V‑Mann-Affäre: SPD-Fraktionschef will Konsequenzen
(BM, 4.9.) Potsdam — Der SPD-Fraktionschef im Brandenburger Landtag, Gunter Fritsch,
hat Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und seinem Verfassungsschutzchef
Heiner Wegesin gestern Fehler beim Umgang mit dem Verrat einer Razzia durch
einen Spitzel an die rechtsextreme Szene vorgeworfen. Der innenpolitische
Sprecher der SPD-Fraktion, Werner Siegwart Schippel, erneuerte seine
Forderung, Wegesin müsse nach dem Debakel zurücktreten. Der
Verfassungsschutz stecke in einer tiefen Vertrauenskrise.
Aufgrund von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen war bekannt geworden,
dass entgegen seiner bisherigen Beteuerungen ein V‑Mann-Führer den V‑Mann
über die vorgesehene Razzia informiert hatte. Das Innenministerium hatte an
die für die Überwachung des Verfassungsschutzes zuständige Parlamentarische
Kontrollkommission (PKK) bis zu dieser Erkenntnis falsche Informationen
weitergereicht. SPD-Fraktionschef Fritsch vermisst zumindest eine Geste:
“Eine Entschuldigung wäre angebracht gewesen.” Von Wegesin fordert Fritsch,
“Ordnung in den Laden zu bringen”. Der Verfassungsschutzchef müsse dafür
sorgen, dass ein solcher Fall sich nicht wiederholt.
Harsche FDP-Kritik an V‑Mann-Affäre
Versäumnisse bei Kontrollkommision
POTSDAM In der Brandenburger V‑Mann-Affäre steht verstärkt die
Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtags in der Kritik.
FDP-Chef Heinz Lanfermann bezeichnete das für die Überwachung des
Verfassungsschutzes zuständige Gremium gestern als “zahnlos”.
Die PKK habe sich in der Affäre darauf beschränkt, nach jeder neuen
Information immer neue Sitzungen anzuberaumen. Dabei seien lediglich die
Spitzen des Innenministeriums gehört worden. Weder seien einzelne Beteiligte
geladen noch das Recht auf Akteneinsicht wahrgenommen worden, so Lanfermann.
“Folgerichtig gerät die Angelegenheit auch zur Blamage der PKK.” Zugleich
kritisierte Lanfermann Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Eine
Entschuldigung gegenüber dem Parlament sei eine Selbstverständlichkeit.
Dafür scheine dem Minister aber jedes Verständnis zu fehlen.
Hintergrund der Affäre ist der Verrat einer Razzia in der Neonaziszene. Am
Wochenende war bekannt geworden, dass ein V‑Mann-Führer des
Verfassungsschutzes einen seiner rechtsextremen Spitzel über die
bevorstehende Polizeiaktion informiert hatte. Die Razzia verlief dadurch
weitgehend erfolglos.