21. März 2021 · Quelle: Refugees Welcome Barnim

Wir sind alle Salah!” — 400 Menschen gegen Rassismus in EW

400 Menschen haben heute in Eberswalde gegen das ungerechte Asylsystem und den strukturellen Rassismus in Deutschland demonstriert. Der 21.03. ist der internationale Tag gegen Rassismus – trauriger Anlass an diesem Tag war der Tod von Salah Tayyar.

400 Men­schen gegen Ras­sis­mus in Eberswalde

400 Men­schen haben heute in Eber­swalde gegen das ungerechte Asyl­sys­tem und den struk­turellen Ras­sis­mus in Deutsch­land demon­stri­ert. Der 21.03. ist der inter­na­tionale Tag gegen Ras­sis­mus – trau­riger Anlass an diesem Tag war der Tod von Salah Tayyar aus dem Tschad. Nach acht Jahren in Deutsch­land war er ohne sichere Aufen­thaltsper­spek­tive und hat keinen anderen Ausweg mehr gese­hen und sich am 11.03. das Leben genommen. 

Ange­hörige und Freund*innen, Aktivist*innen der Gruppe „Barn­im für alle” und ander­er Geflüchteten-Grup­pen aus Bran­den­burg und Berlin hiel­ten teils kämpferische, teils nach­den­kliche Reden auf dem Bahn­hofsvor­platz. Im Anschluss kamen 200 Men­schen vor das Haus im Bran­den­bur­gis­chen Vier­tel in Eber­swalde, in dem Salah gewohnt hat­ten, um an ihn zu erinnern.

Yahia Mohammed, ein Cousin des Ver­stor­be­nen, lebt in Berlin und will die Kundge­bung am Bahn­hof eröff­nen. Aber die Gefüh­le lassen das nicht zu. Nach weni­gen Worten ver­sagt ihm die Stimme – angesichts des Todes von Salah, und der anteil­nehmenden Menge fehlen ihm die Worte, er gibt an den näch­sten Red­ner weiter.

Mustafa Hus­sein ist nicht nur trau­rig, son­dern auch richtig wütend. „Wir erleben hier in Eber­swalde soviel Ras­sis­mus: in der Aus­län­der­be­hörde, beim Sozialamt, bei den Ämtern und auf der Straße – jeden Tag!”. Er ist poli­tis­ch­er Aktivist aus dem Sudan und selb­st wie Salah und viele andere Anwe­sende im Klagev­er­fahren gegen die Ablehnung seines Asy­lantrags. Wie so viele andere ken­nt er nur zu gut den Druck, die Ungewis­sheit und die tägliche Angst wegen der unklaren Per­spek­tive. Für ihn und die anderen geflüchteten Aktivist*innen ist klar, dass dieser Druck, diese Angst Salah in den Suizid getrieben haben. „Wir sind alle Salah!” ist deshalb das Mot­to der Kam­pagne. Auf einem Plakat zer­stört eine Faust eine soge­nan­nte „Dul­dung” – die Art von Ausweis, den viele Geflüchtete bekom­men und mit dem sie kaum Rechte haben. „Stop Dul­dung! Stop mak­ing fear!” ste­ht darauf. 

Noch wüten­der und ent­täuschter ist Ahmed Rahama, eben­falls aus dem Sudan. Er sagt in sein­er Rede:„Fuck Asyl­sys­tem! Die Lage ist für mich ein­fach eskaliert. Ich habe keine Hoff­nung mehr in Deutsch­land zu leben. Fuck Aus­län­der­be­hörde! Fuck struk­tureller Ras­sis­mus in Deutschland!”. 

Fiona Kisoso aus Kenia begin­nt ihre Rede mit ruhi­gen Worten: „Nor­maler­weise habe ich viel Pow­er, wenn ich eine Rede halte. Dies­mal fehlt mir die Energie, es hat mich zu trau­rig gemacht. Ich brauche die Energie von euch!” Sie ani­miert die Menge zu Sprechchören und plöt­zlich scheint doch sehr viel Energie von ihr selb­st zu kom­men. Sie sagt: „Wir wollen nur Chan­cen­gle­ich­heit. Wir wollen eine Chance, uns zu inte­gri­eren, zu arbeit­en, zur Schule zu gehen, ohne von den Behör­den schikaniert und gestresst zu werden.” 

Aziza Al Shar­wi fragt: „Wieviele Salahs brauchen wir, um die ungerecht­en Geset­ze zu ändern?”

Viele schwarze Aktivist*innen haben etwas zu sagen, der Tod von Salah berührt viele, einige sind aus Pots­dam, Berlin oder Brandenburg/Havel angereist. Danach begeben sich immer noch gut 200 Men­schen zum Haus des Ver­stor­be­nen in einem sech­stöck­i­gen Plat­ten­bau im Bran­den­bur­gis­chen Vier­tel, am Stad­trand von Eber­swalde. Auf­grund der Coro­na-Beschränkun­gen hat­te die Polizei keine Demon­stra­tion erlaubt, nur „orts­feste” Kundgebungen.

Vor dem Haus in der Sen­ften­berg­er Str. 4 bit­tet der Cousin des Toten zunächst die anwe­senden mus­lim­is­chen Gläu­bi­gen nach vorn zum Gebet. Nach einem darauf fol­gen­den Moment der Stille geht Salah Bechir, ein Fre­und von Salah Tayyar, ans Mikro­fon, um aus dessen Leben zu erzählen. „Salah hat­te einen Traum, mit dem er nach Deutsch­land kam. Sein Traum war es für seine Fam­i­lie sor­gen zu kön­nen. Er hat­te zwei Kinder und eine Frau im Tschad, die er seit vie­len Jahren nicht sehen kon­nte. Er floh vor dem Mil­itärge­fäng­nis aus dem Tschad nach Libyen. Libyen musste er wegen des Krieges ver­lassen.” Er beschreibt ihn: „Salah war ein stiller, beschei­den­er Men­sch. Dabei war er fre­undlich und immer sehr hilfsbereit.”

Eric von Wel­come Unit­ed, der aus Brandenburg/ Hav­el angereist ist, erk­lärt: „Wir alle kom­men mit Träu­men hier­her. Unser Traum ist es, ein nor­males Leben in diesem Land zu führen. Unser Traum ist in Frei­heit zu leben.”

Die Gruppe „Barn­im für alle” kündigte zum Abschluss eine weit­ere Kundge­bung an einem Dien­stag in den näch­sten Wochen vor der Barn­imer Aus­län­der­be­hörde an.

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