NEURUPPIN Ob die Drohung von Bekannten oder die lange Zeit, die seit den Ausschreitungen im Wittstocker Jugendclub „Havanna“ am 23. Oktober 2001 vergangen ist, am schlechten Erinnerungsvermögen der Zeugen Schuld ist, das konnte gestern vorm Neuruppiner Landgericht nicht geklärt werden.
Zum dritten Verhandlungstag gegen die neun Angeklagten aus Wittstock und Umgebung wurden die ersten Zeugen geladen. Es kamen junge Menschen, die selbst bei dem als Geburtstagfeuer angemeldeten Treffen dabei waren. Karl P. aus Neuruppin konnte sich zu Beginn der Befragung lediglich daran erinnern, dass er bei einer Party war und es schließlich zu Ausschreitungen gekommen ist. Der 24-Jährige war sich aber sicher, dass rechtsgerichtete Musik gespielt wurde. Als er auf die Frage der Richterin, welche Gruppen dort gespielt wurden, antwortete „Das weiß ich nicht mehr“, meinte diese nur: „Das sind noch recht einfache Fragen!“ Daraufhin hielt sie ihm die Aussagen vor, die er bei seiner polizeilichen Vernehmung kurz nach den Ereignissen gemacht hatte. Dort habe er gesagt, dass neben englischsprachiger Musik auch die CD „Ran an den Feind“ gespielt wurde. „Wenn es da so steht, dann muss ich das wohl so gesagt haben“, sagte Karl P. Ob die Polizei vor Ort gewesen sei, konnte er nicht mehr so genau sagen. Spätestens bei seiner Verhaftung habe er aber die Beamten bemerkt. Zur versperrten Eingangstür gab er ebenfalls wenig Auskunft: „Es wurden mit allem verbarrikadiert, was da so drin stand.“
Die Richter gaben sich mit der fehlenden Kooperation nicht zufrieden. Ob er bedroht worden sei, fragten sie ihn. Bei einer Falschaussage oder mangelnden Auskünften könne er sich strafbar machen. Der Zeuge erklärte, dass er von Dritten erfahren hätte, man würde ihn zusammenschlagen. Jetzt habe er Angst, dass dies wirklich eintritt und nicht nur eine Drohung ist. Die Richterin antwortete, dass er derjenige sei, den sie verurteilen müsse, wenn sich alle Zeugen so verhielten.
Stefanie K. konnte sich noch an den Abend erinnern. Sie sei mit ihrem Freund und einem weiteren Bekannten gegen 23 Uhr zu dieser Party gefahren. „Die Stimmung war gut.“ Als sie mit ihrem Freund von der Tankstelle zurückkam – sie hatten Getränke geholt – soll die Polizei schon die Straße gesperrt haben.
Um an weitere Details ranzukommen, musste die Richterin auch ihr auf die Sprünge helfen: Bei einer Zeugenvernehmung kurz nach dem besagten Abend hätte sie auf den ihr von der Polizei vorgelegten Fotos einen der Angeklagten erkannt. Er habe mitgeholfen, einen Tisch vor die Eingangstür zu platzieren. Jetzt konnte sie ihn jedoch nicht mehr identifizieren. Schließlich fügte sie aber hinzu: „Ja, es war so, wie ich es damals gesagt habe.“