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Verspätete Anklage


Pots­dam: Prozeß gegen Recht­sex­trem­is­ten wegen Bran­dan­schlags auf
anti­ras­sis­tis­ches Fes­ti­val 2001

(JW, 19.4.) Nach fast vier­jähri­gen Ermit­tlun­gen begann am Mon­tag vor der 2.
Strafkam­mer des Landgericht­es Pots­dam der Prozeß gegen den Berliner
Recht­sex­trem­is­ten Sebas­t­ian D. und Jean­nine P. aus dem brandenburgischen
Königs Wuster­hausen. Die Staat­san­waltschaft wirft den bei­den 22jährigen
unter anderem ver­sucht­en Mord und Ver­stoß gegen das Waf­fenge­setz vor.
Gemein­sam mit zwei weit­eren Neon­azis soll Sebas­t­ian D. in der Nacht zum
14. Juli 2001 Molo­tow­cock­tails auf die Bühne des antirassistischen
Fes­ti­vals “Le monde est à nous” (“Die Welt gehört uns”) in Königs
Wuster­hausen gewor­fen haben. Dort schliefen zum Zeit­punkt des Angriffs
mehrere Jugendliche. Das Fest wird jährlich von lokalen Jugendvereinen
und Antifa­grup­pen organisiert. 

Laut Anklage sei durch den Bran­dan­schlag der Tod der auf der Bühne
Schlafend­en bil­li­gend in Kauf genom­men wor­den. Dem damals 18jährigen D.
dro­ht eine Höch­st­strafe von zehn Jahren Haft. Die fünf geschädigten
Antifaschis­ten treten als Neben­kläger auf. Der Berlin­er Rechtsanwalt
Daniel Wölky, der einen der Geschädigten ver­tritt, warf den Behörden
vor, die Ermit­tlun­gen seien von Pan­nen gekennze­ich­net gewe­sen. “Es wurde
verzögert und herun­terge­spielt”, sagte Wölky. Eine Anklage wegen
Grün­dung ein­er recht­ster­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung dränge sich auf. 

Während das Trio mit Sebas­t­ian D. die Molo­tow­cock­tails gewor­fen haben
soll, habe Jean­nine P. im Fluchtau­to gesessen. Nach eigen­er Aus­sage hat
sie die Män­ner vom Tatort wegge­fahren. P. wird hin­sichtlich der Tat vom
14.7.2001 lediglich wegen Bei­hil­fe zur ver­sucht­en Sachbeschädi­gung und
Ver­stoßes gegen das Waf­fenge­setz angeklagt. Ihr wird außer­dem die
Beteili­gung an einem Bran­dan­schlag auf die Wohn­wa­gen ein­er Gruppe Sinti
und Roma am 30.7.2001 im nahen Wildau vorge­wor­fen. Hierzu wollte sich
die Angeklagte gestern nicht äußern. Warum die zwei Kom­plizen des
Anschlags auf die Fes­ti­val­bühne nicht mit auf der Anklage­bank saßen, ist
unklar. Schleier­haft blieb am Mon­tag auch, warum nach den
Teilgeständ­nis­sen von Sebas­t­ian D. und Jean­nine P. 2002 bis zur
Hauptver­hand­lung über zwei Jahre vergingen. 

Nun wird vor allem zu klären sein, ob den Angreifern bewußt war, daß
sich auf der Bühne schlafende Men­schen befan­den, sie also wissentlich
Men­schen­leben gefährde­ten. Gestern wurde das von bei­den bestritten.
Antifa­grup­pen rech­nen den ein­schlägig polizeibekan­nten D. der im März
2005 ver­bote­nen Kam­er­ad­schaft “Berlin­er Alter­na­tive Süd-Ost” (BA-SO) zu.

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