ORANIENBURG Viele waren es nicht, die am Sonnabend in Oranienburg gegen Rassismus
demonstrierten. Nach Polizei-Angaben kamen etwa 140 Teilnehmer zur vom Forum gegen
Rassismus veranstalteten Demonstration.
“Ich glaube, die Leute sind nur noch mit sich selbst beschäftigt. In der Stadt
herrscht eine depressive Stimmung”, kommentierte Minette von Krosigk vom Forum. “Ich
bin enttäuscht, dass so wenige gekommen sind”, sagte Oranienburgs Bürgermeister
Hans-Joachim Laesicke.
In der Gedenkstätte Sachsenhausen legten die Demonstranten Rosen in Gedenken an die
Opfer des Konzentrationslagers nieder und zogen dann zur Abschlusskundgebung vor die
Nicolaikirche. In der Gedenkstätte sprach Karl Stenzel, der von 1941 bis 1945 im
Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert war. “Nach der Befreiung haben wir uns
geschworen, dass es nie wieder Faschismus geben wird”, sagte Stenzel. “Meine
Generation hat dieses Versprechen gebrochen.” Umso wichtiger seien Demonstrationen
wie die des Forums, sagte der ehemalige Häftling.
Am Rande der Veranstaltung sprachen Polizeibeamte gegen 18 Personen mutmaßlich aus
der rechten Szene Platzverweise aus. Drei von ihnen, die der Anweisung nicht Folge
leisteten, wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen; darunter ein angetrunkener
16-Jähriger, bei dem die Beamten 1,46 Promille feststellten.
Thomas, ein Student aus Oranienburg, wollte seinen Nachnamen nicht nennen, weil
Rechtsextreme ihn lesen könnten. “Es gibt in Oranienburg viele organisierte Nazis”,
sagte Thomas. “Da ist es wichtig, auf die Straße zu gehen.”
Ihn ärgerte, dass “zu wenige Jugendliche mobilisiert worden sind”. Ralph Gabriel vom
Forum gegen Rassismus sagte, im vergangenen Jahr habe man mehr Jugendliche für die
Demonstration gewinnen können. Mit dabei waren diesmal jedenfalls Auszubildende des
VHS-Bildungswerks und eine Trommlergruppe des Rungegymnasiums.
Vor der Nicolaikirche appelierte der ehemalige Bildungsminister von Brandenburg,
Steffen Reiche, man müsse gemeinsam mit Ausländern neue Lebenschancen schaffen.
“Immer wenn sich Brandenburg Zuwanderern geöffnet hat, ging es den Menschen gut. Es
muss wieder Menschenrecht statt Faustrecht gelten”, sagte der SPD-Politiker.
Das Forum gegen Rassismus trifft sich an jedem dritten Donnerstag in der ehemaligen
Kita Kunterbunt, Lindenring 20a, in Oranienburg ( 0160/95 15 78 34). Neulinge sind
herzlich wilkommen. Auch ist das Forum auf Spenden angewiesen.