NEURUPPIN Der Gerichtssaal des Neuruppiner Landgerichts war bis auf den letzten Platz gefüllt. Es waren auch einige Menschen die zumindest zeitweise in Potzlow leben anwesend .
Auffällig, dass kaum VertreterInnen der rechten Szene im Publikum befanden.Ebenso erwähnenswert ist es, dass die Eltern von Marinus Schöberl den Prozessauftakt nicht verfolgten, wie der Tagesspiegel berichtete.
Hauptteil des ersten, von zehn angesetzten Prozesstagen, in denen ca. 30 ZeugInnen gehört werden sollen, war die Verlesung der Anklageschrift.
Inhalt dieser Anklageschrift, der Ausschluß der Öffentlichkeit während der Verlesung der persönlichen Daten der Angeklagten, sind umfassend in der Presse beschrieben.
Ebenso die Erklärungen bzw. Geständnisse der drei Angeklagten.
Darauf gehen wir hier nicht weiter ein.
Festzuhalten ist, ein eindeutig rechtsextremer Hintergrund der Tat. Als Beispiel, die Forderung der Täter, dass Marinus sich als Jude bekennen sollte, was nicht den Tatsachen entspricht. Staatsanwältin Eva Hoffmeister: „Aus Angst vor weiteren Schlägen erklärte Marinus, er sei ein Jude, obwohl dies nicht zutraf“.
Nach dem ersten Prozesstag stellen sich für uns, als ProzessbeobachterInnen, mehrere Fragen.
Was ist dran, an dem, was Petra Freiberg, die Leiterin des Potzlower Jugendclubs, der MAZ im Interview erzählte?
Zitat MAZ 27.05.03:
Die Pädagogin weiß auch, was man sich im Dorf über das
schwierige Verhältnis von Marcel zu seinem älteren Bruder Marco erzählt — und was im Gerichtssaal so nicht gesagt wird.
“Die Jugendlichen berichten, Marcel habe Angst vor Marco gehabt”, sagt Petra Freiberg . “Dass Marcel kurz vor Marcos Haftentlassung sogar überlegt hatte, von zu Hause auszureißen”. Möglicherweise — doch das ist Spekulation[…]
Hatte Marcel Sch. einen Beweisdrang vor dem „bekennenden Neonazi“ (Berliner Zeitung) Sebastian F. und dem „vorbestraften Neonazi“ (Berliner Morgenpost), womit sein Bruder Marco Sch. gemeint ist?
Hätten die AugenzeugInnen der Tat den Mord an Marinus verhindern können?
Die Zeugenaussagen werden diesbezüglich sehr interessant sein.
Wie war es überhaupt möglich diesen Mord in einem Ort wie Potzlow, „wo Jeder Jeden kennt“, über Monate geheim zu halten? Es lag anscheinend nicht nur daran, dass die drei Täter den Mord verschwiegen.
Warum fand die Polizei nicht die Schuhe von Marinus, welche die Täter einfach ins Gebüsch warfen? Warum ergaben die Befragungen der Polizei bei Potzlower BürgerInnen nichts?
Wir sind auf die Strategie der Verteidigung sehr gespannt. In Fernsehinterviews war bereits rauszuhören, dass die Tat entpolitisiert werden könnte, was leider kein unbekanntes Vorgehen ist.
Wir werden den Prozess weiter verfolgen und, wenn es uns notwendig erscheint, mit eigenen Berichten die Presseartikel ergänzen.
Kein Vergeben – Kein Vergessen!