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Verbotene Kameradschaften wirken jetzt im Untergrund

Rathenow — Mitte April ver­bot Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) die
recht­sex­trem­istis­chen Kam­er­ad­schaften “Hauptvolk” und deren
Unter­gliederung “Sturm 27”. Die Polizei wurde angewiesen, das
Vere­insver­bot mit aller Kon­se­quenz umzuset­zen. Doch anscheinend haben
sich die Neon­azis vom Ver­bot ihrer Kam­er­ad­schaften und von
Polizei-Razz­ien in Woh­nun­gen und Vere­ins­ge­bäu­den nicht abschrecken
lassen. Vor allem in der Region um Rathenow (Havel­land) machen die
ehe­ma­li­gen Kam­er­ad­schaft­sange­höri­gen weit­er — allerd­ings ohne Titel. 

“Unter den Namen Hauptvolk und Sturm 27 tritt in Rathenow und
Prem­nitz nie­mand mehr plaka­tiv auf. Doch die Struk­turen und Aktivitäten
blieben nach dem Ver­bot diesel­ben und kon­nten sich sog­ar noch steigern”,
sagt Thomas Ernst, Mitar­beit­er ein­er Anti­ras­sis­mus-Ini­tia­tive aus
Rathenow. Er behauptet: “Beispiel­sweise verklebten in der Zeit vom 5.
bis 8. Mai ehe­ma­lige Kam­er­ad­schaftsmit­glieder des Sturm 27 ausgehend
von ihrem Tre­ff­punkt in der Rhi­now­er Straße unbe­hel­ligt über 440
Aufk­le­ber mit der Auf­schrift 8. Mai 2005 — Wir feiern nicht!” Daß
diese Klebe-Aktion tat­säch­lich stat­tfand, bestätigt Diet­mar Keck,
Polizei­press­esprech­er des Schutzbere­ich­es Havel­land. “Bei den Kollegen
in Rathenow ist dazu eine Anzeige einge­gan­gen”, so der Beamte. 

Doch nicht nur Pro­pa­gan­da-Aktio­nen ste­hen bei den Neon­azis auf dem
Pro­gramm. Gemein­sam fuhren sie in größeren Grup­pen zum NPD-Auf­marsch am
8. Mai zum Alexan­der­platz nach Berlin. Thomas Ernst: “Sie wur­den dabei
nicht, wie bei ähn­lichen Ver­anstal­tun­gen früher, polizeilich begleitet,
so daß Kam­er­ad­schaftsmit­glieder, darunter der soge­nan­nte Sturmführer
Ben­jamin K. unmit­tel­bar vor der Abfahrt und nach der Rück­kehr in
Rathenow wieder ungestört Nazi­aufk­le­ber an Verkehrss­childer und
ähn­lichem anbrin­gen konnten.” 

Der Mitar­beit­er der Anti­ras­sis­mus-Ini­tia­tive beobachtet einen Trend:
Seit dem Ver­bot der Kam­er­ad­schaften mis­chen die Neon­azis ver­stärkt bei
der NPD mit. Ex-Sturm-27-Mit­glieder verteilen NPD-Flug­blät­ter in
Prem­nitz und Rathenow. Und sie beteiligten sich am 18. April bei einer
Gedenkver­anstal­tung der NPD auf dem Sol­daten­fried­hof in Rathenow. Thomas
Ernst kri­tisiert: “Bis auf das Namensver­bot und die bei der Razzia
beschlagnahmten Asser­vate tat sich nicht viel, die
Kam­er­ad­schaftsstruk­tur blieb erhal­ten, Pro­pa­gan­da­ma­te­r­i­al wurde ersetzt.” 

Im Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um hat man bis­lang noch keine
Erken­nt­nisse, daß die Kam­er­ad­schaften ohne Namen weit­er aktiv sind. “Man
kann aber sich­er sein, daß Polizei und Ver­fas­sungss­chutz ein Auge auf
die Aktiv­itäten der Neon­azis und Recht­sex­trem­is­ten haben”, sagt
Press­esprech­er Wolf­gang Brandt. Etwaige Nach­fol­ge­or­gan­i­sa­tio­nen seien
eben­falls von Schön­bohms Ver­bot betrof­fen, doch “für die Behör­den gibt
es keinen Grund einzu­greifen, solange Einzelper­so­n­en nicht mit dem
Strafge­set­zbuch in Kon­flikt kom­men”, sagte Brandt. Die Grun­drechte, zu
denen auch die Ver­samm­lungs- und Mei­n­ungs­frei­heit gehört, gel­ten für
jed­er­mann, “auch wenn die poli­tis­che Mei­n­ung der Recht­sex­tremen und
Neon­azis abzulehnen ist”. Erschw­erend komme hinzu, daß die NPD keine
ver­botene Partei sei.

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