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Verfassungsschützer hat Landtag belogen

Der Lausitzer SPD-Innen­poli­tik­er Wern­er-Sieg­wart Schip­pel fordert wegen der
jüng­sten V‑Mann-Affäre die Ent­las­sung von Ver­fas­sungss­chutz-Chef Heiner
Wegesin. Außer­dem solle sich Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) vor dem
Land­tag entschuldigen. Wörtlich sagte Schip­pel gegenüber der RUNDSCHAU: “Ich
fordere die Über­nahme der poli­tis­chen Ver­ant­wor­tung durch den Innenminister,
weil er Chef des Haus­es ist, aus dem her­aus ein Gremi­um des Parlaments
bel­o­gen wor­den ist.” PDS-Frak­tion­schef Lothar Bisky forderte eben­falls, dass
der Innen­min­is­ter Kon­se­quen­zen aus der V‑Mann-Affäre ziehen müsse. 

Zum Hin­ter­grund: Der Bran­den­burg­er V‑Mann Chris­t­ian K. hat­te im Feb­ru­ar 2001
eine Polizei-Razz­ia an einen Neon­azi ver­rat­en. Die Staatsanwaltschaft
ermit­telte nun, dass er den Tipp von seinem V‑Mann-Führer — Deck­name “Max” -
hat­te (die RUNDSCHAU berichtete), was dieser in sechs dienstlichen
Erk­lärun­gen bestrit­ten hat­te. Unter Beru­fung darauf wies Schön-bohm bisher
alle Vor­würfe gegen den Ver­fas­sungss­chutz strikt zurück. Schip­pel warf ihm
jet­zt vor, “lange genug Zeit gehabt zu haben, um aufzuk­lären, was wirklich
passiert ist”. Die V‑Mann-Affäre mache Bran­den­burg nach außen lächer­lich und
erschüt­tere das Ver­trauen in den Verfassungsschutz. 

Zwar sprach auch der Chef der Par­la­men­tarischen Kon­trol­lkom­mis­sion (PKK),
Christoph Schulze, nach ein­er Son­der­sitzung des Kon­troll­gremi­ums gestern von
ein­er “neuen Qual­ität”, weil erst­mals ein V‑Mann-Führer “aus dem Ruder
gelaufen” sei. Dies sei der “größte anzunehmende Unfall”, der sich nicht
wieder­holen dürfe. Den­noch sieht er keinen Grund für einen Rücktritt
Wegesins. Dieser habe gute Arbeit geleis­tet und könne nichts dafür, von
einem Mitar­beit­er getäuscht wor­den zu sein. Schulze ver­wies darauf, dass
Schön­bohm bedauert habe, die PKK falsch informiert zu haben. 

Schön­bohm ver­sicherte nach der Sitzung, dass der Ver­dacht aus­geräumt sei,
ein zweit­er V‑Mann-Führer (Deck­name “Dirk”) habe von den Lügen gewusst. Dies
hat­te der V‑Mann Chris­t­ian K. behauptet. Unklar bleibt allerd­ings auch, ob
eine weit­ere Aus­sage von K. zutrifft: Dem­nach hat der V‑Mann-Führer “Max”
den V‑Mann Chris­t­ian K. ungewöhn­lich detail­liert gewarnt. “Max” soll das
Datum genan­nt und erwäh­nt haben, bei den Durch­suchun­gen gehe es auch um die
Ter­ror­gruppe “Nationale Bewe­gung”. Gegen sie ermit­telt Generalbundesanwalt
Kay Nehm seit einem Bran­dan­schlag auf den Jüdis­chen Fried­hof in Pots­dam im
Jan­u­ar 2001, ohne jeden Erfolg. 

Innen-Staatssekretär Lan­celle kündigte unter­dessen an, dass gegen den
früheren V‑Mann-Führer “Max” — bis­lang ist er nicht vom Dienst suspendiert -
diszi­pli­nar­ische Ermit­tlun­gen ein­geleit­et wer­den. Seit Mitte 2002 arbeitet
“Max” nicht mehr beim Ver­fas­sungss­chutz. Seit kurzem ist er sog­ar in der
neuen Abteilung für strate­gis­che Pla­nung des Innen­min­is­teri­ums tätig. “Wenn
sich bestätigt, dass er gel­o­gen habe, ist das ein schw­er­er Vertrauensbruch
gegenüber dem Dien­s­ther­ren”, sagte Lan­celle. Das Ver­trauen in die Führung
des Ver­fas­sungss­chutzes sei jedoch nicht erschüttert.

Reak­tio­nen PKK im Zwielicht

Der innen­poli­tis­che Sprech­er der CDU, Sven Petke , stellte sich hinter
Wegesin: Die Rück­tritts­forderung Schip­pels sei “grund­los und durch nichts
gerecht­fer­tigt”. Er instru­men­tal­isiere den Vor­gang parteipoli­tisch. Hingegen
meinte Grü­nen-Chef Roland Vogt : “Entwed­er wollte Schön­bohm die
Angele­gen­heit unter den Tep­pich kehren oder er hat sein Haus nicht in
Griff.” Die Mauschelei zwis­chen Sicher­heit­sor­ga­nen und Rechtsextremen
gefährde die Demokratie. Die PKK sei durch die Affäre schw­er beschädigt
wor­den. Die innen­poli­tis­che Sprecherin der PDS-Frak­tion Ker­stin Kaiser-Nicht
warf der PKK vor, ihre Auf­gabe nicht ernst genom­men zu haben. Hätte sie wie
von ihr ver­langt Ein­sicht in die Akten genom­men, wäre es nicht “zur
Täuschung der PKK durch das Innen­min­is­teri­um” gekom­men. Kaiser-Nicht, die
wegen der Affäre bere­its den Rück­tritt Schön­bohms gefordert hat­te, erneuerte
ihre Forderung auf Akten-Einsicht.

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