berliner morgenpost:
Eine Beauftragte für Toleranz
Die prämierte Polizeipräsidentin Uta Leichsenring hat einen neuen Job
dpa Eberswalde — Dem gängigen Bild von Polizeipräsidenten entspricht Uta Leichsenring nicht. Die 52-Jährige ist freundlich und zugleich beharrlich. Wenn sie das Wort ergreift, dann meist leise — aber mit Überzeugungskraft. Als Chefin des Polizeipräsidiums Eberswalde und damit von rund 1000 Mitarbeitern ist Leichsenring zu einer Symbolfigur der Arbeit gegen Rechts geworden. Und das über Brandenburgs Grenzen hinweg.
Wobei die Beamtin neben der Strafverfolgung stets auch Wert auf vorbeugende Arbeit — die Prävention — legt. Die Ernennung der einstigen Bürgerrechtlerin zur Landesbeauftragten für das Handlungskonzept «Tolerantes Brandenburg» kam also absolut folgerichtig. Das Konzept richtet sich gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Gestern nun wurde sie in ihr neues Amt eingeführt.
Leichsenring, deren Präsidium im Zuge der Polizeireform aufgelöst wird, ist formal noch bis 30. Juni Polizeipräsidentin. Seit dem 1. April hat sie ihr Dienstherr, das Innenministerium, jedoch ins Bildungsministerium abgeordnet. Bezahlt wird die Toleranz-Landesbeauftragte weiter vom Innenministerium: Sie hat fünf Jahre lang Anspruch auf Bezüge im einstweiligen Ruhestand.
Die im sächsischen Radebeul geborene studierte Ökonomin ist Quereinsteigerin bei der Polizei und immer noch parteilos. In der Wendezeit engagierte sich die Mutter zweier Söhne bei der Auflösung der Stasi. Vom 3. Oktober 1990 an war sie Leiterin des Staatssicherheitsarchivs der Gauck-Behörde in Potsdam. 1991 wurde sie Polizeipräsidentin von Eberswalde. Im Frühjahr 2001 wurde sie durch den Mordfall Ulrike bundesweit bekannt.
Ehrungen gab es mehrere für Leichsenring: 1999 erhielt sie in Stuttgart die nach dem einstigen Bundespräsidenten benannte Theodor-Heuss-Medaille. Das ZDF-Magazin «Mona Lisa» wählte sie zur «Frau des Jahres 2000». Und die Begründungen ähneln sich: Gewürdigt wird eine Frau, die sich über ihre beruflichen Aufgaben hinaus gegen die Diskriminierung von Minderheiten, gegen Hass und Gewalt und für ein Zusammenleben in Sicherheit und Toleranz engagiert hat und weiter engagiert.
berliner zeitung:
Neues Amt für Eberswalder Polizeichefin
Leichsenring leitet Initiative Tolerantes Brandenburg
POTSDAM. Uta Leichsenring, die bisherige Präsidentin des Polizeipräsidiums in Eberswalde, hat am Donnerstag ihr neues Amt als Landesbeauftragte für die Initiative Tolerantes Brandenburg übernommen. Angesiedelt bei Bildungsminister Steffen Reiche (SPD), soll die 52-jährige Leichsenring nun die Regierungsaktivitäten gegen rechte Gewalt und Fremdenfeindlichkeit koordinieren. Die bisher sechs Polizeipräsidien des Landes werden zum 30. Juni im Zuge der von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) initiierten Polizeireform in zwei Präsidien zusammengefasst.
Leichsenring, die wegen ihres Engagements gegen Rassismus mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, ist die einzige der bisherigen Polizeichefs, die eine neue Aufgabe in der Landesregierung übernimmt. Seit 1991 hatte die studierte Ökonomin als Quereinsteigerin das 1 000 Mitarbeiter zählende Präsidium in Eberswalde aufgebaut. Kurz zuvor war dort der Angolaner Antonio Amadeu von Jugendlichen totgeschlagen worden. Er war das erste Todesopfer rechter Gewalt in Ostdeutschland nach der Wende.
Leichsenring räumte ein, dass sie ihr bisheriges Amt gerne weiter geführt hätte. Aber nach der Auflösung ihres Präsidiums und wiederholten Reibereien mit Schönbohm war klar, dass es in der nunmehr in zwei Präsidien gegliederten Polizei keine Verwendung mehr für sie geben würde. Da die Bekämpfung des Rechtsextremismus in den vergangenen Jahren zu Leichsenrings Schwerpunkten zählte, sei sie in das für sie neu geschaffene Amt “quasi hineingewachsen”. Bildungsminister Reiche hob hervor, dass durch die Person Leichsenrings die Aktivitäten der Initiative Tolerantes Brandenburg aufgewertet würden. Die erst nach erheblichen Abstimmungsschwierigkeiten innerhalb der großen Koalition geschaffene Beauftragten-Stelle ist bis zum Ende der Legislaturperiode 2004 befristet.