In der Märkischen Allgemeinen Zeitung von letzter Woche und auch auf der am 10. Mai aktualisierten brandenburgischen NPD Internetpräsention echauffiert sich der Pressesprecher der rechtsextremen Partei, Thomas Salomon, über einen “gewalttätigen Angriff auf einen NPD — Amtsträger” am 1.Mai 2006 in Rathenow.
Angeblich haben zehn Linke den Vorsitzenden des NPD — Stadtverbandes, Marcell Horlebeck, auf dem Balkon seiner Wohnung in der Bahnhofsstraße 1 erkannt und ihn dann mit Flaschen und Pflastersteinen beworfen. Zudem sollen, laut Thomas Salomon, “Linksextremisten” unter dem Synonym „Antifaschisten“ in den letzten Wochen zunehmend Personen in Rathenow belästigen, die sie als NPD-Mitglieder zu erkennen glauben.
Die Wahrheit sieht hingegen anders aus. Tatsächlich wurden in den letzten Monaten mehrere linksorientierte und “afrodeutsche” Jugendliche von (Neo)nazis angegriffen und zum Teil erheblich verletzt, wogegen die Anzahl der Übergriffe auf (Neo)nazis gegen Null läuft.
Auch der angeprangerte Sachverhalt vom 1. Mai scheint an dieser Tatsache nur wenig zu ändern, sondern ist tatsächlich als wechselseitige Auseinandersetzung zu werten. Zwar unterstellt die NPD die Einseitigkeit des Angriffes von Links, verschweigt aber gleichzeitig das der Verbandschef den Konflikt, laut Zeugenaussagen, offenbar verbal und durch den Wurf einer Flasche selbst anzettelte.
Auch die von Thomas Salomon gerügte mangelnde Bereitschaft der Polizei Anzeigen wegen “Landfriedensbruch” und “Sachbeschädigung” aufzunehmen, scheint wohl weniger in der Parteilichkeit mit den vermeintlichen Angreifern zu gründen, als denn in den rechtlichen Vorschriften. Der Straftatbestand “Landfriedensbruch” ist erst ab einer “Menschenmenge” von zwölf Personen gegeben und die tatsächlich eingeleitete Anzeige wegen “versuchter (gefährlicher) Körperverletzung” ist gerichtlich viel schwerwiegender als die der “Sachbeschädigung”.
Insofern kann Horlebeck sogar von Glück reden das er in ähnlicher Sache, nicht deswegen sondern eben wegen “Sachbeschädigung” verurteilt wurden war. Im März 2001 war der jetzige Rathenower NPD Vorsitzende im angetrunkenen Zustand mit Kameraden gegen 23 Uhr am Asylbewerberheim in Rathenow vorbeigelaufen und hatte sich mit den Begleitern in negativer Art über die dortigen Bewohner unterhalten. Aufgeputscht durch die Gespräche begann die Truppe das Heim mit Flaschen zu bewerfen. Als dies nicht zum Erfolg führte überwand Horlebeck den ca. 2 Meter hohen Schutzzaun, näherte sich dem Gebäude und warf mit einer Flasche auf ein beleuchtetes Innenfenster der Wohnung 61, wodurch die Scheibe zu Bruch ging.
Bemerkenswert ist aber auf jeden Fall das die Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) bzw. ihr Regionalteil “Westhavelländer” die NPD — Drohgebärde durch einen Presseartikel aufwertet, die Anschuldigungen der rechtsextremen Partei offenbar für richtig erachtet und ein Szenario suggeriert, das dem absurden Konstrukt “Gewaltspirale” in Potsdam ähnelt.