von Ärzt*innen und Pflegkräften sowie den geltenden Schutzmaßnahmen und Impfungen wurden Menschenleben gerettet.
“Wir wollen wieder etwas Ruhe in die Debatte bringen und auf den Kern aller Maßnahmen hindeuten: die Rettung von Menschenleben!” erklärt Barbara Domke für das Bündnis. „Viele Menschen sind solidarisch mit den Schwächsten der Gesellschaft, ihnen gebührt der wiederholte Dank. Aus gegebenem Anlass können wir uns alle und die Unterstützenden nicht in einer Party feiern, sondern gedenken im Stillen denjenigen, die es nicht geschafft haben.”
Die Organisierenden bitten deshalb, eine Kerze zu entzünden und eine stille Minute lang den Menschen zu gedenken, die an Covid-19 erkrankt oder verstorben sind, deren Angehörige und den großartigen Menschen im Kranken- und Pflegebereich, die seit Monaten um die Leben der erkrankten Menschen kämpfen.
Um die Infektionsgefahr möglichst gering zu halten, ist es gesetzlich vorgeschrieben, eine Maske zu tragen und den Mindestabstand von 1,50m einzuhalten. Zusätzlich wird darum gebeten, nur geimpft oder genesen und zusätzlich getestet an der Versammlung teilzunehmen.
Im Vorfeld der Aktion am 02.01.2022 werden alle Menschen in Südbrandenburg aufgerufen, mit Beiträgen auf allen Social Media-Kanälen (Facebook, Twitter, Instagram) unter dem Hashtag #CottbusCares für das #Lichtergedenken zu werben. Postet ab dem 27.12.2021, Montag, 18 Uhr, ein Video mit den Hashtags #CottbusCares #Unteilbar #yeswecare. Das Bündnis freut sich auf unterstützende Gedanken zu den Hashtags und dem Aufruf zum #Lichtergedenken am 02.01.2022.
Ähnliche Aktionen gab es auch in anderen Städten zum Beispiel in Wien oder ebenfalls in unserer Region wie am 27.12. ab 18.00 Uhr in Forst/Baršć.
Das Bündnis Unteilbar Südbrandenburg ist ein regionaler Zusammenschluss des deutschlandweiten überparteilichen Unteilbar Bündnis. Das Bündnis steht für eine solidarische, gerechte und offene Gesellschaft. Bereits vor der Bundestagswahl wurden einige Aktionen, so z.B. die Nachttanzdemo in Cottbus/Chóśebuz organisiert.
Kontakt
Mobiltelefon: 0159–05661163
Aufruf #cottbuscares
Wir danken allen Menschen, die das gesellschaftliche Leben mit ihrem täglichen Einsatz aufrecht erhalten.
Wir sind solidarisch mit allen, die im Gesundheitssystem für das Leben unserer Nachbar:innen und Liebsten kämpfen. Wir sind solidarisch mit allen, die durch die Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung am Rand ihrer Existenz stehen. Es ist unser gemeinsames Ziel, diese Pandemie so schnell als möglich zu beenden und zu einem lebendigen und solidarischen Alltag zurück zu kehren.
Wir trauern um die vielen Menschen, die weltweit aufgrund des Virus verstorben sind, aktuell trauern wir um mehr als 250 Cottbuser:innen. Wir stehen an der Seite der Angehörigen. Wir wollen in einer Stadt leben, in der wir aufeinander aufpassen und uns umeinander sorgen. Wir wollen nicht in einer Stadt leben, in der Impfgegner gewaltvoll die Straßen dominieren und versuchen, unser demokratisches System zu sabotieren.
Cottbuser:innen, die sich selbst der bürgerlichen Mitte zuordnen, haben kein Problem mehr damit, an Demos teilzunehmen, die von Rechtsextremen organisiert werden. Wir widersprechen dem Antisemitismus, Umsturzphantasien, Sozialdarwinismus und anderen Formen der Menschenverachtung. Das ist keine berechtigte Kritik an der Coronapolitik! Die Demonstrant:innen sind laut und sie prägen aktuell leider wieder das Bild von Cottbus. Das schadet unserer Stadt bei den großen Zukunftsaufgaben massiv.
Mit Verschwörungserzählungen, Fake-News, Diskriminierung und Gewalt wird versucht, unser Miteinander in der Stadt systematisch zu zerstören. Wir vertrauen kritischer Wissenschaft und praktischer Solidarität. Egal ob Pflege, Geflüchtetenhilfe, Umweltschutz oder andere Formen der Sorge: was uns verbindet, ist die Leidenschaft für das gute Leben und die Menschlichkeit.
Dafür brauchen wir deine Unterstützung:
LICHTERGEDENKEN: Am 02. Januar werden wir, unter Beachtung der dann geltenden Vorschriften, um 18 Uhr auf dem Altmarkt zusammenkommen. Mit einer Kerze/Licht in der Hand gedenken wir eine Minute lang den Verstorbenen der Pandemie.
Postet ab dem 27.12. ‚Montag, 18 Uhr, ein Video oder Foto mit den Hashtags #cottbuscares #unteilbar #yeswecare. Wir freuen uns auf eure Gedanken zu den Hashtags und dem Aufruf zum Lichtergedenken am 02. Januar! Verlinkt dabei gerne eure Freund*innen und die Kanäle von #unteilbar-suedbrandenburg, damit wir euch reposten können.
In der brandenburgischen Kreisstadt Eberswalde rufen QAnon-Aktivist:innen zum Widerstand und Kampf gegen das System auf. Auf der Straße folgen dem rechtsextremen Netzwerk, das neben anonymen Messengerdiensten auch mit Flyern aber vor allem über eine öffentliche Facebook-Gruppe mobilisiert, bereits gut 1.500 Menschen. Marcel Dittrich alias Timo Tanzt ist Admin dieser rechtsextremen und verschwörungsideologischen Facebook-Gruppe “Eberswalder Widerstand für DemQkratie und Freiheit” und auch der Veranstalter der verschwörungsideologischen und wissenschaftleugnenden Demonstrationen in Eberswalde, vorgeblich gegen die Coronamaßnahmen. Jetzt fordert er Widerstand gegen das System — bis zum Schluss. Denn da ist viel Hass zwischen all den Herzchen…
Der rechtsextreme Verschwörungsideologe Marcel Dittrich mobilisiert seit Anfang Dezember 2021 in Eberswalde zu Demonstrationen vorgeblich gegen die Coronamaßnahmen, maßgeblich über seine Facebook-Gruppe „Eberswalder Widerstand für DemQkratie und Freiheit“, für deren Inhalte er als Administrator unter dem Pseudonym „Timo Tanzt“ verantwortlich zeichnet. Bereits der Vorläufer dieser Facebook-Gruppe „Eberswalder Initiative für DemQkratie und Freiheit“ findet im Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2020 Erwähnung (Vgl. Pressefassung S. 25f). Nachdem die alte Facebook-Gruppe mit 670 Mitgliedern gelöscht wurde, wächst die neue in aller Öffentlichkeit stetig weiter und hat bereits wieder über 1.500 Mitglieder. Neben der Mobilisierung für die eigenen regionalen Demonstrationen, der bundesweiten Vernetzung und dem mittelfristigen Ziel die Hauptstadt Berlin mit bundesweiten Mobilisierungen wieder stärker in den Fokus zu nehmen, werden hier wissenschaftsleugnende, verschwörungsideologische und rechtsextreme Inhalte bzw. Inhalte von ebensolchen Dritten geteilt. Demokratische Institutionen, Prozesse und Akteur:innen werden ebenso wie die mutigen antifaschistischen Interventionen vor Ort verächtlich gemacht. Es gibt dort auch Tipps zum Verhalten bei 2‑G-Kontrollen und was zu tun ist bei Polizeikontakt auf nicht angemeldeten Demos. Und alle können mitmachen beim Flyer verteilen in der Stadt. Gemeinsam wird sich am social-medial inszenierten bundesweiten Querdenken-Demo-Geschehen berauscht. Die Rede ist vom Great Reset, der NWO und einer Diktatur gegen die man sich im Widerstand befinde. Zwischen Herzchen und Smilies werden die gewalttätigen Angriffe der extrem rechten Querdenker:innen auf die Polizei und der darin zum Ausdruck kommende Rückzug des demokratischen Rechtsstaates abgefeiert. Für die Mitglieder der Facebook-Gruppe „Eberswalder Widerstand für DemQkratie und Freiheit“ liegt völkische Revolution in der Luft.
Mit dem Bekanntwerden des Lockdown Light in Brandenburg ab dem 27.12.2021, ruft der antidemokratische QAnon-Hetzer Marcel Dittrich jetzt in seiner Facebook-Gruppe die Eberswalder „Widerstandskämpfer“ zum finalen Kampf gegen das System „BISZUMSCHLUSS“.
Fatalistisch heißt es in seinem Aufruf: „Wenn wir Jetzt nachlassen… Wenn wir uns jetzt einsperren lassen.… Dann ist es vorbei!!!!!!!!!!!! Dann haben wir verloren!!!!!!! Dann war alles umsonst!!!!! WACHTJETZTAUFUNDKOMMTRAUS!!! (…) DASISTDERMOMENT.… JETZTKÖNNENWIRESKIPPEN.… JETZTODERNIE!!!! WENNWIRESJETZTNICHTTUN, DANNISTESVORBEIFÜRUNSUNDUNSEREKINDER!!!! Ich würde gerne einfach so weitermachen wie bisher.… Tolle Stimmung… Tolle Gespräche.… Aber das reicht nicht mehr!!!!! (…) Das hier ist kein Spaß mehr.… (…) Alles andere ist kein Widerstand, sondern gewollt… Vom gleichen System, welches wir bekämpfen!!!!!!!!“ (Marcel Dittrich alias Timo Tanzt)
Circa 1.500 „Widerstandskämpfer“ waren am 20.12.2021 in Eberswalde auf der Straße, zusammen mit Marcel Dittrich, dem regelmäßigen Veranstalter der montäglichen Demo, die angemeldet und behördlich genehmigt wurde und trotz seiner Vorankündigung die Auflagen nicht einzuhalten quer durch Eberswalde spazieren durfte, ohne Abstände, ohne Masken, mit wenig Polizei, zu wenig um die Coronaschutzverordnung des Landes Brandenburg durchzusetzen. Die völkische Querfront in Eberswalde reicht dabei von Bürger:innen der sogenannten Mitte über gewalterfahrene Mittvierziger und ‑fünfziger der Baseballschlägerjahre, das Café Kleinschmidt, das Glühwein an die Querfront verteilt und demokratischen Repräsentant:innen ein Hausverbot erteilt, bis hin zur rechtsextremen AfD, die fleißig mit mobilisiert und „spaziert“. Nach PEGIDA wittert der parlamentarische Arm des Rechtsterrorismus in Deutschland auch in Eberswalde eine weitere Chance, seinen reaktionären Bürgerkriegsapparat gegen die offene und pluralistische Gesellschaft und die parlamentarische Demokratie in Stellung zu bringen.
Und Abgrenzung nach Rechts, daran ist garnicht zu denken. Für den mitlaufenden Teil der Eberswalder Stadtgesellschaft ist das gemeinsame Ziel — die Diskussion um eine Einführung einer allgemeinen Impfpflicht zu ihren Gunsten zu entscheiden — zumindest eine strategische Gemeinsamkeit, die ein Zweckbündnis mit der organisierten extremen Rechten rechtfertigt. Da haben sie alle von PEGIDA gelernt: der demokratische Staat ist mit völkischer Straßengewalt erpressbar (geworden). Wie in vielen kleineren und größeren Städten sind Polizei und Innenministerium nicht bereit die Coronaschutzverordnungen durchzusetzen. Verhältnismäßigkeit heißt es dann oft, wo der politische Wille zur wehrhaften Demokratie bei den Repräsentant:innen ebendieser verloren gegangen ist. Und wenn dies der Grund für die Arbeitsverweigerung von Innenminister:innen und Polizeiführer:innen ist und die Zivilgesellschaft im Lockdown weiterhin so verstummt bleibt, dann sind wir wirklich wieder back to the 90s. Dann bleibt als Antwort auf den völkischen Mob nur noch antifaschistische Mobaction. Schade eigentlich. Ich dachte wir wären als Gesellschaft weiter. Sind wir auch, aber es bleibt sehr zäh.
Darum unterstützt die progressiven antifaschistischen Akteur:innen in Eberswalde und der Provinz, ob auf der Straße oder online. Kein Fußbreit der völkischen Querfront — Nicht in Eberswalde, nicht in Brandenburg, nicht im Internet und auch nicht in unseren Familien!
Verbale Übergriffe und rassistische Beleidigungen sowie Bedrohungen nach der Demonstration
Rund 300 Menschen haben am Samstag, dem 17. Juli 2021, an den breiten
und bunten Protesten des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt
(Oder)“ gegen einen Neonaziaufmarsch in der Oderstadt teilgenommen.
Trotz zwischenzeitigem Starkregen, der sich über 40 Minuten hinzog,
zeigten Frankfurter*innen beider Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz
Gesicht gegen Rechtsextremismus und die rechtsextreme „Bruderschaft
Wolfsschar“. Es gab Redebeiträge von der Universitätspräsidentin,
Frankfurts Bürgermeister, Vertreter*innen demokratischer Parteien und
Weiteren. Mit der Kundgebung und einem anschließenden Demonstrationszug
vom Bahnhof zur Stadtbrücke, machten die Teilnehmenden deutlich, dass
sie es nicht widerspruchslos hinnehmen, wenn sich in Frankfurt (Oder)
erneut rechtsextreme Strukturen bilden.
Im Nachgang der Demonstration blieb es jedoch leider nicht so friedlich.
Am Abend kam es zu mehreren verbalen Übergriffen und rassistischen
Beleidigungen durch Neonazis in der Frankfurter Innenstadt; unter
anderem auf augenscheinliche Gegendemonstrant*innen, sowie auf die
Elyx-Bar am Bahnhof. Gegen 18:05 Uhr wollte dort eine Gruppe von etwa 20
Teilnehmer*innen der Neonazi-Demonstration einkehren. Nachdem ihnen
schon vor Betreten der Bar das Hausverbot ausgesprochen wurde, wurde der
Betreiber der Bar von der Gruppe bedroht und subtil rassistisch
beleidigt. Die Neonazi-Gruppe verblieb einige Minuten in dieser Stimmung
und entfernte sich erst danach. Der Betreiber konnte sich in die Bar in
Sicherheit bringen um dort mit seinem Kollegen umgehend den Notruf
verständigen und die begangenen Straftaten zu melden.Nach Angaben des
Betreibers dauerte es allerdings fast eine halbe Stunde, bis die Polizei
auf dem Bahnhofsvorplatz eintraf. Die Beamt*innen zeigten sich dann aber
sehr hilfsbereit und verständnisvoll; später nahm auch die
Kriminalpolizei umfassende Aussagen auf und begann ihre Ermittlungen.
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ findet es
unverantwortlich, dass größere Gruppen von Teilnehmenden der
rassistischen Demonstration trotz massivem Polizeiaufgebot in der
gesamten Innenstadt noch bis zum Abend unbemerkt durch die Straßen
ziehen und People of Colour oder vermeintliche Gegendemonstrant*innen
beleidigen und bedrohen konnten. Es war nur Glück, dass es in der
Zwischenzeit nicht zu einer weiteren Eskalation gekommen ist.
Die Polizei hätte bereits während der Demonstration das offene Tragen
der Losung “Blut und Ehre” und stilisierte Hakenkreuze mit
SS-Totenköpfen unterbinden müssen. Es bleibt auch unklar warum der
Mörder von Farid Guendoul an dem Tag offen ein T‑Shirt mit der
Aufschrift „Nur dein Tod schützt meine Kinder“ tragen konnte ohne, dass
die Polizei eingriff.^1
Das Bündnis solidarisiert sich mit den Personen, die von den Neonazis
angefeindet wurden und macht eindeutig klar: Frankfurt (Oder) ist und
bleibt kein Ort für Nazis. Es bleibt an uns, an allen Tagen die Stimme
zu erheben und unseren breiten Widerspruch gegenüber Neonazis,
Rassist*innen und rechtsextremen Ideologien deutlich zu machen.
Weltflüchtlingstag und Genfer Flüchtlingskonvention: Zwei Jubiläen, aber nicht ein Grund zum Feiern
Am 20. Juni jährt sich der Weltflüchtlingstag – der internationale Gedenktag für die Schicksale aller Asylsuchenden, Flüchtlinge, Binnenvertriebenen und staatenlosen Menschen weltweit – zum zwanzigsten Mal. Gleichzeitig feiert die Genfer Flüchtlingskonvention in diesem Jahr 70-jähriges Jubiläum. Grund zum Feiern sieht der Flüchtlingsrat Brandenburg aber nicht.
„Mehr als 80 Millionen Menschen sind aktuell, an diesem Tag, in diesem Moment auf der Flucht. Das sind so viele wie noch nie. Allein im vergangenen Jahr ist die Zahl der Flüchtenden laut UN-Flüchtlingshilfe weltweit um fast 15 Prozent gestiegen. Doch statt sich entschlossen für einen besseren Schutz dieser Menschen einzusetzen, werden alle Anstrengungen unternommen, die eigenen Grenzen zu schützen und möglichst viele der Menschen, die bei uns Zuflucht suchen und sich hier ein neues Leben aufbauen wollen, wieder loszuwerden”, kommentiert Lotta Schwedler vom Flüchtlingsrat Brandenburg die gegenwärtigen Entwicklungen. Die Grundsätze der Genfer Flüchtlingskonvention, einst zurecht als ein völkerrechtlicher Meilenstein der Nachkriegsgeschichte gefeiert, sieht sie zunehmend ausgehöhlt – auch in Brandenburg: Immer weniger Geflüchtete erhalten einen Schutzstatus, Bleiberechtsmöglichkeiten werden nicht ausgeschöpft, Ermessensspielräume ignoriert und Abschiebungen um jeden Preis und nicht selten unter Anwendung von Gewalt durchgesetzt.
Die forcierten Abschiebungen aus Brandenburg sieht der Flüchtlingsrat gerade vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie, die im letzten Jahr beinahe sämtliche Lebensbereiche lahmgelegt hat, besonders kritisch: Während das Auswärtige Amt aufgrund der weltweiten Pandemie seit über einem Jahr zurecht von Urlaubsreisen ins Ausland abrät, wurden Abschiebungen mit Ausnahme einer kurzen Atempause im Frühjahr letzten Jahres weiterhin rigoros durchgezogen. So beteiligte sich Brandenburg an mehr als 20 bundesweit organisierten Sammelabschiebungen in rund 10 Länder. Hauptzielländer der Sammelcharter, an denen Brandenburg sich 2020 beteiligte, waren Georgien, Serbien, Tunesien und Afghanistan. Hinzu kommen diverse Abschiebungen von Einzelpersonen, unter anderem in andere europäische Staaten auf der Grundlage der Dublin-Verordnung.
Um die kompromisslose Härte zu verdeutlichen, mit der aus Brandenburg abgeschoben wird, verweist der Flüchtlingsrat auf jüngste Abschiebungen nach Afghanistan und Nigeria.
Ende Mai wurden in einer Chartermaschine ab Düsseldorf auch vier Menschen aus Brandenburg nach Nigeria abgeschoben. Besonders erschreckend ist dabei, wie lange die Personen hier lebten, bevor sie jäh aus ihrem Lebensumfeld gerissen und aus Deutschland ausgeflogen wurden: Zwei von ihnen lebten bereits seit über 20 Jahren hier, einer neun und einer sieben Jahre. Drei von ihnen hatten deutsche Kinder. Obwohl Brandenburg seit vielen Jahren ihre Heimat war, wurden weder Bleiberechtsmöglichkeiten noch Härtefallregelungen ausgeschöpft. Dem Flüchtlingsrat liegen außerdem Informationen vor, dass mindestens eine der Personen psychisch schwer belastet war – selbst dies wurde offenbar nicht als Hinderungsgrund gewertet.
Auch bei Ahmad A., der am 9. Februar nach Afghanistan abgeschobenen wurde, fuhr die Zentrale Ausländerbehörde in Brandenburg lieber eine harte Linie, statt Spielräume auszuschöpfen: Er war ausgebildeter Sanitäter und hatte sich um Arbeit und einen Ausbildungsplatz bemüht. Er unterlag jedoch einem Beschäftigungsverbot, weil er in der Erstaufnahme lebte. Die Entscheidung fiel auch bei ihm auf Abschiebung. In Kabul angekommen berichtete er von Gewaltanwendung während seiner Abschiebung – und von seiner ausweglosen Situation vor Ort: „Wir haben ein bisschen Geld bekommen, davon konnten wir ein Hotel für eine Woche mieten. Heute ist der letzte Tag. Ab morgen weiß ich nicht, was ich machen soll, denn ich habe hier keine Familie und kenne niemanden.”
Weder der Weltflüchtlingstag noch der 70-jährige Geburtstag der Genfer Flüchtlingskonvention geben uns in diesem Jahr Grund zum Feiern. Die Flüchtlingskonvention wollte auch eine Antwort auf das Schicksal vieler Jüdinnen und Juden sein, die von den Nazis verfolgt keine Staaten fanden, in denen sie Zuflucht finden konnten. Umso schwerer wiegt es, wenn Deutschland – und Brandenburg – siebzig Jahre später Abschiebungen in den Fokus ihrer Flüchtlingspolitik rücken, anstatt Aufnahme, Asyl und Bleiberechte.
FRONTEXWEGBASSEN!
Stoppt die Beteiligung der Bundespolizei an der tödlichen EU-Abschottungspolitik!
Im Rahmen der bundesweiten Aktionstage der Seebrücke „Wir klagen an! — Menschenrechte sind #Unverhandelbar“ machen wir Krach gegen Frontex und die Bundespolizei. Wir wollen gleichzeitig Spenden für medizinische Versorgung der Flüchtende auf der Balkan-Route einsammeln.
Kommt zur Kundgebung mit Konzert am Samstag, den 19. Juni ab 17 Uhr zum Bassinplatz in Potsdam. Euch erwarten Redebeiträge, Musik handgemacht und aus der Dose und viel Austausch darüber, was Potsdam mit dem Sterben im Mittelmeer und an den EU-Grenzen zu tun hat, und was wir dagegen machen können. Bringt eure Sparschweine mit, wir sammeln vor Ort Spenden!
An den europäischen Außengrenzen herrscht Chaos: Brände, Stürme, Überschwemmungen und Polizeigewalt sind Alltag für die Menschen in den griechischen Lagern. Auch neun Monate nach dem Brand in Moria leben zehntausende Menschen unter unwürdigen und lebensbedrohlichen Bedingungen. Hunderte Geflüchtete sind allein in diesem Jahr bereits im Mittelmeer gestorben. Tausende wurden illegal zurückgewiesen, systematisch wird der Zugang zum Territorium der EU und zum Recht auf Asyl blockiert.
Potsdam – Mittendrin im Krieg gegen flüchtende Menschen
Mit dem Bundespolizeipräsidium der Bundespolizei in Potsdam, in der Heinrich-Mann-Allee 103 und bald mit einem riesigen Neubau im „Horst“weg (sic!), ist Potsdam einer der Ausgangspunkte für die organisierte Menschenverachtung an den Grenzen Europas. Die Bundespolizei stellt mit 1.200 Polizist*innen den Großteil des Frontex-Personals von momentan 6.500 Personen¹. Dabei soll Frontex trotz aller Kritik weiterhin stark wachsen. Auch reichlich Ausrüstung und organisatorische Hilfe für die Frontex-Einheiten werden von Schreibtischtäter*innen in der Potsdamer Hauptzentrale der Bundespolizei abgewickelt². Darüberhinaus gehören Abschiebungen zum Tagesgeschäft der Bundespolizei.
Frontex, Bundespolizei und Bundesregierung: An euren Händen klebt Blut!
Erst kürzlich wurden Untersuchungen öffentlich³, dass mindestens 2.000 Tote auf illegale Pushbacks durch EU-Einheiten und Frontex zurückzuführen sind. Die europäischen Missionen Frontex und IRINI unterstützen die sogenannte libysche Küstenwache bei ihren menschenrechtswidrigen Pushbacks, verweigern die Rettung aus Seenot und lassen schutzsuchende Menschen ertrinken. Menschenrechte werden missachtet und von europäischen und deutschen Politiker*innen als Verhandlungsgegenstand missbraucht.
Das nehmen wir nicht länger hin — wir klagen diese Menschenrechtsverletzungen an!
Wir fordern von den Potsdamer Spitzenkandidat*innen Baerbock und Scholz klare Unterstützung für:
• Schließung der Frontex- und Abschiebeabteilungen des Bundespräsidiums der Bundespolizei – Frontex raus aus dem Sicheren Hafen Potsdams!
• Die sofortige Evakuierung aller Lager an den EU-Außengrenzen und die selbstbestimmte Aufnahme der Menschen in aufnahmebereite Länder und Kommunen
• Das Ende deutscher Beteiligung an allen Frontex– und EUNAVFOR MED-Einsätzen
• Staatlich organisierte Seenotrettung und ein Ende der Kriminalisierung ziviler Seenotrettung
• Sichere und legale Fluchtwege und die Gewährleistung des individuellen Rechts auf Asyl
Gemeinsam zeigen wir der aktuellen sowie der neuen Bundesregierung, dass Menschenrechte
#unverhandelbar sind. Komm am 19. Juni zum Bassi! Starte Aktionen gegen Frontex , Bundespolizei & Co und gehe der*n (zukünftigen) Kanzler*in auf die Nerven!
Am Weltflüchtlingstag sprechen die Aufnahmeländer über ihre Errungenschaften, was sie für ihre neuen Bürger*innen getan haben. Unsere Gedanken und unsere Solidarität an diesem Tag gelten jedoch den Geflüchteten in Brandenburg, insbesondere denen in Kunersdorf, denen seit vielen Jahren grundlegende Menschenrechte vorenthalten werden, wie z.B. der Zugang zu Kommunikation. Es ist nicht möglich, dort, wo sie leben, einen Anruf zu empfangen oder zu tätigen. Sie haben kein Internetzugang! Um einen einfachen Anruf zu tätigen, sind sie gezwungen, sich viele Kilometer zu bewegen.
Das ist nicht nur ein Erschwernis eines sehr wichtigen Kommunikationdienstes, den jeder Mensch nutzt, sondern eine Grundrechtsverletzung! In einem demokratischen und sogenannten Erste-Welt-Land wie Deutschland wird Menschen aufgrund ihrer Herkunft der einfache Zugang zur Kommunikation verwehrt! Kunersdorf ist nur ein Beispiel von vielen anderen Flüchtlingslagern in Brandenburg.
Keine Möglichkeiten der Integration
Abgesehen von den oben genannten Problemen haben die Schutzsuchenden noch andere schwerwiegende Probleme: kein Recht auf Arbeit, schwierige Gesundheitssituation, viele Bewohner*innen von Sammelunterkünften sind in Mehrbettzimmer zusammengepfercht, sogar während der Corona-Pandemie. Sie sind gezwungen, mehrere Jahre so zu leben, weil viele Ausländerämter sich weigern, ihre Ermessensspielräume zu nutzen, um ihnen einen legalen Aufenthalt zu gewähren und ihnen so den Auszug aus den Lagern zu ermöglichen.
Bei unserem letzten Besuch im Lager Kunserdorf haben wir festgestellt, dass die meisten von ihnen an psychischen Problemen leiden. Die Unterbringung von Menschen in Sammelunterkünften ist in der jetzigen Situation der Camps ein Verstoß gegen die Grundrechte und macht Menschen psychisch und physisch krank. In sehr vielen Fällen verstößt der von der Politik verordnete Zwang, in Sammelunterkünften zu leben, gegen den Infektionsschutz während der Coronapandemie.
Deshalb fordern wir die SCHLIESSUNG der derzeitigen Lager!
Wir fordern Wohnungen für alle!
Wir fordern ein Umdenken bei der Wohnunterbringung und die Erarbeitung neuer Unterbringungskonzepte unter Beteiligung der Betroffenen und der breiten Gesellschaft.
Jedoch um schnellstmöglich die jetzige Situation in Kunersdorf erträglicher zu machen, fordern wir als Sofortmaßnahme einen Internetanschluss für die Sammelunterkunft. Ohnehin wird nach unseren Informationen ein Glasfaserkabelanschluss in Kunersdorf verlegt. Dieser Anschluss muss auch in die Sammelunterkunft gelegt werden! Wir als selbstorganisierter Verein aus geflüchteten Menschen stehen bereit, mit den Bewohner*innen vor Ort ein Internetcafé aufzubauen – wie wir es schon vielfach in anderen Sammelunterkünften in Brandenburg gemacht haben!
Gemeinsam können wir eine bessere Gesellschaft in Brandenburg aufbauen!
Refugees Emancipation Team.
Unterstützt von We’ll Come United Berlin/Brandenburg, FEM e.V.