Antifa-Demonstration | Sa, 25. Sept 2010 | 15 Uhr | Potsdam-Hauptbahnhof
Fünf Jahre sind seit dem „summer of hate“, wie er einst von Potsdamer Neonazis ausgerufen wurde, vergangen. Fünf Jahre in denen sich bis heute eine „neue“ Generation von Neonazis in der Landeshauptstadt zusammenfinden, organisieren und etablieren konnte.
Die Serie von rechtsradikalen Gewalttaten und Propagandadelikten im Sommer 2005, nahm ihren traurigen Höhepunkt in der Nacht zum 3. Juli im sogenannten „Tram-Überfall“. Damals griff eine ca. 20-köpfige Neonazigruppe zwei Student_innen aus einer Straßenbahn heraus an und verletzte diese lebensgefährlich. Dies führte zur Verurteilung und Inhaftierung führender Potsdamer Neonazis und somit zur zeitweisen Schwächung der lokalen Neonaziszene. Die hierdurch entstandene Lücke wussten jedoch die „Freie Kräfte Potsdam“, eine noch im selben Jahr gegründete rechtsradikale Gruppierung, zu füllen. Diese formten von da an die mehr oder weniger organisierte rechte Struktur in Potsdam.
Die sich in den folgenden Jahren entwickelnde rechte Szene wies neben den Kontinuitäten, die durch einzelne übrig gebliebene Protagonist_innen und Labels zu erkennen war, auch zahlreiche strukturelle und subkulturelle “Neuerungen” auf. Die örtliche Neonaziszene wurde deutlich jünger und gewann an Organisation und Dynamik.
So waren sie vermehrt durch Aktionen zum Todestag von Rudolf Hess und Horst Wessel, zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens oder Potsdams und bei letzterem auch zum gemeinsamen Kriegsgräber schrubben präsent, sowie durch Fahrten zu regionalen und überregionalen Demonstrationen. In unregelmäßig erscheinenden Beiträgen berichteten sie von gemeinsamen Ausflügen, welche auch NS-Gedenkstätten zum Ziel hatten, um hier
die deutsche Geschichte, Kriegsschuld und Kriegsverbrechen zu relativieren und zu leugnen.
Auch machte die Adaption jugendkultureller Symboliken und Dresscodes seitens der Neonazis beim Outfit der „Autonomen“ nicht halt und somit sind die Potsdamer „nationalen Sozialisten“ heute optisch gut im Stadtbild angekommen. So sind viele von ihnen nicht mehr von anderen Jugendsubkulturen zu unterscheiden. Ob im
“autonomen”, sportlichen Style oder als Hardcore-Anhänger_in, viele Neonazi-Outfits sind schon längst mit dem Mainstream vereinbar. Ebenfalls optisch angekommen, wenn auch mehr schlecht als recht, sind sie in den
letzten Jahren zunehmend mit relativ aufwändigen und großflächigen Propagandaaktionen. Diese offenbarten das ein oder andere Mal die örtliche, regionale und auch überregionale Zusammenarbeit und Vernetzung der Potsdamer
Neonaziszene.
Auch wenn es viele Veränderungen innerhalb der Neonaziszene gab, so sind doch Übergriffe und Pöbeleien auf vermeintlich linke, alternative Jugendliche und Migrant_innen nicht ausgeblieben. Gerade in der Debatte um die umgezogene Asylsuchendenunterkunft oder sich wiederholende Brandanschläge und andere Angriffe auf den Potsdamer Integrationsgarten, haben sich die organisierten und unorganisierten Neonazis weiterhin durch rassistische Äußerungen und Übergriffe hervorgetan. Fakt ist, die Potsdamer Neonaziszene ist weiterhin aktiv und
gewalttätig.
Die Stadt Potsdam und die Polizei schafften es weder im Jahr 2005 noch heute wirkliche Fortschritte in der Auseinandersetzung mit „ihren“ Neonazis zu erzielen. Was sie jedoch zu jedem Zeitpunkt schafften, war das Naziproblem zu relativieren und klein zu reden.
Öffentliche Aktionen von Seiten der Stadt, wie gegen die Kundgebungen der DVU im Jahre 2008 und 2009 auf dem Luisenplatz, führten nur durch das engagierte Eingreifen von Antifaschist_innen zu deren effektiver Störung oder sogar vorzeitiger Beendigung.
Die damals von der Stadt, Polizei und Presse während des „summer of hate“ herbei konstruierte „Gewaltspirale“ zwischen „links“ und „rechts“ griff zu jener Zeit schon tief in die staubig-konservative Extremismuskiste und versuchte sich akribisch an der Gleichsetzung von Neonazis und dem ihnen entgegen gestellten antifaschistischen
Widerstand. Ein Zustand der bis heute noch Teil der (kommunal-) politischen und polizeilichen Rhetorik ist und ein Trend, der sich zunehmend verstärkt und antifaschistische Politik zu diskreditieren versucht.
Auf diesen ignoranten und passiven Zustand haben wir keinen Bock mehr! Wir wollen mit „wake up!“ erneut diesen Widerstand beleben und kraftvoll und entschlossen fortsetzen. Kommt deshalb am 25. September auf die Straßen Potsdams und zeigt mit uns gemeinsam, dass es so etwas wie ein Revival des „summer of hate“ nicht geben
wird. Potsdam hat ein Naziproblem und dem gilt es sich zu widersetzen. Deswegen rufen wir dich dazu auf, mit uns gemeinsam sowohl am Tag der Demo als auch im Alltag rechten Gedanken und Strrukturen entgegen zu treten. Denn der Widerstand gegen Neonazis muss ein vielfältiger, organisierter und konsequenter sein.
[a] antifaschistische linke potsdam | www.antifa-potsdam.de | www.myspace.de/politresen