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Law & Order

Verzerrte Darstellung

Der Ver­fas­sungss­chutz stellt alarmierende Entwick­lun­gen in der Naziszene Bran­den­burgs fest. Gewarnt wird aber erneut vor den „link­sex­trem­istis­chen Gewalt­tätern“, die „Jagd auf Nazis machen“. 

Ein Kom­men­tar von Ulla Scharfenberg 

Der Ver­fas­sungss­chutzbericht attestierte der Bran­den­burg­er Neon­aziszene erschreck­ende Entwick­lun­gen in 2011. Die NPD werde zunehmend „naz­i­fiziert“, das recht­sex­treme Per­so­n­en­poten­zial sowie Neon­azi-Aktiv­itäten hät­ten sich „erhe­blich aus­gedehnt“, zudem hät­ten die Recht­sex­trem­is­ten den „Kampf­s­port für die Rekru­tierung und den Zusam­men­halt der Grup­pen“ ent­deckt. Alarmiert von diesen besorgnis­er­re­gen­den Ergeb­nis­sen schlussfol­gert Bran­den­burgs Ver­fas­sungss­chutzchefin, Win­friede Schreiber, logisch, dass die „Anstren­gun­gen der Zivilge­sellschaft“ erhöht wer­den müssen.

Bran­den­burg in Zahlen: 1.150 Neon­azis und 570 Linksextreme

Die Behörde selb­st glänzt jedoch vor allem in ihrer Anstren­gung Nazigeg­ner­in­nen und ‑geg­n­er zu krim­i­nal­isieren und eine ange­bliche Gefahr „von links“ her­aufzubeschwören. In der Rubrik „Antifa“ lis­tet der Ver­fas­sungss­chutz ganze vier antifaschis­tis­che Vor­fälle auf, darunter „Störver­suche“ eines „genehmigten NPD-Auf­marsches“ am 15. Feb­ru­ar, bei dem „eine Sitzblock­ade“ „durch die Polizei geräumt wer­den“ musste. Am 7. Mai beobachteten Ermit­tler eine Demon­stra­tion unter dem Mot­to „Dem Wahnsinn ein Ende set­zen – Naziter­ror stop­pen“ in Pren­zlau, deren Anlass die „Nazige­walt“ in der Uck­er­mark war. Warum der Ver­fas­sungss­chutz Nazige­walt in Anführungsze­ichen set­zt ist unklar. Die Gefährlichkeit der rund 100 Teil­nehmerin­nen und Teil­nehmer kann nicht bezweifelt wer­den: „Tat­säch­lich führten Demon­stran­ten Gegen­stände bei sich, die gegen das Ver­samm­lungs­ge­setz ver­stießen.“ Welche Gegen­stände das waren, ob Schuss­waf­fen oder Haar­spray-Dosen, erfahren wir lei­der nicht.

Zum Glück küm­mern sich die so genan­nten „Schlap­phüte“ inten­siv um die „link­sex­trem­istis­chen Gewalt­täter“, die „immer wieder aufs Neue“ bewiesen, „dass sie bewusst große Sach­schä­den, die Gefährdung von Men­schen­leben und schwere Ver­let­zun­gen von Men­schen in Kauf nehmen“. So führten die Lan­deskrim­i­nalämter Sach­sen und Bran­den­burg im Früh­jahr 2011 Razz­ien bei „Autonomen“ im Land­kreis Elbe-Elster durch, „die in Sach­sen und Bran­den­burg Jagd auf Recht­sex­trem­is­ten machten.“ 

Ten­den­z­iös und unzulässig

Mit Über­raschung mussten wir fest­stellen, dass die unsach­liche und verz­er­rte Darstel­lung des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes weit­er anhält“, erk­lärt das Jugend­Wohn­Pro­jekt (JWP) „Mit­ten­Drin“ aus Neu­rup­pin in ein­er öffentlichen Gegen­darstel­lung zum Ver­fas­sungss­chutzbericht. Der Vere­in, der im Bericht von 2010 als Beispiel für „link­sex­trem­istis­che Aktiv­itäten in Jugendzen­tren“ geführt wurde, wehrte sich im let­zten Jahr erfol­gre­ich gegen die halt­losen Vor­würfe. Das Pots­damer Ver­wal­tungs­gericht warf dem Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutz vor, „ten­den­z­iös und unzuläs­sig unge­nau“ gear­beit­et zu haben, was zur Folge hat­te, dass sämtliche Ein­träge über den „Mit­ten­Drin“ e.V. im Bericht geschwärzt wer­den mussten.

Zeigte sich die Behörde im ver­gan­genen Jahr noch ein­sichtig, als sie her­vorhob, die Arbeit des Vere­ins dur­chaus hoch zu schätzen und es niemals in ihre Absicht gewe­sen sei, diese zu gefährden, taucht „Mit­ten­Drin“ im aktuellen Bericht erneut auf. Auf Seite 149 heißt es: „Drei mut­maßliche Ange­hörige der ‚recht­en Szene‘ wur­den am 23.08.2011 in Neu­rup­pin (OPR) von etwa 20 Per­so­n­en aus dem Jugend­wohn­pro­jekt ‚Mit­ten­drin‘ ver­fol­gt und mit Steinen bewor­fen.” Diese Aus­sage sei genau­so reißerisch wie sach­lich falsch, erk­lärt „Mit­ten­Drin“ und stellt ihre Sicht der Geschehnisse auf sein­er Inter­net­seite dar: „Wir möcht­en beto­nen, dass kein­er der Nazis ange­fasst oder gar ver­let­zt wor­den ist, wie etwa der Ver­fas­sungss­chutzbericht sug­geriert.“ Die Vere­ins­mit­glieder fordern eine Richtig­stel­lung und weisen darauf hin, dass „die Behaup­tung, mit ‚Steinen bewor­fen‘ wor­den zu sein, (…) lediglich der Aus­sage der Nazis (entspringt), die dann von der Polizei über­nom­men wurde“. Eine Reak­tion des Ver­fas­sungss­chutzes blieb bis­lang aus.

Ach­ja, “die Ausländer”

Die link­sex­treme Gefahr in Bran­den­burg geht allerd­ings nicht nur von der Nazigeg­n­er­schaft aus. Weit­ere Sys­temge­fährdende The­men der Link­sex­trem­is­ten zählt der Ver­fas­sungss­chutz detail­liert auf, unter anderem: Anti­ras­sis­mus, Anti­re­pres­sion, Anti­mil­i­taris­mus, Glob­al­isierungskri­tik, Anti-AKW, sowie die Kri­tik der Extremismustheorie.

Und seien die Extrem­is­ten von rechts und links noch nicht bedrohlich genug, wid­met sich der Ver­fas­sungss­chutzbericht auch den alt­bekan­nten Islamis­ten und dem so genan­nten „Aus­län­derex­trem­is­mus“. Die 13 Seit­en des Berichts lassen sich aber zum Glück in nur drei Sätzen zusam­men­fassen. Erstens: „Wie bere­its in den ver­gan­genen Jahren lässt sich auch für das Jahr 2011 fest­stellen, dass im Land Bran­den­burg der islamistis­che Extrem­is­mus nicht zur Ent­fal­tung kam.“ Zweit­ens: „In Bran­den­burg gibt es keine Moscheen mit radikalen Predi­gern.“ Und Drit­tens: „Islamistis­ch­er Extrem­is­mus wie auch Aus­län­derex­trem­is­mus stag­nieren in Bran­den­burg auf niedrigem Aktivitätsniveau.”

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