Eine Woche vor dem angekündigten, nun aber verbotenen Aufmarsch in Halbe wollen sich Rechtsextremisten in Brandenburg anscheinend warm laufen. Unter dem Motto “Heimat, Arbeit, Zukunft in einem nationalen und sozialistischen Deutschland” gingen etwa 60 von ihnen in Belzig auf die Straße. Die Demonstration blieb störungsfrei, lediglich in einem Fall wurde die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen festgestellt. Redner bei der Abschlusskundgebung war der Landesvorsitzende der NPD, Mario Schulz.
Überhaupt keine Worte machten am Folgetag drei Dutzend jüngerer Männer, die am Kriegerdenkmal in Mühlenbeck einen Kranz niederlegten. Daneben formierten sie aus brennenden Kerzen eine so genannte Lebensrune.
Ein “und” als Feigenblatt
“National” und “sozialistisch” soll das Deutschland werden, das die Demonstranten in Belzig erkämpfen wollen. Jeder versteht: Das “und” zwischen den beiden Attributen darf man sich gerne in aller Stille wegdenken. Doch mit dem Etikett “sozialistisch” will man nicht nur an den Nationalsozialismus erinnern, sondern auch Sympathien bei denen werben, die selbst nach dem Untergang der DDR noch an der sozialistischen Idee Gefallen finden. Sie müssten bloß den irrigen Internationalismus durch den “lebensrichtigen” Nationalismus ersetzen …
Gerade bei der NPD in Brandenburg finden derartige antikapitalistisch-revolutionäre Vorstellungen einigen Widerhall. Angemeldet hatte die Demonstration jedoch nicht diese Partei, die den Hauptredner stellte, sondern eine “Preußische Aktionsfront”.
Hinter dieser Bezeichnung steht ein stadtbekannter Neonazi, der wegen rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten mehrfach verurteilt wurde und in der Haft Verbindungen zur neonazistischen “Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V.” (HNG) aufnahm: In deren monatlichem Nachrichtenblatt war er als einer der “politischen Gefangenen” aufgeführt, die Briefkontakte wünschen.
Zunächst hatte er selbst die Demonstration angemeldet, dann aber — vielleicht weil er einsah, dass sein Name Bürger und Polizei allzu sehr alarmieren könnte — überließ er die offizielle Verantwortung für den Aufzug einem weniger bekannten NPD-Mitglied.
Die NPD schlug in die ihr hingestreckte Hand bereitwillig ein. Denn so bot sich ihr die Gelegenheit, in einer Region Brandenburgs aufzumarschieren, in der sie bisher kaum öffentlich präsent ist.
Vorgezogenes Heldengedenken
Die schweigenden Marschierer, die mit Fackeln zum Kriegerdenkmal in Mühlenbeck zogen, kamen überwiegend aus Berlin. Da die Veranstaltung nicht angemeldet war, stellte die Polizei die Personalien fest. Dabei zeigte sich, dass neun der Teilnehmer der Polizei bereits bekannt waren, fünf von ihnen wegen Staatsschutzdelikten. Ansonsten boten die Versammelten wenig Anhaltspunkte, die ihre Absichten erklären könnten. Denn auch der Kranz, den sie niederlegten, enthielt keine Aufschrift.
Doch das Ritual mit Fackeln und Lebensrune lässt kaum einen anderen Schluss zu: Es war ein “Heldengedenken” mit sehr wahrscheinlich rechtsextremistischem Hintergrund.
Möglicherweise rechneten die Teilnehmer damit, dass der Großaufmarsch in Halbe am 15. November verboten bleiben wird, und gönnten sich deshalb eine kleine vorgezogene Feier.
Da der Volkstrauertag (in diesem Jahr der 16. November), den die Veranstalter in nationalsozialistischer Tradition in einen “Heldengedenktag” umtaufen wollen, durch das Feiertagsgesetz geschützt ist, war seit langem geplant, stattdessen am Tag zuvor zu demonstrieren. Aber auch diese Veranstaltung wurde durch das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) verboten. Dagegen hat jedoch der Anmelder beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) Klage eingereicht. Die Entscheidung des Gerichts steht noch aus. Viele Rechtsextremisten hoffen aber noch, dass das Verbot des Aufzugs in Halbe aufgehoben wird.