Potsdam - „Frecher String mit elastischer Spitze. Perfekter Sitz und tolles Tragegefühl, auch unter enger Kleidung absolut unsichtbar!“ Damit wirbt die Triumph-Marke Sloggi für ihre String-Tangas. Auf dem Plakat sind vier nur mit Schuhwerk und Tanga bekleidete Damen von hinten zu sehen, zwischen ihnen sprießen Blümchen: „It’s String Time“, lautet der Slogan. Grund genug für Terres des Femmes in der Schweiz vor zwei Jahren eine Kampagne wegen Sexismus und Herabsetzung der Frau anzustreben, der Hersteller zog das Plakat zurück, auch in Frankreich wurde es verboten.
In Potsdam nun erlebte das anzügliche Bild eine Renaissance. Für einen Flyer zur „Wintercocktail“-Party der Studentenverbindung Corps Masovia, die heute Abend in der Kurfürstenstraße 17 stattfindet, wurde das Motiv zweckentfremdet. „It’s PartyTime!“ lautet hier nun der Slogan, die spärlich bekleideten Damen haben die Gießkanne und die Sommerhüte gegen Champagner-Flasche und Nikolausmützen eingetauscht. Der Studierendenausschuss AStA sah dadurch seinen schon zuvor formulierten Vorwurf der Frauenfeindlichkeit des Corps untermauert (PNN berichteten). „Durch diesen Flyer wurde noch einmal eindrucksvoll bestätigt, dass das Corps und viele andere Verbindungen nicht mit dem Kopf, sondern mit den Genitalien denken“, äußerte die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Antifaschismus, Danelia Krasnic in einer Stellungnahme mit dem AStA.
Etwas erklärungsbedürftig erscheint die Beziehung der Corps-Brüder zum weiblichen Geschlecht tatsächlich zu sein. Einerseits sind Frauen als Mitglieder im Corps nicht zugelassen. Andererseits finden sich auf der Website des Corps Bilder von Partys, auf denen zahlreiche junge Frauen in bester Partylaune zu sehen sind. Tamas Blénessy vom freien zusammenschluss der studentInnenschaften (fzs) sieht darin das Frauenbild des Corps umrissen: „Frauen sind hier nur schmückendes Beiwerk, sie sind nur gefragt, wenn man keine Lust mehr hat, nur unter sich zu sein.“ Blénessy weiter: „Im Grunde genommen haben die Corpsbrüder Angst davor, dass ihr harmonisches heterosexuelles Gefüge durch die Überflutung des Männerbundes mit sexuellen Reizen der Frauen gesprengt werden könnte.“
Das Corps Masovia sieht sich indes zu Unrecht der Frauenfeindlichkeit bezichtigt. „Die Mitgliedschaft ausschließlich von Männern dient der Stabilität des Zusammenhaltes der Gemeinschaften, der durch den exklusiven Anspruch von Lebensgefährten aufeinander oder die Belastungen durch das Werden und Vergehen von Liebesbeziehungen innerhalb der Corps nicht gefährdet werden soll“, rechtfertigte die Verbindung bereits im November den Ausschluss von Frauen. Eine Geringschätzung von Frauen oder ein vorherbestimmtes Rollenverständnis der Geschlechter komme darin nicht zum Ausdruck. „Und scheint auch von Frauen so nicht verstanden zu werden, wie deren oft überproportionale Teilnahme an zahlreichen Veranstaltungen zum Beispiel des Corps Masovia deutlich macht“, so die Verbindung.
Dass der Flyer von Studierenden als sexistisch empfunden wird, bedauert Masovia. „Dies wird von uns nicht so gesehen“, hieß es gegenüber den PNN. Auch habe man nicht gewusst, dass das Motiv schon zuvor in die Kritik geraten war. Beim Verteilen des Flyers habe es hauptsächlich positive Reaktionen gegeben: „Insbesondere auch von weiblichen Studenten“. Gegen die Vorwürfe des AStA verwahrt sich das Corps und bedauert, dass bis dato ihr Gesprächsangebot nicht aufgegriffen worden sei. Generell seien Frauen bei Masovia willkommen, Ausnahmen seien die Fechtveranstaltungen und Kneipen bzw. Kommerse. Was das Tanga-Motiv allerdings mit einer „Wintercocktail-Party“ zu tun hat, konnte oder wollte die Verbindung nicht erklären.
Eine Potsdamer Studentin, die sich durch den Flyer von Masovia belästigt fühlt, sieht das Problem vor allem in der Zweckentfremdung des Motivs. Es sei verständlich, dass für Dessous mit nackter Haut geworben werde, auch wenn sich über die Art der Darstellung streiten lasse. Für die Werbung zu einer Studentenparty sei das Motiv allerdings unverständlich. „Die Darstellung bekommt noch einen ganz anderen, meiner Ansicht nach sehr viel frauenfeindlicheren Sinn, wenn sie von einer Vereinigung benutzt wird, von der offen bekannt ist, dass sie nur Männer und keine Frauen beitreten lässt“, sagte die Studentin, die ihren Namen nicht veröffentlicht sehen will. Dass einer solchen Verbindung an einer staatlichen Hochschule ein Forum geboten werde, schockiere sie. In die gleiche Kerbe schlug der AStA: Er forderte die Uni auf, dem Corps den Status einer an der Hochschule eingetragenen Vereinigung abzuerkennen.
Die Universität sieht indes keine Veranlassung, der Verbindung diesen Status abzuerkennen. Von der Uni war zu erfahren, dass die bereits formulierte Position weiterhin Gültigkeit habe: Es sei ausgeschlossen worden, dass der Zweck des Corps dem Auftrag und den Aufgaben der Hochschule entgegensteht, ein Verstoß gegen die geltende Rechtsordnung durch das Corps sei nicht zu erkennen. Wie dem auch sei, das Corps hat sein eigentliches Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen, erreicht. Die in der vergangenen Woche massenhaft über Mensen und Uniflure gestreuten Flyer sind mittlerweile bis auf wenige Exemplare vergriffen.