Die Entscheidung der Frankfurter Staatsanwaltschaft vom 5. Juni 2008 im Verfahren gegen fünf
stadtbekannte Neonazis ein “Friedensangebot” zu unterbreiten trifft bei uns auf völliges
Unverständnis. Die Anklage wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung würde gegen Zahlung von
Geldstrafen bzw. Ableistung von Arbeitsstunden fallen gelassen (mehr). Die einschlägig bekannten
Angeklagten mussten alle mit Bewährungsstrafen rechnen und nahmen das Angebot
selbstverständlich an. Dieser Akt kann nur als Geschenk an die gewalttätige Naziszene in Frankfurt
(Oder) verstanden werden und als Einladung weiterhin ungestraft Menschen anzugreifen.
Den fünf Angeklagten Andreas Bressel (31), Mario Lenz (28), Jonny Schmidt (28), Mario Schreiber
(25) und Tobias Weinberg (25) — sowie dem inzwischen dafür zu einer zwei jährigen
Bewährungsstrafe verurteilten Tommy Keller (20) — wurde vorgeworfen, am 1. April 2006 am
Rande eines NPD-Stands in der Frankfurter Innenstadt zusammen mit weiteren Neonazis vier
AntifaschistInnen verfolgt, umstellt und angegriffen zu haben. Einer der Angegriffenen flüchtete
sich in die Aldi-Filiale in den Lenné-Passagen und wurde dort mit Reizgas von den Angreifern
besprüht.
Alle Angeklagten gehören zum harten Kern der Frankfurter Naziszene und sind regelmäßige
Teilnehmer an bundesweiten Demonstrationen der rechten Szene, so z.B. in Wunsiedel zum Rudolf
Hess Gedenken, sowie bei den Aufmärschen Halbe und auch Dresden. Sie sind in der gewalttätigen
Nazihooligan-Gruppierung FCV organisiert, die immer wieder mit Angriffen auf gegnerische Fans
bei Spielen des FFC Viktoria von sich Reden machte (mehr). Bei Andreas
Bressel wurde im Zuge einer Hausdurchsuchung gar ein Pamphlet zum Aufbau brauner Terrorzellen
durch die Polizei gefunden.
Die Beweislage war schon am Ende des ersten Verhandlungstages klar, allen fünf konnte eine
Tatbeteiligung nachgewiesen werden, so sagte es die Richterin am Ende in ihrer Urteilsverkündung,
doch auch sie war überrascht vom „Friedensangebot“ der Staatsanwaltschaft. Dass dieses Urteil
zum einen ein schwerer Schlag für die Geschädigten ist, muss wohl niemanden erklärt werden. Zum
anderen ist an diesem Tag ganz klar ein falsches Signal nach Rechts gegangen: In Frankfurt (Oder)
können Neonazis machen was sie wollen, sie brauchen für ihr Tun und Handeln keine Strafen zu
befürchten.
Der politische Flurschaden, den diese Entscheidung mit sich bringt ist noch nicht abschätzbar — klar
ist, dass der gesellschaftliche Konsens zum harten Durchgreifen gegen Rechts hier gebrochen
wurde. Offen bleibt aber vorerst die Frage, ob die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) die
Verantwortung für die nächsten Angriffe der Angeklagten übernehmen wird, denn diese sind
überzeugte Neonazis, die den Weg der Gewalt gewählt haben und ihn auch wieder wählen werden.
Mehr Informationen zu Andreas Bressel, Mario Schreiber, Tommy Keller und weiteren Frankfurter Neonazis auf der Homepage der Antifaschistischen Recherchegruppe Frankfurt (Oder).