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(Anti-)Rassismus

Unterbringungssituation von Flüchtlingen jetzt verbessern!

Heute erhal­ten Min­is­ter­präsi­dent Platzeck und Sozialmin­is­ter Baaske einen Offe­nen Brief von über 25 Organ­i­sa­tio­nen und Einzelper­so­n­en in der Flüchtlingsar­beit sowie Flüchtlings­selb­stor­gan­i­sa­tio­nen in Bran­den­burg. Sie fordern die Lan­desregierung auf, zu han­deln und die skan­dalöse Woh­nungssi­t­u­a­tion von Flüchtlin­gen unverzüglich zu verbessern.
Der Offene Brief als PDF
Wir doku­men­tieren hier den offe­nen Brief: 

Offen­er Brief an die Lan­desregierung Bran­den­burg
Schluss mit leeren Worten und fol­gen­losen Beschlüssen:
Unter­bringungssi­t­u­a­tion von Flüchtlin­gen jet­zt verbessern!

Seit Anfang April ist klar, dass die Lan­desregierung den Auf­trag des Bran­den­bur­gis­chen Land­tages, ein lange über­fäl­liges Unter­bringungskonzept für Flüchtlinge in Bran­den­burg zu erar­beit­en, nicht erfüllen wird. Bere­its im April 2011 fasste der Land­tag einen Beschluss mit der pro­gram­ma­tis­chen Über­schrift: „Eine men­schen­würdi­ge Unter­bringung von Flüchtlin­gen und Asyl­be­wer­berin­nen und Asyl­be­wer­bern im gesamten Land Bran­den­burg sich­er­stellen!“ Seit­dem ist nichts geschehen, im Gegen­teil: Die Sit­u­a­tion hat sich drama­tisch verschlechtert.

Die Unterkün­fte sind vol­lkom­men über­füllt und bis heute wur­den keine Konzepte entwick­elt, wie Flüchtlinge in Woh­nun­gen umziehen kön­nten. Die Kom­munen wer­den auf die Flüchtlings­aufnahme nicht angemessen vor­bere­it­et, damit wird ein Anstieg von Span­nun­gen und Ressen­ti­ments gegenüber Flüchtlin­gen in Kauf genom­men. Die Lan­desregierung be­schränkt sich auf Absicht­serk­lärun­gen, die finanzielle und poli­tis­che Ver­ant­wor­tung wird zwi­schen Land und Kom­munen hin- und hergeschoben – ein erfol­gre­ich­es Unterbringungskon­zept sieht anders aus.

Durch die Ver­längerung der Gel­tungs­dauer der Min­dest­be­din­gun­gen hat sich in vie­len Krei­sen die Lebenssi­t­u­a­tion von Flüchtlin­gen spür­bar ver­schlechtert. Konkret beschreiben dies Flücht­linge aus Stolpe-Süd in einem offe­nen Brief von März 2013:
„Wir leben mit fünf Per­so­n­en in einem Raum … Das ist sehr schw­er, weil alle unter­schiedliche Lebens­ge­wohn­heit­en haben. Wir gehen auf den Gän­gen auf und ab und die Kinder spie­len in den kalten Fluren. Es ist sehr laut, nie­mand kann Ruhe find­en. In den Küchen sind viele Herde kaputt, es ist über­all schmutzig und unhy­gien­isch. Einige von uns sind krank gewor­den und haben Infek­tio­nen bekom­men.“
Die Zahl der aus Krisen- und Kriegs­ge­bi­eten Flüch­t­en­den steigt und damit auch die Zahl be­sonders Schutzbedürftiger. Der deut­lich höhere Bedarf an Betreu­ung und Beratung kann mit dem gel­tenden Per­son­alschlüs­sel von 1 : 120 nicht annäh­ernd gedeckt wer­den. Auch die Vor­gabe von sechs Quadrat­metern pro Flüchtling wird seit 1993 auch heute noch unverän­dert über­nom­men. Auf Grund­lage der alten Verord­nung wer­den neue Flüchtling­sheime errichtet und damit langfristig Tat­sachen geschaf­fen, die eine verbesserte Unter­bringung behindern.

Die aktuellen Prob­leme haben ihre Ursache nicht in steigen­den Flüchtlingszahlen. Sie sind haus­gemacht! Jahre­lang wur­den Unter­bringungska­paz­itäten konzept­los abge­baut. Dass die Zahl der Asyl­suchen­den nicht so niedrig bleiben würde wie in den Jahren 2005 – 2009 war spätestens seit Beginn des Bürg­erkriegs in Syrien abse­hbar. Angemessen reagiert wurde dar­auf wed­er von den Kreisen noch von der Lan­desregierung – die Chance, die Weichen neu zu stellen, wurde bish­er von der Lan­desregierung nicht genutzt.

Ein erfol­gre­ich­es Unter­bringungskonzept muss die Land­kreise dabei unter­stützen, Flüchtlin­gen in Woh­nun­gen ein men­schen­würdi­ges und selb­st­bes­timmtes Leben zu ermöglichen. Die Wohnungs­standorte müssen entsprechende Kri­te­rien erfüllen. Dazu gehören auch Konzepte, wie Flüchtlinge beim Über­gang in Woh­nun­gen begleit­et wer­den. Nach dem Umzug muss sichergestellt wer­den, dass sie in der neuen Umge­bung gut ankom­men und aufgenom­men wer­den. Hier wer­den in einzel­nen Land­kreisen bere­its Erfahrun­gen in Pilot­pro­jek­ten ge­macht, die drin­gend aus­ge­baut wer­den müssen.

Ein Par­a­dig­men­wech­sel ist nötig, um die Fehler der Ver­gan­gen­heit zu beheben. Es kann da­bei nicht nur um Min­i­mal­stan­dards gehen, son­dern um ein Auf­nahme- und Teil­habekonzept für Flüchtlinge in Bran­den­burg. Es müsste klar sein: Ein solch­es Konzept muss die Landesre­gierung auch finanziell ausstat­ten. Doch während man Unmen­gen von Geld in Großbaupro­jekte wie den Schloss­wiederaufbau und einen leeren Flughafen investiert, wird das Schick­sal von Flüchtlin­gen, die jet­zt Verbesserun­gen brauchen, auf die lange Bank geschoben. Ange­sichts der ver­heeren­den Unter­bringungs­situation der Flüchtlinge in Bran­den­burg ist dies ein Skandal.

Es muss jet­zt gehan­delt wer­den! Wir fordern die Lan­desregierung auf:

  • In Auf­nahme und Inte­gra­tion von Flüchtlin­gen investieren: Die Lan­desregierung muss in eine men­schen­würdi­ge Auf­nahme und eine Chance auf die gesellschaftliche Inte­gration von Flüchtlin­gen auch finanziell investieren!
  • Soziale Ziele im Blick behal­ten: Finanzpoli­tis­che Über­legun­gen kön­nen nicht die Grund­lage eines erfol­gre­ichen Unter­bringungskonzeptes bilden. Es müssen umge­hend weit­ere fach­lich kom­pe­tente Akteure am Prozess beteiligt und Mod­elle berück­sichtigt wer­den, die Praxis­erfahrungen ein­brin­gen und Bedarfe der Betrof­fe­nen berücksichti­gen. Die Landes­regierung muss Fach­per­son­al beschäfti­gen, um die Unter­bringung in Woh­nun­gen lang­fristig zu begleiten. 
  • Flüchtlinge ein­beziehen: Eine Unter­bringung in Woh­nun­gen kann nicht an der Le­bens­realität von Flüchtlin­gen vor­bei beschlossen wer­den. Sie müssen an der Entwick­lung des Unter­bringungskonzepts beteiligt sein! Ihre indi­vidu­ellen Bedürfnisse müssen ernst ge­nommen wer­den und Ein­gang in die neue Regelung find­en. Es ist der Schlüs­sel für ein menschen­würdiges und let­ztlich auch erfol­gre­ich­es Unterbringungskonzept. 
  • Ressen­ti­ments aktiv begeg­nen: Die Lan­desregierung muss poli­tisch Ver­ant­wor­tung übernehmen und die Kom­munen auf die Unter­bringung von Flüchtlin­gen vor­bere­it­en. Die Ver­ant­wortlichen dür­fen nicht aus Angst vor ras­sis­tis­chen Über­grif­f­en alle Ent­scheidungen in Hin­terz­im­mern tre­f­fen und es der NPD über­lassen, Bürgerversammlun­gen zu organi­sieren. Die Diskus­sion muss offen und öffentlich geführt werden.

Erstunterzeicher/innen:

1. Arbeits­gruppe Flucht und Migra­tion e.V, Kirchenkreis Oberes Havel­land
2. Beate Schädler, Neu­rup­pin
3. Beratungs­fach­di­enst für Migran­tInnen, Diakonis­ches Werk Pots­dam
4. Bir­git Glo­rius Mixed Pick­els Vel­ten
Ini­tia­tiv­gruppe gegen Ras­sis­mus
5. Car­i­tasver­band für das Erzbis­tum Berlin e.V., Über­re­gionale Flüchtlings­ber­atung
Region Bran­den­burg Ost
6. Chris­t­ian Haase, Sozialar­beit­er
Jugend­pro­jekt Alre­ju
7. Chris­tiane Wahl, Wohn­heim­leitung
Diakonie Pots­dam
8. Dieter Gadis­chke, Kreisju­gend­wart
Kirchenkreis Barn­im
9. Diöze­san­rat der Katho­liken im Erzbis­tum Berlin, Sachauss­chuss für Migra­tion und Inte­gra­tion
10. Dr. Christoph Pol­drack, stel­lvertr. Super­in­ten­dent, Evan­ge­lis­ch­er Kirchenkreis Oberes Havel­land
11. Eck­hard Häßler, Evan­ge­lis­che Jugendge­meinde Neu­rup­pin
12. Evan­ge­lis­ch­er Kirchenkreis Fürsten­walde-Straus­berg
13. Flüchtlings­ber­atung Barn­im
14. Flüchtlings­ber­atung Hen­nigs­dorf
15. Flüchtlingsrat Bran­den­burg
16. Hei­di Har­tig, Aktions­bünd­nis für Tol­er­anz, Pren­zlau
17. Hen­nigs­dor­fer Ratschlag
18. Ini­tia­tive Light Me Amadeu, Barn­im
19. Inte­gra­tions­beirat der Stadt Fürsten­walde
20. Joachim Rüf­fer, Kom­mit e.V.
21. Joachim Runge, Flüchtlings­ber­atung Diakonis­ches Werk Nieder­lausitz
22. Jugend­mi­gra­tions­di­enst Barn­im
23. Kse­nia Yakovl­e­va und Ire­na Pet­zoldo­va, Behand­lungsstelle für trau­ma­tisierte Flüchtlinge Fürsten­walde
24. Lutz Boede, Lan­desvor­stand VVN-BdA Bran­den­burg
25. Mar­garete Mis­sel­witz, Koor­di­na­torin der Koop­er­a­tion für Flüchtlinge in Bran­den­burg
26. Mathilde Kil­lisch, Wohn­heim­leitung Jugend­pro­jekt Alre­ju, Diakonis­ches Werk Oder­land Spree
27. Monique Tin­ney, Aus­län­der­seel­sorge Evan­ge­lis­ch­er Kirchenkreis Pots­dam
28. Nele Pol­drack, Pfar­rerin KG Vel­ten und Leege­bruch
29. NTI – Net­zw­erk für Tol­er­anz und Inte­gra­tion im Land­kreis Märkisch-Oder­land
30. Opfer­per­spek­tive e.V.
31. Pfar­rerin Beat­rix Spreng, Kirchenge­meinde Joachim­sthal, Barn­im
32. Pfar­rerin Chris­tiane Schulz und Stef­fen Jakut­tek für das Aktions­bünd­nis Neu­rup­pin bleibt bunt e.V.
33. Refugees Eman­ci­pa­tion e.V.
34. SprecherIn­nen­rat der Lan­desar­beits­ge­mein­schaft der kom­mu­nalen Aus­län­der- und Integrations­beauftragten Bran­den­burgs (LAGAIB)
35. Ste­fanie Schirn­er, Land­kreis Dahme Spree­wald
36. Über­re­gionale Flüchtlings­ber­atung
AWO Neu­rup­pin
37. Utopia e.V., Frankfurt/Oder
38. Vio­la Wein­ert, stel­lvertre­tende Vor­sitzende des Kreistages Ober­spree­wald-Lausitz
39. Women in Exile e.V.

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