Ein allein erziehender Asylbewerber aus dem brandenburgischen Ort Hennigsdorf bei Berlin soll am heutigen Montag ohne seinen fünfjährigen Sohn nach Vietnam abgeschoben werden.
HENNIGSDORF, 15. September (epd). Nach Angaben des Kirchenkreises Oranienburg wurde Xuan Khang Ha am 5. August 2002 unter dem Vorwand einer Identitätsüberprüfung zu seinem Asylfolgeantrag zur Ausländerbehörde des zuständigen Landkreises Oberhavel vorgeladen und dort festgenommen. Der Vietnamese, der bei der Vorladung seinen Sohn nicht dabei hatte, kam umgehend in Abschiebehaft nach Eisenhüttenstadt und wurde wenige Tage später auf den Flughafen Frankfurt am Main gebracht. Das Kind ist seitdem verschwunden und wird von der Polizei gesucht.
Proteste des Kirchenkreises erwirkten zunächst, dass der Mann nach Eisenhüttenstadt zurückverlegt wurde, wo er nach wie vor in Abschiebehaft sitzt. Nach Angaben der Referentin für Flüchtlinge und Ausländer des Kirchenkreises, Simone Tetzlaff, besteht die Behörde jedoch auf einer Abschiebung am heutigen Montag, auch wenn der Sohn des Vietnamesen bis dahin nicht gefunden wird. Wie aus einem Schreiben des Landkreises hervorgeht, soll das Kind zu einem späteren Zeitpunkt mit einer “sozialpädagogischen Begleitung” nach Vietnam ausgeflogen werden.
Der Kirchenkreis Oranienburg habe deshalb dem Kind, das wenige Tage nach der Verhaftung des Vaters seinen fünften Geburtstag hatte, Kirchenasyl angeboten, sagte Tetzlaff am Wochenende dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach Informationen des Vaters soll das Kind derzeit bei Bekannten untergebracht sein. Über den genauen Aufenthaltsort wisse aber auch er nicht Bescheid. Den letzten Kontakt zu seinem Sohn hatte er vor fünf Wochen.
Die Forderungen der Kirche nach einer Haftaufhebung, der Aussetzung der Abschiebung sowie einer Begegnungsmöglichkeit von Vater und Sohn habe die Ausländerbehörde bisher zurückgewiesen. “Jedes Vermittlungsangebot von unserer Seite wurde strikt abgelehnt”, sagte die Referentin. Das Ganze sei ein Fall von “unglaublicher Verantwortungslosigkeit im Amt” und ein Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention. “Wir hoffen nur noch, dass der Bundesgrenzschutz in Frankfurt am Main die Tragweite erkennt und entsprechend handelt”, sagte Tetzlaff.
Xuan Khang Ha kam den Angaben zufolge 1988 als so genannter vietnamesischer Vertragsarbeiter in die DDR. Nach der Schließung seines Betriebes Anfang der 90er Jahre wurde er nach Vietnam abgeschoben, reiste aber 1992 wieder nach Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. In Hennigsdorf hatte er zuletzt eine eigene Wohnung und Arbeit. Sein Antrag auf die so genannte Altfallregelung für ehemalige DDR-Vertragsarbeiter wurde von der Ausländerbehörde abgelehnt. Eine Klage dagegen ist noch anhängig, hat aber keine aufschiebende Wirkung.
Zuletzt hatte in Brandenburg der Fall der vietnamesischen Familie Nguyen Aufsehen erregt. Nach Intervention der Kirche wurde der Familie eine erneute Duldung bis zum 24. Januar 2003 erteilt.