Antifa-Demo
Am Samstag, 12.11.05
Ab 16 Uhr
Königs Wusterhausen
Stadtbrunnen
Am 13. September 2005 hob das brandenburgische Oberlandesgericht das Verbot des ersten Logos von “Thor Steinar” auf. Alle offenen Verfahren sind hinfällig. Immerhin 200 Verfahren sind allein in Brandenburg betroffen, und das, obwohl das Verbot nicht einmal ein Jahr lang bestand. Die Marke erfreut sich scheinbar noch großer Beliebtheit. Das ist auch auf der Straße wahrnehmbar. Ob in Berlin oder Königs Wusterhausen, einem “Thor Steinar”-Logo begnet man mit sicherer Regelmäßigkeit. Nazis aller Coleur kleiden sich in die “patriotische Kleidung” mit “nordischer Attitüde”, wie einst das Rechtsrock-Magazin RockNORD schrieb. Doch auch bei scheinbar unpolitischen Menschen, ja sogar bei Menschen, die mit Neonazis rein gar nichts anfangen können, wird die Marke weitläufig akzeptiert und teilweise auch getragen. Trotz aller Schlagzeilen scheint die Kritik bei vielen noch nicht angekommen zu sein: Thor Steinar ist eine Marke von Rechtsextremen für Rechtsextreme.
Thor Steinar stinkt.
“Thor Steinar” ist eine Nazimarke. Sie wird von Rechten für Rechte gemacht. Die “Mediatex GmbH”, Inhaberin der Markenrechte von “Thor Steinar”, sitzt in Zeesen und verdient gut am Geschäft mit der dezenten Symbolik. Thor Steinar ist kein Einzelfall. Es gibt dutzende solcher Bekleidungsmarken. Es gibt auch dutzende Nazizeitungen, rechtsextreme Verlage, ein Meer an Nazibands. Im Geflecht von Naziversänden und Nazishops lockt das schnelle Geld. Gleichzeitig stellen diese Bekleidungsmarken mögliche Finanzquellen für die Rechtsextreme Szene dar — in der Bundesrepublik und der gesamten Welt. Dass auch die Gewinne aus dem Geschäft mit “Thor-Steinar” zurück in die Szene fließen, ist nicht unwahrscheinlich. Einer der Geschäftsführer ist Axel Kopelke. Der aus Niederlehme stammende Geschäftsmann wahrt sich stets eine reine Weste. Doch die Weste hat Flecken. So wird vermutet, dass Kopelke in der Vergangenheit an rechtsextremen Sonnenwendfeiern und einer Reichsgründungsfeier der NPD in der Umgebung von Königs Wusterhausen teilgenommen hat. Auch das Modegeschäft Explosiv in der KWer Bahnhofstraße gehört Kopelke. Ein weiterer Fleck, wenn man betrachtet, welchen Namen sich der Laden bisher gemacht hat. In der Vergangenheit sollen Schulpraktika gezielt an rechte Jugendliche vergeben worden sein. Auch soll es mehr Warenangebote speziell für Rechtsextreme gegeben haben. Heute ist der Laden weitestgehend in der Bevölkerung akzeptiert. Das Angebot ist massentauglich. Dezent fügen sich zwei Nazimarken in die Kleidungspalette ein. Neben dem obligatorischem Verkauf von “Thor Steinar” kann man im Explosiv auch die Nazimarke “Rizist” erstehen. Auch wenn sich der Laden ein neues Image gegeben hat, weit ist der Sprung zur KWer Naziszene noch immer nicht.
Neonazis stinken.
Von der Ladentür zu einer Sitzbank, an Nachmittagen unter der Woche Stammbank von jugendlichen Neonazis, sind es gerade einmal 2,5 Meter. Dort sitzen sie, trinken Bier, reden über Hitler, die Schule und planen die nächste Aktion. Oft ist die nächste Aktion ein Übergriff auf MigrantInnen oder alternative Jugendliche. Spontan, brutal schlagen die rechtsextremen Täter zu. Angst vor der Strafverfolgung haben sie nur wenig, die Reaktionszeit der Polizei ist zum Teil beträchtlich. Sie haben Zeit, sind unbeobachtet. Und selbst wenn sie beobachtet werden, bekommen sie oft keine oder nur geringe Strafen. Entweder das Opfer oder ZeugInnen haben Angst, eine Anzeige zu erstatten, oder die Gerichte verhängen milde Urteile. Eine der wenigen Ausnahmen bildet die Verurteilung von Marcel Kindl im August 2005. Zusammen mit anderen Neonazis hatte er 200X eine Gruppe von Buthanesen an der Aral-Tankstelle (Str.) angegriffen und verletzt. Kindl bekam gerade einmal 1 Jahr und 2 Monate, obwohl er schon einschlägig bekannt ist.
In den letzten Monaten sind in KW wieder Angsträume entstanden. Dort wo sich die Rechten ihren Platz genommen haben, haben andere Menschen Angst. Viele fürchten sich davor, nachts durch die Straßen von Königs Wusterhausen zu laufen.
Derzeit ist in Königs Wusterhausen keine rechte Organisation öffentlich wahrnehmbar. Allerdings könnte sich dies schon bald ändern. Es gibt einige Anzeichen dafür, dass sich eine neue Kameradschaft oder dergleichen gebildet hat, bzw. bald gründen wird. Im Internet geistert seit geraumer Zeit das Kürzel “AG-KWh” durch Foren und Gästebücher einschlägiger Seiten. Ebenfalls seit mehreren Monaten sind rechtsextreme KWer Reisegruppen fester Bestandteil bei vielen Naziaufmärschen. Immer mehr Aufkleber der Naziszene lassen sich im KWer Stadtbild finden.
Eine Spontandemo, eine Kundgebung, Wahlpropaganda der NPD im Briefkasten.
Leider bilden die paar dutzend Neonazis nur die Spitze des Eisbergs. Rechtes Gedankengut ist bis in die Mitte der Gesellschaft verwurzelt. Die NPD hat zur Bundestagswahl am 18.09.2005 in Königs Wusterhausen flächendeckend 3% erzielt.
Erst vor einigen Monaten gelang es der rechten Partei PRO (Partei Rechtstaatliche Offensive) eine Elterninitiative zu unterwandern, die sich dafür einsetzte, dass Eltern kein bzw. weniger Fahrgeld für den Schulweg ihrer Kinder zahlen müssen.
Wir sind gekommen um zu bleiben!
Zum Glück gibt es in der Stadt auch ein breites Gegenangebot. Es gibt mehrere Antifagruppen, denen es in der Summe gelang, eine kontinuierliche antifaschistische Kultur in Königs Wusterhausen zu etablieren. Allerdings werden die Angebote, seien es Infoveranstaltungen, Filmvorführungen oder Partys, nur unzureichend wahrgenommen. Oft fehlen auch zur Veranstaltung passende Räumlichkeiten.
Genau dort möchte sich die Initiative für ein Soziales Zentrum einbringen. Ein solches, selbstverwaltetes Soziales Zentrum soll ein Ort sein, an dem gesellschaftliche Utopien gelebt und weiterentwickelt werden können. Den Menschen soll dort einen Rahmen gegeben werden, um eigene Ideen verwirklichen zu können. Das Zentrum setzt sich für mehr öffentlichen Raum ein. Öffentliche Büros und Werkstätten, Veranstaltungsräume. Räume zu denen Rechtsextremisten keinen Zugang haben — damit Opfer wieder ohne Angst leben können.
Außerdem gibt es in der Stadt noch zahlreiche bürgerliche Initiativen die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Das Splirtz e.V. leitet seit Jahren unverzichtbare Jugendarbeit in KW und Umgebung. Ebenso der örtliche Stadtjugendring. Auch gibt es in der Stadt die Aktion Stolperstein — eine von mehreren Aktionen zur Erinnerung an die Opfer des faschistischen Terrors.
Dass diese Organisationen und Initiativen bestehen, ist keine Selbstverständlichkeit. Seit Jahren ist die Gruppe an Menschen, die sich politisch und sozial engagieren, klein. Besonders unter Jugendlichen ist solch Engagement unpopulär. Der Staat tut sein übriges: Während den offiziellen Vereinen und Initiativen die Fördergelder mehr und mehr von Bund und Land gestrichen werden, sind die Antifagruppen permanent möglichen Repressionen ausgesetzt.
Zusammen werden wir stärker!
Auch in Zukunft wird antifaschistisches und soziales Engagement ein fester Bestandteil im KWer Alltag sein. Der Kampf gegen Rechts ist ganz simpel ausgedrückt eine gesellschaftliche Pflicht. Den verschiedenen Formen des Rechtsextremismus, seien es organisierte Kameradschaften, Parteien in den Parlamenten oder der Alltagsrassismus breiter Bevölkerungsteile, muss entschiedener Widerstand entgegengesetzt werden. Dazu braucht es eine breite Öffentlichkeit.
Mit dieser Demonstration wollen wir ein Zeichen setzen. Wir wollen eine neue öffentliche Diskussion zum Thema Rechtsextremismus in der Stadt anstoßen u
nd endlich an konkreten Lösungen arbeiten!
Weg mit Thor Steinar und dem Explosiv!
NS-Verherrlichung stoppen!
Gegen die Kürzung von Fördergeldern und ‑programmen!
Für eine antifaschistische Kultur und eine soziales Zentrum!