Neuruppin — Am Dienstag, den 5. Mai verkündete Gert Wegner, Vorsitzender Richter am Landgericht Neuruppin, das Urteil im Templiner Mordprozess. Die Kammer
sprach nach zwölf Verhandlungstagen den Angeklagten Sven P. des Mordes
schuldig und verurteilte ihn zu einer Jugendfreiheitsstrafe von zehn
Jahren. Der Mitangeklagte Christian W. wurde der Beihilfe zum Mord durch
Unterlassen für schuldig befunden und erhielt eine Gesamtfreiheitsstrafe
von neun Jahren und drei Monaten.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die beiden jungen Männer den
55-jährigen Familienvater Bernd K. in der Nacht vom 21. zum 22. Juli
2008 brutal misshandelt und zu Tode geprügelt hatten, weil sie ihn
aufgrund seines sozialen Status als Alkoholiker verachteten. Das »völlig
wehrlose« Opfer sei nicht zufällig gewählt worden, so das Gericht;
vielmehr habe das »neonazistische Menschenbild« der Täter eine wichtige
Rolle gespielt. Der Haupttäter Sven P. habe zudem aus Mordlust gehandelt.
Bis zum Schluss hatte die Verteidigung in Abrede gestellt, dass die
rechtsextreme Einstellung der Täter Ursache für die brutale Tat gewesen
sein könnte. Die neonazistische Überzeugung der Beiden hatten sie
verniedlichend als »verqueres Weltbild« bezeichnet. Wie die Kammer das
Motiv der Tat bewerten würde, war während des Verfahrens nicht absehbar.
Zwischenzeitlich hatte der Vorsitzende Richter geäußert, er könne kein
rechtsextremes Tatmotiv erkennen, sondern gehe von einer »typischen Tat
im Trinkermilieu« aus.
Urteilsbegründung:
Mit der Urteilsbegründung schloss sich das Gericht weitgehend der
Argumentation von Staatsanwaltschaft und Nebenklage an: Bernd K. wurde
grausam misshandelt und getötet, weil die Täter sich als Herren über
Leben und Tod aufspielten und sich anmaßten, sein Leben als
»minderwertig« und »verachtenswert« zu betrachten. Dass Christian W. in
den Monaten vor der Tat ein kumpelhaftes Verhältnis zum Opfer gehabt
hatte, erscheint nur auf den ersten Blick widersprüchlich. Solange er
sich durch den Kontakt Vorteile erhoffte – Bernd K. schenkte ihm unter
anderem ein Fahrrad und teilte Alkohol mit ihm –, hatte er nichts gegen
ihn einzuwenden. Aber schon auf dem Weg zur Werkstatt, in der die Tat
verübt wurde, zeigte sich die tiefe Missachtung der Person des Bernd K.
Christian W. war es, der ihn mit einer, so das Gericht, »erstaunlichen
Menschenverachtung« als »Penner« und »alten Sack« beschimpfte, mit einem
Tier gleichsetzte und vor sich her trieb.
Während der Misshandlungen – über 30-mal soll Sven P. in das Gesicht des
Opfers getreten haben – sah Christian W. keinen Grund, sich schützend
vor ihn zu stellen. Ob er sich selbst in größerem Maße aktiv an der
Gewalt beteiligte, bleibt aus Sicht des Gerichts ungeklärt. Zugegeben
hatte er lediglich zwei Schläge und Tritte.
Für die Hinterbliebenen war es erleichternd, dass der Prozess nach
vielen Verzögerungen endlich zu Ende ging. Dass die Mordanklage gegen
Christian W. fallen gelassen wurde, bleibt für die Familie
unverständlich. Angesichts dessen, dass der Fall in den Medien und
teilweise auch vor Gericht als »Schlägerei unter Saufkumpanen«
dargestellt wurde, ist die Bedeutung, die der neonazistischen
Einstellung der Täter in der Urteilsbegründung beigemessen wurde, von
großer Wichtigkeit.