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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Gegen das Vergessen — Gedenkveranstaltung zum 30. Jahrestag

Gegen das Vergessen — Gedenkver­anstal­tung zum 30. Jahrestag der ras­sis­tis­chen Angriffe in Cottbus-Sachsendorf

Im August 2022 jähren sich die pogro­mar­ti­gen Auss­chre­itun­gen in
Cot­tbus-Sach­sendorf zum 30. Mal. Vom 29.08.1992 bis zum 31.08.1992 haben
Nazis und Rassist:innen dort eine Geflüchtete­nun­terkun­ft ange­grif­f­en und
ver­sucht diese in Brand zu set­zten. Aus diesem Anlass find­et am
04.09.2022 um 15 Uhr eine Gedenkkundge­bung unter dem Mot­to “Gegen das
Vergessen” in Sach­sendorf am Ort des Geschehens (Lipezk­er
Str./Schopenhauer Str.) statt. Anschließend laden wir Sie zu einem
Aus­tausch mit gemein­samen Essen ein.

Nach der Eingliederung der DDR in die BRD ging eine Welle rassistischer
und extrem rechter Gewalt durch das Land. Kurz nach dem Pogrom in
Ros­tock-Licht­en­hagen im August 1992 wurde auch in Cot­tbus und vielen
anderen Orten der Bun­desre­pub­lik Geflüchtete­nun­terkün­fte von Neonazis
ange­grif­f­en und nieder gebrannt.

Die Ini­tia­tive Cot­tbus ’92 hat es sich zur Auf­gabe gemacht, diese
ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen aufzuar­beit­en und zu erin­nern. Betroffene
von rechter Gewalt und Ras­sis­mus ste­hen dabei im Fokus.

Bis heute hat Cot­tbus ein großes Prob­lem mit extrem recht­en Strukturen
und Ras­sis­mus. Die Auseinan­der­set­zung mit der Ver­gan­gen­heit soll Anlass
bieten, Antworten auf den Umgang mit diesen Prob­lem­la­gen in der
Gegen­wart zu finden.

Das kön­nen wir nur gemein­sam schaf­fen! Kom­men Sie also gern am 4.9. zum
Gedenken nach Sach­sendorf und fahren Sie zur bun­desweit­en Demonstration
nach Ros­tock-Licht­en­hagen, die am 27.8. stattfindet.

Die Ini­tia­tiv­en Licht­en­hagen ’92 und Cot­tbus ’92 laden am 12.08.2022 um
17 Uhr im Vor­feld der Gedenkver­anstal­tun­gen zu einem Informationsvortrag
ins Chekov (Strom­straße 14, 03046 Cot­tbus) ein. The­ma­tisiert wer­den die
Ereignisse vom August 1992, rechte Kon­ti­nu­itäten in der Bundesrepublik
und der gesellschaftliche und poli­tis­che Umgang damit. Zudem wird über
die Ver­anstal­tun­gen zum 30. Jahrestag informiert.

Gegen das Vergessen. Erin­nern heißt verändern.

Weit­ere Infos bei Twit­ter: @cottbus1992 und Insta­gram: cottbus92

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Emil Wendland — Gedenkveranstaltung zum 30. Todestag

Gedenken ist die rein­ste Form des Erinnerns”
(Cho­lia, H. & Jänicke, C. (2021). Unent­behrlich: Sol­i­dar­ität mit Betrof­fe­nen rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt (1. Aufl.). edi­tion assemblage.)

Anlässlich des 30. Todestages von Emil Wend­land, wollen wir alle recht her­zlich zu den Gedenkver­anstal­tun­gen ein­laden. Vor genau 10 Jahren, im Jahr 2012 fand die erste öffentliche Gedenkver­anstal­tung am Tatort, den Neu­rup­pin­er Rosen­garten, statt. An diesem wurde der damals woh­nungslose Lehrer Emil Wend­land von Neon­azis ange­grif­f­en und mit mehreren Messer­stichen in seinem Oberkör­p­er ver­let­zt. Er unter­lag seinen schw­eren Ver­let­zun­gen und starb. Dieser musste ster­ben, weil er auf­grund von Woh­nungslosigkeit und ein­er Alko­holkrankheit nicht in das rechte Welt­bild sein­er Mörder passte. Dabei ist dieser ein­er von 23 Opfern (extrem) rechter Gewalt in Bran­den­burg, welche seit den 1990er Jahren durch Neon­azis ums Leben gekom­men sind, weit­en wir dies auf die Gesamte Bun­desre­pub­lik aus sprechen wir von min­destens 214 Todesopfer. 

Mit dem Titel “Leichter Anstieg rechter Gewalt in Bran­den­burg. Mehr Angriffe auf politsche Gegner:innen” veröf­fentlichte die Oper­per­spek­tive vor eini­gen Monat­en ihr Hin­ter­grund­pa­pi­er. Dort verze­ich­neten Sie 150 rechte Gewalt­tat­en in Bran­den­burg, also 13 mehr als 2020. Mit der Tötung von vier Per­so­n­en durch einen Ange­höri­gen in Sen­zig, verze­ich­nete Bran­den­burg die höch­ste Opfer­zahl in der Geschicht­es des Lan­des. Diese Zahlen verdeut­lichen, dass der in den let­zten Jahren zu verze­ich­nende stetige Rück­gang rechter Gewalt­tat­en, sich nicht fort­set­zen kon­nte. Weit­ere Infor­ma­tio­nen: https://www.opferperspektive.de/wp-content/uploads/2022/03/hintergrundpapier2021_gelayoutet_anne_nm.pdf

Antifaschis­tis­ches Engage­ment in Form von Gedenk- und Erin­nerungsar­beit bleibt also wichtig, richtig und notwendig. Dieses Jahr ist nun auch ein beson­deres, denn neben der Jährung wurde nun auch die Umbe­nen­nung ein­er Straße erkämpft, so wird es im Rah­men der Gedenkver­anstal­tung zwar vor­erst zu ein­er sym­bol­is­chen Straßenum­be­nen­nung in “Emil-Wand­land-Platz 1” kom­men, jedoch wird dies auch bald Real­ität wer­den, da mit Hil­fe der Partei “DIE LINKE” am 07. März 2022 ein Stadtverord­net­tenbeschluss hergestellt wer­den kon­nte. So heißt es in diesem: “Die Stadtverord­neten­ver­sam­lung beschließt, den Bahn­hofvor­platz des alten Haupt­bahn­hofes in Neu­rup­pin (derzeit unter der Adresse Bahn­hof­s­traße 10a geführt); in “Emil-Wend­land-Platz” umzube­nen­nen.” Somit ist es dieses Jahr gelun­gen, eine Forderung welche vor 10 Jahren aufgestellt wurde Real­ität wer­den zu lassen. Weit­ere Infor­ma­tio­nen: https://www.neuruppin.de/fileadmin/dateien/Verwaltung_und_Politik/Amtsblatt/2021–2022/Amtsblatt_22_02.pdf

Somit wür­den wir uns als „Gedenk­ini­tia­tive Emil Wend­land“ sehr freuen, wenn Ihr euch an den Gedenkver­anstal­tun­gen beteiligt und wir gemein­sam ein würdi­ges Gedenken real­isieren können.

Wann: Fre­itag, der 01. Juli 2022
Start: 15:00 Uhr am Bhf Neu­rup­pin West 

Ablauf:

15:00 Uhr – Demon­stra­tion vom Bhf Neu­rup­pin West – zum Rosen­garten – hin zum Sozialen Zen­trum JWP „Mit­ten­Drin“

16:30 Uhr – Straßenum­be­nen­nung und Ein­wei­hungs­fest der neuen Gedenk­tafel, Stände, Essen­sange­bote, Spielange­bot für Kinder 

18:00 Uhr – Podi­ums­ge­spräch zum The­ma 90er Jahre in Neu­rup­pin, Akzep­tierende Jugen­dar­beit, rechte Gewalt und die Anerken­nungs­de­bat­te bis hin zu aktuellen Herausforderungen

20:30 Uhr – Open-Air-Konz­ert mit LMF (“Le Monde est en Flammes”) 

Wir freuen uns auf große Beteili­gung, Teil­nahme und ein aktives Gedenken in Erin­nerung an Emil Wend­land, aber auch alle anderen Opfer rechter Gewalt. Nie­mand ist Vergessen! 

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(Anti)militarismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Prozess gegen Garnisonkirchengegner eingestellt

Fast fünf Jahre nach dem Baus­tart der Förder­ru­ine Gar­nisonkirche wird uns nun der Prozess gemacht. Irgend­wann nach der 5. Ver­schiebung des Prozess­es habe ich aufge­hört zu zählen, wie oft das Gericht mir einen Brief nach Hause schick­te, um mal wieder anzukündi­gen, dass der Prozess ver­schoben wer­den müsse. In den schw­er­sten Lock­down-Zeit­en waren ein bis zwei Aus­fälle ver­ständlich, jedoch entwick­elte sich das Absagen des Prozess­es zum Sys­tem und die Gründe wur­den immer lächer­lich­er. Der beste Grund für eine Ver­schiebung war – wörtlich zitiert – „Dien­stliche Gründe“ – ohne Angabe weit­er­er Erk­lärun­gen. Würde ich – als Betrof­fen­er – ein­fach mal aus „dien­stlichen Grün­den“ die Teil­nahme an einem Gericht­sprozess abblasen, ohne weit­ere Belege einzure­ichen, dro­ht­en mir sofort Bußgelder. Für das Per­son­al des Amts­gerichts dro­hen dage­gen keine Kon­se­quen­zen. Stattdessen wurde mit jedem neuen Brief die ellen­lange Zeug*innen-Liste mit 16 Per­so­n­en ange­heftet und an den zwei ange­set­zten Prozessta­gen fest­ge­hal­ten. Es ist schon etwas ver­wirrend: Auf der einen Seite mit großen Tam­tam und Zeug*innen-Liste dick auf­tra­gen und so tun, als ob es hier um einen wichti­gen Prozess gehen würde und auf der anderen Seite dieses ständi­ge Absagen und Ver­schieben. Ich muss zugeben, es nervt, fast fünf Jahre so hinge­hal­ten zu wer­den, während die Kosten für den Anwalt nicht geringer wer­den. Auch wenn es unter dem Strich einen gewis­sen Unter­hal­tungs­fak­tor bringt. Das ist so ähn­lich wie bei den Durch­sagen der Deutschen Bahn. Ver­spä­tun­gen sind äußerst nervig, aber es ist auch ein biss­chen witzig, wenn mal wieder die alte liebe „Gleis­störung“ in der Ausre­den-Lot­terie gewon­nen hat.

Große Ankündi­gun­gen mit viel Tam­tam, etliche Male des Ver­schiebens, Raushauen von Steuergeldern ohne Sinn – das ken­nen wir auch bei dem gescheit­erten Gar­nisonkirchen­pro­jekt, um das es hier eigentlich gehen sollte. Wir erin­nern uns: 2005 wurde der Grund­stein für den Baus­tart gelegt. Danach passierte erst mal nichts. Auf­fäl­lig war, dass mit jed­er Bekan­nt­gabe ein­er großen öffentlichen Förderung ein Baus­tart verkündigt wurde, der dann nicht kam und wieder um Jahre ver­schoben wurde. Erst mit der Mil­lio­nen-Förderung der Bun­desregierung kon­nte der Baus­tart im Jahr 2017 vol­l­zo­gen wer­den. Im Nach­hinein bew­ertet der Bun­desrech­nung­shof die Förderung durch den Bun­de­shaushalt als nicht zuläs­sig: Ein Pro­jekt darf gemäß Bun­de­shaushalt­sor­d­nung nicht gefördert wer­den, wenn die Gesamt­fi­nanzierung nicht nachgewiesen wer­den kann. Eine Gesamt­fi­nanzierung war in weit­er Ferne und nie greif­bar. Seit der Grund­stein­le­gung ist es der Gar­nisonkirchen­s­tiftung nie gelun­gen, sub­stanziell Spenden einzunehmen. Statt ehrlich zum Scheit­ern der Spenden­samm­lung zu ste­hen und das Pro­jekt einzu­stampfen, griff die Stiftung zu einem Trick und labelte den 1. Bauab­schnitt, den heute sicht­baren Turm­s­tumpf, zu einem ver­meintlich für sich ste­hen­des Gesamt­pro­jekt um. Nach Außen hat die Gar­nisonkirchen­s­tiftung weit­er­hin kom­mu­niziert, dass sie das Pro­jekt erst umge­set­zt sehen, wenn die gesamte Kirche ste­ht. Ein Turm­s­tumpf war für die Stiftung somit nie eine Option, nur Mit­tel zum Zweck, den Nach­weis ein­er Gesamt­fi­nanzierung zu simulieren. Im Übri­gen ging noch nicht mal diese Rech­nung auf, so dass der Bund auch schon für den 1. Bauab­schnitt, den Turm­s­tumpf, viele Mil­lio­nen nach­schießen musste. Man hat bewusst in Kauf genom­men, dass der öffentliche Finanzge­ber – ent­ge­gen sein­er eige­nen Reg­u­lar­ien – bis zum Ende kom­plett alles bezahlt, damit keine Bau­ru­ine entsteht.
Das alles kön­nen wir Betrug nennen.

Und dabei ist das nicht alles: Die Gar­nisonkirchen­s­tiftung und die Förderge­sellschaft für den Wieder­auf­bau ste­hen auch noch im Ver­dacht, in einem Mio.-schweren Kor­rup­tions­fall ver­wick­elt zu sein. Die finanzielle Förderung von mehr als 2 Mio. Euro durch das Land Bran­den­burg im Jahr 2010/11 ist unter zwielichti­gen Umstän­den zus­tande gekom­men ist: Gabriele Förder-Hoff, die dama­lige Refer­at­slei­t­erin und Beauf­tragte des Haushalts im Min­is­teri­um für Wis­senschaft Forschung und Kul­tur des Lan­des Bran­den­burg war mut­maßlich damals mitver­ant­wortlich für die Freiga­be dieser För­der­mit­tel an die Gar­nisonkirche. Jedoch war Frau Förder-Hoff zu dieser Zeit gle­ichzeit­ig im Vor­stand der Förderge­sellschaft für den Wieder­auf­bau der Pots­damer Gar­nisonkirche und dort zuständig für die Finanzen! Die dama­lige Förderung war höchst umstrit­ten, da die Lan­desmit­tel nor­maler­weise für Gedenkstät­ten bere­it­ste­hen soll­ten. Frau Förder-Hoff und ihre Förderge­sellschaft für den Wieder­auf­bau haben sich­er über diesen Coup gefreut. Wenn das nicht Kor­rup­tion ist!

Für mich war die Ankündi­gung des dama­li­gen Staatsmin­is­ters der Bun­desregierung für Kul­tur und Medi­en, Bernd Neu­mann, wohl gemerkt kurz vor Auf­gabe seines Amtes, dem Gar­nisonkirchen­pro­jekt 12,4 Mio. Euro zu ver­schaf­fen, der entschei­dende Impuls, in den aktiv­en Wider­stand gegen die Gar­nisonkirchenkopie zu gehen. Zugegeben, es gibt wichtigere Dinge, als reiche Leute davon abzuhal­ten, mit Steuergeldern ihre sinnlosen Pup­pen­häuser zu bauen. Das dama­lige Mio.-Versprechen war jedoch ein großer Durch­bruch für das Pro­jekt. Wir in Pots­dam mussten nun wirk­lich befürcht­en, dass hier ein städte­baulich dom­i­nan­ter Sym­bol­bau auf Mio.-Kosten der Öffentlichkeit entste­ht. Ins­ge­samt kalkulierte man mit über 100 Mio. Euro für den Gesamt­bau. Jahre­lang ver­sprach die Stiftung, dass ihr Pri­vatvergnü­gen zu 100% durch Spenden finanziert wird. Das war ein­deutig eine bewusste Täuschung, um poli­tisch die entschei­dende Zus­tim­mung zu bekom­men, auf die immer wieder ver­wiesen wird, um sich Kri­tik vom Hals zu hal­ten. Denn bere­its Ende 2004 hätte den Beteiligten klar sein müssen, dass die Spenden­fi­nanzierung eine Illu­sion ist. Nach inten­siv­en Beratun­gen lehnte es der dama­lige Vor­standssprech­er der Com­merzbank, Klaus Peter Müller, gegenüber Wolf­gang Huber, Matthias Platzeck und Jörg Schön­bohm ab, als Stifter­bank zu fungieren, da „die Aus­sicht­en auf ein hohes Spende­naufkom­men derzeit neg­a­tiv zu beurteilen sind. Auch die immer noch beachtliche Bere­itschaft der deutschen Bevölkerung, Spende­naufrufe zu fol­gen, zeigt deut­lich, dass soziale Pro­jek­te und Katas­tro­phen-Hil­fe absolute Pri­or­ität genießen.“ Diese real­is­tis­che Ein­schätzung bewahrheite sich in den fol­gende Jahren, ohne dass die Ini­tia­toren daraus die nöti­gen Kon­se­quen­zen zogen.

Die betrügerischen Tricks bei der Simulierung ein­er Gesamt­fi­nanzierung, um an öffentliche Gelder zu kom­men, und die bewusste Spenden­lüge, um poli­tis­che Zus­tim­mung zu erlan­gen, sind nur zwei Beispiele davon, dass die evan­ge­lis­che Kirchen­s­tiftung und ihre Pro­tag­o­nis­ten wie, Wolf­gang Huber, Wieland Eschen­burg, Mar­tin Vogel, Peter Leine­mann, Cor­nelia Radeke-Engst christliche Werte offen­sichtlich mis­sacht­en. Das ein­fache Gebot „Du sollst nicht lügen“ ste­ht im klaren Kon­trast zu dem, was wir bish­er bei dem Baupro­jekt erleben durften.
Für mich gipfelte die Mis­sach­tung von christlichen Werten in der Insze­nierung eines Gottes­di­en­stes am 11.09.2016, als ZDF-Gottes­di­enst, um eine Werbeshow für den Wieder­auf­bau der Gar­nisonkirche zu ver­anstal­ten. Das war für mich das Zeichen, dass die Gar­nisonkirchen­s­tiftung samt ihrer Pfar­rerin Cor­nelia Radeke-Engst keine Scheu haben, christliche Rit­uale zu miss­brauchen, um ein städte­baulich­es Pro­jekt im Gewand des 18. Jahrhun­derts zu promoten.
Dass dieser Miss­brauch beson­ders mir auf­stößt, liegt in mein­er christlichen Erziehung begrün­det. Ich bin in ein­er christlichen Fam­i­lie mit gläu­bi­gen Eltern aufgewach­sen. Christliche Werte stell­ten meinen Kom­pass dar. Was ich früher gel­ernt und heutzu­tage auch immer noch verin­ner­licht habe, sind Ehrlichkeit, Näch­sten­liebe, Gerechtigkeit und Genügsamkeit – all diese Werte ste­hen im krassen Gegen­satz zu dem Treiben des Gar­nisonkirchen­pro­jek­tes. Die Bibel ist voll mit Geschicht­en, in denen der Hochmut – wie sie die Gar­nisonkirchen­s­tiftung an den Tag legt — gegeißelt wird – ange­fan­gen vom Turm­bau zu Babel bis zum Phar­isäer, der auf arme Leute her­ab­schaut und sich an sein­er ver­meintlichen Reli­giosität ergötzt.

Ich war jedoch nicht der einzige, der über diese Skru­pel­losigkeit der Gar­nisonkirchen­s­tiftung, christliche Fun­da­mente zu instru­men­tal­isieren, geschockt war. Für den Architek­ten Philipp Oswalt war der ZDF-Gottes­di­enst der Anlass, aus der Evan­ge­lis­chen Kirche mit­tels eines öffentlichen Briefes an die EKD auszutreten. Er schrieb „Beim Gottes­di­enst ging es – abge­se­hen von rit­u­al­isierten Redewen­dun­gen – ohne­hin nicht um Frieden und Ver­söh­nung, son­dern darum, vor dem Fernseh­pub­likum für den Wieder­auf­bau zu wer­ben. Und dabei knüpfte man an die Tra­di­tion der Gar­nison­skirche als Staats- und Mil­itärkirche an. Neben den zwei Geistlichen sprachen in dem 45 minüti­gen Gottes­di­enst zwei Poli­tik­er und ein Bun­deswehrof­fizier in Ziv­il.“ Weit­er schreibt er: „Die Idee von Frieden und Ver­söh­nung wird nicht nur instru­men­tal­isiert, sie wird auch kon­terkari­ert. Denn man nimmt mit dem Vorhaben bewusst in Kauf, in Stadt und Kirche Unfrieden zu stiften.“

Dass sie für die Bewer­bung eines städte­baulichen Pro­jek­tes nicht nur ihre eige­nen Gottes­di­en­ste miss­brauchen, son­dern auch Begriffe wie Ver­söh­nung gezielt zur Immu­nisierung gegen Kri­tik nutzen, zeigt ihre Unver­froren­heit, nicht nur christliche, son­dern auch demokratis­che Werte zu hin­tertreiben. Denn während ein großer Teil der Pots­damer Bevölkerung in unzäh­li­gen Bürg­er­haushaltsab­stim­mungen und schließlich im erfol­gre­ichen Bürg­er­begehren gegen die Gar­nisonkirche ihren Wider­stand gegen dieses Pro­jekt immer wieder zum Aus­druck brachte, blockt die Gar­nisonkirchen­s­tiftung jegliche Kri­tik an dem Nach­bau der orig­i­nalen Fas­sade und Sil­hou­ette ab, mit dem Hin­weis, dass sie Ver­söh­nung und damit gute Arbeit betreiben und die Kri­tik der Gegner*innen damit ins Leere laufen würde. Diese Arro­ganz und anti-basis­demokratis­che Igno­ranz spürte ich beson­ders als Haup­tko­or­di­na­tor und Ver­trauensper­son für das Bürg­er­begehren zur Auflö­sung der Gar­nisonkirche im Jahr 2014 am eige­nen Leib. An der Stiftung und der Evan­ge­lis­chen Kirche perlte das Bürg­er­begehren ab, dabei haben 14.285 Potsdamer*innen gültig unter­schrieben – weit mehr als die CDU oder die Grü­nen Stim­men bei Pots­damer Kom­mu­nal­wahlen bekom­men. Ihre propagierte Ver­söh­nung gilt offen­sichtlich nicht den Men­schen. Demokratie ist für die Gar­nisonkirchen­s­tiftung nur insoweit wichtig, solange die Insti­tu­tio­nen Steuergelder für ihre Luxu­skirche organ­isieren. Ich möchte ein weit­eres Beispiel von vie­len auf­führen, das zeigt, wie sehr die Demokratiev­er­ach­tung seit­ens der Gar­nisonkirchen­s­tiftung aus­geprägt ist. Am 23.06.2018, am 50. Jahrestag der Spren­gung der GK-Ruine ver­anstal­tete die Gar­nisonkirchen­s­tiftung eine Ver­anstal­tung in der Nagelkreuzkapelle. Hier­für meldete sie auf öffentlichen Grund u.a. im Bere­ich der Wern­er-See­len­binder-Straße eine Ver­anstal­tung an und sper­rte diesen Bere­ich mit Flat­ter­band ab – obwohl die Ver­anstal­tung gän­zlich im Gebäude der Nagelkreuzkapelle stat­tfand – somit war die Ver­anstal­tungsan­mel­dung für den Bere­ich draußen ein Trick, um mit­tels ein­er Art Ban­n­meile die Gegner*innen des Wieder­auf­baus weiträu­mig auf Dis­tanz zu hal­ten. Dabei wollte lediglich eine Hand­voll Per­so­n­en von der Bürg­erini­tia­tive vor dem Ein­gang der Ver­anstal­tung – jedoch auf öffentlichem Grund – Fly­er an die Veranstaltungsteilnehmer*innen verteilen. Als sich die BI-Mit­glieder nicht von diesen Ein­schüchterungsver­suchen beein­druck­en ließen, rief Peter Leine­mann, Geschäfts­führer der Stiftung, sog­ar die Polizei, die mit rund 20 Beamt*innen, anrück­te. Die Polizei wies jedoch Peter Leine­mann zurecht, dass er hier miss­bräuch­lich Haus­recht für einen öffentlichen Grund anwen­dete und kein Recht hat, andere Per­so­n­en von öffentlichem Grund wegzuschick­en. Man kön­nte meinen, dass die Gar­nisonkirchen­s­tiftung an ihrem selb­ster­nan­nten Ver­söh­nung­sort demokratis­che Prinzip­i­en respek­tieren und sich mit der Kri­tik auseinan­der­set­zen sollte statt diese zu verbannen.

Diese Wider­sprüche und Ver­logen­heit kön­nten ja noch ver­schmerzbar sein, wenn die Evan­ge­lis­che Kirche ein kleines Pro­jekt betreiben würde und damit irrel­e­vant für die Stad­ten­twick­lung in Pots­dam wäre. Aber lei­der ist das nicht der Fall. Das Gar­nisonkirchen­pro­jekt ist ein städte­baulich höchst fol­gen­re­ich­es Pro­jekt. Es ste­ht viel auf dem Spiel: Die weit­ere Ver­schwen­dung von öffentlichem Geld, die Ver­nich­tung von bish­er gün­sti­gen Räu­men für Kun­st und Kul­tur im Rechen­zen­trum, der von Mitteschön geforderte Abriss eines Teils des Studieren­den­wohn­heims zur Errich­tung eines his­torischen Stadt­platzes neben der Gar­nisonkirche und das Risiko der Gar­nisonkirchenkopie, zu einem Sym­bol­ort für die neue Rechte und zu ein­er geschicht­spoli­tis­chen Pro­pa­gan­dashow der Bun­deswehr zu werden.

Und es ist auch keine gute demokratis­che Prax­is, basis­demokratis­che Voten wie das Bürg­er­begehren zu überge­hen, wenn es sich um den Bau des höch­sten Gebäudes Pots­dams han­delt. Nicht jede*r in Pots­dam ist – wie Mitteschön und die Gar­nisonkirchen­s­tiftung– in ästhetis­ch­er Hin­sicht im 18. Jahrhun­dert steck­en geblieben.

Der Umgang mit dem Ort der ehe­ma­li­gen Gar­nisonkirche ist mit­nicht­en ein pri­vates Baupro­jekt. Dass es hier um ein Städte­baupro­jekt han­delt, ist auch der evan­ge­lis­chen Kirche klar: Das zeigt sich u.a. bei der Nagelkreuzkapelle. Diese besitzt noch nicht ein­mal eine Per­son­al­ge­meinde. Das heißt, sie hat keinen eige­nen Gemeinde-Stadt­teil zuge­ord­net wie es nor­maler­weise für Gemein­den der Fall ist. Es gibt schließlich keinen Bedarf an weit­eren Räum­lichkeit­en – ganz zu schweigen von ein­er 100 Mio. Euro-Kirche – bei den Gemein­den und Kirchen­mit­gliedern in Potsdam.

Umso wichtiger ist es für uns als Öffentlichkeit, unser Recht auf Mitbes­tim­mung bei dem fol­gen­re­ichen Städte­baupro­jekt einzu­fordern. Wenn die Gar­nisonkirchen­s­tiftung der Mei­n­ung ist, die Form von Gottes­di­en­sten zu miss­brauchen, um sich Protest vom Halse zu hal­ten, ist das in erster Lin­ie ihr Prob­lem. Mir geht es auss­chließlich um die Mitbes­tim­mung an diesem Ort und nicht um die per­sön­liche Ausübung des Glaubens.
Ich werde daher weit­er­hin von meinem Ver­samm­lungsrecht Gebrauch machen, um gegen diese gottes­läster­liche Bude – wie der The­ologe und ZEIT-Jour­nal­ist Christoph Dieck­mann die Gar­nisonkirche nen­nt – auf die Straße zu gehen.

Denn auch noch jet­zt gibt es viele Möglichkeit­en für die Evan­ge­lis­che Kirche reinen Tisch zu machen und das Pro­jekt so zu trans­formieren, dass es tat­säch­lich ein Ort wird, an dem Geschichte angemessen erin­nert wer­den kann, ohne Inter­essenkon­flik­te mit der Bun­deswehr (die u.a. die geplante Dauer­ausstel­lung finanzieren soll…) und preußis­che Militarismus-Romantik.

Dafür ist es drin­gend notwendig, dass sich die Evan­ge­lis­che Kirche endlich ver­ant­wortlich zeigt und aus dem Pro­jekt geord­net aussteigt:
• Sofor­tiger Stopp aller Pla­nungs- und Bau­maß­nah­men an Turm und Kirchenschiff!
• Sofor­tige Ein­stel­lung jed­wed­er öffentlich­er Finanzierung!
• Kein Abriss des Rechenzentrums!
• Protest entkriminalisieren!
• Kon­ver­sion und Teil­rück­bau der Bausub­stanz zu einem öffentlichen Ort und Mah­n­mal der kri­tis­chen Auseinan­der­set­zung mit der Geschichte und des Wiederaufbauvorhabens!
• Echte Mitbes­tim­mung durch die Pots­damer Stadt­ge­sellschaft beim Umgang mit dem Ort statt von ein­er kirch­lichen Stiftung, Mitteschön und Bun­deswehr dik­tierte Geschichtsklitterung!
• Auflö­sung der Stiftung Gar­nisonkirche! Per­son­elle und rechtliche Kon­se­quen­zen für die Ver­ant­wortlichen der SGP!

In diesem Sinne kön­nen Sie, Frau Rich­terin, den Anfang machen, und diesen unwürdi­gen Prozess ein Ende bere­it­en und die Ankla­gen fall­en lassen.
Vie­len Dank!

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Förderruine Garnisonkirche stoppen!

(Vorvorabend-)Demo “Gar­nisonkirche stop­pen”: Dien­stag, 7. Juni
17 Uhr Start Am Grü­nen Git­ter 1, Frieden­skirche / Sitz des Ev. Kirchenkreis­es Potsdam
18 Uhr Abschlusskundge­bung bei Gar­nisonkirchen­baustelle / Rechenzentrum

Prozess­be­gleitung “Sol­i­darisch mit den angeklagten Gar­nisonkirchengeg­n­ern”: 9. Juni und 14. Juni in der Hege­lallee 8, im Amts­gericht Pots­dam. 9 Uhr ist Prozess­be­ginn, am besten kommt ihr schon um 8:30 Uhr, damit wir alle gemein­sam reinkommen.

Am 29.10.2017 protestierten zahlre­iche Garnisonkirchen-Gegner*innen gegen die Baus­tarts­feier der Gar­nisonkirchenkopie. Drei von ihnen wer­den – fast fünf Jahre später – wegen ver­meintlich­er „Störung der Reli­gion­sausübung“ angeklagt. Der Protest bei dem Baus­tart eines der umstrit­ten­sten Bau­vorhaben in Deutsch­land ist nichts Über­raschen­des. Über­raschend kann es jedoch sein, wie die Führung der Evan­ge­lis­chen Kirche damit umge­ht. Maßge­blich angestoßen durch den Strafantrag des Kom­mu­nika­tionsvor­stands der Stiftung Gar­nisonkirche (SGP), Wieland Eschen­burg, wird der Protest krim­i­nal­isiert. Die Führung der Evan­ge­lis­chen Kirche schaut dabei ver­ant­wor­tungs­los zu. Dabei sind es diesel­ben Kirchen­leute wie Ange­li­ka Zädow, Super­in­ten­dentin des Kirchenkreis­es Pots­dam, die verzweifelt den Begriff der„Versöhnung“ bemühen, wenn es darum geht, für den Bau der Gar­nisonkirchenkopie zu werben.

Die Ver­ant­wor­tungslosigkeit der Leitung der Evan­ge­lis­chen Kirche hat Tra­di­tion. Die Führung der Evan­ge­lis­chen Kirche, sowohl in Pots­dam, auf Lan­desebene als auch auf Bun­de­sebene hat entschei­dend dazu beige­tra­gen, dass wir uns mit ein­er Förder­ru­ine mit­ten in der Stadt herum­schla­gen müssen.

Die Kirchen­leute haben das Bürg­er­begehren zur Auflö­sung der Gar­nisonkirchen­s­tiftung und die Vielzahl der Bürg­er­haushaltsab­stim­mungen gegen eine öffentliche Finanzierung ignori­ert. Eben­so stießen die vie­len War­nun­gen über die des­o­late Finanzsi­t­u­a­tion des Pro­jek­tes bei den Ver­ant­wortlichen auf taube Ohren.

Dass es zu dem jet­zi­gen Demokratie- und Finanzde­saster über­haupt gekom­men ist, hat die Evan­ge­lis­che Kirche maßge­blich mit zu ver­ant­worten. Sie war es, die sich dem Ansin­nen des recht­sradikalen Sol­dat­en Max Klaar annahm, und Anfang der 2000er in das Baupro­jekt mit orig­i­naler Mil­itärkirchenop­tik ein­stieg. Die Evan­ge­lis­che Kirche hat mit ihrem heuch­lerischen Ver­söh­nungskonzept und mit ihrer jahre­lan­gen Lüge der 100%igen pri­vat­en Spenden­fi­nanzierung dem reak­tionären Wieder­auf­baupro­jekt erst poli­tisch zur Durch­set­zung verholfen.

Spätestens mit dem ver­nich­t­en­den Gutacht­en über die Finanzsi­t­u­a­tion der Gar­nisonkirchen­s­tiftung durch den Bun­desrech­nung­shof im Feb­ru­ar sollte zu erwarten sein, dass die Führung der Evan­ge­lis­chen Kirche nun alles daran set­zt, für die bere­its ent­stande­nen gesellschaftlichen und finanziellen Schä­den Ver­ant­wor­tung zu übernehmen.

Auch jet­zt ist es noch möglich, reinen Tisch zu machen und das Pro­jekt so zu trans­formieren, dass es tat­säch­lich ein Ort wird, an dem Geschichte angemessen erin­nert wer­den kann, ohne Inter­essenkon­flik­te mit der Bun­deswehr (die u.a. die geplante Dauer­ausstel­lung finanzieren soll…) und preußis­che Militarismus-Romantik.

Dafür ist es drin­gend notwendig, dass sich die Evan­ge­lis­che Kirche endlich ver­ant­wortlich zeigt und aus dem Pro­jekt geord­net aussteigt:
— Sofor­tiger Stopp aller Pla­nungs- und Bau­maß­nah­men an Turm und Kirchenschiff!
— Sofor­tige Ein­stel­lung jed­wed­er öffentlich­er Finanzierung!
— Kein Abriss des Rechenzentrums!
— Protest entkriminalisieren!
— Kon­ver­sion und Teil­rück­bau der Bausub­stanz zu einem öffentlichen Ort und Mah­n­mal der kri­tis­chen Auseinan­der­set­zung mit der Geschichte und des Wiederaufbauvorhabens!
— Echte Mitbes­tim­mung durch die Pots­damer Stadt­ge­sellschaft beim Umgang mit dem Ort statt von ein­er kirch­lichen Stiftung, Mitteschön und Bun­deswehr dik­tierte Geschichtsklitterung!
— Auflö­sung der Stiftung Gar­nisonkirche! Per­son­elle und rechtliche Kon­se­quen­zen für die Ver­ant­wortlichen der SGP

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(Anti-)Rassismus (Anti)militarismus Antifaschismus Antiziganismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Kranzniederlegung zum Tag der Befreiung in Finsterwalde

Heute haben wir uns hier zur antifaschis­tis­chen Kranznieder­legung zusam­menge­fun­den, um in all sein­er Helden­haftigkeit an die Befreiung Nazideutsch­lands vor 77 Jahren zu erin­nern. Dabei aber auch an den massen­haften, sys­tem­a­tis­chen und indus­triellen Mord an Mil­lio­nen Men­schen zu erin­nern, die auf­grund ihrer poli­tis­chen, religiösen oder ver­meintlich eth­nis­chen Zuge­hörigkeit, sex­uellen Aus­rich­tung oder Nüt­zlichkeit von den Nation­al­sozial­is­ten exeku­tiert wur­den. Aus der Erin­nerung an die Ver­brechen entste­ht für die heutige Gen­er­a­tion die Ver­ant­wor­tung, dafür zu sor­gen, dass sich ein faschis­tis­ch­er Nor­malzu­s­tand niemals wieder auf­bauen und etablieren darf. Geschichte wird zum Anlass genom­men, zu erin­nern und zu gedenken, aber auch um daraus zu ler­nen, Schlussfol­gerun­gen zu ziehen und aktiv zu wer­den, für eine Welt ohne Faschis­mus und ohne Krieg.

Heute haben wir uns hier zur antifaschis­tis­chen Kranznieder­legung zusam­menge­fun­den, um in all sein­er Helden­haftigkeit an die Befreiung Nazideutsch­lands vor 77 Jahren zu erin­nern. Dabei aber auch an den massen­haften, sys­tem­a­tis­chen und indus­triellen Mord an Mil­lio­nen Men­schen zu erin­nern, die auf­grund ihrer poli­tis­chen, religiösen oder ver­meintlich eth­nis­chen Zuge­hörigkeit, sex­uellen Aus­rich­tung oder Nüt­zlichkeit von den Nation­al­sozial­is­ten exeku­tiert wur­den. Aus der Erin­nerung an die Ver­brechen entste­ht für die heutige Gen­er­a­tion die Ver­ant­wor­tung, dafür zu sor­gen, dass sich ein faschis­tis­ch­er Nor­malzu­s­tand niemals wieder auf­bauen und etablieren darf. Geschichte wird zum Anlass genom­men, zu erin­nern und zu gedenken, aber auch um daraus zu ler­nen, Schlussfol­gerun­gen zu ziehen und aktiv zu wer­den, für eine Welt ohne Faschis­mus und ohne Krieg.

Der Schwur der befre­it­en Häftlinge des KZ Buchen­wald ist nach wie vor aktuell! „Die Ver­nich­tung des Faschis­mus mit all seinen Wurzeln, der Auf­bau ein­er neuen Welt des Friedens und der Frei­heit ist unser Ziel“. Zum Erre­ichen dieses Ziels ist die gemein­same rev­o­lu­tionär antifaschis­tis­che und antikap­i­tal­is­tis­che Arbeit in Prax­is und The­o­rie notwendig, auch dies hat uns die Geschichte gelehrt.

Am 18.09.1949 wurde an diesem Ort das VVN-Ehren­mal für die gestor­be­nen antifaschis­tis­chen Wider­stand­skämpfer aus Fin­ster­walde errichtet.

Die Namen von 12 Wider­stand­skämpfern, welche ermordet wur­den oder durch die schlecht­en Haftbe­din­gun­gen später ver­star­ben, waren auf den bei­den Steintafeln zu find­en. 1996, 6 Jahre nach dem Ende der DDR, ließ die Stadt Fin­ster­walde das VVN-Ehren­mal ent­fer­nen und errichtete diese Stahlskulp­turen. Für uns reicht das nicht, wir fordern wie jedes Jahr, dass das VVN-Ehren­mal wieder seinen alten Platz find­et und den antifaschis­tis­chen Wider­stand­skämpfern wieder ehren­haft gedacht wird.

Wir möcht­en heute auf einen der antifaschis­tis­chen Wider­stand­skämpfer aus Fin­ster­walde näher eingehen:

Paul Liehr, Möbeltischler, Gew­erkschafter und aktives Mit­glied der KPD geri­et sofort 1933 wegen seines poli­tis­chen Engage­ment in das Visi­er des faschis­tis­chen Überwachungsap­pa­rates und wurde deshalb mehrfach ver­haftet. 1937 wurde Paul Liehr erneut ver­haftet, weil ihm ein soge­nan­ntes „Rund­funkver­brechen“ vorge­wor­fen wurde. Er ver­anstal­tete getarnt als Karten­abende gemein­sam mit seinen Genossen kom­mu­nis­tis­che Hör­erabende um Radio Moskau zu hören und um weit­ere poli­tis­che Aktio­nen zu pla­nen. Bei sein­er Ver­haf­tung in der Ack­er­straße 9 wur­den unter den Die­len Plakate des antifaschis­tis­chen Wider­stands sowie dazuge­hörige Druck­maschi­nen gefun­den. Nach der drei­jähri­gen Haft­strafe im Zuchthaus wurde Paul Liehr dann ins Konzen­tra­tionslager verschleppt.

Um unser­er Forderung Aus­druck zu ver­lei­hen, erricht­en wir heute gemein­sam einen Nach­bau des VVN-Ehren­mals und gedenken damit ehren­voll den 12 antifaschis­tis­chen Wider­stand­skämpfern aus Fin­ster­walde, die für den Kampf gegen den Faschis­mus ihr Leben ließen.

Auf den Tafeln des VVN Denkmals befind­en sich die Namen der fol­gen­den 12 antifaschis­tis­chen Wider­stand­skämpfer aus Finsterwalde:

Paul Liehr mit 59 Jahren verschollen

Max Gedal­je mit 56 Jahren in Buchen­wald gestorben

Willi Kamenz mit 37 Jahren verschollen

Joseph Vielkind mit 31 Jahren in Flossen­burg gestorben

Kurt Fel­gen­trebe mit 54 Jahren auf dem Trans­port gestorben

Max Schmidt mit 55 Jahren in Bran­den­burg hingerichtet

Josef Hittmann mit 38 Jahren im Lager Dachau gestorben

 

An den Lei­den der Haftzeit ver­star­ben nach der Befreiung Nazideutschlands:

Berthold Rad­lach mit 55 Jahren

Wal­ter Han­schkatz mit 69 Jahren

Her­bert Ben­der mit 33 Jahren

Her­mann Fiebiger mit 26 Jahren

und

Mar­tin Röhrs mit 42 Jahren

Wir wollen heute aber auch der antifaschis­tis­chen Betrieb­s­gruppe der FIMAG gedenken, die es ermöglicht haben, dass Fin­ster­walde von den Bom­barde­ments der Alli­ierten ver­schont blieb und die Stadt Fin­ster­walde ohne großen Wider­stand und Zer­störung am 21.04.1945 von der Roten Armee befre­it wer­den kon­nte. Mit dem Aus­bruch des zweit­en Weltkrieges fand sich eine Gruppe Arbeit­er der FIMAG zusam­men, welche aus Kom­mu­nis­ten, Sozialdemokrat­en und parteilosen bestand, um ille­gale Arbeit gegen den Faschis­mus zu entwick­eln. Die Gruppe führte ver­schiedene Sab­o­tage Akte in der Indus­trie aus, um die Pro­duk­tion kriegswichtiger Kom­po­nen­ten zu ver­langsamen oder zu ver­hin­dern. Als die Rote Armee kurz vor Fin­ster­walde war organ­isierten die antifaschis­tis­chen Wider­stand­skämpfer der FIMAG die wider­stand­slose Befreiung der Betriebe und der Stadt Fin­ster­walde sowie den umliegen­den Dör­fern. Nach­dem sie Kon­takt zur Roten Armee aufge­baut hat­ten und sich ver­ständigten, dass die Rote Armee am Vor­mit­tag des 21. April 1945 Fin­ster­walde befreien wolle, hissten sie beim Ein­tr­e­f­fen der Trup­pen in Fin­ster­walde Nord und auf dem FIMAG Gelände die weiße Fahne, öffneten die Werk­tore und ent­waffneten den faschis­tis­chen Volkssturm, damit der Kom­man­do­posten der Roten Armee in der FIMAG errichtet wer­den kon­nte. Von dort aus über­brachte Berta Schwicht­en­berg den Befehl, die Stadt kampf­los zu übergeben, an den deutschen Stadtkom­man­dat­en, welch­er den Befehl befol­gte. Nach kurzen Kampfhand­lun­gen in der Cot­tbuser Straße zogen die Verbliebe­nen SS-Ein­heit­en ab und die Stadt Fin­ster­walde galt als offiziell befreit.

Fre­undin­nen und Fre­unde, bleibt stets wach­sam und wehret den Anfängen.

Schlagt die Faschis­ten, wo ihr sie tre­fft. Für eine freie, entschlossene und rev­o­lu­tionär antifaschis­tis­che und antikap­i­tal­is­tis­che Bewegung.

Antifa Fin­ster­walde

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(Anti)militarismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Nie wieder Krieg! // Gedenkveranstaltung zu 77. Jahre Befreiung vom Faschismus

Vor knapp acht Jahrzehn­ten kon­nten die Alli­ierten Kräfte die Welt vom deutschen Faschis­mus befreien. Mit der bedin­gungslosen Kapit­u­la­tion der Wehrma­cht am 8. Mai 1945 ende­ten sys­tem­a­tis­ch­er Massen­mord in den Konzen­tra­tionslagern und an der Front.

Am 8. Mai 2022 wollen wir deshalb um 11 Uhr am VdN-Denkmal in Tem­plin (Bahn­hof­str. Höhe 26/27)
der Befreiung vom Naziregime und des Endes des zweit­en Weltkriegs würdig gedenken.

Ger­ade jet­zt ist es wichtig sich der eige­nen Ver­gan­gen­heit zu erin­nern, anstatt Mil­liar­den in Mord­maschi­nen zu investieren. Wir set­zen ein Zeichen gegen Krieg und Kriegsver­brechen, gegen Gewalt, Hass und Ver­fol­gung! Frieden schaf­fen wir nur durch kon­se­quenten Anti-Mil­i­taris­mus und die Beendi­gung sozialer Ungle­ich­heit und Diskriminierung!

Auch wenn die Nazis besiegt wur­den, war das nicht das Ende der Faschis­ten. Ein Großteil kon­nte sich reha­bil­i­tieren und ihre men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gie weit­ergeben. Ihre heuti­gen Blüten sind in kon­stant anhal­ten­dem Anti­semitismus und Ras­sis­mus, recht­sradikalen Parteien in den Par­la­menten und recht­sex­tremem Ter­ror von NSU bis Hanau wiederzufinden.

Die Vere­ini­gung der Ver­fol­gten des Naziregimes – Bund der Antifaschistin­nen und Antifaschis­ten (VVN-BdA) Uck­er­mark-Barn­im ruft dazu auf endlich aus der Ver­gan­gen­heit zu ler­nen und das Mor­den auf der Straße und in allen Kriegsre­gio­nen zu stoppen.

„Geschichte ist nicht die Vergangenheit,
sie ist die Gegenwart.
Wir tra­gen unsere Geschichte mit uns.
Wir sind unsere Geschichte.“

‑James Baldwin 

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken Wohnen & Stadt

30 Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen in Cottbus

Ver­anstal­tungsrei­he, Ausstel­lung und öffentlich­es Gedenken 30 Jahre nach den ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen in Cottbus-Sachsendorf

30 Jahre nach den mehrtägi­gen ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen in
Cot­tbus-Sach­sendorf im Jahr 1992 hat es sich die Ini­tia­tive Cot­tbus ’92
zur Auf­gabe gemacht die Geschehnisse von damals zu recherchieren,
aufzuar­beit­en und – gemein­sam mit Betrof­fe­nen – zu erinnern.

Den Auf­takt bildet eine Ver­anstal­tungsrei­he (siehe unten), die am
morgi­gen 26. April um 18 Uhr im Stadt­mu­se­um Cot­tbus begin­nt. Drei
weit­ere Einzelver­anstal­tun­gen sind bis zum 10. Mai 2022 geplant. Die
Ver­anstal­tun­gen find­en in Koop­er­a­tion mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Bran­den­burg und dem Opfer­per­spek­tive e.V. — Sol­i­darisch gegen Rassismus,
Diskri­m­inierung und rechte Gewalt statt.

Klara Zeit von der Ini­tia­tive Cot­tbus ’92 sagt hierzu: „Wir wollen 30
Jahre nach den mehrtägi­gen ras­sis­tis­chen Angriffe in Sach­sendorf im Jahr
1992 – die wenige Tage nach dem Pogrom in Ros­tock Lichtenhagen
stat­tfan­den – den Auf­takt machen für ein Erin­nern in Cot­tbus. Bis heute
fand in der Cot­tbuser Stadt­ge­sellschaft kaum Aufar­beitung statt. So gab
es über die 1990er Jahre und gibt es bis heute ein mas­sives Prob­lem in
der Stadt mit Neon­azis, mil­i­tan­ten Recht­en und rechter Gewalt. Die
Stadt­ge­sellschaft Cot­tbus muss sich endlich dem Prob­lem stellen, die
Ver­gan­gen­heit aufar­beit­en und dafür sor­gen, dass in der Gegen­wart und in
der Zukun­ft die Betrof­fe­nen rechter und ras­sis­tis­ch­er Gewalt nicht
allein gelassen werden“.

Ende August 2022 plant die Ini­tia­tive ein öffentlich­es Gedenken in
Cot­tbus-Sach­sendorf, dessen genau Form derzeit disku­tiert wird. Zudem
ist ab Anfang Sep­tem­ber eine Ausstel­lung im Stadt­mu­se­um Cot­tbus geplant,
in der – aus­ge­hend von den Ereignis­sen 1992 in Sach­sendorf – ein Blick
auf die Jahre der Trans­for­ma­tion, das Erstarken rechter Grup­pen, sowie
der Zunah­men rechter und ras­sis­tis­ch­er Angriffe in der Stadt geworfen
wer­den soll. Die Per­spek­tiv­en der Betrof­fe­nen ste­hen dabei im Fokus.

Zur Ini­tia­tive:

Die Ini­tia­tive Cottbus’92 beste­ht aus Men­schen, die in Cot­tbus dauerhaft
leben und / oder arbeit­en und Anderen, die einen Blick von außen
ein­nehmen. Gemein­sam haben sie es sich zur Auf­gabe gemacht die
gesellschaftlichen Ver­hält­nisse der 1990er Jahre in Cot­tbus und Umgebung
sicht­bar zu machen.

Kon­takt: Klara Zeit // Mail: Cottbus1992@riseup.net
Weit­ere Infor­ma­tio­nen: twitter.com/cottbus1992

Ver­anstal­tungsrei­he Ini­tia­tive Cottbus‘92

Alle Ver­anstal­tun­gen find­en im Stadt­mu­se­um, Bahn­hof­s­traße 22, 03046
Cot­tbus statt. Voraus­set­zung zur Teil­nahme ist das Tra­gen einer
Mund-Nasen-Bedeckung.

1. Dien­stag, 26.04.2022, 18 Uhr

Ver­anstal­tung mit einem Vertreter der Gruppe Pogrom ’91 aus Hoyerswerda,
der die dor­ti­gen ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen 1991 kon­tex­tu­al­isiert und
vom Ver­such ein­er gesellschaftlichen Aufar­beitung berichtet. Zudem
stellt sich die Ini­tia­tive Cot­tbus ’92 vor und diskutiert
gedenk-poli­tis­che Per­spek­tiv­en in der Stadt Cottbus.

2. Dien­stag, 03.05.2022, 18 Uhr

Lucia Bruns (ASH Berlin) und Christin Jänicke (HWR Berlin) stellen
Ergeb­nisse aus dem wis­senschaftlichen Forschung­spro­jekt JUPORE –
Jugen­dar­beit, Polizei und rechte Jugendliche in den 1990er Jahren vor.
Ein Schw­er­punkt der Forschung liegt auf der Stadt Cottbus.

3.  Don­ner­stag, 05.05.2022, 17 Uhr

Albi­no Forquil­ha (AAMA, Vere­in der deutsch-mosam­bikanis­chen Freundschaft
und Koop­er­a­tion) und seine Mitstreiter:innen bericht­en über ihre
Erfahrun­gen als Vertragsarbeiter:innen und Studierende in der DDR. Zudem
bericht­en sie über ihre Erleb­nisse in den Jahren der Transformation
und ihren Kampf um Anerken­nung ihrer Rechte, der bis heute andauert.

Die Ver­anstal­tung wird per online Live-Schal­tung und auf deutsch und
por­tugiesisch stattfinden.

4. Fre­itag, 10.05.2022, 18 Uhr

Frances Kutsch­er wurde 1992 in Fin­ster­walde geboren. Ihr Vater, ein
mosam­bikanis­ch­er Ver­tragsar­beit­er, kehrte kurz vor ihrer Geburt nach
Mosam­bik zurück. Sie engagiert sich
im Net­zw­erk Soliba­bies und möchte andere ermuti­gen, sich auf die Suche
nach ihren Wurzeln zu machen. Bachir Alali vom Geflüchtetennetzwerk
Cot­tbus e.V. spricht über die Per­spek­tiv­en und Kämpfe von Geflüchteten
in Cottbus.

Mod­er­a­tion: Katha­ri­na War­da (Sozi­olo­gin & Autorin).

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Kundgebung zum Gedenken an Sven Beuter

Vor 26 Jahren, am 20. Feb­ru­ar 1996 erlag der Punk Sven Beuter seinen schw­eren Ver­let­zun­gen. Fünf Tage zuvor wurde er vom Neon­azi Sascha L. bru­tal zusam­mengeschla­gen. In Gedenken an Sven Beuter und gegen die weit­ere Ver­bre­itung faschis­tis­chen, anti­semi­tis­chen und recht­sex­tremen Gedankengutes ruft die “Ini­tia­tive zum Gedenken an Sven Beuter” alle Inter­essierten zur Teil­nahme an ein­er Kundge­bung am 20. Feb­ru­ar um 17 Uhr an der Gedenkplat­te vor der Havel­straße 13, dem Ort, an dem Zeug*innen die Tat beobachteten und ein­grif­f­en, auf.

Solche Tat­en gehören lei­der noch immer nicht der Ver­gan­gen­heit an. Die grausamen Anschläge in Halle und Hanau sowie der skru­pel­lose Mord an Wal­ter Lübcke sind nur einige trau­rige Beispiele, welche Kon­se­quen­zen rechte Ide­olo­gien haben kön­nen. Dem muss sich die Zivilge­sellschaft immer wieder und entschlossen ent­ge­gen­stellen. Es ist nach wie vor wichtig, an die Opfer solch­er grausamen Tat­en zu erin­nern, ihnen zu gedenken und zu mah­nen. Mit der in jedem Jahr stat­tfind­en­den Gedenkkundge­bung möcht­en wir auch einen Beitrag leis­ten, den Mord an Sven Beuter im städtis­chen Bewusst­sein wach zu halten.

Mehr Infor­ma­tio­nen zu Sven Beuter, zur Tat und zum Gerichtsver­fahren gegen Sascha L. find­en Sie auf der Seite der Opfer­per­spek­tive unter https://todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de/sven-beuter/.

Lassen Sie uns gemein­sam Sven Beuter gedenken und gle­ichzeit­ig ein klares Zeichen gegen rechte Men­schen­feindlichkeit setzen.

Nie­mand ist vergessen. Nichts ist vergeben.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Kampagne zum antifaschistischen Gedenken im Land Brandenburg

Geschichte hin­ter­lässt Spuren

Viele Städte und Dör­fer im Land Bran­den­burg haben ihre eigene lokale Geschichte. Im Wan­del der Zeit, von der Weimar­er Repub­lik, zum Nation­al­sozial­is­mus, über die DDR bis zur heuti­gen Zeit hat die Geschichte Spuren hin­ter­lassen. Sie han­delt von Opfern und Täter:innen, es sind Spuren des Kampfes und Wider­standes, der Ver­nich­tung und Befreiung. Manche Straßen­na­men und Denkmäler wur­den im Zuge der neuen Geschichtss­chrei­bung der poli­tis­chen Umbrüche getil­gt, einige aus­ge­gren­zte Opfer- und Per­so­n­en­grup­pen hat­ten nie den erforder­lichen Rück­halt oder es fehlen erin­nerungspoli­tis­che Forschun­gen und Ini­tia­tiv­en für ein Gedenken, manche lokale Geschichte mag unbe­quem sein und wird ein­fach ver­drängt. Es sind jedoch auch Erin­nerungsstät­ten in den let­zten Jahren neu ent­standen, sie machen Mut für mehr.

His­torisches Erbe

Aktuelle For­men von Anti­semitismus, Ras­sis­mus und Nation­al­is­mus ste­hen immer im Kon­text des his­torischen Erbes, auch wenn sich ihre Aus­prä­gun­gen auf aktuell poli­tis­che The­men berufen. Anti­semitismus, Ras­sis­mus und Nation­al­is­mus haben in Deutsch­land eine lange Tra­di­tion. Es gilt, den Faden der Erin­nerung nicht abreißen zu lassen und das Wis­sen um die his­torische Ver­ant­wor­tung zu fes­ti­gen. Es geht uns zum einen darum, der Opfer zu gedenken, sie sollen nicht vergessen wer­den. In unser­er Erin­nerung und unserem Gedenken geht es aber auch darum, aus der Geschichte zu ler­nen und neue Wege in ein­er Kam­pagne gemein­sam zu bestre­it­en, demokratis­ches und antifaschis­tis­ches Engage­ment zu fördern und sol­i­darisch zu sein.

Es ist geschehen, und fol­glich kann es wieder geschehen

Die Nor­men und Werte des Zusam­men­lebens basieren auf jed­er einzel­nen Per­son in der Gesellschaft und auf ihrem alltäglichen Han­deln. Ide­olo­gien und Mei­n­un­gen der Ungle­ich­heit, des Sozial­dar­win­is­mus und des Ras­sis­mus brin­gen die Gesellschaft und das Zusam­men­leben per­ma­nent ins Wanken. Unsere erin­nerungs- und gedenkpoli­tis­che Arbeit zielt mit dem Gestern auf das Heute und das Mor­gen. Wir wollen Partei ergreifen, für die Opfer diskri­m­inieren­der und ras­sis­tis­ch­er Gewalt von gestern und heute und fra­gen uns dabei, warum weit­er­hin Men­schen in dieser Gesellschaft stig­ma­tisiert, aus­ge­gren­zt und ver­fol­gt werden?

Antifaschis­tis­ches Gedenken und Erin­nern stärken

Wir wollen keinen Schlussstrich unter die Ver­gan­gen­heit set­zen. Als Linke und Antifaschist:innen sind wir Teil eines gesellschaftlich-his­torischen Prozess­es, Geschichte und Gegen­wart sind untrennbar miteinan­der ver­bun­den. Wir erin­nern an die Rev­o­lu­tio­nen und Arbeit­skämpfe der Arbeiter:innenbewegung des let­zten Jahrhun­derts, an die nation­al­sozial­is­tis­che Ver­fol­gung und den Wider­stand, aber auch an den Ras­sis­mus und Neon­azis­mus in DDR und BRD, der zahlre­iche Todes­opfer forderte und deren Gefahr lange nicht geban­nt ist. Über­all im Land gibt es Leucht­türme erin­nerungspoli­tis­ch­er Arbeit, oft­mals von kleinen Grup­pen und Ini­tia­tiv­en getra­gen. Von der Prig­nitz bis in die Lausitz, von der Uck­er­mark bis in den Fläming, wir wollen gemein­sam agieren und antifaschis­tis­che Erin­nerung und Gedenken stärken.

Gemein­sam Gedenken, lokale Struk­turen unterstützen

Exem­plar­isch für die antifaschis­tis­che Gedenk- und Erin­nerungsar­beit haben wir uns für das Jahr 2022/23 einige erin­nerungspoli­tis­che Ereignisse aus­ge­sucht, die wir gemein­sam gestal­ten und begleit­en wollen. Wir rufen dazu auf, im Feb­ru­ar am Gedenken für Sven Beuter in Brandenburg/Havel, im April am Gedenken an Phan Van Toan im Land­kreis MOL, im Mai dezen­tral an die Gedenk- und Befreiungs­feier­lichkeit­en von Nation­al­sozial­is­mus im ganzen Land, im Juli zum Gedenken an Emil Wend­land in Neu­rup­pin, an den Ver­anstal­tun­gen im Gedenken an die Reich­s­pogrom­nacht im Novem­ber, sowie im Feb­ru­ar näch­sten Jahres am Gedenken an Farid Guen­doul in Guben teilzunehmen und die lokalen Struk­turen zu unter­stützen. Weit­ere Infor­ma­tio­nen zu den einzel­nen Gedenkver­anstal­tun­gen, wer­den mit den lokalen Aufrufen sep­a­rat veröffentlicht. 

Gemein­sam sind wir stark – Erin­nern heißt kämpfen!

AG Gedenken & Erin­nern Land Brandenburg

Kon­takt unter: AG_GedenkenundErinnern_Brb@riseup.net

VVN-BdA Land Brandenburg
Geschichtswerk­statt Rotes Nowawes
Soziales Zen­trum JWP “Mit­ten­Drin”
Emil Wend­land Gedenk­ini­tia­tive (@Instagram)
SJ — Die Falken Brandenburg”
AG Geschicht­spro­jekt frei­Land Potsdam
Film­stadt Infer­no 1999
Gedenk­ini­tia­tive Phan Van Toan”
Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (BOrG) Märkisch-Oderland
Horte Soziales Zentrum
Utopia e.V.

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Geschichte & Gedenken

Konstituierung des Geschichtsprojekts freiLand

Am 7. Und 8. Feb­ru­ar 1945 durch­querte der Todes­marsch aus­ge­hend vom ehe­ma­li­gen KZ Außen­lager Lieberose/Jamlitz Pots­dam. Die beina­he 2000 Häftlinge wur­den von SS-Ange­höri­gen und anderen Trup­pen über Goy­atz, Teupitz und Zossen sowie Lud­wigs­felde schließlich nach Drewitz getrieben. Nach­dem es dort zu Erschießun­gen von „Marschun­fähi­gen“ gekom­men war, führte der Weg der Gefan­genen weit­er über Pots­dam nach Falkensee, um schließlich zum KZ Stamm­lager Sach­sen­hausen zu gelan­gen. Auch wenn sich der genaue Weg der Häftlinge nicht mehr nachvol­lziehen lässt, so führte der Todes­marsch sichtlich durch das Blick­feld der Pots­damer Stadtbevölkerung.

Bere­its vor den Todesmärschen waren nation­al­sozial­is­tis­che Ver­brechen der Deutschen und so auch der Pots­damer Bevölkerung unüberse­hbar, mehr noch sie par­tizip­ierte an ihnen. Als präg­nan­teste Beispiel gilt die NS-Zwangsar­beit. So ver­weist die His­torik­erin Almuth Püschel darauf, dass allein im Jahre 1944 rund 18.000 Zwangsarbeiter:innen in beina­he allen Pots­damer Betrieben schuften mussten. Den­noch sind Erin­nerun­gen im kollek­tiv­en Gedächt­nis der Potsdamer:innen an das nation­al­sozial­is­tis­chen Massen­ver­brechen kaum und ein zen­traler Erin­nerung­sort oder rit­u­al­isiertes Gedenken nicht vorhanden.

Seit dem let­zten Jahr hat sich im soziokul­turellen Zen­trum frei­Land eine Gruppe kon­sti­tu­iert, die sich nicht nur mit dem authen­tis­chen Ort und der dort aus­geübten Zwangsar­beit im ARA­DO-Rüs­tungs­be­trieb während der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus auseinan­der­set­zt, son­dern darüber hin­aus einen zen­tralen Erin­nerung­sort schaf­fen will. Seit dem zwanzig­sten Jahrhun­dert war das Gelände in und um das frei­Land herum ein indus­triell genutzter Ort. In der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus befand sich hier die Hauptver­wal­tung der ARA­DO-Flugzeug­w­erke GmbH und eine Pro­duk­tion­sstätte des Konz­erns. Auch hier mussten tausende Men­schen aus ver­schiede­nen Län­dern Zwangsar­beit für den ARA­DO-Rüs­tungs­be­trieb leis­ten, die werk­seige­nen Lager für Zwangsarbeiter:innen gehörten mit zu den größten in der Stadt Pots­dam und befan­den sich in unmit­tel­bar­er Nähe. Ein Großteil der Zwangsarbeiter:innen kam aus der Sow­je­tu­nion, ins­beson­dere der Ukraine sowie aus den Niederlanden.

Das Geschicht­spro­jekt zur Zwangsar­beit bei ARADO im frei­Land will an die vor­ange­gan­genen Ini­tia­tiv­en und Arbeit­en anknüpfen und einen erleb­baren Erin­nerung­sort schaf­fen. Dazu Hannes Richter: „Die His­to­rie des Ortes, seine zen­trale Lage, die vor­ange­gan­genen Bemühun­gen ver­schieden­ster Ini­tia­tiv­en und vor allem der bevorste­hende Jahrestag der Ein­wei­hung des Mah­n­mals für die Zwangsarbeiter:innen im Drit­ten Reich auf dem frei­Land-Gelände motivieren uns für die Schaf­fung eines Gedenko­rtes zum The­ma Zwangsar­beit und ARADO.“ Im Frei­Land erin­nert seit dem 08. Mai 2013 ein Mah­n­mal an die Mil­lio­nen Men­schen, welche in der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus nach Deutsch­land ver­schleppt und zur Arbeit gezwun­gen wurden.

Für die weit­er­führende Auseinan­der­set­zung und erin­nerungspoli­tis­che Arbeit zur Errich­tung eines Gedenko­rtes sucht das Geschicht­spro­jekt nun Erin­nerun­gen, Doku­mente und Mate­ri­alien über diese Zeit. Von großem Inter­esse sind laut Hannes Richter vor allem Fotos, Doku­mente, Filme, andere Mate­ri­alien oder auch famil­iäre Berichte und Erleb­nisse im Kon­text der NS-Zwangsar­beit bei ARADO. „Vielle­icht find­et sich ja etwas in den Fam­i­lien­al­ben, auf dem Dachbo­den, im Keller oder in den Schränken“, so Hannes Richter. Alle Doku­mente und Mate­ri­alien, die wir erhal­ten, geben uns sicher­lich Auf­schluss über die dama­lige Zeit und wer­den sen­si­bel behan­delt und nur in Rück­sprache mit den Besitzer:innen verwendet. 

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