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Zivilcourage oder Provokation?

Am Don­ner­stag, den 19. April 2007, wird das Amts­gericht Lübben im Prozess gegen Marc K. und Mar­co S. das Urteil sprechen. Den Angeklagten wird vorge­wor­fen, im Mai 2006 auf ein­er pri­vat­en Feier einen 15-jähri­gen Jugendlichen geschla­gen und getreten zu haben, nach­dem dieser seine antifaschis­tis­che Hal­tung zum Aus­druck gebracht hat­te. Die Ver­hand­lung begin­nt um 9.30 Uhr im Saal 4. 

Die Geburt­stags­feier ein­er Fre­undin endete am 27.Mai 2006 für einen 15-jähri­gen aus Kraus­nick bei Lübben mit ein­er Gehirn­er­schüt­terung. Wie es dazu kam, wurde am ersten Ver­hand­lungstag am 29. März 2007 weit­ge­hend rekonstruiert. 

Am späteren Abend waren die Angeklagten Marc K. und Mar­co S. mit weit­eren Fre­un­den auf der Geburt­stags­feier eingetrof­fen. Nach­dem ein­er der Angeklagten im Gespräch mit dem Opfer offen­siv seine recht­sex­treme Ein­stel­lung vertreten hat­te, indem er u.a. Ras­sis­mus als „gute Sache“ beze­ich­net und „Heil Hitler“ gerufen hat­te, gab das Opfer zu ver­ste­hen, dass „Nazis“ auf dem Fest nicht erwün­scht seien. Nach­dem weit­ere Fre­unde der Angeklagten auf dem Fest erschienen waren, sucht­en Marc K. und Mar­co S. das Opfer, welch­es sich inzwis­chen in einen anderen Teil des Grund­stück­es aufhielt, auf. Sie schlu­gen dem jun­gen Mann ins Gesicht und trat­en auf ihn ein, so das er eine Gehirn­er­schüt­terung und erhe­bliche Prel­lun­gen erlitt. Auch nach diesem Angriff waren von der Straße her , so berichteten die Gast­ge­ber als Zeu­gen in der Hauptver­hand­lung, noch einige Zeit Heil-Hitler-Rufe und das Sin­gen rechter Lieder zu hören. 

Nicht nur die Anwälte der Täter, son­dern auch unab­hängige Zeu­gen for­mulierten im Gerichtssaal die Ein­schätzung, dass das Opfer den Angriff durch seine explizite Posi­tion­ierung gegen Recht­sex­trem­is­mus provoziert habe. Für Prozess­beobachter stellte sich die Frage: Ist es so ungewöhn­lich, dass wider­sprochen wird, wenn recht­sex­tremes Gedankengut offen­siv vertreten wird, dass es als Pro­voka­tion wahrgenom­men wird? 

Durch Tre­ff­punk­te wie den „Bunker 88“ ist die recht Szene in der Region um Lübben fest ver­ankert und hat eine stark ein­schüchternde Wirkung auf Betrof­fene und poten­ziell Betrof­fene. Für den Geschädigten war dieser Vor­fall nicht der Erste der Art. Aber erst jet­zt wagte er, eine Anzeige zu stellen. 

Deut­lich wurde im Ver­fahren auch, dass zumin­d­est der Angeklagte Mar­co S. schon in der Ver­gan­gen­heit nicht davor zurück­geschreckt hat, seine recht­sex­treme Hal­tung offen­siv zum Aus­druck zu brin­gen und Gewalt anzuwen­den, um Macht auszuüben. Er ist mehrfach wegen Kör­per­ver­let­zungs­de­lik­ten und Volksver­het­zung verurteilt wor­den. Bish­er allerd­ings fast ohne Konsequenzen. 

Ein deut­lich­es Zeichen, dass die Durch­set­zung rechter Ide­olo­gie mit Gewalt nicht geduldet wird und Zivil­courage erwün­scht ist, ist nicht nur für den Geschädigten in diesem Fall wichtig. Es ist zu wün­schen, dass mit dem Urteil, welch­es der vor­sitzende Richter Lehmann am kom­menden Don­ner­stag sprechen wird, auch ein über die einzelne Tat her­aus reichen­des Sig­nal gesendet wird. 

Weit­ere Auskün­fte: Gesa Köb­ber­ling, Opferperspektive

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